Muhammad Sameer Murtaza

Abraham – Ismael – Isaak

Leitgestalten für Juden, Christen und Muslime

Muhammad Sameer Murtaza

Abraham – Ismael – Isaak

Leitgestalten für Juden, Christen und Muslime

Mit einem Geleitwort von

Prof. Dr. Bertold Klappert

Bibliographische Information der

Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese

Publikation in der

Deutschen Nationalbibliographie;

detaillierte bibliographische Daten sind im Internet

unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

Im Namen Gottes,

des Allerbarmers, des Barmherzigen

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort von Bertold Klappert

Einleitung

Abraham kann trennen

Die Abrahamerzählung im Tanach

Die Abrahamerzählung im Qurʾān

Der Weg Abrahams zu dem einen Gott

Der abrahamische Weg.

Die fünf Säulen von Abrahams Glauben.

Gott, der Erbarmer, der Barmherzige.

Gott, der Gerechte

Gott, der Liebevolle

Ismael und die Wiederherstellung des Abrahamssegen

Wie vom Vergessenen sprechen?

Ismael, der Verstoßene

Auf dem Weg zu einer Heils- und Werkgemeinschaft.

Ist Abraham ein Vorbild für die Menschheit?

Der Begriff „Vorbild“

„Siehe, Ich mache dich zu einem Imam“

Abraham – Gestalt von großer Integrationskraft für die abrahamische Gemeinschaft

Abraham und Weltethos

Gottesglaube als eine persönliche Antwort auf die Fraglichkeit der Welt

Der Begriff „Religionsgemeinschaft“ verstanden als eine Erfahrungsgemeinschaft

Die Bestimmung der qurʾānischen Bezeichnung für das Ethos

Die Religionsgemeinschaften zwischen Ideal und Verfehlung

Das Projekt Weltethos bleibt relevant

Vom Islam als abrahamische Tradition lernen?

Islam – eine Anschauung von der Welt und ein Lebensweg

Religionsgemeinschaften und politische Macht

Keine Antwort, aber Möglichkeiten

Literatur

Bildnachweis

Weise mir, Herr, deinen Weg;

ich will ihn gehen in Treue zu dir. (Psalm 86,11)

Geleitwort

Der Islamwissenschaftler Dr. Muhammad Sameer Murtaza betritt in seinem Buch Abraham – Ismael – Isaak einen neuen Weg und vollzieht neue Schritte, die bisher so in der Forschung noch nicht gegangen worden sind.

Dabei geht es ihm zunächst darum, an sein Buch Adam – Henoch – Noah – Ijob anzuknüpfen und die dort dargelegten exegetischen und inhaltlichen Ansätze zu vertiefen und auszuweiten.

Entscheidend geht es ihn nun in dem vorliegenden Buch darum, die Gestalt Abrahams in neuen Perspektiven auszulegen, die Gestalt Abrahams auch in seinen persönlichen Entscheidungen, die für ihn gefahrvoll gewesen sind, vorzustellen und so für den Leser Abraham noch mehr für eine innerliche Identifikation zu öffnen. So wird zu Beginn mit einer persischen Miniatur aus dem 16. Jahrhundert eindrücklich dokumentiert, wie Abraham von seinem Volk den Flammen übergeben wird, was auch die jüdische Tradition von den zehn Prüfungen Abrahams erzählt.

Man vergleiche dazu im II. Kapitel die eindrückliche Darstellung des Weges Abrahams zu dem einen Gott. Abraham wird nicht als eine fertige Gestalt vorgestellt, sondern auf seinem Weg zu der Erkenntnis des einen Gottes auch in seinen inneren Bewegungen und mutigen Beweggründen.

Man vergleiche dazu wiederum im Kapitel III die eindrückliche Darstellung der Gestalt Ismaels, der wiederum nicht statisch, sondern auf einem Weg und in seinem Werden vorgestellt wird: als der zunächst Verstoßene und dann doch unter dem wiederhergestellten Segen Abrahams Lebende und Wirkende.

Man kann freilich fragen, ob Ismael durch die von Murtaza übernommene traditionelle Übersetzung des berühmten Wildeselspruches von 1. Mose 16,12 eine Abwertung erfährt oder ob diese eher auf die ismaelfeindlichen Übersetzer der Hebräischen Bibel zurückgeht. Sagt der Hebräische Text doch eigentlich, dass Ismael kein domestizierter, sondern ein freier Wildesel ist, mit allen geschäftlich handelt und sie mit ihm und er mit allen seinen Brüdern in Nachbarschaft und Sichtweite lebt. Zu fragen wäre auch, ob 1. Mose 17,20 mit „nein“ statt mit „gewiss“ übersetzt werden muss, sodass es in der Hebräischen Bibel doch auch mehr um Parallelen als um Antithesen zwischen Isaak und Ismael geht.

Besonders eindrücklich ist im Kapitel IV die Neuinterpretation des Vorbildbegriffes im Blick auf Abraham. Abraham darf als Vorbild des Glaubens nicht exemplarisch eingeengt und so missverstanden werden. Abraham ist als ein Vorbild wesentlich ein schöpferisches Urbild für die ganze Menschheit und vermag so die sich auf ihn berufenden abrahamischen Gemeinschaften zu integrieren und auf den Weg der gemeinsamen Zukunft für die Menschheit zu stellen.

Man kann auch hier fragen, ob von einer Vereinnahmung Abrahams infolge der Ausblendung Ismaels in der Hebräischen Bibel und im Judentum zu sprechen ist, wodurch dann die Koraninterpretation beider Gestalten eine bestimmte negative Vorlage in der Hebräischen Bibel erhält, von der der Koran sich dann abzuheben vermag. Darüber muss weiter gesprochen werden.

Dennoch bleibt positiv hervorzuheben. Die Koraninterpretationen von Herrn Dr. Muhammad Sameer Murtaza zu Abraham und Ismael sind für den notwendigen interreligiösen Dialog heute von hohem Wert und werden die kommenden Diskussionen weiter fördern und vertiefen. Herr Dr. Muhammad Sameer Murtaza hat auf meine Einladung hin die Ansätze seines Buches in mehreren Vorlesungen an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel entfaltet und mit den Studierenden über die vorgetragenen Themen ausführlich und intensiv und deshalb manchmal über den vorgesehenen Zeitrahmen hinaus spannend diskutiert.

Alle Hörerinnen und Hörer waren dabei von der Klarheit sowie dem Engagement des Vortragenden beeindruckt, nicht zuletzt aber auch von der Tiefe und den neuen Dimensionen, die hier im Blick auf die Gestalt Abrahams selbst einerseits, aber auch für die Gegenwart und Zukunft von Juden, Christen und Muslimen andererseits aufgeschlossen und erschlossen werden.

Diese nunmehr in einem Buch veröffentlichten Vorlesungen werden auf diesem Wege einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Diesem Buch und seinem Weg kann eine offene Leserschaft nur lebhaft gewünscht und erhofft werden.

Das Buch kann und wird den Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen weiter fördern. Denn Abraham eint, scheidet und unterscheidet.

Bertold Klappert,

Prof. Dr. em. an der Kirchlichen Hochschule

Wuppertal-Bethel

Einleitung

Die Vorlesungen zu den biblischen und qurʾānischen Gestalten Abraham, Ismael und Isaak, die ich an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal-Bethel auf Einladung von Prof. Dr. Bertold Klappert halten durfte, boten mir die willkommene Möglichkeit, meine beiden exegetischen Ansätze, die ich in dem Buch Adam – Henoch – Noah – Ijob: Die frühen Gestalten der Bibel und des Qurʾān aus jüdischer und muslimischer Betrachtung angewendet habe, nicht nur weiter zu vertiefen, sondern aufgrund der wesentlichen Konzentration auf Abraham noch zu fokkussieren.

Bei ihnen handelt es sich zum einen um eine abrahamische Exegese der qurʾānischen Prophetenerzählungen und zum anderen diesen in ihrer Summe endlichen Texten mit einem perspektivischen Blick zu begegnen, der keine finale Auslegung anstrebt, sondern ein immer wieder neu ansetzendes Gespräch ist, bei dem neue Fragen auch neue Deutungsmöglichkeiten hervorbringen.

Hier bin ich insbesondere meinem Gastgeber Prof. Dr. Klappert dankbar, da er durch seine Fragen an mich immer wieder ein neues Nachdenken meinerseits provozierte und somit diesen Ansatz unterstützte.

So scheut sich dieser vorliegende Band nicht davor, durch seine Deutungsvielfalt in sich widersprüchlich zu sein, und bietet vielleicht gerade hierdurch eine interessante Grundlage, um das Gespräch zwischen Juden, Christen und Muslimen, den Kindern Abrahams, fortzusetzen. Denn uns allen sind die Propheten Reflexionsgestalten, die uns weniger in die Vergangenheit des Menschen führen, sondern uns individuell dazu zwingen, uns mit unserem Jetzt-Zustand auseinanderzusetzen, und um ein Nachdenken anzuregen, wohin wir uns als Menschen entwickeln wollen:

Mit dem, was Wir dir von den Geschichten der Gesandten berichten, festigen Wir dein Herz. Darin ist zu dir die Wahrheit gekommen und eine Ermahnung und Erinnerung für die Gläubigen. (Qurʾān 11:120)

Abraham wird von seinem Volk den Flammen übergeben Persische Miniatur 16. Jahrhundert