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Prof. Dr. Thomas Urban lehrt Multimedia Marketing, forscht an der Fachhochschule Schmalkalden und ist regelmäßig als Gastprofessor an in- und ausländischen Hochschulen tätigt. Diplom-Medienwirt (FH) Andreas Carjell ist Medienprojektmanager und arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fachhochschule Schmalkalden. Frau RAin Alexandra Rogner ist spezialisiert auf Medien- und IT-Recht. Sie lehrt diese Fachgebiete auch an der FH Schmalkalden, der DHBW Mosbach sowie der Berufsakademie Dresden und ist Referentin zahlreicher Seminare für Unternehmen.

Vorwort

Die Nutzung von Medien ist ein zentraler Bestandteil in unterschiedlichen Bereichen des täglichen Lebens. In modernen Informationsgesellschaften haben Medien einen wesentlichen Einfluss auf die ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes. Innovationen aus dem Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien führen zu Veränderungen des Mediennutzungsverhaltens der Rezipienten, reduzieren Markteintrittsbarrieren für neue Wettbewerber oder stellen neue Medienformate auf dem Markt bereit.

Mit dem vorliegenden Praxishandbuch richten wir uns an Unternehmer, Marketingverantwortliche, Brandmanager, Selbständige, Studierende und Dozenten die einen breitgefächerten und praxisnahen Einblick in unterschiedliche Themenbereich des Multimedia Marketing erhalten möchten.

Das Kapitel 1 führt in die Thematik ein, indem es den Leser sensibilisiert, wie sich die Medienmärkte entwickelt haben, wie diese seitens der Rezipieten aber auch der Werbewirtschaft genutzt werden und zeigt, wie die Mediennutzung in Unternehmen erfolgt.

Im Kapitel 2 werden die grundlegenden Spezifika der einzelnen Medienmärkte diskutiert. Hierfür wurde eine einheitliche Vorgehensweise gewählt, damit sich die Teilmärkte auf Basis der gewonnen strukturierten Darstellung gut vergleichen lassen. Fallstudien und Beispiele stellen den Bezug zur Praxis her.

Die Produktion von Mediengütern ist aufgrund ihrer Eigenschaften mit branchenspezifischen Charakteristika verbunden. Das Kapitel 3 widmet sich einerseits den Grundsätzen der Gestaltung sowie der Typografie und Schrift aber auch andererseits den Aspekten des Projektmanagements und der Kalkulation.

Die Anforderungen an die Vermarktung von Medienprodukten betrachtet das Kapitel 4. Hierbei werden die vier Instrumente der Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Distributionspolitik sowohl für die Rezipienten als auch den Werbemarkt betrachtet.

Das Kapitel 5 führt in die Thematik des Social Media Marketing ein. Neben den unterschiedlichen Social Media Instrumenten zeigt dieses Kapitel auch auf, wie Unternehmen für die erfolgreiche Umsetzung einer Social Media Strategie und deren Monitoring vorgehen sollten.

Im abschließenden Kapitel 6 erfolgt ein Überblick zu dem sehr dynamischen Gebiet des Medienrechts. Die hier diskutierten Inhalte sollen beim Leser ein Problembewusstsein entwickeln, im Bereich Multimedia Marketing die rechtlichen Aspekte im Blick zu behalten und erläutern typische Probelmstellungen.

Eines der wesentlichen Merkmale des Medienmarktes ist seine erhebliche Dynamik und zunehmende Komplexität. Dieser Aspekt wird auch in diesem Buch durch die Einbindung von QR-Codes am Ende eines jeden Kapitels gewürdigt.

Zur Nutzung benötigen Sie ein mobiles Endgerät mit Internetzugang sowie die kostenlose QR-Reader-Software (z. B. www.kaywa.com, www.arctiveprint.org), um auf folgende weiterführende Inhalte des Handbuchs zugreifen zu können:

Im Rahmen der Erstellung dieses Praxishandbuchs erhielten die Herausgeber vielfältige konzeptionelle und inhaltliche Unterstützung. Unser besonderer Dank gilt Frau RA’in Alexandra Rogner, die mit viel Engagement, Professionalität und hohem zeitlichen Einsatz das Kapitel 6 „Medienrecht“ für dieses vorliegenden Fachbuch gestaltet hat. Weiterhin gilt unser Dank dem UVK Verlag und Herrn Rainer Berger für die gute Zusammenarbeit bei der Erstellung des Buches, dessen Drucklegung sowie der weiteren Betreuung der Website zum Praxishandbuch www.praxishandbuch-multimedia.de.

Wir hoffen, dass dieses Fachbuch den Lesern hilft, Medien besser kennen zu lernen und die Komplexität des Medienmarktes zu verstehen. Ihr Interesse soll auch für weiterhin Ansporn und Motivation für uns sein, das Praxishandbuch zu verbessern. Hierfür steht Ihnen auch die Facebook-Seite „Praxishandbuch-Multimedia“ zur Verfügung: www.facebook.com/praxishandbuchmultimedia

Schmalkalden, Mai 2015

Thomas Urban und Andreas M. Carjell

Kontakt: Praxishandbuch@multi-media-marketing.org

Inhalt

Kapitel 1

Grundlagen des Multimedia Marketing

Die Digitalisierung von Informationen beschleunigt den Informationsfluss. Infor mationen werden immer schneller produziert und konsumiert, wobei die Inhalte verstärkt aus multimedialen sowie interaktiven Elementen bestehen. Für deren Übertragung wird sowohl das „klassische“ als auch „mobile“ Internet genutzt. Die technologischen Entwicklungen der Hard- und Software haben den Onlinezugang erleichtert. So wird das Internet zunehmend für die Informationsgewinnung genutzt und hat bereits das Fernsehen und den Printbereich als Hauptmedium abgelöst.

In modernen Informationsgesellschaften haben Medien heutzutage eine hohe Bedeutung für die ökonomische und gesellschaftliche Entwicklung eines Landes. Zahlreiche Innovationen der Informations- und Kommunikationstechnologien führen zu weiteren Veränderungen des Mediennutzungsverhaltens der Rezipienten (Kunden), vereinfachen den Marktzutritt für neue Wettbewerber und ermöglichen die Bereitstellung sowie Nutzung neuer Medienformate. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf technische, kulturelle und soziale Strukturen, sondern auch auf wirtschaftliche Aspekte. Die Rezipienten nutzen in der heutigen Zeit eine Vielzahl von Medien, um die individuellen Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsbedürfnisse zu befriedigen. Insbesondere das Internet ist der Treiber für neue Nutzungsmöglichkeiten der Medien. Interaktive Formate erlauben eine stärkere Einbindung des Rezipienten sowohl in die Nutzung als auch die Erstellung medialer Produkte und können diese somit verstärkt personalisieren. Darüber hinaus hat sich das Internet zu einem etablierten Vertriebskanal für nahezu alle Medienformate entwickelt. Die Nutzung unterschiedlicher Distributionskanäle sowie der Transfer von Kernkompetenzen in verschiedene Mediengattungen sind zu wichtigen Erfolgsfaktoren nicht nur von Medienunternehmen geworden.1

Im ersten Kapitel dieses Buches werden unterschiedliche Aspekte der Medienwirtschaft diskutiert. Zunächst erfolgt im Kapitel 1.1 eine grundlegende Betrachtung der Bedeutung und Entwicklung der Medienwirtschaft in Deutschland. Hierbei werden neben der Veränderung des Mediennutzungsverhaltens und der Reichweite einzelner Medien auch unterschiedliche geschlechts- und altersbezogene Nutzungsverhalten aufgezeigt.

Kapitel 1.2 gibt einen grundlegenden Überblick zu den einzelnen Medienmärkten sowie den Besonderheiten für die werbetreibende Wirtschaft und die jeweiligen Rezipienten. Weiterhin erfolgt eine Diskussion hinsichtlich der unterschiedlichen Wettbewerbsdimensionen auf den Medienmärkten, der spezifischen Eigenschaften von Medienprodukten sowie den Konvergenzentwicklungen im Informations- und Kommunikationsbereich, welche zu erheblichen Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen für Medienunternehmen führen.

Die auf dem Markt zur Verfügung stehenden Medieninstrumente setzen Unternehmen nicht nur für die Kommunikation mit ihren geschäftlichen und/oder privaten Kunden ein, sondern auch unternehmensintern im Rahmen der Mitarbeiterkommunikation. Diesen Aspekt betrachtet das Kapitel 1.3. Hierzu werden zunächst die unterschiedlichen Richtungen für den Austausch von Informationen und Interaktionen in Form der Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärtskommunikation erörtert, um anschließend einzelne Medieninstrumente zu diskutieren.

Eine Betrachtung des Multimedia Marketing aus der technologischen, psychologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Perspektive erfolgt im Kapitel 1.4. Hierbei wird die ganze Bandbreite dargestellt, die im Rahmen von Multimedia Marketing zum Tragen kommt. Die Definition der beiden Begriffe „Medien“ und „Multimedia Marketing“ rundet das erste Kapitel dieses Buches ab.

1.1 Bedeutung und Entwicklung der Medienwirtschaft

Der wachsende materielle Wohlstand in Deutschland in den 1950er und 1960er Jahren führte in allen Gesellschaftsschichten zu einer grundlegenden Veränderung im Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit. Gleichzeitig kam es zu einer Verlängerung der Zeitspanne zwischen Kindheit und Erwachsenalter mit Berufstätigkeit sowie Eheschließung. Die gewonnene Freizeit nutzten die Jugendlichen zunehmend zur Realisierung eigener Vorstellungen. So verabschiedeten sich die neu herausbildenden Jugendgruppen von erzieherischen und im tradierten Sinn gestalteten Wertevorstellungen. Dieser Prozess intendiert Fragen nach dem Stil und nach sozialemotionalen Austauschbeziehungen mit Gleichaltrigen. Die neuen Kommunikationsstrukturen ließen den verbalen und nonverbalen Austausch zwischen Gleichaltrigen zu einem immer wichtiger werdenden Teil eigener sozialer Erfahrungen sowie der Ausbildung der jeweiligen Identität werden.

Insgesamt wurde die Mediennutzung im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts durch eine Reihe markanter demographischer und soziokultureller Veränderungen nachhaltig beeinflusst. Zu den Wichtigsten zählte hierbei die deutliche Zunahme des individuellen Freizeitbudgets, welches auch sukzessiven Freiraum für den Medienkonsum schaffte.2

Medium

1970

1974

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

Fernsehen

113

125

125

121

135

158

185

220

220

Hörfunk

73

113

135

154

170

162

206

221

187

Tageszeitung

35

38

38

33

28

30

30

28

23

Internet

13

44

83

CD/LP/MC/MP3

15

14

14

14

36

45

35

Bücher

22

17

18

15

18

25

22

Zeitschriften

11

10

11

11

10

12

6

Video/DVD

2

4

3

4

5

5

Tab. 1.1: Nutzungsdauer der Medien in Min./Tag3

Der Prozess einer sozialen und intellektuellen Neuorientierung vollzog sich über einen längeren Zeitraum und beeinflusste wesentlich die medialen Angebote der Anbieter und deren Nachfrage durch die Rezipienten. So prägten zum Teil noch bis in die 1990er Jahre Überzeugungen von der Höherwertigkeit überlieferter Kultur- und Kunstangebote gegenüber der Unterhaltung die Auffassungen und das Angebot der Inhaltebereitsteller. Im eklatanten Widerspruch hierzu bestimmte jedoch die über das Fernsehprogramm verbreitete Unterhaltung schon in den 1960er Jahren zunehmend das Alltagsverhalten. Nach der Installierung der Serviceprogramme im Hörfunk zu Beginn der 1970er Jahre dominierte auch das unterhaltende Angebot immer stärker die Mediennutzung.

Mit der Einführung des dualen Rundfunks 1984 in Deutschland4 entwickelten sich besonders das private Fernsehen und der Hörfunk zu professionellen Dienstleistern, welche sich inhaltlich und zeitlich an den Bedürfnissen der Rezipienten orientierten. Diese Entwicklungen führten jedoch noch nicht zu einer individuelleren Nutzung bei den audiovisuellen Medien, sondern zunächst zu einer verstärkten Fragmentierung des Publikums. Dies zeigte sich vor allem in den 1990er Jahren entstandenen Spartenkanälen im Nachrichten- oder Musikbereich. Die Dominanz von Hörfunk und das Fernsehen in der individuellen Mediennutzung wirkten sich auf die Rezeption anderer Medien unterschiedlich aus.5

Medium

1970

1974

1980

1985

1990

1995

2000

2005

2010

Fernsehen

72

78

77

72

81

83

85

89

86

Hörfunk

67

70

69

76

79

75

85

84

79

Tageszeitung

70

73

76

73

71

65

54

51

44

Internet

10

28

43

CD/LP/MC/MP3

18

16

15

16

21

28

25

Bücher

22

21

20

21

18

23

21

Zeitschriften

22

20

19

22

16

17

11

Video/DVD

3

4

4

5

4

4

Tab. 1.2: Reichweite der Medien in Prozent6

Bis zum Beginn der 1980er Jahre bestand der deutsche Medienmarkt aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dem Printmedium Tageszeitung, Zeitschriften, Buch, Kino und den Tonträgern in Form von Vinylplatten und Musikkassetten. Allerdings verdrängte die Compact Disk (CD) die Vinylplatten zunächst langsam und dann immer stärker. Diesen Wechsel in den Tonträgern leitete im Konsumbereich die Digitalisierung medialer Inhalte ein. Parallel begann Mitte der 1980er Jahre die Herausbildung des dualen Rundfunksystems. Mit Hilfe von Kabel- bzw. Satellitenanschlüssen wurden die Voraussetzungen für eine Vervielfachung des audiovisuellen Programmangebots geschaffen. In der 1990er Jahren hielten schließlich PCs und elektronische Spielgeräte verstärkt Einzug bei den privaten Konsumenten. Allerdings nutzten im gesamten Jahrzehnt vor allem die Jüngeren den PC, auch wenn sich gegen Ende der 1990er Jahren vermehrt die Älteren dem neuen Medium zuwandten und somit die Relation zwischen den Alterskohorten in Bezug auf den Computerbesitz veränderten.7

Innerhalb der beginnenden Digitalisierung kamen zahlreiche weitere Geräte auf den Markt wie u. a. DVD-Player, MP3-Player und DAT-Recorder. Die verstärkte Geräteausstattung der Haushalte führte bis zum Jahr 2000 nicht oder nur geringfügig zu Substitutionseffekten im Medienkonsum. Der bestimmende Trend aufgrund der Diversifizierung der Geräte war ein erheblicher Anstieg der Medien nutzung. So stieg die tägliche Nutzungsdauer der Medien von 346 Minuten pro Tag im Jahr 1980 auf 404 Minuten im Jahr 1995 und auf durchschnittlich 502 Minuten je Bundesbürger im Jahr 2000.

Abb. 1.1: Anteil der privaten Haushalte in Deutschland mit einem Computer im Zeitraum 1998 bis 20128

Medium

1980

1985

1990

1995

2000

Fernsehen

125

121

135

158

185

Hörfunk

135

154

170

150

181

Tageszeitung

38

33

28

30

30

Zeitschriften

11

10

11

11

10

Bücher

22

17

18

15

18

CDs/Schallplatten/MCs

15

14

14

13

36

Videokassetten

2

4

3

4

Internet

13

Tab. 1.3: Nutzungsdauer der Medien in Min./Tag9

Innerhalb der 1990er Jahre zeichneten sich mit dem Übergang zum Informationszeitalter auf der Ebene der Telekommunikation grundsätzliche Veränderungen ab. Diese hatten vor allem nach der Jahrtausendwende für die weitere Medienentwicklung eine entscheidende Bedeutung. So entwickelte sich einerseits das Internet als neue Kommunikationsplattform und andererseits begann sich der Mobilfunk als (neue) mobile Daten- und Kommunikationsinfrastruktur auf dem Markt zu etablieren. Zu Beginn der 1990er Jahre war das Telefon das weltweit am stärksten etablierte Medium. Jedoch stiegen die Telefonkanäle im Jahr 1998 auf 46,53 Millionen, 1999 auf 48,21 Millionen und im Jahr 2000 betrugen diese in Deutschland 50,22 Millionen. Der Grund für das rapide Wachstum lag in dem engen Zusammenhang zwischen Mobilnetz, Internet und Festnetzanschluss. Der Internetzugang setzte zunächst die Verfügbarkeit eines konventionellen Telefonanschlusses voraus. Das Mobiltelefon benötigt eine relative Dichte an speziellen Funknetzen. Somit war die expansive Ausbreitung von Internet und Mobilfunk an zeitgleiche, verstärkte Investitionen in die Telefonnetze gebunden.10

Das Internet hat seit dem Jahr 2000 einen raschen Bedeutungszuwachs erlebt. Im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2005 hat sich die Nutzungszeit um über 300 % auf 58 Minuten täglich erhöht und wird im Jahr 2015 auf prognostizierte 148 Minuten ansteigen. Wie in der nachfolgenden Abbildung ersichtlich, weisen nur das Fernsehen und die Tonträger zwischen 2000 und 2015 eine Konstanz in der Nutzung auf, hingegen die Printmedien und der Hörfunk eine negative Tendenz. Grundsätzlich ist für die Zukunft eine moderat steigende Mediennutzung zu erwarten (vgl. Abb. 1.2).11

Die Vernetzung von Computersystemen lässt neue Freiheitsgrade der elektronischen Kommunikation zu. Durch die weltweite Verbindung digitaler Daten und Informationswege im Rahmen der Informationsrevolution kommt es zu veränderten Kommunikationsformen, zur Auflösung von Marktgrenzen und einem Voranschreiten der Globalisierung. Individuelle Informationen lassen sich ohne räumliche Beschränkungen fast unendlich schnell innerhalb der elektronischen Datennetze übertragen.

Besonders für die jüngere Generation gilt das weltweite Datennetz „Internet“ als das zentrale und wichtigste Informations- sowie Unterhaltungsmedium. In Tabelle 1.4 ist die Entwicklung der Internetnutzung in Deutschland dargestellt. Wie zu erkennen ist, steigt die Internetverbreitung in Deutschland nur noch moderat. Die nur noch geringen Zuwachsraten bedeuten nicht, dass nahezu alle Bevölkerungssegmente ausgeschöpft sind. Dies trifft lediglich auf die bis 60-Jährigen zu. Hier sind inzwischen neun von zehn im Netz aktiv. Bei den ab 60-Jährigen stiegt von 2013 zu 2014 die Internetverbreitung um 6 % – von 42,9 % auf 45,4 %. Die größten Zuwächse stammen aus der Dekade „60 bis 69 Jahre“. In diesem Alterssegment erhöhte sich der Anteil der Onliner von 59,4 auf 65,1 %. Bei einer Hochrechnung der Internet-Zuwachsraten wird bis zum Jahr 2018 die Internetverbreitung in Deutschland auf rd. 85 % anwachsen.13

Abb. 1.2: Entwicklung der Mediennutzungszeit12

alle Angaben in %

2003

2006

2009

2012

2013

2014

Nutzer gesamt

53,5

59,5

67,1

75,9

77,2

79,1

Männer

62,6

67,3

74,5

81,5

83,5

83,7

Frauen

45,2

52,4

60,1

70,5

71,1

74,6

14- bis 19-Jährige

92,1

97,3

97,5

100,0

100,0

100,0

20- bis 29-Jährige

81,9

87,3

95,2

98,6

97,5

99,4

30- bis 39-Jährige

73,1

80,6

89,4

97,6

95,5

97,4

40- bis 49-Jährige

67,4

72,0

80,2

89,4

88,9

93,9

50- bis 59-Jährige

48,8

60,0

67,4

76,8

82,7

82,1

60-Jährige u. älter

13,3

20,3

27,1

39,2

42,9

45,4

in Ausbildung

91,6

98,6

98,0

100,0

100,0

100,0

berufstätig

69,6

74,0

82,3

90,7

89,6

92,8

Rentner; nicht berufstätig

21,3

28,3

34,7

44,7

50,2

51,3

Tab. 1.4: Internetnutzer in Deutschland 2003 bis 201414

Die weiter steigende Internetnutzung in den nächsten Jahren ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass im Rahmen der Konvergenz unterschiedliche Medienprodukte zunehmend über das Internet vertrieben werden. Dies bedeutet insbesondere für die Medien Print und Radio in Zukunft eine noch stärke Distribution über das Internet. Aber auch das klassische Fernsehen erlangt durch das Internet Veränderungen. Aufgrund der Rückkanalfähigkeit des Internets können über dieses Medium verteilte TV-Programme um interaktive Funktionen ergänzt werden. Dies ermöglicht eine wesentlich attraktivere Programmgestaltung als beim klassischen TV.15 So hatte im Jahr 2014 bereits jeder dritte

Onliner ein internetfähiges Fernsehgerät (2013: rd. 29 %). Genutzt wurde diese Möglichkeit allerdings nur von 18 % (2013: 12 %).16

alle Angaben in %

Gesamt

Frauen

Männer

14 – 29 J.

30 – 49 J.

50 – 69 J.

ab 70 J.

Computer bzw.
Laptop

95

93

96

95

95

94

94

Computer bzw. PC

59

51

66

60

55

63

61

über Laptop

69

72

67

74

72

65

58

Smartphone

57

55

59

81

64

36

12

„normales“ Handy

5

7

4

5

5

7

5

Spielekonsole

13

8

18

27

12

4

4

MP3-PLayer

6

5

6

9

5

4

3

Fernseher

18

15

20

22

16

16

16

Tablet-PC

28

29

28

29

37

20

13

E-Book-Reader

6

6

6

5

8

5

7

Ø -Geräteanzahl

2,8

2,7

3,0

3,5

2,9

2,3

1,9

Tab. 1.5: Genutzter Internetzugang 2014 nach Geschlecht und Alter17

Die Ausweitung des Internets ist nicht nur auf die Nutzung von Desktopanwendungen zurückzuführen, sondern auch auf mobile Endgeräte und die zunehmende Bedeutung der Unterwegskommunikation. Personen, die mobile Endgeräte verwenden, sind häufiger und länger im Netz als Personen, die das Internet über Smartphones, Tablets, MP3-Player oder E-Book-Reader nicht nutzen. War bis zum Jahr 2008 der stationäre PC das Mittel der Wahl für den Internetzugang (85 %), nutzen diesen Zugang im Jahr 2014 nur noch 59 % (2013: 67 %). Im Gegenzug gewinnen Laptop, Tablet-PC und Smartphone immer stärker an Zuspruch. Rund 69 % der deutschen Onliner sind im Jahr 2014 über einen Laptop ins Netz gegangen (2008: 40 %). Der Anteil derjenigen, die dafür ihr Smartphone nutzen, stieg von 4 % im Jahr 2008 auf 57 % im Jahr 2014 (2013: 45 %) an.18

Parallel zur zunehmenden Konvergenz der Endgeräte zeichnet sich auf der Nutzerseite eine Spezialisierung ab. Je nach Nutzungsabsicht und Nutzungssituation kommen unterschiedliche mobile Endgeräte zum Einsatz: um sich unterwegs zu informieren und zu kommunizieren das Smartphone, der Tablet-PC zu Hause oder als Second Screen19 beim Fernsehen. Die Beliebtheit mobiler Endgeräte und der Wunsch der Konsumenten nach „Überall-Internet“ werden weiter ansteigen, was auch zur Folge haben wird, dass der herkömmliche stationäre PC mehr und mehr von seiner einst zentralen Bedeutung verliert.

Für die Anbieter medialer Inhalte bedeutet dies, dass die unterschiedlichen Anforderungen der Endgeräte durch responsive Webdesigns20 berücksichtigt werden müssen, da Erscheinungsbild und Funktionalität der jeweiligen Angebote von den genutzten Endgeräten abhängig sind.

1.2 Medienmärkte im Überblick

Medienmärkte weisen Besonderheiten auf, welche sie von anderen Marktsektoren unterscheiden. Die spezifische Besonderheit von Unternehmen, die auf Medienmärkten interagieren, besteht darin, dass sie ihre Leistungen auf zwei Absatzmärkten gleichzeitig anbieten. Einerseits werden Leistungsbündel aus Information sowie Unterhaltung (Content) und andererseits für werbliche Zwecke erstellt. Diese beiden Teilleistungen verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen:21

  •  Rezipienten, als direkte Konsumenten von Medienprodukten, ziehen einen Nutzen aus dem Informations-, Bildungs- und Unterhaltungswert des angebotenen Produktes.
  •  Die werbetreibende Wirtschaft generiert einen Nutzen aus der durch das Medienprodukt generierten Konsumentenaufmerksamkeit und nutzt diese für die Vermittlung von Werbebotschaften.

Auf dem Rezipientenmarkt dienen informationsorientierte Medienprodukte den Nachfragern neben der reinen Aufnahme der angebotenen Informationen auch der Meinungsbildung. Sie helfen dem Rezipienten, Entscheidungen in privaten oder beruflichen Bereichen zu treffen. Im Unterhaltungsbereich dient die Nutzung der Medien meist vor allem der Entspannung und Entschleunigung im Alltag. Ferner bieten speziell die unterhaltungsorientierten Angebote der Medienindustrie Gesprächsstoff für die Kommunikation mit Freunden und Bekannten.

In der nachfolgenden Abbildung ist ersichtlich, dass sich die Absatzmärkte auf der Konsumentenseite vor allem durch die Art und Weise, wie die Rezipienten den Medieninhalt aufnehmen, z. B. als Leser, Zuschauer, Hörer oder User, unterscheiden. Die Medienunternehmen erstellen hierbei den Content, der in den angebotenen Produkten enthalten ist, in der Regel nicht vollständig in Eigenproduktion. Sowohl im Informations- als auch im Unterhaltungsbereich sind daher auch die Beschaffungsmärkte für die Inhalte von Bedeutung. Dabei variiert die Relevanz der Beschaffungsmärkte, da der Anteil des eigenproduzierten Content sowohl in Abhängigkeit von der jeweiligen Branche als auch branchenintern unterschiedliche Ausmaße annimmt. Des Weiteren stellen die Beschaffungsmärkte für die Inhalte auch teilweise Absatzmärkte für die Medienunternehmen dar. So können diese bspw. die kompletten Rechte an einem Ereignis kaufen und in Form von Zweitverwertungsrechten wieder weiterverkaufen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eigene Produktionen weiterzuverwerten.

Abb. 1.3: Abgrenzung der Medienmärkte22

Abb. 1.4: Einstellungen der Deutschen zu Werbung von 2009 bis 2012 23

Für die werbetreibende Wirtschaft besteht das Problem, die jeweiligen Werbebotschaften zu den potentiellen Kunden zu distribuieren, wobei eine besondere Schwierigkeit darin besteht, dass sich die zu erreichende Zielgruppe die Werbeinhalte und Produktinformationen i. d. R. nicht aus eigenem Antrieb beschafft. Im Gegenteil, die Werbung wird von einigen Konsumenten sogar als überflüssig, lästig oder störend empfunden.24 Wie in Abbildung 1.4 ersichtlich ist, haben die

Deutschen eine zunehmend positive Einstellung zur Werbung.

Medienunternehmen bieten daher eine wichtige Dienstleistung an, indem sie die Werbebotschaften an redaktionelle Inhalte koppeln. Für die Werbetreibenden ergeben sich im Rahmen von Massenmedien, die im Wesentlichen als Werbeträger zu charakterisieren sind, die folgenden drei wichtige Nutzeffekte:25

  •  Verbreitung: Medienunternehmen nehmen die Distribution der Werbebotschaften an die Zielgruppen vor und koordinieren diese bspw. durch den Verkauf von Zeitschriften über den Einzelhandel oder in Form von Werbespots im Fernsehen. Die für die Distribution notwendige technische und logistische Infrastruktur muss von den werbetreibenden Unternehmen daher nicht selbst aufgebaut werden.
  •  Erhöhung der Wirkungswahrscheinlichkeit: Wenn Werbung von den potentiellen Kunden ungern rezipiert wird, ist es wichtig, ein geeignetes Umfeld für die Einbettung der Werbeinhalte zu finden. Die redaktionellen Inhalte von Medienprodukten bieten ein solches Werbeumfeld, um so die Aufmerksamkeit der Zielgruppe(n) zu erreichen.
  •  Produktion: In einigen Sektoren übernehmen die Medienunternehmen auch Teile der Werbemittelproduktion, wie bspw. den Druck von Anzeigen in Printmedien.

Generell streben werbetreibende Unternehmen an, die Werbebotschaften so genau wie möglich an die avisierte(n) Zielgruppe(n) weiterzugeben. Hierbei verfolgen sie zwei Ziele:

  •  Minimierung von Streuverlusten: Streuverluste entstehen, wenn Werbung innerhalb eines medialen Produktes platziert wird, dieses die Werbezielgruppe jedoch gar nicht erreicht.
  •  Maximierung der Zielgruppenabdeckung: Ist erfüllt, wenn die Werbung alle Personen einer definierten Zielgruppe mit Hilfe von Werbeträgern erreicht.

Eine entscheidende Rolle spielt daher die inhaltliche Ausgestaltung der Werbebotschaft. Wenn es bspw. einer Zeitschrift gelingt, einen für bestimmte Unternehmen attraktiven Leserkreis zu etablieren, so kann sich das mediale Produkt auch als hochwertiger Werbeträger im Werbemarkt positionieren. Eine in absoluten Zahlen gemessene große Reichweite wäre in diesem Fall nicht mehr entscheidend. In der nachfolgenden Tabelle sind typische Kennzahlen für unterschiedliche Medienprodukte dargestellt.

Mediales Produkt

Kennzahl

Definition

 

verkaufte Auflage

Anzahl der an den Endverbraucher abgesetzten Exemplare einer Ausgabe aus Verkauf und Abonnement

Zeitungen/
Zeitschriften

Reichweite

Anzahl der Leser einer Zeitung oder Zeitschrift (im Allgemeinen deutlich höher als die verkaufte Auflage)

 

Verbreitung

relative oder absolute Absatzmenge in verschiedenen geografischen Regionen

 

Reichweite

Anzahl der Zuschauer, die in einem bestimmten Zeitintervall erreicht werden

Rundfunk

Einschaltquote

Anteil an der gesamten Zuschaueranzahl in einem bestimmten Zeitintervall

 

Visits

zusammenhängende Seitenabrufe einer Website durch einen einzelnen Benutzer

Internet

PageImpressions

Anzahl der Abrufe einer Website durch einen Benutzer

 

AdClicks

Anzahl der angeklickten Werbebanner

 

Click-Through-Rate

AdClicks/PageImpressions

Tab. 1.6: Typische Mediakennzahlen im Überblick26

Basierend auf der bisherigen Diskussion sind die drei Teilmärkte (Werbe-, Inhaltebeschaffungs- und Rezipientenmarkt) in der nachfolgenden Abbildung zusammenfassend dargestellt. Dabei ist ersichtlich, dass zwischen den Märkten starke Interdependenzen bestehen, wobei diese jedoch eine unterschiedliche Intensität haben. So ist eine starke Beziehung zwischen dem Inhaltebeschaffungs- und Rezipientenmarkt vorhanden, da die Attraktivität der Inhalte den Nachfragerfolg bei den Rezipienten maßgeblich beeinflusst. Eine Analogie ist auch zwischen dem Werbe- und Rezipientenmarkt zu sehen, da der Werbeerfolg die jeweiligen Werbeeinnahmen mitbestimmt. Vor allem in den Bereichen, in denen die Inhaltebeschaffung – wie bspw. der Kauf von Sendelizenzen im Sportbereich für TV-Übertragungen – mit hohen Investitionen verbunden ist, sind die erzielbaren Werbeeinnahmen eine wichtige Bestimmungsgröße (a) für die Investitionshöhe in diesem Bereich und (b) für die Attraktivität der Inhalte.27

Abb. 1.5: Interdependenzen zwischen den Medienmärkten28

Zwischen den auf den jeweiligen Medienmärkten (vgl. Abb. 1.3) vertretenen Unternehmen kann Wettbewerb in den nachfolgenden vier Dimensionen auftreten.

Wettbewerbsdimension

Ausprägung

ökonomischer vs. publizistischer Wettbewerb

 Der ökonomische Wettbewerb wird anhand monetärer Erfolgskennzahlen wie Gewinn, Marktanteil, Absatz- oder Umsatzzahlen ausgedrückt.

 Der publizistische Wettbewerb unterliegt qualitativen Erfolgsmaßstäben, wie der Aktualität der Informationen, Meinungsvielfalt oder der Ausgewogenheit in der Berichterstattung.

Multimediawettbewerb

 Durchführung einer teilmarktspezifischen Betrachtung des Wettbewerbs (Rezipienten-, Werbe- und Beschaffungsmärkte).

 Wettbewerb auf dem Rezipientenmarkt ist der wichtigste, da hier einerseits ein bedeutender Teil der Erlöse erzielt wird und andererseits der entsprechende Erfolg einen hohen Einfluss auf das Ergebnis im Werbemarkt hat.

inter- vs. intramediärer Wettbewerb

 Der intermediäre Wettbewerb bezeichnet den Wettbewerb von Mediengattungen untereinander, wie bspw. zwischen Print- und TV-Produkten.

 Die jeweilige Wettbewerbsintensität hängt von der Substituierbarkeit der Medien ab.

 Der intramediäre Wettbewerb bezieht sich auf die Konkurrenz von unterschiedlichen Medienkategorien auf allen relevanten Märkten (Frankfurter Allgemeine Zeitung vs. Süddeutsche Zeitung oder RTL vs. ProSieben).

Nachfragekomponenten- wettbewerb

 Dieser ist für die Konsumentenmärkte von Relevanz.

 Auf den Konsumentenmärkten besteht ein Wettbewerb um die Ausgaben für den Kauf von Medienprodukten, um das Zeitbudget der Zuschauer sowie um die Aufmerksamkeit der Rezipienten.

 Beachtung der Opportunitätskosten der Rezipienten.

Tab. 1.7: Unternehmenswettbewerb auf Medienmärkten29

Des Weiteren bieten Medienunternehmen Produkte an, die einerseits einen komplexen und für unterschiedliche Zielgruppen nutzenstiftenden Charakter haben, die aber andererseits von ganz spezifischen Eigenschaften gekennzeichnet sind, die Einfluss auf die jeweilige Vermarktung und Produktion haben und nachfolgend erläutert sind.30

  •  Dualer Charakter von Medienprodukten

    Die angebotenen Produkte von Medienunternehmen lassen sich in zwei Teile zerlegen: Zum einen sind dies die eigentlichen Inhalte und zum anderen das zur Übertragung erforderliche Medium. Erst beide Teile zusammen ergeben ein vollständiges Medienprodukt. Durch die Digitalisierung lassen sich Inhalte und Medium leicht voneinander trennen und eröffnen die Möglichkeit, Inhalte effizient in anderen Medien zu verwerten.

  •  Medienprodukte sind Verbundprodukte

    Medienerlöse werden i. d. R. aus Verkaufs- und Werbeeinnahmen generiert. Bei der Erstellung eines Medienproduktes müssen die Anforderungen der Rezipienten und der Werbekunden vom Management gleichermaßen berücksichtigt werden, um den langfristigen Markterfolg sicherzustellen. Ausnahmen bilden nur Bücher oder Pay-TV, da mit diesen Produkten i. d. R. keine Werbebotschaften verbunden sind.

  •  Medienprodukte als (de)meritorische Güter

    Meritorische Güter sind dadurch gekennzeichnet, dass diese zu gering nachgefragt werden, wenn als Maßstab ein gesellschaftlich wünschenswerter Versorgungsgrad herangezogen wird, welcher von staatlichen Entscheidungsträgern festgelegt wird. Die Nachfrage muss durch Subventionen oder Konsumzwang korrigiert werden. Ein Beispiel dafür ist die reduzierte Umsatzsteuer auf Printprodukte, welche ähnlich einer Subvention wirkt. Allerdings gibt es auch Meinungen, dass einige Medienprodukte auch demeritorischen Charakter haben. Dies ist dann der Fall, wenn Medienprodukte in größerem Umfang konsumiert werden, als dies gesellschaftlich wünschenswert wäre. Hierzu zählt bspw. die häufige Ausstrahlung von Sendungen mit Darstellung von Gewalt.

  •  Erfahrungsgutcharakter von Medienprodukten

    Erfahrungsgüter sind jene Güter, deren Qualität vom Konsumenten vor dem Konsum (ex-ante) nicht beurteilt werden kann, sondern sich erst während der Nutzung offenbart. So lässt sich der Wert einer Nachrichtensendung erst dann beurteilen, wenn sich diese vollständig angesehen wurde. Diese ex-ante Bewertung führt zu Problemen, die unter dem Begriff Informationsparadoxon zusammengefasst werden. Das Informationsparadoxon beschreibt im Kern die Schwierigkeit, Informationen gegen ein Entgelt an den Nachfrager zu verkaufen. So haben auf der einen Seite die Nachfrager bei Unkenntnis der Information und somit auch des jeweiligen wirtschaftlichen Nutzens aber auch bei Kenntnis der Information und deren Nutzen eine geringe Zahlungsbereitschaft.

  •  Medienprodukte als öffentliche Güter

    Öffentliche Güter haben die Merkmale der Nichtausschließbarkeit vom Konsum und die Nichtrivalität im Konsum. Die Nichtausschließbarkeit liegt dann vor, wenn es dem Anbieter eines Produktes nicht möglich ist, bestimmte Nutzer vom Konsum auszuschließen. So ist es dem öffentlichen Rundfunk kaum möglich, den Empfang der Sendungen durch Haushalte zu verhindern, die keinen Rundfunkbeitrag entrichtet haben. Bei der Nichtrivalität ist zu unterscheiden, ob die Betrachtung den Content oder auch das Trägermedium umfasst. Für den Content ist die Eigenschaft der Nichtrivalität zutreffend, da sich Informationen durch den Konsum nicht abnutzen. Differenzierter ist die im Bereich des Trägermediums zu sehen. So kann sich bspw. beim Video-Streaming im Internet die Zahl der gleichzeitigen Zugriffe negativ auf das Reaktionsverhalten des betroffenen Servers auswirken, sodass die technische Bereitstellung nicht in der erwarteten Qualität erfolgt.

  •  Medienprodukte als Dienstleistungen

    Medienprodukte stellen eine Mischung aus Dienstleistung und Sachgut dar. Die konstitutiven Eigenschaften einer immateriellen Dienstleistung erfüllen Medienprodukte zum Zeitpunkt der Produktion. So werden für die Aufführung eines Musikstückes Stimmen und Klänge benötigt, welche erst im Moment der Leistungserstellung entstehen. Die mitwirkenden Musiker und Instrumente sind die sachlichen und personellen Ressourcen, die zur Erstellung der Dienstleistung Musik notwendig sind. Da für die meisten Medienprodukte eine Speicherung auf einem Trägermedium notwendig ist, um das Produkt dem Kunden zugänglich zu machen, werden Medien auch als veredelte Dienstleistungen bezeichnet, die teilweise Sachgut- und teilweise Dienstleistungscharakter aufweisen.

  •  Medienprodukte als Netzeffektgüter

    Bei einigen Medienprodukten zeigt sich die Besonderheit, dass ihr Wert nicht durch Knappheit des Gutes steigt, sondern auf Masse beruht und für Konsumenten in dem Maße steigt, wie die jeweilige Verbreitung des Produktes zunimmt. Klassische Beispiele finden sich bei kommunikationsorientierten Produkten wie dem Smartphone. Der Wert dieses mobilen Endgerätes für einen Nutzer hängt von der Anzahl der insgesamt genutzten Smartphones ab. Der Effekt, der auf dem durch die Verbreitung eines Produktes entstehenden Konsumenten-„Netz“ beruht, wird als Netzeffekt bezeichnet, welcher direkter oder indirekter Natur sein kann. Bei einem indirekten Netzeffekt entsteht der Nutzen für den Konsumenten, direkt durch die Verbreitung eines Gerätes oder auch Medienproduktes (z. B. Internet-Chat, Social Community) auf dem Markt. Indirekte Netzeffekte sind für Systemprodukte charakteristisch, bei denen der Nutzen eines Produktes für den Konsumenten indirekt durch die Verbreitung von Komplementärprodukten bestimmt wird. So erhöht sich bspw. der Nutzen eines Smartphones, je mehr Apps für das installierte Betriebssystem zur Verfügung stehen.

  •  Starke Fixkostendegression

    Medienprodukte besitzen eine spezifische Kostenstruktur, die sich deutlich von denen anderer Industrien unterscheidet.31 Sie weisen einen besonders hohen Anteil fixer Kosten an den Gesamtkosten auf. Durch den hohen Fixkostenanteil tritt bei der Produktion in Medienunternehmen einerseits eine starke Degression der Bündel- und Herstellungskosten sowie andererseits in besonders hohem Maße bei digitalen Medien eine starke Degression in der Distribution auf. Das Produkt der ersten beiden Stufen der Wertschöpfung der Medienindustrie (Erzeugen und Bündeln) wird als First-Product-Copy des Medienproduktes bezeichnet und dient als Vorlage für die später am Markt distribuierten Einheiten. Auf diese erste Kopie entfällt ein Großteil der Gesamtkosten, während für die Erzeugung von weiteren Kopien und die darauf folgende Distribution vergleichsweise geringe Kosten anfallen.

Die Situation auf den deutschen Medienmärkten ist durch strukturelle Veränderungen gekennzeichnet. Zum einen erfährt das Wettbewerbsumfeld der klassischen Medienunternehmen tiefgreifende Veränderungen, da neue Marktteilnehmer aus der Computer- oder Telekommunikationsbranche in die Medien märkte eintreten. Zum anderen wird aber auch die Abgrenzung der einzelnen Märkte untereinander schwieriger, da die Grenzen zwischen den Medien-, Computer- und Telekommunikationsprodukten fließend werden.

Die Ursache für diese Veränderungen ist in der zunehmenden Konvergenz zwischen den Bereichen Medien, Informationstechnologie und Telekommunikation zu sehen. Diese Konvergenz im Informations- und Kommunikationsbereich bezeichnet in Kürze Folgendes:32

  •  die Annäherung der zugrunde liegenden Technologien,
  •  die Zusammenführung einzelner Wertschöpfungsbereiche aus der Telekommunikation-, der Medien- und der Informationstechnologiebranche sowie
  •  das Zusammenwachsen der Märkte insgesamt.

Als Treiber der Konvergenzentwicklung können die in der nachfolgenden Abbildung dargestellten drei Sachverhalte angeführt werden:33

  •  Digitalisierung: Diese eröffnet neue Darstellungs-, Speicherungs- und Distributionsmöglichkeiten für Medienprodukte. Die Digitalisierung bildet die technologische Basis der Konvergenz. Gleichzeitig hat sie auch Auswirkungen auf die technologischen Infrastrukturen. Mit der Umstellung vom analogen zum digitalen Datenverkehr werden unterschiedliche Kommunikationsnetzwerke für die Datenübertragung nutzbar und damit auch untereinander substituierbar. So kann bspw. ein Internetzugang über Telefon-, Kabel-, Satelliten- und Mobilfunknetze sowie WLAN erfolgen.
  •  Deregulierung der Informations-, Kommunikations- und Medienmärkte: Umfangreiche Deregulierungen wurden seit Mitte der 1990er Jahre in den USA durchgeführt. Auch in der EU führten Deregulierungen, wie bspw. die Liberalisierung des Telekommunikationssektors, zum Aufbau wettbewerblicher Strukturen in der Informations-, Kommunikations- und Medienindustrie.
  •  Veränderung der Nutzungspräferenzen: Die Erweiterung des Angebots an medialen Dienstleistungen hat zu einer Fragmentierung des Medienkonsums geführt. Insbesondere die jüngeren Konsumenten nutzen eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote, um die Informations-, Unterhaltungs- und Kommunikationsbedürfnisse zu befriedigen. Gleichzeitig ist eine Veränderung hin zum Einsatz von persönlichen Informations- und Kommunikationsinstrumenten sowie eine eng an diese Entwicklung gekoppelte Personalisierung und Individualisierung der genutzten Medien festzustellen.

Abb. 1.6: Konvergenz im Informations- und Kommunikationsbereich34

Diese aufgezeigten Entwicklungen führen zu erheblichen Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen für Medienunternehmen. Durch die technologische Konvergenz kommt es zu einem Zusammenwachsen von vormals getrennten Märkten. Auf dem Markt für Kommunikationsdienstleistungen konkurrieren Kabelnetzbetreiber, Telekommunikationsunternehmen aus dem Mobil- und Festnetzbereich sowie Satellitenanbieter untereinander. Auf diesem neuen Marktplatz reagieren Unternehmen durch Aufspaltung (Unbundling) und Neukombination (Rebundling) ganzer Wertschöpfungsketten. Ehemals getrennte Aktivitäten, wie Distribution und Produktion, werden durch neue, internetbasierte Geschäftsmodelle ersetzt. Andere Unternehmen erweitern durch Fusionen ihre Content-Basis und nutzen mehrere Vertriebsformen, um neue Nutzerschichten zu erschließen.35

1.3 Mediennutzung in Unternehmen

Unterschiedliche Medieninstrumente setzen Unternehmen nicht nur für die Kommunikation mit ihren Kunden, sondern auch intern für ihre Mitarbeiter ein. Hierzu haben sich für die Mitarbeiterkommunikation in den letzten Jahren unterschiedliche Instrumente und Maßnahmen aus dem Bereich der Personalführung sowie der (internen) Public Relations herausgebildet, welche von den Unternehmen mehr oder weniger kreativ genutzt werden. Eine leistungsfähige Mitarbeiterkommunikation hat alle Maßnahmen zu erfassen, die auf Kenntnisse, Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeitenden unterschiedlicher hierarchischer Ebenen einwirken. Dabei steht nicht die Einwegkommunikation vom Vorgesetzen zum Mitarbeiter im Vordergrund, sondern der Austausch von Information und Interaktion in unterschiedliche Richtungen: Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärtskommunikation.36 Allerdings werden die nachfolgenden Ausführungen sich weitestgehend auf die Ausführungen der Abwärts- und Aufwärtskommunikation beziehen sowie auf solche Medien, die beide Richtungen synchron in einer direkten und indirekten Kommunikation vereinen.37

Abwärtsgerichtete Medien

Aufwärtsgerichtete Medien

Interaktive Medien

 Mitarbeiterzeitschrift

 Mitarbeiterbroschüren

 Schwarzes Brett/Aushänge

 Rundschreiben

 Intranet

 Mitarbeiterportale

 E-Mail

 Newsletter

 audiovisuelle Kommunikation (CD-ROM, DVDs etc.)

 Business TV/Business Radio

 Handbuch für (neue) Mitarbeiter

 Unternehmensricht linien

 Business-Theater

 Podcasts

 

Primäre Aufwärtskommunikation

 Mitarbeiterbefragung

 Vorgesetztenbeurteilung

 betriebliches Vorschlagwesen

 internes Beschwerdemanagement

 

 

Sekundäre Aufwärtskommunikation

 Mitarbeiterzeitung mit Beiträgen von Mitarbeitenden

 Rundschreiben mit Angaben von Ansprechpartnern

 Belegschaftsversammlungen mit Diskussion

 

 Business TV mit direkter Rückkanaltechnik, z. B. Telefon

 Diskussionsforen im Intranet

 Blogs, Micro-Blogging

 Wikis

 Businessnetzwerke, z. B. Xing, LinkedIn

 Intranetchats, z. B. mit dem Vorstand

 Management-by-Walkingaround

 informations- oder teamübergreifende Besprechungen

 Workshops und Seminare

 nonverbale Signale (Mimik, Gestik, Tonfall)

 Mitarbeitergespräch

 informelle Kommunikation

 Spiele/Wettbewerbe

 

Tab. 1.8: Maßnahmen zur Mitarbeiterkommunikation38

Die klassischen Medien der Abwärtskommunikation sind in den meisten Unternehmen am weitesten entwickelt. Allerdings werden sie in unterschiedlicher Intensität und Systematik eingesetzt. Die Mitarbeiterzeitschrift stellte lange Zeit für Unternehmen in Deutschland das wichtigste Medium dar.39 Die vorrangige Aufgabe der Mitarbeiterzeitschrift ist die Vermittlung der langfristigen Unternehmensziele sowie von einzelnen Maßnahmen. Für diese Printmedien kann im Hinblick auf die konzeptionellen Schwerpunkte folgende Typisierung vorgenommen werden:40

  •  Patriarchalische Werkszeitschriften, in denen der Unternehmer als Patriarch publizistisch agiert.
  •  Werksfamilienzeitschriften, die durch die Betonung der familiären Atmosphäre im Unternehmen an das Zusammengehörigkeitsgefühl der Arbeitnehmer abzielen.
  •  Werkszeitschriften aller Mitarbeitenden, in der der Fokus auf der Beziehung zwischen Unternehmer, Unternehmen und Mitarbeitenden liegt. Diese Form der Mitarbeiterzeitschrift ist heute am weitesten verbreitet.

Das Aufkommen digitaler Medien veränderte den Einsatz der Instrumente zur Mitarbeiterkommunikation. Mittlerweise hat sich hier das Intranet zum wichtigsten Instrument entwickelt. Allerdings ist die Mitarbeiterzeitschrift trotz der zunehmenden Bedeutung des Intranets nicht zu vernachlässigen: 90 % der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern in Deutschland verfügen über ein gedrucktes Kommunikationsmittel.41

Abb. 1.7: Instrumente der Mitarbeiterkommunikation42

Die Mitarbeiterzeitschrift erfüllt auch in der heutigen Zeit noch zahlreiche Funktionen. Diese sind zusammenfassend in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Dazu gehören bspw. Aufgaben wie die Transparenzförderung, die Stärkung des „Wir-Gefühls“ im Unternehmen sowie die allgemeine Mitarbeiterinformation.

Funktionen der Mitarbeiterzeitschrift aus Rezipientensicht

Information

Wissensvermittlung zu Betriebsaufbau und -ablauf, Produkte und Dienstleistungen

Orientierung und Transparenz

Unternehmensorganisation, -aufgaben und -ziele erklären und definieren, Komplexitätsreduktion

Integration

Wir-Gefühl, Gemeinschaftsgefühl, soziale Nähe herstellen, Anonymität reduzieren

Führung

Orientierung geben, Anweisungen, Aufgaben und Handlungsanleitungen definieren

Motivation

Anerkennung von Mitarbeiterleistungen, Leistungssteigerungen hervorrufen

Forum und Dialog

Problemlösung diskutieren, Meinungen darstellen, hierarchieübergreifend kommunizieren

Involvement

Mitarbeitende in das Unternehmensgeschehen einbinden, Interesse und Anteilnahme wecken

Unterhaltung

unterhaltende Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, Ablenkung vom Arbeitsalltag

Marketing und PR

Einbindung in Werbemaßnahmen, Mitarbeitende als Experte und Multiplikator nutzen

Tab. 1.9: Funktionen der Mitarbeiterzeitschrift43

Im Gegensatz zur Mitarbeiterzeitschrift handelt es sich bei den Mitarbeiterbroschüren nicht um ein periodisch erscheinendes Instrument der Mitarbeiterkommunikation, sondern um ein Medium, welches fallbezogen bzw. themenspezifisch eingesetzt wird. Der Vorteil der Mitarbeiterbroschüren ist darin zu sehen, dass ein Thema detailliert vorgestellt werden kann. Werden persönliche Exemplare für den einzelnen Mitarbeitenden erstellt, erhöht dies zusätzlich die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Nachteilig sind bei diesem Medium die relativ hohen Kosten anzusehen.44

Das Schwarze Brett ist als „Klassiker“ unter den betrieblichen Informationsmedien zu bezeichnen. Es eignet sich zur schnellen Weitergabe von Informationen an die Mitarbeitenden. Hier werden Hinweise auf wichtige Ereignisse, Veranstaltungen, den internen Stellenmarkt, Aktivitäten des Betriebsrats etc. kommuniziert.

Die Vorteile des Schwarzen Bretts sind:45