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Marianne Brentzel

Die Machtfrau – Hilde Benjamin

Marianne Brentzel

Die Machtfrau

Hilde Benjamin
1902–1989

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Für Hugo

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über www.dnb.de abrufbar.

Inhalt

Vorwort

Teil I1902–1945

Kindheit im Kaiserreich – Jugend in wirren Zeiten

Von Bernburg nach Berlin 1902–1921

Die Bürgerstochter wird kommunistische Anwältin

Studium, Heirat, Kind und Beruf 1921–1933

Unter dem Terror der Nationalsozialisten

Berufsverbot für die Anwältin und Haft für den Ehemann 1933–1936

Frau eines Zuchthäuslers – Mutter eines »Halbjuden«

Hilfe für Verfolgte und Kriegsalltag 1936–1945

Teil II1945–1989

Neubeginn mit sowjetischem Auftrag

Oberstaatsanwältin und Kaderleiterin 1945–1949

Die gnadenlose Richterin

Vizepräsidentin des Obersten Gerichts der DDR 1949–1953

Unruhe und Aufstieg

Der 17. Juni 1953

Die Jahre der harten Hand

Ministerin 1953–1960

Die Vision von Gleichberechtigung und Frauenrecht

Ministerin 1961–1967

Kaltgestellt mit Ordensblech und Ehrentiteln

Professorin an der Akademie für Staat und Recht 1967–1989

Anhang

Anmerkungen

Quellenverzeichnis

Danksagung

Lebensdaten Hilde Benjamin

Kurzbiographien zeitgeschichtlicher Personen

Personenregister

Vorwort

Starke Frauen in der Geschichte haben mich schon immer interessiert. Frauen, die die gesetzten Grenzen überschreiten, die in männliche Sphären eindringen und den Männern das Recht, die Geschicke der Menschheit zu bestimmen, streitig machen. Die Illusion, daß Frauen dabei die besseren Menschen wären, sanft und gut, mütterlich und solidarisch die Welt regierten, habe ich nicht. Aber daß Frauen anders Macht ausüben, anders stark sind als Männer, vermute ich immer noch.

Hilde Benjamin war eine Frau an der Macht. Dabei zog sie mehr Haß als Verehrung auf sich. Sie war eine Frau, die die Geschicke der DDR wesentlich prägte. Eine Zeitlang war sie oberste Richterin und die erste Justizministerin der Welt. Man nannte sie die »rote Hilde« wegen ihrer Gesinnung und ihrer Härte, die »blutige« Hilde, die »rote Guillotine« oder auch den »weiblichen Freisler«, weil sie Schauprozesse inszenierte und Todesurteile verkündete. Ihr Tun erschreckte und verstörte die Menschen gleichermaßen in Ost- und Westdeutschland.

Hätte ein Mann an ihrem Platz auch diese negative Berühmtheit erlangt? Hätte man ihn dann vielleicht den »roten Otto« oder den »blutigen Kurt« genannt? Wahrscheinlich nicht. Freisler, der Präsident des Volksgerichtshofs in der Nazi-Diktatur, fällte in zwei Jahren mehr als zweitausend Todesurteile, Hilde Benjamin in ihren vier Jahren Richterzeit zwei Todesurteile. Und doch haben die Menschen im geteilten Deutschland den Vergleich benutzt und das abschreckende Handeln beider mitunter gleichgesetzt. Der Bruch mit der Rolle, die das Geschlecht traditionell zuweist, wird offensichtlich besonders streng bestraft.

Ich habe mich mehrere Jahre lang intensiv mit Hilde Benjamin beschäftigt. Dabei war die genaue Ausprägung des Lebens einer Frau, die an vorderster Stelle politische Macht im Nachkriegsdeutschland ausübte, eine der wichtigen Fragen, die mich antrieben.

Hilde Benjamin, geboren 1902, gestorben 1989, lebte in den beiden prägenden Diktaturen unseres Jahrhunderts, der Nazi-Herrschaft und dem realen Sozialismus. Sie nahm dabei jeweils völlig entgegengesetzte Rollen ein. Während der Hitlerdiktatur war sie ihres Berufes beraubt, ihr Mann wurde ermordet, sie selber war verfolgt und bedroht. In der Zeit des DDR-Regimes wurde sie zur Symbolfigur stalinistischer Justiz.

Wer ihren Lebensweg nachzeichnet, erlebt entscheidende Stationen deutscher Geschichte und, davon geprägt, eine Frau mit kolossalen Widersprüchen, scheinbar unvereinbaren Eigenschaften. Liebe und Haß, Klugheit und Borniertheit, männliches und weibliches, monströses und menschliches Verhalten treffen in ihr zusammen.

Hilde Benjamin war Kommunistin und glaubte, im Kampf für eine bessere Welt wären (fast) alle Mittel recht. Daß ihr Modell von Weltverbesserung am Ende war, wußte sie bis zu ihrem Tod im April 1989 nicht. Das historische Scheitern des Sozialismus zu erleben ist Hilde Benjamin erspart geblieben.

Ich wurde 1943 geboren und bin im Westen Deutschlands aufgewachsen. Politisch prägend für mich war die Studentenbewegung, die ich auf der anderen Seite der Grenze, in Westberlin, miterlebte und -gestaltete. Da sympathisierte ich mit kommunistischen Ideen, wie sie in China propagiert wurden. Die DDR war mir von Besuchen und aus der Literatur vertraut. Ihre politische Praxis lehnte ich mit den Argumenten der Maoisten ab.

Erst als ich daranging, mir ein Bild von Hilde Benjamin zu machen, lernte ich die Nachkriegsgeschichte der DDR und die Bedingungen ihres Untergangs genauer kennen. Entscheidende Stationen der vierzigjährigen SED-Herrschaft wurden deutlich. Die ersten »stalinistischen« Jahre bis zum Volksaufstand von 1953, die Folgen des XX. Parteitags der KPdSU in der DDR, die Zeit des Mauerbaus und die widersprüchlichen Elemente der Stabilisierungsphase danach. Hilde Benjamin steht auch darin für scheinbar unvereinbare Gegensätze. Sie veranlaßt eine fortschrittliche Frauen- und Familiengesetzgebung, der berüchtigte Paragraph 175 wird unter ihrer Regie in der DDR wesentlich früher abgeschafft als in Westdeutschland. Gleichzeitig verschärft sie die politischen Strafgesetze immer weiter zu repressiven Instrumenten gegen jede oppositionelle Regung.

Um Hilde Benjamin in diesen Zusammenhängen zu begreifen, war es notwendig, den Blick nicht nur auf die unmittelbare Entwicklung der Justiz zu richten, sondern das gesamte Panorama der DDR-Geschichte vor Augen zu führen.

Noch lagert wichtiges Material im Privatarchiv ihres Sohnes, das ich nicht habe einsehen können. Zum vollen Verständnis der Entwicklung von Hilde Benjamin wären die unter Verschluß gehaltenen Unterlagen und Dokumente nützlich und wünschenswert gewesen. Trotz dieser Einschränkungen war es möglich, die persönliche und politische Geschichte dieser Frau in wichtigen Bereichen zu rekonstruieren. Einer Frau, von der die einen sagen, sie sei hochbegabt und außergewöhnlich, und die von den anderen als Furie, als die »First Lady des Justizterrors« bezeichnet wird. Es ist die widersprüchliche Geschichte einer Frau an der Macht.

Teil I
1902–1945

Kindheit im Kaiserreich –
Jugend in wirren Zeiten

Von Bernburg nach Berlin
1902–1921

Am 5. Februar 1902 hielt eine Pferdekutsche vor einem gepflegten Mehrfamilienhaus in der Altstadt von Bernburg. Der Kutscher läutete. Ein Herr, hochgewachsen, mit breiten Wangenknochen und dunklem Teint, faßte die Dame fürsorglich am Arm. Die Geburt des ersten Kindes stand unmittelbar bevor. Der Weg zum nahegelegenen Entbindungsheim führte am Fluß entlang, wo sich die riesigen Anlagen der Solvay-Werke erstreckten. Von weitem sah man das berühmte Schloß, überragt von dem gewaltigen Bergfried, dem Eulenspiegel- und dem Blauen Turm. Der Schloßgraben, als Schutz gegen anrückende Feinde erbaut, war nur noch teilweise erhalten. Einst stand dort ein Bärenzwinger mit einem jungen Braunbären aus Rußland. Vielleicht hat die Stadt von dieser Marotte einer Fürstin ihren Namen und ihr Wappentier erhalten.

Bernburg, zwischen Halle und Magdeburg im heutigen Sachsen-Anhalt gelegen, erlebte Anfang des Jahrhunderts einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Durch den Reichtum an Kali- und Steinsalz entstanden die Soda-Werke des Solvay-Unternehmens. Die verträumte Residenzstadt wurde Schritt für Schritt Industriestadt, gegen den Widerstand der alteingesessenen Offiziere, Beamten, kleinen Gewerbetreibenden und Bauern.

Hier kam Helene Marie Hildegard Lange1 am 5. Februar 1902 gegen 22.30 Uhr zur Welt. Der Vater von Hildegard, Walter Moritz Lange, arbeitete als kaufmännischer Angestellter bei den aufblühenden Rohag-Werken, die mit dem Solvay-Konzern verbunden waren. Er interessierte sich für die Wissenschaft und Kultur seiner Zeit, sympathisierte mit den Ideen der Freimaurer. Toleranz und Achtung der Menschenwürde prägten die Atmosphäre im Hause Lange. Die Mutter mit den klangvollen Namen Adele Elsbeth Minette Julie war eine geborene Böhme und stammte aus der Oberschicht des Städtchens. Sie war ein fröhlicher Mensch, humanistisch-liberal denkend wie Walter Lange, hilfsbereit, gesellig und musikalisch.2

Wie meist im Februar war die Saale zugefroren. Hochwasser und Eisgang im Frühjahr zerstörten immer wieder die im Sommer erbaute Brücke. Die Eisenbahnbrücke konnte erst 1935 wieder errichtet werden. Nicht selten war die Innenstadt überflutet.

Am 5. Februar 1902 war ruhiges, klares Winterwetter. In Berlin hieß das »Kaiserwetter«. In Bernburg freuten sich die Menschen ohne monarchistische Gefühle an der sonnigen Landschaft. In der Umgebung von Bernburg wurde hauptsächlich Ackerbau betrieben. Zuckerrüben, Getreide und Kartoffeln gediehen gut. Die kaiserliche Versuchsanstalt für Pflanzenzüchtung hatte hier ihren Sitz.

Bernburg – achtundvierzig Jahre später. Hilde Benjamin, geborene Lange, betritt den Saal. Sie führt den Vorsitz beim 1. Strafsenat des Obersten Gerichts der DDR. Es ist ein kalter Dezembertag des Jahres 1950. In weißem Herrenhemd, schwarzer Krawatte und schwarzem Jackett sitzt sie erhöht auf der Theaterbühne ihrer Geburtsstadt. Es ist der dritte Prozeß dieser Art innerhalb weniger Monate, bei dem sie den Vorsitz führt. Zehn leitende Angestellte der Solvay-Werke stehen vor Gericht. Nach zügiger Verhandlung verhängt Hilde Benjamin gegen die Angeklagten wegen »Schiebergeschäften« und »Wirtschaftssabotage« hohe Strafen. Unbewegt steht sie da. Über ihr ein Transparent mit der Aufschrift: »Die demokratische Gesetzlichkeit dient dem Fortschritt und dem Schutz der Werktätigen«. Klein, mit straff zurückgekämmtem Haar, der dünne Zopf über dem Kopf ist ordentlich festgeklemmt. Sie verliest das Urteil. Ihre Stimme klingt monoton und geschäftsmäßig: 19 Jahre, 15 Jahre, 2 Jahre Zuchthaus.3

Hat der Name der Firma Assoziationen in ihr freigesetzt? Stände auch der eigene Vater vor Gericht, wäre er in Bernburg geblieben? Unsinnige Gedanken! Das zählt nicht. Als Richterin des neuen Staates tut sie ihre Pflicht, einzig der demokratischen Gerichtsbarkeit verpflichtet.

Eine Frau – leitende Juristin? Deutschland – Anstifter zweier Weltkriege? Das Land geteilt und ein Teil sozialistisch? 1902, in Hilde Langes Geburtsjahr, wäre diese Szene undenkbar gewesen.

Walter Lange – 18744 in Wilhelmshaven als Sohn eines Stabswachtmeisters der kaiserlichen Marine geboren – war kein Mensch irrealer Zukunftsträume. Als Kaufmann hatte er handfeste Ziele. Nach Berlin wollte er versetzt werden, seiner Familie eine sichere Existenz aufbauen. Wahrscheinlich wünschte er sich einen Sohn als »Stammhalter«. Auch der würde Kaufmann lernen und in seine Fußstapfen treten.

Gegen Abend wurde die Geburt eines gesunden Mädchens gemeldet. Die Großmütter beider Seiten wollten bei der Namensgebung berücksichtigt werden: Helene und Marie. Als Neuerung entschied das Ehepaar sich für Hildegard. Hilde würde man das Kind rufen. Das war zeitgemäß und praktisch. Die Familien waren aus Tradition evangelisch. Keine Kirchgänger. Die Mutter praktizierte ein tatkräftiges Christentum, gab regelmäßig Bettlern ein warmes Essen und abgelegte Kleidung. Das Kind wurde am 6. April getauft. Der »Taufschein des Evangelischen Pfarramtes der Martinskirche«5 zu Bernburg würde 1933 noch einmal gebraucht werden, als die Deutschen nachweisen mußten, daß sie Christen, also Arier und nicht Juden waren. Hilde Lange wird nie eine innere Beziehung zum Christentum entwickeln.

Das Kind wuchs heran, wie Kinder in geordneten Verhältnissen heranwachsen, behütet und genährt, geliebt und gefördert. Es hatte dunkle, fragende Augen, glatte, dunkle Haut und breite Wangenknochen, vererbt von den Vorfahren. Slawisch nannten eifrige Forscher diese Gesichtsform, und Rassenfanatiker sprachen verächtlich vom »ostischen« Typ. Das Mädchen war klein und zierlich. Als erwachsene Frau wird sie knapp ein Meter sechzig sein, zierlich wird sie nicht bleiben.

1904 wurde Walter Lange seinem Wunsch entsprechend nach Berlin versetzt. Er war Prokurist und später Direktor der Firma Rohag, einer Tochter des Scheidemandel-Konzerns, der mit den Solvay-Werken verbunden war. Die Rohag befaßte sich mit der Erfassung und Verwertung von Knochen. Die Familie zog in die Ahornstraße nach Steglitz, damals ein ruhiger Villenvorort, kaum anders als die Bernburger Altstadt. Baumbestanden, mit angenehmen Bürgerhäusern, kleinen Parks und Bänken zum Verweilen. Man richtete sich ein, 1905 wurde der Sohn Heinz, 1908 die Tochter Ruth geboren.

Die Familie war nicht sehr wohlhabend und verfügte über nur wenige Dienstkräfte im Haushalt. So mußte Hilde als Älteste früh Verantwortung übernehmen und die Mutter bei der Pflege und Aufsicht der kleinen Geschwister unterstützen. Wahrscheinlich half Hilde ihrer Mutter gern, bekam sie auf diese Weise doch den Dank und die Zuwendung der Eltern, die sonst vor allem den kleineren Geschwistern vorbehalten waren. Wie viele Älteste war auch Hilde in ihrer Familie die »Vernünftige« und mußte sich durch die Übernahme von Verantwortung ihren Anteil an der Elternliebe erst »verdienen«. So lernte das Mädchen früh, durch sein Verhalten das Lob der Erwachsenenwelt einzuheimsen und dadurch sein Selbstwertgefühl zu stärken.

1908 kam Hilde in die Schule. Nach Meinung der Eltern wurde es Zeit, daß die Älteste neue Anregungen bekam. Das Lesen hatte sie sich schon fast selbst beigebracht, sie malte gern, lernte Klavier spielen und liebte ernste Musik. »Mein kluges Mädchen«, sagte der Vater voll Stolz und erklärte ihr anhand von Bildern aus alten Folianten die Welt.

Die ersten Schuljahre wurden eine Enttäuschung für das intelligente Mädchen. Sie langweilte sich, mußte stillsitzen und Deckchen sticken, Buchstaben erkennen, die sie schon längst zu Worten und Sätzen formen konnte, mit den Fingern zählen, obwohl sie das Einmaleins spielend beherrschte.

Die Klassenkameradinnen hielten Abstand. Hilde war klug, wußte einfach alles, mochte die gängigen Mädchenspiele nicht. Die Sprüche im Poesiealbum brachten Hilde Lange nur zum Lachen und reizten ihren Spott. »Marmor, Stein, und Eisen …«, »Sei wie das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und rein, und nicht wie die stolze Rose …« So ein Quatsch, mag sie verächtlich gesagt haben. Rosen sind doch viel schöner als Veilchen! Hilde lernte gern und schnell, nachmittags übte sie Klavier, malte oder las in den Büchern der Erwachsenen. Die Eltern machten ihr bei der Auswahl der Lektüre keine Vorschriften.

1912, als Hilde Lange zehn Jahre war, wäre sie gern, wie die Jungen aus der Nachbarschaft, auf das Steglitzer Gymnasium gegangen. Doch das war in Preußen nicht erlaubt. Gymnasialklassen für Mädchen gab es noch nicht. Erst seit wenigen Jahren konnten begabte Mädchen in besonderen Vorbereitungsklassen zum Abitur geführt werden. Noch trauten sich nicht viele diesen Schritt in die Welt der männlichen Wissenschaften zu. Latein und Mathematik galten als unweiblich. Die Mädchen lernten auf dem Lyzeum nur, was man für angemessen und nützlich für die Gattinnen späterer Militärs, Beamter, Unternehmer und Professoren hielt: Handarbeit, Zeichnen, Religion, Gesellschaftstanz, Konversation in Deutsch, Englisch und Französisch. Die naturwissenschaftlichen Fächer und Mathematik spielten dagegen eine untergeordnete Rolle.


Hilde Lange wurde kein braves Mädchen, das mit Schleifchen im Haar an Mamas Hand durch die Schloßstraße flanierte und ehrfürchtig den Erwachsenen lauschte. Sie war auch kein ungebärdiger Wildfang, der gezähmt werden mußte, wie die Mädchenromane der Zeit es gern erzählten. Hilde Lange blickte mit ihren dunklen Augen kritisch in die Welt, machte treffende, ganz unmädchenhaft ironische Bemerkungen, stritt sich mit den Lehrern über Gott und die Welt. Scharfzüngig und klug war sie, wirkte sehr verständig für ihr Alter. Manche Tanten nannten das altklug. Die Eltern respektierten, daß Hilde ein einmal gesetzes Ziel vor Augen nie vergaß: Mal war es die Erlaubnis, mit den Wandervögeln am Wochenende auf Fahrt zu gehen, mal der Lateinunterricht und das Gymnasium, später würde es das Jura-Studium sein. Zielbewußt und fleißig, mit vor Zorn blitzenden Augen, wenn sie ihre Meinung durchsetzen wollte. Dann schleuderte sie ihre Worte in die Runde und war zu keinem Kompromiß bereit. Ihre eigenständige Meinung war ihr wichtiger als jede Familienharmonie.

Hilde Lange ging zehn Jahre auf das Mädchenlyzeum, lernte nachmittags Latein, während die Schulkameradinnen immer kompliziertere Muster in ihre Deckchen stickten. In der Verwandtschaft munkelte man schon, daß das Mädchen ein Blaustrumpf und niemals eine gute Ehe- und Hausfrau werden würde. Kluge Frauen waren auf dem Heiratsmarkt nicht gefragt. Dem Vater war das sachliche und wissensdurstige Mädchen gerade recht. Mit ihr konnte er diskutieren und argumentieren. Ihre Logik war bestechend, und ihre Gefühle zeigte sie selten. Der Bruder Heinz interessierte sich vor allem für Technik. Er wurde später Ingenieur. Die jüngste Schwester Ruth, genannt Utti, war anders. Angepaßt war auch sie nicht. Sie war lebhaft und voller Bewegungsdrang, hübsch und modebewußt. Früh entdeckte sie ihre Neigung zum Sport. Ende der zwanziger Jahre wurde sie Deutsche Meisterin im Kugelstoßen, studierte an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen und machte 1930 ihr Examen als Diplom-Turn- und -Sportlehrerin.

Wenn die Kinder sonntags mit dem Vater zu Wanderungen in die Umgebung Berlins aufbrachen, lernte Hilde vom Vater die lateinischen Namen der Pflanzen, interessierte sich für Tiere und Gesteinsarten, während Heinz und Utti auf Bäume kletterten und die Schwester zum Dauerlauf anfeuerten. Die Schwestern hatten wahrscheinlich während der Schulzeit von Hilde ein inniges Verhältnis zueinander, vertrauten sich ihre kleinen Geheimnisse an und stritten sich selten. Die Technikwelt ihres Bruders Heinz blieb Hilde immer fremd.

Die Familie Lange teilte das Lebensgefühl der bürgerlichen Schichten des Deutschen Reiches zu Beginn des Jahrhunderts. Man begeisterte sich für den technischen Fortschritt und hielt ihn für den Fortschritt der Menschheit, machte heimlich Witze über den stumpfsinnigen, aber mächtigen Adel und den großmäuligen Herrscher. Um Politik kümmerte man sich wenig. Allenfalls Zeitung lesend, schüttelten die Bürger den Kopf über die abenteuerlichen Unternehmungen des Kaisers im fernen Afrika und auf den Weltmeeren. Warum sich aufregen? Einfluß konnten normale Bürger nicht nehmen.

Schon als junges Mädchen sympathisierte Hilde mit den aufwieglerischen Wandervögeln.6 In Steglitz war eine der ersten Gruppen der Wandervogelbewegung gegründet worden. Ausbrechen. Anders leben. Protestieren gegen die strengen Regeln im Schulalltag und zu Hause. Unter sich sein, ohne Kontrolle der Erwachsenen, ganz aus der Natur leben und die verkrustete Zivilisation abschütteln. Diese Vorstellungen prägten zu Beginn des Jahrhunderts die neue Jugendbewegung, den Wandervogel. In Steglitz sammelte der Student Hermann Hoffmann Jungen des Gymnasiums um sich und zog 1896 zum ersten Mal mit einer Gruppe in die »freie Natur«. Sie übernachteten in Wäldern und Scheunen, bereiteten das Essen auf Spirituskochern, fühlten sich wie die fahrenden Schüler des Mittelalters. Mit Schlapphut, Rucksack und Gitarre probierten die Söhne des Bürgertums etwas Neues aus. 1901 gründete sich in Steglitz der »Ausschuß für Schülerfahrten«, später wurde er »Wandervogel« genannt und verband sich mit Gruppen gleicher Gesinnung.

Mädchen waren anfangs nicht zugelassen. Die Frage, ob sie mitwandern durften, war lange Zeit ein wichtiger Punkt des Streits und der Spaltung unter den Wandervögeln. Allmählich gab es mehr mutige junge Frauen, die bei den Ausflügen dabei waren oder sich an den »Nest«abenden im Winter beteiligten. Für Jungen und Mädchen galt als oberstes Gebot, »kameradschaftlich« miteinander umzugehen, den »Sumpf des bürgerlichen Liebeslebens strikt zu meiden«, eine Vorstellung, die Hilde Benjamin später auch in ihrer Parteigruppe für sinnvoll hielt. Zur Jahrhundertfeier der Leipziger Völkerschlacht trafen sich Hunderte Jugendliche auf dem Hohen Meißner bei Kassel und schworen, ihren Grundsätzen immer treu zu bleiben. »Die freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung vor eigener Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. (…) Alle Veranstaltungen der freideutschen Jugend sind alkohol- und nikotinfrei.«7 Die berühmte »Meißner-Formel« mußte jeder aktive Wandervogel auswendig kennen. Auch Hilde Lange wird die Sätze gesprochen haben. Seit etwa 1916 hatte sie Kontakt zur Steglitzer Gruppe der Wandervögel. In der Schule sprach sie besser nicht darüber. Die Frau Direktor warnte die Eltern eindringlich vor den schädlichen Einflüssen der aufrührerischen Bewegung auf die Töchter aus gutem Hause.

Als der Erste Weltkrieg begann und die allgemeine Euphorie des In-den-Krieg-Ziehens das Reich erfaßte, empfanden die Eltern Lange keine Kriegsbegeisterung. Walter Lange wurde eingezogen und war als Feldwebel fast ununterbrochen im Krieg. Feldwebel war ein unbedeutender militärischer Rang, kein Ausweis für eine militärische Karriere. Walter Lange kehrte unverletzt aus dem Krieg zurück.

Die meisten Lehrerinnen schwärmten in dieser Zeit vom Kaiser und seiner weisen Politik, organisierten in den Kriegsjahren Patenschaften für Flüchtlingskinder aus Ostpreußen, engagierten sich in der Kriegsfürsorge des Nationalen Frauendienstes, hielten die Mädchen zum Strümpfestricken für die Soldaten an.

Doch gab es auch wenige andere. Der Name Grete Thiem ist überliefert. Sie war eine von Hilde Langes verehrten Lehrerinnen, mit denen sie zeitlebens Kontakt hatte. Die Lehrerin wanderte mit den Mädchen, machte sie mit der fortschrittlichen Kleidung ohne einschnürende Korsagen, der »Reformkleidung«, vertraut, begeisterte sie für ein naturnahes Leben, imkerte selber. Durch sie kam Hilde auch zum ersten Mal auf die Insel Hiddensee, die sie seitdem sehr mochte.8

In ihren skeptischen Auffassungen über den Krieg wurde Hilde Lange von ihrer Mutter unterstützt. Wie diese hatte sie einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und empörte sich über die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten des Krieges. Fünfzig Jahre später schrieb sie einer Pioniergruppe in Güstrow dazu: »Meine Eltern waren ... liberale Bürger, die auch keinen Hurrapatriotismus während des ersten Weltkrieges kannten ... Ich fing in diesen Jahren an, die politische Entwicklung bewußt mitzuerleben; die Novemberrevolution erlebte ich bereits bewußt und stand gefühlsmäßig auf der Seite der Arbeiter.«9

Je länger der Krieg dauerte, desto drückender wurde der Alltag. Im Hause Lange gab es keine akute Not, aber die Lebensmittelmarken, die Engpässe bei allen notwendigen Gütern, die Winter, in denen es nur noch Steckrüben zu essen gab, prägten auch bei den Langes das Alltagsleben. Andere Klassenkameradinnen litten in diesen Jahren ständig an Unterernährung und konnten oft den Worten der Lehrer nicht folgen, weil ihnen schwindelig vor Hunger war.10

Das zehnklassige Auguste-Viktoria-Lyzeum beendete Hilde 1918, anschließend besuchte sie die realgymnasiale Studienanstalt bis zum Abitur. Sie wollte studieren, vielleicht Naturwissenschaften, vielleicht aber auch Jura, obwohl (oder weil?) dieses Fach immer noch eine Männerdomäne war. Zwar war in Berlin 1908 das allgemeine Immatrikulationsverbot für Frauen aufgehoben worden, aber, anders als bei Medizin und den philologischen Fächern, waren weibliche Studierende in der Jurisprudenz noch die absolute Ausnahme. Erst 1922 wurde Frauen der Zugang zum Referendariat und das zweite Staatsexamen durch Gesetz erlaubt.

Kriegsende in Berlin. Unruhen und Straßenkämpfe. In Steglitz war davon wenig zu spüren. Die Kämpfe fanden woanders statt – in Wedding, in Neukölln und in Berlin-Mitte. Hilde interessierte sich für das, was im Zentrum geschah. Die Wandervogelfreunde trafen sich wieder, diskutierten über die neue Lage und betrauerten die gefallenen Freunde. Doch es war nicht mehr wie früher. Die Jugendlichen suchten nach neuen Antworten auf die großen Fragen der Gegenwart.

Als im Januar 1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin ermordet wurden, mischte sich auch bei vielen bürgerlichen Menschen Trauer mit Empörung. Die Töne der Bürgerstochter Hilde aus Steglitz, von den Klassenkameraden wegen des dunklen Teints »die Inderin aus der Düntherstraße« genannt, wurden radikaler. Jedenfalls sagen das die Berichte fünfzig Jahre später. Sie selbst schrieb:

»Von entscheidener Bedeutung wurde die Ermordung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, und meine Mutter und ich brachten in unserem Haus und ich in meiner reaktionären Schule unsere Empörung und Abscheu offen zum Ausdruck. Es kamen die Kämpfe und Streiks in Berlin, und ich begann, mich immer aktiver für die politische Entwicklung zu interessieren und Partei zu ergreifen. 1921 begann ich mit dem Studium der Rechtswissenschaften. Für meine Berufswahl war entscheidend, daß ich glaubte, als Rechtsanwalt allen, denen Unrecht geschah, helfen zu können, und das Vorbild Karl Liebknecht, dessen Tochter die gleiche Schule besuchte.«11


Karl Liebknecht als Vorbild für die zukünftige Rechtsanwältin. Das klingt gut. Vera Liebknecht, seine einzige Tochter, war 1906 geboren worden, also vier Jahre jünger als Hilde Lange. Ob sie sich gekannt haben, die Abiturientin und das kleine Lyzeumsmädchen? Der Sohn Michael Benjamin, befragt, ob seine Mutter mit der Tochter Liebknechts als junges Mädchen in Verbindung gestanden hätte, antwortete erstaunt, er habe nie etwas von dieser Verbindung gehört, obwohl seine Mutter eine so starke »Affinität« zu Karl Liebknecht gehabt hatte. Er war sicher, daß er, falls es eine enge Verbindung gegeben hätte, bestimmt davon wüßte.12

War es Schönfärberei der eigenen Lebensgeschichte, wenn Hilde Benjamin den jungen Lesern vermittelte, schon als junges Mädchen hätte sie engen Kontakt zu einem berühmten Sozialisten gehabt? Die angebliche Jugendbekanntschaft konnte vielleicht ein positives Licht kämpferischer Prominenz auf die Schulzeit Hilde Langes werfen. Hilde Benjamin sollte im Kreis der SED-Prominenz wegen ihrer bürgerlichen Herkunft immer ein Fremdkörper bleiben. Die meisten führenden SED-Kader kamen aus »proletarischen Elternhäusern«. Sie sagten gern und oft, schon als kleine Jungen hätten sie gewußt, daß das Herz links schlägt und der Feind rechts steht. Da wollte die Ministerin aus bürgerlichem Hause auch nicht zurückstehen. Auch sie hatte etwas vorzuweisen. Wenn auch nur den Namen Liebknecht auf der Schülerliste des gleichen Lyzeums.

1921 bestand Hilde Lange ihr Abitur. Das Zeugnis ist nicht mehr auffindbar. Aber das Exemplar einer Klassenkameradin liegt vor. Es zeigt, welche Fächer geprüft wurden und daß – wohl aus Sparsamkeit – die kaiserlichen Vordrucke weiter verwendet wurden und kurzerhand der Zusatz »Königliche« bei der Prüfungskommission gestrichen war. Ein Foto der Abiturklasse ist auch erhalten. 25 ernste junge Frauen blicken starr auf den Fotografen, sittsam aufgereiht, mit Knotenfrisuren, in langen, dunklen Kleidern. Hilde Lange steht ganz unauffällig in der mittleren Reihe. Sie war, wie die Nachkommen der Mitschülerinnen sagen, eine ganz normale Schülerin, hatte gute Zensuren, war aber nicht Klassenbeste. Zum Abitur machten die Schülerinnen, wie ihre männlichen Kollegen, eine »Bierzeitung«. Die Verse und Lieder auf die Lehrerinnen und Lehrer spiegeln die Harmlosigkeit und Naivität der jungen Frauen. Da reimt sich Herz auf Schmerz und Pause auf Sause, Sein auf Pein. Aus der Abiturklasse von Hilde Lange gingen Ärztinnen, Chemikerinnen, Studienrätinnen und Volkswirtschaftlerinnen hervor. Es waren hochintelligente Frauen, meist aus der Oberschicht, die Väter oft selbst Akademiker. Andere Familien hätten sich das teure Schulgeld auch gar nicht leisten können. Diese frühe Generation studierter Frauen in Deutschland war zäh und hart gegen sich selbst, entschlossen, ihren Weg in einer männlich dominierten Berufswelt zu gehen. Tugenden wie Pflichterfüllung und Genügsamkeit zeichneten diese Frauen aus. Von Spaß oder Genuß war selten die Rede.13

Die Bürgerstochter wird
kommunistische Anwältin

Studium, Heirat, Kind und Beruf
1921–1933

Hilde Lange immatrikulierte sich als einzige ihrer Abiturklasse bei den Juristen. Vielleicht war es mehr ein Zufall und nicht, wie sie später gern erzählte, eine politisch bewußte Entscheidung, dem Vorbild Karl Liebknecht folgend. In einem Rundfunkinterview deutete sie diese Möglichkeit 1965 selbst an: »Und so gab es bei mir auch eine starke naturwissenschaftliche Neigung, und ich habe mich ... unmittelbar erst entschieden, als ich vor dem damaligen Rektor der Berliner Universität, Professor Deckel, stand und ihm die Hand zum Handschlag bei meiner Immatrikulation gab und die Entscheidung fiel: Rechtswissenschaft.«14

Hilde Lange studierte in Berlin, Heidelberg und Hamburg. Zügig absolvierte sie ihre Ausbildung. Fleißig und zielbewußt. Als Frau mußte sie manche Beleidigung einstecken. Die Professoren verhöhnten die wenigen Studentinnen durch Sonderbegrüßungen der »sehr verehrten, gnädigen Fräuleins«, die die Vorlesung mit ihrer Anwesenheit »beehrten«. Die meisten Universitätslehrer behaupteten frech, dem weiblichen Wesen widerspräche die klare Logik der Jurisprudenz, und die buntbemützten Herren Studenten trampelten begeistert ihre Zustimmung. Rita Sprengel, später Referendarin bei Hilde Benjamin, schrieb ausführlich über die unangenehme Sonderrolle, die Frauen im Jura-Studium erleiden mußten. »Den Herren Studenten und auch den meisten Professoren paßte es ganz und gar nicht, daß ich, ein Mädchen, Jura studierte. Das juristische Studium war doch das Vorrecht der Männer. Von der ersten Vorlesung an versuchten sie, mich zu vertreiben ... Ich heuchelte also Gleichmut. Vor allem aber, ich blieb nicht einer einzigen Vorlesung fern. (...) Inzwischen haben Professoren und Trampler bereits begriffen: Sie können mich nicht mehr vertreiben.«15

Doch Hilde Benjamin scheint sich nicht an solche Vorkommnisse zu erinnern: »Als ich mit dem Sommersemester 1921 ... das juristische Studium in Berlin begann, studierten mit mir etwa 6 bis 8 Frauen. Sie kamen überwiegend aus Juristen- und Beamtenfamilien, meiner Erinnerung nach kluge und begabte junge Frauen. In Hamburg und Heidelberg, wo ich das Studium fortsetzte, waren wir etwa 10 bis 15 Studentinnen. Während des Studiums erwuchsen uns aus der Tatsache, daß wir Frauen waren, keine Schwierigkeiten, eine Erfahrung, die ich auch im juristischen Vorbereitungsdienst und als Rechtsanwalt machte. Auseinandersetzungen ergaben sich aus politischen Gründen, aber sie bestanden unabhängig vom Geschlecht.«16

Hilde Benjamin wollte sich in der Rückschau auf das Studium nur noch der politischen Differenzen erinnern. Anmache, blöde Männerwitze und verletzende Bemerkungen sollen bei ihr nicht vorgekommen sein. Es mag sein, daß sie es so empfunden hat, daß sie schon damals alles, was außerhalb ihrer Vorstellungen lag, verleugnet und verdrängt hat, daß sie nur »politische Differenzen« wahrnehmen wollte, weil nur diese ihr wirklich bedeutsam erschienen.

Es gibt zahlreiche autobiographische Berichte von Studentinnen der zwanziger Jahre, die vom Hohn und der Verachtung der männlichen Studenten und Professoren gegenüber den Studentinnen sprechen. Als »Blaustrümpfe« wären sie verlacht worden. Verstand und Liebe galten als unvereinbar. Drohend wurde den Frauen vorgehalten, sie müßten sich entscheiden: entweder Beruf oder Ehe. Und der qualifizierte Beruf führte angeblich zwangsläufig zum lebenslänglichen Liebesverzicht.

Auch Hilde Lange wird die Beleidigungen gehört und sich durch Eifer und Intelligenz scheinbar unangreifbar gemacht haben. Sie blieb keiner Vorlesung fern, arbeitete konsequent auf ihr Ziel hin. In Logik und Fachwissen stand sie den Herren in nichts nach. Und allmählich begriffen die Studenten und Professoren, daß die junge Frau mit dem aparten Gesicht und dem dunklen Teint nicht einzuschüchtern war, hielten Abstand und ignorierten sie als weibliches Wesen, sahen in ihr allenfalls den »Kommilitonen«.

Schon früh entwickelte Hilde Lange durch diese Erfahrungen Härte und Fleiß zu ihren hervorstechenden Eigenschaften. Härte gegen die, die vermeintlich als politische Feinde anzusehen waren. Vielleicht war es ihr deshalb so wichtig, die Differenzen in den Studentenjahren ausschließlich auf politische Gegensätze zurückzuführen. Angegriffen und verachtet zu werden, weil sie als Frau nicht gut ankam, wäre schmerzhaft und kränkend gewesen, aber politisch als Sozialistin angegriffen zu werden, verbuchte sie als kämpferische und damit positive Sache.

Und fleißig war Hilde Benjamin ihr Leben lang. Immer diente dies der »guten Sache«, mal war es das schnelle Examen, später die gründlich vorbereitete Urteilsbegründung oder Gesetzesvorlage. Ihr Fleiß hat ihr möglicherweise auch manchmal als Vorwand gedient. Ein probates Mittel, die große Sehnsucht nach Liebe und Partnerschaft, die sich im harten Studienalltag nicht realisieren lassen wollte, erst gar nicht an die Oberfläche kommen zu lassen. Hilde Lange, später Benjamin, setzte schon als Studentin alles daran, ihre Gefühle immer »im Griff« zu haben. Sie durften nicht störend auf ihre Ausbildung, politische Laufbahn oder Karriere wirken. Diese Elemente ihres Lebens hatten für sie immer Vorrang. Daß sie dennoch der starke Wunsch nach einem männlichen Partner und einer glücklichen Beziehung umtrieb, sollte sich bald zeigen.

In den Semesterferien mußte Hilde Lange arbeiten gehen, um sich Geld für das Studium zu verdienen. Das väterliche Vermögen war durch die Inflation weitgehend aufgezehrt, und der Vater konnte sie nicht voll unterstützen. Sie berichtete von einem Metallbetrieb in Heidelberg, wo sie »lernte, an Maschinen zu stehen«, und auch »Freunde in Arbeiterfamilien« gewann.17 Vieles mag sich in den Erinnerungen einer prominenten Vertreterin der »Partei der Arbeiterklasse« mischen. Zweifel, daß die junge Studentin aus Berlin so schnell »Freunde in Arbeiterfamilien« fand, sind angebracht. Als Ende der sechziger Jahre Studentinnen in die Fabriken gingen und dort am Band arbeiteten, um »die Arbeiterklasse« kennenzulernen, schlug ihnen das Mißtrauen der Kollegen entgegen. Eine tiefe Kluft trennte sie von den Arbeiterinnnen. Die Studierten waren Exoten, die bestaunt wurden, nicht Kolleginnen. Vielleicht waren damals in Heidelberg die Arbeiter beeindruckt von der lebenspraktischen und forschen Studentin. Aber daß es Hilde Lange gelang, in nur wenigen Arbeitswochen Freundschaften zu schließen, ist unwahrscheinlich.

Neben dem Hauptstudium lernte Hilde Lange am Orientalischen Institut der Berliner Universität die russische Sprache. Wollte sie schon damals Lenin im Original lesen? Dazu äußerte sie sich in den veröffentlichten Erinnerungen nicht. Auf jeden Fall war das Russischstudium eine vorausschauende Leistung. Die Sprachkenntnis sollte sie später gut gebrauchen können.

1924, nach nur drei Jahren Studium, bestand sie ihr Referendarexamen. Aus den Akten des Justizministeriums geht hervor, daß sie ihr erstes Staatsexamen am 6. November 1924 in Berlin mit der Note »ausreichend« ablegte.18 Im Januar 1925 begann Hilde Lange den juristischen Vorbereitungsdienst – wie es üblich war – mit dem Eid auf die Weimarer Verfassung. Insgesamt drei Jahre durchlief sie die unterschiedlichsten Stationen der juristischen Laufbahn. Sie arbeitete bei der Staatsanwaltschaft, in den Amtsgerichten Berlin-Lichterfelde und Wedding, im Landgericht, bei einem Rechtsanwalt und beim Kammergericht. Die »Nachweisung der Beschäftigung der Referendarin Frau Benjamin, geb. Lange, vereidigt am 6. Januar 1925«19 gibt auch Auskunft über die Krankenzeiten und ihren Urlaub. 1926 war Hilde Benjamin häufiger krankgeschrieben. Außerdem arbeitete sie freiwillig in Erziehungsheimen, auf dem Jugendamt und bei der Jugendgerichtshilfe sowie im Frauengefängnis Barnimstraße.20 Ihr zweites Staatsexamen bestand sie im November 1928 mit der für Juristen hervorragenden Note »vollbefriedigend«.21

Während der Studentenjahre suchte Hilde Lange nach politischer Orientierung. Über die unpolitische Wandervogelbewegung war sie hinausgewachsen. Die aktuellen Probleme der neuen Republik waren nicht mit individueller Suche in der Natur zu beantworten. Sie trat dem Sozialistischen Studentenbund bei, wurde 1925 kurze Zeit Mitglied der SPD. In dieser Zeit lernte sie die fast gleichaltrige Dora Benjamin kennen. Hilde besuchte die wohlhabende jüdische Familie häufig in deren Villa im Grunewald, diskutierte mit den Brüdern Walter und Georg, mit den gastfreundlichen und gebildeten Eltern. Georg, der junge Arzt, lud die Freundin seiner Schwester dann einmal zu einer Wanderung des Arbeiter-Samariterbundes ins Havelland ein. Vielleicht war bereits dieser Ausflug für Hilde, die energische, fleißige Referendarin, der Beginn ihrer großen Liebe. Als sie 1977 ihren Mann mit einer Biographie ehrte, schimmerte dieses Gefühl trotz aller selbstverordneten Strenge und Sachlichkeit ab und zu durch. Über die Anfänge ihrer Beziehung schrieb sie: »Nach den jahrelangen Begegnungen in seinem Elternhaus, dem Sommerausflug 1924 kamen wir uns plötzlich Ende 1925 näher ... Ich war sieben Jahre jünger als Georg Benjamin, hatte Ende 1924 meine erste juristische Staatsprüfung abgelegt und war nun fast ein Jahr Referendar im Bezirk des Kammergerichts ... Auch ich hatte, wenn auch unter anderen Bedingungen als die Benjamins, Berührung mit der Jugendbewegung gehabt, ... 1925 war ich Mitglied der SPD geworden, weil ich die Organisation in einer Arbeiterpartei für notwendig hielt und den direkten Weg zur KPD ebenfalls noch nicht fand. Allerdings«, so schrieb sie entschuldigend, »habe ich keinen der ›Zahlabende‹ meiner Gruppe besucht und trat nach der Verbindung mit Georg sofort aus.«22

Die Liebe zu Georg und die Kommunistische Partei scheinen sich in ihrem Leben unauflöslich verknüpft zu haben. Vielleicht hatte Hilde Lange – sie war damals Mitte Zwanzig – schon die Hoffnung auf eine große Liebe aufgegeben und strebte ein Leben als unverheiratete, berufstätige Rechtsanwältin an. Dafür spricht, daß sie in dieser Zeit an einer Dissertation arbeitete, die sie nach ihrer Heirat nicht mehr fortsetzte.23 In den zwanziger Jahren machten unverheiratete Akademikerinnen häufig ihren Doktor, um auch in wissenschaftlicher Hinsicht zu beweisen, daß sie den männlichen Konkurrenten ebenbürtig waren und im Berufsleben »ihren Mann« standen.

Sachlich und knapp berichtete Hilde Benjamin weiter, daß sie nach einer Wanderung durch die Schorfheide Dora Benjamin besuchte und dabei auch Georg traf. Die Familienrunde unterhielt sich gerade über den »Zauberberg« von Thomas Mann. Sie selbst kannte den eben erschienenen Roman noch nicht, und Georg bot an, ihr das Buch zu leihen. Sie könne es in den nächsten Tagen bei ihm abholen.24 Eine klassische Geschichte vom Sich-Näher-Kommen unter geschickt verpackten Vorwänden. Beide scheinen auf der Suche nach einer dauerhaften Bindung gewesen zu sein. Georg hatte gerade die Freundschaft mit einer Krankenschwester aus der Charité gelöst, und Hildes Freundschaften aus der Studenten- und Jungsozialistenzeit waren, wie sie später schrieb, »ausgeklungen«.25 Hilde Lange holte das Buch – wahrscheinlich klopfenden Herzens – bei Dr. Benjamin in der Nazareth-Kirchstraße in Wedding ab. Es war ein Zimmer in einem typischen Altberliner Vorderhaus, der Raum schlicht möbliert, eher asketisch. An einen vollbepackten Schreibtisch und ein schmales Bett kann sie sich erinnern. Weitere Annehmlichkeiten gab es in dem Zimmer nicht. Georg Benjamin arbeitete zu dieser Zeit als Schularzt in Wedding. Er lud Hilde dann ein, an einer Feier zur Novemberrevolution teilzunehmen. Der Film »Lenin im Oktober« wurde gezeigt. Das weiß sie noch 50 Jahre später. Der Kontakt zwischen Georg und Hilde intensivierte sich. Irgendwann, sicher bald, brachte sie den »Zauberberg« zurück. Weitere Besuche folgten. Der Zauberberg hatte seine Wirkung getan.

Hilde Lange war fasziniert von dem älteren, politisch entschiedenen und kulturell interessierten Mann, der sie als Frau ernst nahm und behutsam mit ihren politischen Unsicherheiten umging. Auch wenn sie sich liebten, war er einfühlsam und rücksichtsvoll. Wahrscheinlich aus Sorge vor einer ungelegenen Schwangerschaft, wie sie die Frauen damals umtrieb, hatte sie körperliche Beziehungen bisher abgelehnt. Mit Georg lernte sie auch diese Seite des Lebens genießen.

Silvester 1925 machten Georg und Hilde zum ersten Mal gemeinsam Urlaub. Eine lange Wanderung durchs Havelland, Zeit zum Reden und Lieben. Völlig überraschend für Verwandte und Freunde verkündeten sie bei der Rückkehr ihren Entschluß, bald zu heiraten. Von Verlobungszeit war nicht die Rede. Es mag sein, daß die Eltern beider Seiten das lieber gesehen hätten. Aber weder die Benjamins noch die Langes hatten Einfluß auf die Entscheidungen ihrer erwachsenen Kinder. Ihnen blieb nur, sich mit dem jungen Glück zu freuen. Ob Dr. Georg Benjamin nach alter Sitte bei Walter Lange »um die Hand der Tochter« angehalten hat, ist nicht überliefert. Diese Konvention paßte nicht zu dem unkonventionell denkenden Paar.

Walter Benjamin, der berühmte Philosoph und ältere Bruder Georgs, schrieb am 14. Januar 1926 an einen Freund:

»Mein Bruder wird in einigen Tagen ein sympathisches, junges Mädchen heiraten, eine Freundin meiner Schwester, die er zur Kommunistin sich herangebildet hat. Es haben also seine christlichen Schwiegereltern in einen doppelt bitteren Apfel zu beißen.«26

Die Einschätzung von Walter Benjamin wird gern zitiert, ist aber in fast allen Punkten falsch. Hilde war kein »junges Mädchen« mehr. Sie war mit 24 Jahren eine erwachsene Frau mit sehr ausgeprägten, eigenen Positionen. Sie brauchte wohl nur einen letzten Anstoß, um 1927 zur radikaleren der beiden Arbeiterparteien zu finden. Mit der Sozialdemokratie war sie schon lange unzufrieden. Sie selbst schrieb: »Daß Georg mich zur Kommunistin herangebildet hätte – ich trat erst im November 1927 in die KPD ein –, wäre seinem Wesen so fremd wie irgend etwas gewesen und widersprach der Achtung, die er der Freiheit jedes Menschen entgegenbrachte.«27

Die andere Bemerkung Walter Benjamins betrifft die Eltern Lange. Er meinte wohl, daß die »christlichen« Eltern der jüdischen Tradition der Familie Benjamin ablehnend gegenüber stehen könnten. Doch die Eltern Lange waren anders. Walter Lange war seit 1921 in der Loge »Bruderbund am Fichtenberg« in Steglitz. 1924 erfolgte seine Erhebung auf die Meisterstufe. In einem Nachruf auf ihn hieß es später, daß Walter Lange in der Freimaurerei die höchste Lebenskunst sah, daß er nach der wahren, höchsten Freiheit strebte ebenso wie nach der Befreiung von Vorurteilen.28 Und Hilde Benjamin über ihre Eltern: »Sie waren niemals Antisemiten gewesen und verkehrten seit langem auch mit jüdischen Familien ...« Diese Einschätzung hat sich hundertfach während der Nazi-Zeit bestätigt, als Walter und Adele Lange mutig für Tochter und Schwiegersohn eintraten. Die Ehe Hildes mit Georg Benjamin war für sie also kein »saurer Apfel«. Die Langes haben keinen Moment gezögert, Hilde und Georg tatkräftig zu unterstützen. Ihr Haus stand ihnen immer offen, auch als es schon lebensgefährlich war, mit Juden und Kommunisten Kontakt zu halten.

Die Eltern Benjamin kannten Hilde seit langem als Freundin von Dora. Es kam mit ihr keine Fremde ins Haus. Doch soll die Mutter ihren Sohn damals leise gewarnt haben, mit Hilde würde es »nicht ganz leicht« werden. Hildes »unweibliches« Interesse an Beruf und Politik kann nicht der Grund für die mütterliche Warnung gewesen sein. Auch Dora studierte ein unweibliches Fach: Volkswirtschaft. Emanzipierte und studierte Frauen waren in der Verwandtschaft der Benjamins nichts Außergewöhnliches. Vielleicht machte Frau Benjamin aber die Schärfe, mit der Hilde ihre Meinung vortrug, Angst. Georg war in diesem Punkt anders. Alle, die ihn kannten, schildern ihn als geduldig, tolerant und großherzig. Jedenfalls hat der Sohn sich nicht um die Warnung seiner Mutter geschert.

Am 26. Februar 1926 war Hochzeitstag. Sie heirateten laut Urkunde im Standesamt Steglitz. Trauzeugen waren zwei mit Namen Walter: Walter Lange und Walter Benjamin.29 Eine kirchliche Trauung kam nicht in Frage. Hilde war schon länger aus der christlichen Kirche ausgetreten und Georg der Tradition nach jüdischen Glaubens. Die konfessionell unterschiedlichen Familientraditionen machten daher keine Probleme. Das junge Paar lud Familie und Freunde zu einem bescheidenen Fest. Von einer Hochzeitsreise ist nichts bekannt.

Hilde und Georg Benjamin fanden in Wedding am Schillerpark eine Neubauwohnung mit drei Zimmern. Die Siedlung grenzte an ein Kleingartengelände, wo immer mehr Arbeitslose ständig in ihren Lauben lebten, ähnlich wie es Hans Fallada in »Kleiner Mann, was nun?« beschreibt. Hilde Benjamin nahm später an politischen Kämpfen der KPD gegen Wohnungsnot in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft teil.

Die Benjamins richteten sich im Stil der Zeit ein. Ein Zimmer in dunkelrot, ein blaues und für beide gemeinsam ein großes, grüngestrichenes Zimmer. An der Wand über dem Sofa hing eine Reproduktion der »Roten Pferde« von Franz Marc. Sie wird die Benjamins noch in viele Wohnungen begleiten. Das junge Paar hatte in den ersten Ehejahren eine relativ gesicherte Existenz. Dr. Benjamin war hauptamtlicher Schularzt im Bezirk Wedding, Hilde Referendarin beim Kammergericht. Sie bereitete sich auf das Assessor-Examen vor. Eine typische Intellektuellenehe in Berlin Ende der zwanziger Jahre.

Georg Benjamin, 1895 geboren, stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie. Die Großmütter bildeten traditionell das matriarchale Zentrum. Walter Benjamin und seine Kusine Gertrud Kolmar30 berichten beide von den prägenden Einflüssen der Großmütter auf ihre Kindheit. Es war eine religiös-liberale Sippe, die Eltern künstlerisch interessiert und politisch konservativ. Unter den zahlreichen Verwandten waren Ärzte, Juristen und Professoren, auch musikalische und dichterische Begabungen. Vor allem Gertrud, die älteste Tochter der Chodziesner, ist zu nennen. Sie wurde als Lyrikerin unter dem Pseudonym Gertrud Kolmar bekannt. Justizrat Chodziesner war ein Onkel der Geschwister Benjamin. Eine andere Kusine, Hilde Stern, heiratete den Arbeiterdichter Hans Marchwitza. Der drei Jahre ältere Bruder Walter spielte in Georgs Kindheit kaum eine Rolle. Die Schulzeit verbrachte Walter meist in Internaten. Zwischen den Brüdern entwickelte sich erst spät eine engere Beziehung.

In einem Essay »Kindheit um 1900« beschrieb Walter Benjamin sich als sensibles Einzelkind, das mit der ihn umgebenden Welt, seinen Krankheiten und der Liebe seiner Mutter ringt. Ein drei Jahre jüngerer Bruder kommt in dieser Kindheitsbetrachtung nicht vor. Die jüngste Schwester Dora wurde 1901 geboren. Georg machte auf dem Grunewald-Gymnasium 1912 sein Abitur und meldete sich bei Kriegsbeginn freiwillig zur Reichswehr, wie es viele jüdische Männer taten, um ihre Dazugehörigkeit zu beweisen. Während des Ersten Weltkriegs war er in West und Ost fast ununterbrochen an der Front.

Wie Hilde Lange war er beeinflußt von der Wandervogelbewegung, verstand sich als Mensch der »Tat« und als Asket. Er rührte weder Alkohol noch Zigaretten an. Den Krieg empfand er als unerträgliche Einschränkung seiner persönlichen Freiheit, seine Ablehnung war damals noch nicht politisch begründet.

1919 begann Georg Benjamin sein Medizin-Studium. In der Studienzeit in Marburg entwickelte er politisch linke Positionen, und als er 1920 nach Berlin zurückkam, zog er nicht mehr in die elterliche Villa im Grunewald, sondern nahm sich ein eigenes Zimmer in einem Arbeiterviertel und trat der USPD bei. 1921 zog er in ein Ledigenheim, schrieb eine Dissertation über die medizinische und soziale Lage der Menschen in diesen Heimen. Zunehmend interessierte er sich für die Sozialmedizin, wurde Mitglied im »Proletarischen Gesundheitsdienst«, einem Zusammenschluß sozialistischer Ärzte, und trat 1922 der KPD bei.