Textprobe:
Kapitel 2.4, Die innovative Entwicklung und Gestaltung des Raumes:
Räume werden, einer allgemeinen Definition nach Hamm (2003: 277) zufolge in sozialen Prozessen ausgehandelt und sind somit Grundvoraussetzung und Institution sozialer Praktiken, in denen diese sowohl symbolisch als auch physisch verortet sind.
Die räumliche Verortung ist abhängig von den spezifisch ökonomischen und politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen und somit auch vom kulturell-historischen Kontext. Ostdeutschland ist durch die DDR-Vergangenheit und die Umbrüche der letzten Jahrzehnte strukturell geprägt. Einige Beispiele sind Massenarbeitslosigkeit, Abwanderungen, strukturschwache Regionen, fehlende Identität und mangelndes Selbstbewusstsein der Menschen.
So sind technische, ökonomische und sozialen Innovationen gleichermaßen bedeutungsvoll und wichtige Impulse für die lokale Entwicklung, die sich auf das Wirtschaftswachstum, die soziale Teilhabe, das Image und die persönliche Identifikation der Akteure auswirken kann (vgl. Christmann 2011: 205).
Wichtig für die Entwicklung und Gestaltung ländlicher Räume ist, dass eine lokale Wertschöpfung möglich wird, dass ökonomische Effekte vor Ort wirken und lokale Perspektiven und Zukunftschancen geschaffen werden. Soziale Teilhabe an Erneuerbaren Energien beispielsweise kann dabei als individuelle oder auch als gesellschaftliche Verwirklichungschance gefasst werden und kann sich in verschiedenen Formen, wie zum Beispiel in Ausbildungs- oder Arbeitsplätze, in nachhaltige Infrastrukturen, in Bürgerbeteiligungen an Windkrafträdern, aber auch in der Stabilität oder Senkung des Energiepreises, ausprägen.
Wichtig bei der Regionalentwicklung ist, dass Räume grundsätzlich unterschiedlich und vielschichtig eingeschätzt werden müssen und somit immer andere Anforderungen an die Gestaltung stellen und auch unterschiedliche Innovationsbedürfnisse haben. Daher ist die Einbindung lokaler Problemlagen, Wissensbestände und Praktiken, aber auch die Berücksichtigung des spezifisch kulturellen Kontextes entscheidend. Extern eingebrachte Innovationsideen können ohne Einbindung und Abstimmung mit lokalen Beteiligten Gefahr laufen, sich nicht in den räumlichen Kontext integrieren zu lassen und somit auch nicht akzeptiert zu werden (vgl. Howaldt/Schwarz 2010: 93). Ein Beispiel sind im ländlichen Raum gegenwärtige Widerstandsbewegungen gegen Windkraftparks. Sind hingegen die Kommunen und lokale Akteure sowohl ander Planung als auch and er Wertschöpfung beteiligt, besteht große Akzeptanz für die Windkraft.
Entscheidend für Innovationen in der Raumentwicklung ist daher auch die Rolle von Innovationsnetzwerken, die Beziehungen zu lokalen Akteure aufbauen können und somit helfen, Errungenschaften in den Regionen durchzusetzen. Für die Durchsetzung Erneuerbare Energien in Ostdeutschland kann die interdisziplinär aufgestellte Akademie für nachhaltige Entwicklung aber auch der sozialwissenschaftlich organisierte Innovationsverbund Ostdeutschland gelten.
Im Mittelpunkt von Innovationsnetzwerke steht dabei aber immer ‘Soziale Entrepreneure’, die auch auf Schumpeter (1946) zurückgehen. Der Unternehmer wird hier als Initiator, Macher und Visionär aufgefasst, der im Rahmen seiner ökonomischen Möglichkeiten immer auch die gesellschaftliche und räumliche Entwicklung im Blick hat und sich um nachhaltige und sozial gerechtere Problemlösungen bemüht (vgl. Bröckling 2007: 47; Christmann 2011: 193). Der Soziale Unternehmer gilt innerhalb von Pioniergruppen oder Innovationsnetzwerken somit als symbolische Schlüsselfigur, da er sich den neuen Herausforderungen flexibel, rational und kreativ stellt. Der Entrepreneur bricht somit aus Routinen aus und versucht neue Wege, auf denen er sich durch sein persönliches Wissen, seine Willensstärke und Auffassungsgabe auszeichnet (vgl. Bröckling 2007: 115).