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Wissenschaftliche E-Book-Reihe, Band 15

Originalausgabe
© 2013 Archiv der Jugendkulturen Verlag KG, Berlin und bei den AutorInnen
Alle Rechte vorbehalten

Archiv der Jugendkulturen Verlag KG
Fidicinstraße 3, D – 10965 Berlin
E-Mail: verlag@jugendkulturen.de
Ansprechpartner für die Wissenschaftliche Reihe: Klaus Farin

Vertrieb: www.shop.jugendkulturen.de

ISBN (epub): 978-3-943774-71-9
ISBN (pdf): 978-3-943774-70-2

Lektorat: Gabriele Vogel

Die Wissenschaftliche Reihe im Archiv der Jugendkulturen
Alljährlich entstehen an Universitäten und Fachhochschulen Hunderte von wissenschaftlichen Arbeiten, die zumeist nur von zwei Gutachtern gelesen werden und dann unbeachtet in den Asservatenkammern der Hochschulen verschwinden. Dabei enthalten viele dieser Arbeiten durchaus neues Wissen, interessante Denkmodelle, genaue Feldstudien. Das Archiv der Jugendkulturen, Fachbibliothek und Forschungsinstitut zugleich zu allen Fragen rund um Jugendkulturen, hat deshalb damit begonnen, wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Jugend zu sammeln und öffentlich zugänglich zu machen. Mehr als 600 solcher Arbeiten enthält die Präsenzbibliothek des Archivs inzwischen – für jedermann kostenlos und frei zugänglich.

In der Wissenschaftlichen Reihe publiziert der Archiv der Jugendkulturen Verlag seit 2007 zudem qualitativ herausragende wissenschaftliche Arbeiten zu jugendkulturellen Zusammenhängen. Die Arbeiten werden von fachkundigen GutachterInnen gelesen und vor der Veröffentlichung professionell lektoriert. Da pro Jahr von 20 - 25 eingereichten Arbeiten nur zwei veröffentlicht werden, kann bereits die Aufnahme in den Verlagskatalog als Auszeichnung verstanden werden. Doch für die AutorInnen lohnt sich die Veröffentlichung auch materiell. Die Archiv der Jugendkulturen Verlag KG verlangt keinerlei Kostenbeteiligungen! Im Gegenteil: AutorInnen, deren Arbeiten wir in unserer Wissenschaftlichen Reihe veröffentlichen, erhalten bereits für die Erstauflage ein Garantiehonorar von 1.000 Euro!

Seit 2011 wird diese Reihe durch eine elektronische Schwester ergänzt. Denn immer wieder mussten wir hervorragende Manuskripte ablehnen, da ein kleiner Verlag wie der unsrige sich nicht mehr als zwei wissenschaftliche Titel mit den gesetzten Qualitätsstandards (großformatige Hardcover, alle Bände sind illustriert, oft in Farbe) und dem bewusst niedrig angesetzten Ladenpreis (um möglichst viele Menschen zu erreichen) leisten kann. Die E-Book-Reihe soll dieses Manko ausgleichen. Was für die Printreihe gilt, gilt auch für unsere E-Books: Sie werden ebenfalls sorgfältig ausgewählt und lektoriert, die AutorInnen erhalten ein kleines Garantiehonorar und werden am Umsatz beteiligt.

Das Archiv der Jugendkulturen e. V.

Das Berliner Archiv der Jugendkulturen e. V. existiert seit 1998 und sammelt – als einzige Einrichtung dieser Art in Europa – authentische Zeugnisse aus den Jugendkulturen selbst (Fanzines, Flyer, Musik etc.), aber auch wissenschaftliche Arbeiten, Medienberichte etc., und stellt diese der Öffentlichkeit in seiner Bibliothek kostenfrei zur Verfügung. Darüber hinaus betreibt das Archiv eine eigene Jugendforschung, berät Kommunen, Vereine etc., bietet jährlich bundesweit rund 80 Schulprojekttage und Fortbildungen für Erwachsene an und publiziert eine Buchreihe sowie eine eigene Zeitschrift – das Journal der Jugendkulturen. Das Archiv der Jugendkulturen e. V. hat derzeit 270 Mitglieder weltweit (darunter viele Institutionen). Die Mehrzahl der MitarbeiterInnen arbeitet ehrenamtlich.

Schon mit einem Jahresbeitrag von 48 Euro können Sie die gemeinnützige Arbeit des Archiv der Jugendkulturen unterstützen, Teil eines kreativen Netzwerkes werden und sich zugleich eine umfassende Bibliothek zum Thema Jugendkulturen aufbauen. Weitere Infos unter www.jugendkulturen.de

AutorInnen einer wissenschaftlichen Arbeit zum Fokus Jugendkulturen können sich um den Respekt!-Preis zur Förderung wissenschaftlicher Arbeiten über Jugendkulturen bewerben: www.respekt-stiftung.de

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau SoSe 2012
Philologische Fakultät
Deutsches Seminar II

Hauptseminar: Die Rezeption der historischen Avantgarden in der deutsch- und russischsprachigen Gegenwartsliteratur

Dozentin: Dr. Juliana Kaminskaja

Self-Publishing und Fanzine-Kultur
Avantgardistische Tradition?

Verfasserin:
Kathi King
Anglistik / Germanistik / wissenschaftliche Politik
11. Hochschulsemester

INHALT

1. „IN THE FUTURE, EVERYONE WILL BE WORLD-FAMOUS FOR 15 MINUTES.” – DAS FANZINE ALS MEDIUM UND KUNSTFORM DER POSTMODERNE

2. SELF-PUBLISHING UND FANZINE-KULTUR: AVANTGARDISTISCHE TRADITION?

2.1 DIE HISTORISCHEN AVANTGARDEN, PUNK UND DIE ZEIT – ZUR GESCHICHTE DER FANZINE-KULTUR

2.2 PUNK UND DIE AVANTGARDE

2.3 D.I.Y. – DIE RADIKALE UMSETZUNG DER DEMOKRATISCHEN ÄSTHETIK

2.3.1 „there was nowhere else to read about the bands we liked“ – D.I.Y.- und Fanzine-Kultur als Antwort auf die Ignoranz des Mainstreams

2.3.2 „I always wanted to be a writer, not a singer“ – Fanzines als Ventil für schriftstellerische Ambitionen

2.4 AVANTGARDISTISCHE TENDENZEN IN FANZINES

2.4.1 „invariably shaped by their means of production – and the resulting limitations“ – Fanzine-Ästhetik

2.4.1.1 Politische und technische Restriktionen – Eine kurze Geschichte der Vervielfältigungstechnologie

2.4.1.2 Design-Konventionen

2.4.1.3 Ästhetische Analyse meiner Fanzine-Sammlung

2.4.2 Die Lesenden in der Fanzine-Kultur – Die Demokratisierung des Kommunikationsprozesses

2.4.3 Die Avantgarde als Subjekt in Fanzines-Authentizität vs. „intellektuelles Gewichse“

2.5 DAS FANZINE LYRISCHER SCHROTT – EIN SELBSTVERSUCH

3. AVANTGARDISTISCHE TRADITION?

4. ANHANG

4.1 INTERVIEW MIT HARALD UND KURT VON D.R.I. (01.08.2012)

4.2 INTERVIEW MIT GEORGE (03.08.2012)

QUELLENVERZEICHNIS

SEKUNDÄRLITERATUR:

INTERNETQUELLEN:

In the Cheese Pavilion and the only noise I hear
Is the sound of people stacking chairs
And mopping up spilt beer
And someone asking questions and basking in the light
Of the fifteen fame filled minutes of the fanzine writer

Billy Bragg: „Waiting for the Great Leap Forward” (1988)

1. „In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”1 – Das Fanzine als Medium und Kunstform der Postmoderne

Wenn Billy Bragg Andy Warhols Diktum von den fünfzehn Minuten Ruhm mit dem Schreiben von Fanzines in Verbindung bringt, platziert er jene Praxis unweigerlich in der Postmoderne. Die von Andy Warhol geprägte Pop Art zelebrierte das Konzept vom Ende des Autors, das ein zentrales Motiv für viele Theorien der Postmoderne ist.2 Jenes Konzept kann als Fortführung der Ablehnung des Geniekultes der Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts gesehen werden.3 Pierre Bourdieu beispielsweise sprach in seiner Avantgardentheorie davon, mit dem Mythos des schöpferischen Genies zu brechen.4 Jene Abkehr vom Genie hin zu jedem einzelnen Individuum und dessen Innerstem ist konstituierend für die Moderne wie auch die Postmoderne. Nicht umsonst wird in Literatur über und in Fanzines immer wieder betont, dass es jedem Menschen möglich sei, ein solches herauszubringen.5 Das Punk-Diktum „no more heroes“6 steht für diese Überzeugung und kann in der Tradition der modernen und postmodernen Avantgarden verstanden werden. Doch nicht nur Billy Bragg brachte mit Andy Warhol die Postmoderne mit der Kunstform Fanzine in Verbindung, auch der Autor und angebliche Namensgeber des Punk7 Legs McNeil sowie der Fanzinesammler und Grafikprofessor Teal Triggs sehen den Pop Art-Künstler als Vorreiter des Mediums:

[F]anzines had their stylistic origins in Warhol's Interview magazine, which represented “the same sense of slapped together necessity“ and the same “’artless’ reproduction of every spoken word.“8

Offensichtlich scheint das Fanzine ein Produkt der Entwicklungen von den Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts bis zur Postmoderne zu sein. In meiner Arbeit möchte ich mich aber vor allem den avantgardistischen Tendenzen der Fanzine-Kultur widmen sowie den gegenläufigen Tendenzen in Richtung einer Fanzine-Tradition. Denn so avantgardistisch der Gedanke hinter der Fanzine-Kultur ist, so traditionell sind trotzdem viele ihrer Erscheinungsformen. Wo finden sich Schnittstellen zu den historischen Avantgarden und wo kristallisieren sich traditionalistische Tendenzen heraus? Ist das Fanzine zum institutionalisierten Medium der Postmoderne geworden? Diesen Fragen möchte ich im Folgenden nachgehen.

2. Self-publishing und Fanzine-Kultur: Avantgardistische Tradition?

2.1 Die historischen Avantgarden, Punk und die Zeit – Zur Geschichte der Fanzine-Kultur