Icons
Entwicklung und Design
visueller Symbole
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Stiebner Verlag
erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-8307-1443-9)
Die englischsprachige Ausgabe dieses Buches erschien 2017 unter
dem Titel „Thinking in Icons. Designing and creating effective visual
symbols“ bei Rockport Publishers, einem Imprint der Quarto Group.
© 2017 Quarto Publishing Group USA Inc.
Design, Cover, Layout: Landers Miller Design
Fotos: James Worrell
Illustration: Felix Sockwell
Aus dem Englischen von der MCS Schabert GmbH, München
– www.mcs-schabert.de –
unter Mitarbeit von Otto Schertler (Übersetzung).
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Alle Rechte der deutschen Ausgabe
© 2018 Stiebner Verlag GmbH, Grünwald
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise,
nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages.
www.stiebner.com
ISBN-13: 978-3-8307-3025-5
Wir produzieren unsere Bücher mit großer Sorgfalt und Genauigkeit.
Trotzdem lässt es sich nicht ausschließen, dass uns in Einzelfällen
Fehler passieren. Unter www.stiebner.com/errata/1443-9.html finden
Sie eventuelle Hinweise und Korrekturen zu diesem Titel. Möglicher-
weise sind die Korrekturen in Ihrer Ausgabe bereits ausgeführt, da
wir vor jeder neuen Auflage bekannte Fehler korrigieren. Sollten Sie
in diesem Buch einen Fehler finden, so bitten wir um einen Hinweis
an verlag@stiebner.com. Für solche Hinweise sind wir sehr dankbar,
denn sie helfen uns, unsere Bücher zu verbessern.
Gewidmet meiner Sonne, meinem Mond und meinen Sternen,
Brooke, Natalie und Skylar
Icons
Entwicklung und Design
visueller Symbole
Felix Sockwell
zusammen mit Emily Potts
Vorwort von Steven Heller
Nicht realisiertes
Projekt
Favorit
Wiederverwendet
Experimentell
PROJEKTSCHLÜSSEL
Inhalt
7
Vorwort von Steven Heller
11
Einführung
15
Symbole für
Interaktivität
032
Bill Gardner
35
Symbole für
Branding
113
Symbole für
Redaktion
114
John Korpics
124
Brian Rea
137
Symbole für
Navigation
156
Die Autoren
157
Register
7
Das zufällige Aneinanderreihen von sprach-
ähnlichen Silben, denen offensichtlich jede
logische Verknüpfung fehlt, bezeichnet man
als „Zungenrede“. Das geschriebene Äqui-
valent dazu, das „automatische Schreiben“,
äußert sich im Niederschreiben von Wörtern
und Sätzen, die unbewusst vom Schreiben-
den zu Papier gebracht werden. Diese Vor-
kommnisse sind interessante Studienobjekte
und obwohl es keine direkte Beziehung
zwischen Zungenrede und automatischem
Schreiben mit dem Denken in Symbolen
gibt, so kann man doch einige bemerkens-
werte Ähnlichkeiten erkennen.
VORWORT
Symbole: Otto Neurath
Die Sprache der Symbole
Steven Heller
DIESPRACHEDERSYMBOLE
8
Tatsächlich ist nicht nur diese Einführung, sondern das
gesamte Buch eine Anleitung von Symboldesignern, die ver-
standen haben, dass bildliche Darstellungen eine notwendige
Ausdrucksweise sind und sich oft verständlicher gestalten
als schriftliche Ausführungen. Symbole sind nämlich nicht
nur eine Universalsprache, sondern vermitteln vielmehr auch
Nuancen, die beim gedruckten Wort oft verloren gehen. Erin-
nern Sie sich an den Spruch: Ein Bild sagt mehr ...
Schreiben begann als visuelle Erfahrung und damit als prä-
historische Höhlenmalerei oder geritzte Markierungen auf
Stein oder Holz, die mit Symbolen oder Lautzeichen verbun-
den waren. Es überrascht nicht, dass seit langer Zeit Symbole
verwendet wurden, um alle Arten von öffentlicher oder priva-
ter Benachrichtigung zu vermitteln. Auch heute ist ein gelbes
Schild mit einem laufenden Kind mit Ball leichter und schnel-
ler „lesbar“ als das geschriebene „Spielende Kinder“.
Eine Sprache, ohne Verwendung von Bildern zu lehren, ist
unmöglich. Darüber hinaus sind viele der heute weltweit ver-
wendeten Schriften Begriffs- bzw. Ideenschriften, die Objekte
und Begriffe darstellen und nicht den Klang von Buchstaben.
Natürlich kann man auch Buchstaben kreieren, die wortbil-
dende Lautmalereien vermitteln, wie dies bei der Onomato-
poesie der italienischen Futuristen der Fall war, indem man
Größe, Gestalt und Nebeneinanderstellung von Buchstaben
und Wörtern änderte, um ähnliche Klänge zu simulieren. Das
grafische Design entstand größtenteils aus einer Vermischung
dieser Systeme. Jahrhundertelang war die Sprache des gra-
fischen Designs ein grundsätzliches Wechselspiel zwischen
Wort und Bild, während seit etwa 30 Jahren Ton und bewegte
Bilder wichtiger geworden sind. Gut möglich, dass die nächste
große Revolution auf diesem Gebiet die Telepathie sein wird –
aber das ist Stoff für ein anderes Buch.
9
Einige fortschrittliche Buchstabendesigner des 20. Jahr-
hunderts, unter ihnen Lucian Bernhard und Bradbury
Thompson, versuchten das Erlernen der englischen Sprache
zu erleichtern, indem sie das lateinische Alphabet änderten
und vereinfachten. 26 Buchstaben sollten eigentlich nicht
zu schwer zum Erlernen sein, doch die Unterscheidung
zwischen Groß- und Kleinschrift ebenso wie Nebeneinander-
stellung von Buchstaben können verwirren.
Mit Symbolen funktioniert das Erkennen von Bild- und
Begriffszeichen schneller und die seit den 1980er-Jahren
erfolgende Verschmelzung des Computers mit dem Infor-
mationszeitalter hat die Notwendigkeit einer verkürzten
Sprache erhöht. Emojis sind nützlich, von jedermann erkenn-
bar und stellen einen wachsenden Verlass auf die Vorstel-
lungskraft dar, um – zumindest oberflächlich – menschliche
Gedanken und Taten auszudrücken. Doch schon früher
benutzten viele Menschen das abstrakte Herzsymbol um „Ich
liebe Dich“ zu sagen, und zwar lange bevor Milton Glasers
I
NY-Logo veröffentlicht wurde. Der Grund für diese Popu-
larität und Langlebigkeit ist das Ergebnis seiner unglaubli-
chen Nützlichkeit und Bekanntheit. Symbole sind funktional
und ebenso sympathisch. Wie bei unterschiedlichen Schrift-
arten gibt es viele Varianten, die dasselbe ausdrücken, sti-
listisch aber anders gestaltet sind, um bei den Betrachtern
unterschiedliche Eindrücke zu erwecken.
Dies ist ein Buch über Bilder, die Worte und Sätze erset-
zen. Jedes eignet sich besonders gut für die Aufgabe, für
die es designt wurde. Ebenso wie ein Leser den Schrift-
typ Sans Serif anders empfindet und wahrnimmt als den
Schrifttyp serif, wird auch ein feingezeichnetes Symbol eine
andere Wirkung hinterlassen als ein grobes. Jede Art von
Symbol wendet sich einzigartig sowohl an das Bewusstsein
als auch an das Unterbewusstsein. In diesem Sinne spre-
chen Designer in Symbolen mit besonderer Bedeutung.
Symbol im Lauf der Geschichte
Men at work Poster, Maya Barkai, 2012 (gegen-
über oben)
I
NY-Logo, Milton Glaser, 1977 (gegenüber
Mitte)
Infografische Symbole, Mitglieder des AIGA
Komitees:
Thomas Geismar, Seymour Chwast, Rudolph de
Harak, John Lees, Massimo Vignelli;
Designer: Roger Cook und Don Shanosky, 1972
(beide Seiten unten)
Tokyo Olympics, Katsumi Masaru, 1964 (oben)
Our jobs change, Otto Neurath, 1945 (unten)
11
Was ist ein Symbol? Für mich kann das wirk-
lich alles sein: eine Farbe, ein Bildzeichen, ein
Emoji, ein Button, ein Logo, ein Isotopzei-
chen oder ein Wegeanzeiger – alles, was eine
Idee oder ein Bild repräsentiert. Symbole
liefern Informationen und Anweisungen, sie
können alles tun, was man ihnen sagt (oder
umgekehrt). Symbole helfen beim Auffinden
der Toiletten, beim Identifizieren von Marken
oder als Reiseführer. Dieses Buch entschleiert
die Geheimnisse und Magie von Symbolen
anhand von Gestalt und Funktion, Kunst und
Wissenschaft und versucht die verbleiben-
den Lücken zu schließen für die Zukunft der
gekürzten verschlüsselten Kommunikation.
Einführung
EINFÜHRUNG
12
Symbole sind wie Kunst, das, was
Du damit erreichst. Neben dem kre-
ativen Prozess beim Erstellen von
Symbolen werden wir ebenso neue
Gebrauchs- und Anwendungsarten in
Betracht ziehen –Animationen, Skulp-
turen, Beschilderungen, Kunst – und
wie jede dieser Disziplinen uns dabei
beeinflusst, um sie und uns selbst bes-
ser zu verstehen.
Für mich funktioniert die Ikonografie
ähnlich wie die Buchstaben der Schrift
Sans Serif: Symbole drücken einen
Inhalt schnell aus, dieser ist auf das
Nötigste beschränkt und wird überall
verstanden. Sie sind nicht verwirrend.
Sie stellen auch eine Art Unterhaltung
dar. Die seit Kurzem beim Schreiben
verwendeten Emojis sind Kürzel für ein
breites Spektrum an Gefühlen und all-
gemeinen Stimmungen. Sogar unsere
schriftlichen Abkürzungen – LOL, OMG,
LMAO – werden langsam durch Sym-
bole abgelöst, denn niemand hat die
Zeit zu tippen.
In den letzten Jahren ist die ausführ-
liche Kommunikation einer Kurzversion
gewichen. Worte verlieren ihre Macht
gegenüber nützlichen Kürzeln wie
Symbolen oder Emojis. Man stelle
sich eine Sprache der Zukunft vor, die
weder Portugiesisch, Englisch oder
Spanisch ist, eine ausschließlich in
Symbolen kommunizierte Sprache.
Nutzbarkeit, Funktion, Geschichte
Die Geschichte bildet die Grundlage
für Nutzbarkeit und Funktion. Bedeu-
tungen entwickeln sich im Lauf der
Zeit und können die Wahrnehmung
und Funktion eines Symbols verän-
dern, wenn dieses sich selbst nicht
weiterentwickelt.
Stil, Verwendung, Inhalt
Stil und Inhalt müssen sich nach dem
Verwendungszweck richten, damit
ein Symbol effektiv seine Botschaft
vermitteln kann.
Wir werden die Kunst der
Gesprächsführung und Kompromiss-
fähigkeit diskutieren sowie auch die
Frustrationen des Künstlers in einer
oft übersehenen Kunstform. Norma-
lerweise befassen sich Menschen erst
mit Symbolen, wenn diese nicht mehr
funktionieren. Dann sind sie hilflos,
und frustriert. Orientierungssymbole
funktionieren am besten, wenn sie
sich nahtlos in die Landschaft einfü-
gen und den Nutzer darüber infor-
mieren, wohin er zu gehen hat und
was zu tun ist. Die Botschaft ist einfach
und wird in jeder Sprache verstanden.
13
Storytelling ist Teil der Freude, die
man beim Erschaffen von Symbolen
empfindet, und dabei ein Publikum –
durch Verführung, Trickserei – in
etwas hineinzuziehen, was abseits des
Bekannten liegt. Genau dies machen
die großen Marken und deshalb entwi-
ckeln wir eine Beziehung zu ihnen und
werden deren treue Anhänger.
Marken können sich nicht verbinden
oder trennen, wenn sie selbst nicht
unterschiedlich sind, und oft sorgt ein
einfaches Symbol dafür, dass es so ist.
Denken Sie an all die Marken, die Sie
täglich sehen und deren herausragen-
des Merkmal das Firmenlogo ist. Den-
ken Sie an das Rote Kreuz, Apple, NBC,
Girl Scouts, Playboy und Starbucks.
In diesem Buch sehen wir uns meh-
rere Marken und die Symbole an, an
denen ich gearbeitet habe. Mein tiefes
Interesse an der Kunst der Symbole
begann schon früh am College. Ich war
mit der Aufgabe betraut, ein Poster zu
entwerfen, das Theaterbesucher dazu
animieren sollte, für die jährlichen
Schulaufführungen eine Dauerkarte
zu erwerben. Das Theater hatte dafür
nie einen professionellen Designer
engagiert. Die Maße des Werbema-
terials betrugen 21, 5 x 28 cm – ein in
der Mitte geteiltes Blatt Papier mit den
Daten der Aufführungen und einem
auszufüllenden Formular.
„Die Menschen ignorieren die Kunst der Sym-
bole so lange, bis sie frustriert und verwirrt sind.“
Gegen Ende des Schuljahrs war
mein kleines faltbares Poster (eine
Mischung aus Broschüre und Brief-
werbematerial) viermal nachgedruckt
worden und das Theater hatte anstatt
bisher 40 % verkauften Karten nun ein
volles Haus. Aber das war noch nicht
alles. Eines Tages aß ich in einem örtli-
chen Lokal einen Hamburger, als eine
der Bedienungen sich meinem Tisch
näherte und fragte: „Sind Sie der Desi-
gner des bunten Posters mit all den
Symbolen?“ Ich war völlig überrascht.
„Ja“, antwortete ich. Sie fuhr fort: „Ich