Cover

Iny Lorentz

Die Wanderapothekerin

Serial Teil 1

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Iny Lorentz

Hinter dem Namen Iny Lorentz verbirgt sich ein Münchner Autorenpaar, dessen erster historischer Roman »Die Kastratin« die Leser auf Anhieb begeisterte. Mit der »Wanderhure« gelang ihnen der Durchbruch; der Roman erreichte ein Millionenpublikum. Seither folgt Bestseller auf Bestseller. Die Romane von Iny Lorentz wurden in zahlreiche Länder verkauft. Die Verfilmungen ihrer »Wanderhuren«-Romane haben Millionen Fernsehzuschauer begeistert.

Besuchen Sie auch die Homepage der Autoren: www.inys-und-elmars-romane.de

Impressum

eBook-Ausgabe 2014

Knaur eBook

© 2014 Knaur Taschenbuch Verlag. Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –

nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Regine Weisbrod

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: © FinePic®, München

ISBN 978-3-426-42425-4

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Prolog

Kain und Abel

1.

Unter dem Schirmdach einer mächtigen Eiche hatten zwei Männer ein Lagerfeuer entzündet und wärmten sich daran. Beide trugen derbe Schuhe, graue Strümpfe, lederne Kniehosen und einen dunklen, bis zu den Waden reichenden Rock. Da sie diesen vorne offen stehen ließen, kamen darunter einfache Leinenblusen und blau gemusterte Halstücher zum Vorschein. Neben dem einen lag ein schwarzer Dreispitz auf dem Boden, neben dem anderen ein grauer Schlapphut. Beide Männer hatten die Lebensmitte schon überschritten, waren aber noch rüstig genug, um ihre schweren Traggestelle zu schultern und meilenweit zu tragen. Diese hatten sie ein paar Schritte entfernt abgestellt und mit Schnüren an Bäumen gesichert.

Während sie sich unterhielten, wickelte der Kleinere von ihnen einen Strang zähen Teiges um einen Stock und hielt ihn in die Flammen. Sein Begleiter schnitt etwas Pökelfleisch von einem größeren Stück ab und steckte es ebenfalls auf einen abgebrochenen Ast.

»Schau nicht so vorwurfsvoll, Martin! Das Fleisch habe ich von einer Bäuerin für etwas Pferdesalbe erhalten«, beantwortete dieser den fragenden Blick seines Begleiters.

»Es ist ein schönes, mageres Stück. Das gibt eine Bäuerin nicht für einen Klecks Salbe her, Alois«, antwortete Martin Schneidt mit leichtem Tadel in der Stimme.

Er erntete ein Lachen. »Weißt du, Bruder, man kann die Ehrlichkeit auch übertreiben. Wer mit dem Reff durch die Lande zieht, braucht Kraft. Die bekommt man nicht, wenn man tagtäglich nur ein wenig Mehl mit Wasser mengt und sich mit dieser Kost begnügt. Man muss auch mal ein Stück Schinken eintauschen und sich in der Schenke einen Krug Bier oder einen Becher Wein gönnen.«

Martin schüttelte missbilligend den Kopf. »Mein Brot besteht nicht nur aus Mehl und Wasser. Es ist etwas Fett darin und Kräuter, die es wohlschmeckend machen. Auch werde ich nicht auf einen Krug Bier verzichten. Morgen, wenn wir Gernsbach und damit das Ende unserer Strecke erreicht haben, werde ich mir sogar Wein schmecken lassen, samt dem guten Eintopf, den es bei Bolland gibt. So habe ich es jedes Jahr gehalten.«

Er prüfte, ob der um den Stock gewickelte Teig bereits durchgebacken war, und setzte seine Rede fort. »Ich bin froh, dass wir uns bereits heute begegnet sind, Alois, denn so wissen wir, dass wir beide unsere Strecken gut hinter uns gebracht haben. Letztes Jahr musste ich fast zwei Wochen lang auf dich warten und geriet schon in Sorge wegen der Franzosen. Deren Soldaten kommen immer wieder über den Rhein und verheeren ganze Landstriche. Ich fürchtete, du wärst ihnen in die Hände gefallen.«

»Ich bin auch froh, dass wir wieder zusammen sind«, erklärte Alois Schneidt. »Zu zweit lässt es sich doch besser wandern. Außerdem können wir endlich wieder miteinander reder. Deswegen hatte ich gehofft, dich noch vor unserem Ziel zu treffen, und bin in den letzten Tagen rascher ausgeschritten.«

Martin blickte seinen älteren Bruder verwundert an. »Du wolltest mich früher treffen? Aber warum denn? Du weißt doch, dass ich in Bollands Wirtshaus auf dich gewartet hätte.«

»Gewiss!«, antwortete Alois und sah sich nervös um. »Aber ich wollte mich mit dir unter vier Augen unterhalten und nicht dort, wo andere uns belauschen können.«

»Als wenn wir Geheimnisse hätten, die vor der Welt verborgen bleiben müssten!« Martin lachte und prüfte erneut sein Stockbrot. Nun war es durch, aber zu heiß, um sofort gegessen zu werden.

»Wir haben ein Geheimnis, Bruder! Solltest du das vergessen haben?«, fragte Alois mit gedämpfter Stimme.

»Ein Geheimnis? Nicht, dass ich wüsste.«

»Denk gut nach, Martin! Denke sehr gut nach! Es mag jetzt neunzehn Jahre her sein. Unser Vater war gerade gestorben, und wir hatten damals seine Strecke übernommen. Erinnerst du dich an das schlimme Unwetter und an den Schrecken, der uns überfiel, als der Sturm den Baum umwarf, unter dem wir Schutz suchen wollten?« Alois’ Stimme klang drängend, und er rückte näher an seinen Bruder heran.

Martin schüttelte es. »Oh ja! Daran erinnere ich mich nur zu gut.«

»Dann erinnerst du dich auch noch an den darauf folgenden Morgen und den goldenen Glanz zwischen den ausgerissenen Wurzeln des Baumes«, antwortete Alois erregt.

»Daran will ich lieber nicht denken«, flüsterte sein Bruder mit einer abwehrenden Handbewegung.

»Damals hast du mir geholfen, das Gold zu bergen, und du hattest auch nichts dagegen, es mit mir zu teilen. Jeder hat einen Beutel gefüllt, und die waren schließlich größer als ein Kinderkopf! Das Gold war so schwer, dass wir es kaum tragen konnten.« Alois’ Augen leuchteten bei der Erinnerung auf, und er legte einen Arm um die Schultern des Bruders.

Martin entzog sich ihm und bekreuzigte sich dreimal. »Es war ein Schatz des Teufels! Wir hätten ihn niemals anrühren dürfen.«

»Gold ist Gold, und es gehört weder dem Teufel noch Gott!«, antwortete Alois harsch. »Auf jeden Fall hat es damals uns gehört.«

»Wir hätten es niemals anrühren dürfen«, wiederholte Martin schaudernd. »Das Gold war verflucht! Das hast du doch selbst erlebt. Dein braves Weib kam nur wenige Tage, nachdem wir zu Hause angekommen waren, mit einem toten Kind nieder und starb kurz darauf. Im Winter hast du dir ein Bein gebrochen und konntest das Jahr darauf nicht losziehen …«

»Jetzt mach mal halblang!«, unterbrach Alois seinen Bruder. »Mein Weib wäre auch so gestorben, und ich hätte mir das Bein ebenso gebrochen. Nur das Gold hat mich davor bewahrt, betteln gehen zu müssen. Mich ärgert heute noch, dass mich der Lombarde, dem ich es verkauft habe, viel zu billig abgespeist hat. Doch das wird mir kein zweites Mal passieren.«

Martin lachte hart auf. »Es wird kein zweites Mal geben, Bruder! Oder glaubst du etwa, wir würden erneut auf solch einen Schatz stoßen? Vielleicht sogar unter den Wurzeln dieser Eiche hier?«

Sein Bruder mahlte mit dem Kiefer, bis die Zähne knirschten, und hob den Stock auf, den er in die Erde gesteckt hatte, um die Hände frei zu haben. Das Fleisch daran war an einer Seite angebrannt.

»Verdammt!«, schimpfte er.

»Du hättest weniger an jenen verfluchten Schatz denken sollen als an dein Essen«, wies Martin ihn zurecht.

Er knabberte vorsichtig an seinem Brot, schnupperte aber ein paarmal genießerisch, weil ihm der Duft des gebratenen Pökelfleisches in die Nase stieg.

Alois entging das nicht, und er grinste spöttisch. »Das riecht freilich besser als dein Stockbrot. Lass dir gesagt sein, es schmeckt auch besser. Warum sollen wir uns kasteien, nur damit der Herr Laborant noch reicher wird?«

»Sag nichts gegen Herrn Just! Er ist ein braver Mann. Außerdem stehen die Preise fest, zu denen er uns all die Salben, Essenzen und Öle überlässt. Es liegt an uns, wie viel wir daran verdienen. Geben wir unterwegs mehr Geld aus, bringen wir weniger mit nach Hause. Auch wenn Fleisch noch so gut schmeckt, muss man es nicht jeden Tag essen, und das Wasser aus einer Quelle stillt den Durst besser als schlechtes Bier«, belehrte Martin seinen Bruder, der in seinen Augen zu verschwenderisch lebte.

Alois verzog das Gesicht. »Auch wenn du von der Strecke einen Taler oder zwei mehr nach Hause bringst, wirst du davon nicht reich.«

»Wozu brauche ich Reichtum? Gott hat mich genug gesegnet«, antwortete Martin. »Ich habe ein braves, strammes Weib, das wie keine Zweite ihre Kräuter ziehen kann, vier wohlgeratene Kinder und ein gutes Auskommen – und das ohne diesen verfluchten Schatz!«

»Jaja! Red du nur!«, knurrte Alois.

Es schien ihm unfassbar, wie dem Bruder alles zu gelingen schien, was dieser anfasste, und er zerfraß sich beinahe vor Neid. Er selbst hatte eine Frau zu Hause, die es in der Zeit, in der er durch die Lande zog, um Arzneien zu verkaufen, nicht schaffte, ihre kleine Landwirtschaft zu führen. Sein einziges Kind war eine Tochter im gleichen Alter wie Martins Klara, aber während diese ihrer Mutter half, wo es nur ging, liebte seine Reglind ebenso wie sein Weib den Müßiggang. Mit einer Bewegung, die seinen Ärger verriet, schüttelte er diesen Gedanken ab.

»Du wirst deine Meinung ändern, wenn du deine vier Kinder versorgen musst!«, fuhr er fort. »Dein Gerold wird auch nur die Tochter eines anderen Wanderapothekers freien können und Klara einen solchen zum Mann erhalten – wenn sie Glück hat! Sonst wird sie genauso wie deine jüngeren Kinder auf Taglohn gehen müssen. Ich hingegen will für meine Tochter einen Eidam suchen, der nicht den ganzen Sommer über das schwere Reff durch die Lande schleppen muss – einen wie Tobias Just zum Beispiel! Der wird einmal in die Fußstapfen seines Vaters treten und selbst ein Laborant werden, welcher über mehrere Destillen gebietet. So einen stelle ich mir als Mann für meine Tochter vor.«

Martin musste lachen. »Du willst hoch hinaus für deine Reglind! Warum suchst du dir nicht gleich einen adeligen Beamten vom Rudolstädter Hof für sie?«

»Vielleicht tue ich es!«, trumpfte sein Bruder auf. »Mit Geld kriegst du heutzutage alles.«

»Dann solltest du bald mit dem Sparen anfangen, Alois, denn nur so kommst du zu Geld. Solange du deine Pferdesalben und die Hustentropfen für Fleisch und Wein hergibst, wird es mit dem Reichtum so bald nichts werden.«

Neben dem Ärger über den leichtlebigen Bruder schwang Spott in Martins Stimme mit. Er selbst hatte immer sparsam gelebt und sogar ein wenig Land erwerben können. Auf diesem zog nun seine Frau mit geschickter Hand Kräuter, welche sie an den Laboranten Just verkaufte. Dadurch kam weiteres Geld ins Haus. Zwar konnte er sich keinen reichen Mann nennen, aber es gab nur wenige in seinem Heimatort, deren Besitz den seinen übertraf.

Das war Alois ebenfalls klar, und er ärgerte sich, weil er trotz des Goldes, das er einmal besessen hatte, mittlerweile schlechter gestellt war als sein Bruder. Er hatte seinen Anteil an dem Schatz kurz nach der Heimkehr heimlich an einen Lombarden verkauft, der durch die Lande zog, um Edelmetalle zu sammeln, und war übers Ohr gehauen worden. Das aber hatte er erst viel später begriffen und bedauert, das Gold nicht dem damaligen Grafen und jetzigen Fürsten Ludwig Friedrich von Schwarzburg-Rudolstadt angeboten zu haben. Trotz der Steuern, die er hätte zahlen müssen, wäre sein Anteil größer gewesen als die Summe, die er von jenem Gauner erhalten hatte. Inzwischen hatte er das Schatzgeld restlos aufgebraucht und musste zusehen, wie er mit dem Verdienst als Wanderapotheker zurechtkam.

Obwohl sein Bruder vier Kinder zu versorgen hatte, würde dieser seinen beiden Töchtern reichere Ehemänner verschaffen können als er der seinen. Während er an seinem Fleisch knabberte, grübelte er, wie er das Gespräch fortführen könnte, um sein Schicksal zum Besseren zu wenden.

»Vor ein paar Jahren hast du erzählt, du würdest deinen Anteil an dem Schatz noch besitzen.«

Martin wollte sich gerade einen weiteren Bissen in den Mund schieben. Nun verharrte er auf halbem Weg und sah seinen Bruder verwundert an. »Zum Glück habe ich das Zeug nicht anrühren müssen. Mir ist es auch so gut ergangen.«

»Wenn du es nicht brauchst, kannst du es doch mir geben – oder zumindest einen Teil davon!«, antwortete Alois und streckte die Rechte aus, als erwarte er, der Bruder würde ihm die Goldmünzen auf der Stelle in die Hand zählen.

»Bist du übergeschnappt?«, rief Martin entgeistert. »Ich sagte doch, dass dieses Gold verflucht ist! Wer es verwenden will, dem stößt nur Unglück zu. Denke an dein erstes Weib! Es war weitaus fleißiger und sauberer als die Fiene, die du danach geheiratet hast. Sie hat deine Landwirtschaft gut geführt, und du hast auf deinem Acker einiges ernten können. Heute ist es nicht mehr so. Außerdem sollte deine Frau besser auf eure Tochter achtgeben! Deren Tugend ist nicht so rein, wie sie sein sollte.«

»Das nimmst du zurück, Martin! Reglind ist gewiss nicht schlechter als deine Klara. Aber sie ist hübscher, und deswegen sehen die jungen Herren, die übers Land reiten, sie gerne an. Ganz gewiss wird sie ihre Tugend nicht leichtfertig verschleudern!«, antwortete Alois zornerfüllt.

Zu seinem Ärger steckte ein Körnchen Wahrheit in den Worten seines Bruders. Er traute es seiner Tochter durchaus zu, einem der jungen Herren vom Rudolstädter Hof, die gelegentlich in der Umgebung seines Heimatorts jagten, für ein hübsches Geschenk an einen verborgenen Ort zu folgen. Nicht zuletzt deshalb wollte er sie so rasch wie möglich verheiraten. Als Eidam schwebte ihm Tobias Just vor, der Sohn des Laboranten, dessen Arzneien sein Bruder und er unters Volk brachten. Doch damit Tobias’ Vater Rumold Just Reglind als Schwiegertochter überhaupt in Betracht zog, musste ihre Mitgift weitaus höher sein, als er sie aufzubringen vermochte. Das war einer der Gründe, weshalb er den Bruder kurz vor dem Endpunkt ihrer Wanderung abgepasst hatte.

»Wir reden hier nicht über unsere Töchter, sondern über den Schatz, den wir damals gefunden haben. Da du deinen Anteil nicht brauchst, kannst du mir die Hälfte davon abgeben«, erklärte er mit Nachdruck.

»Niemals! Das Gold ist verflucht! Keiner darf es mehr anrühren.« Martins Miene zeigte deutlich, dass er in diesem Punkt nicht nachgeben würde.

»Wir sind doch Brüder und müssen einander beistehen, wenn es nottut«, beschwor Alois ihn.

»Wenn du Mehl brauchst, Gemüse oder Hilfe bei einer Reparatur, springe ich dir gerne bei. Doch das Gold bleibt, wo es ist!«

»Und wo ist es?«, fragte Alois Schneidt mit giererfüllter Stimme.

»An einem sicheren Ort, den nur ich allein kenne.«

»Nur ich weiß es!«

»Ich will nichts mehr davon hören! Mittlerweile ist es Nacht geworden, und ich mag endlich schlafen.« Martin legte ein paar Holzstücke nach, um das Lagerfeuer am Brennen zu halten, und blickte dann zu den Sternen auf, die durch die Lücken zwischen den Baumkronen schimmerten.

»Du hättest es vorher abwaschen sollen!« Martin mochte der Jüngere der beiden Brüder sein und auch der Gleichmütigere, doch er dachte gut über das nach, was er tat. Den Älteren ärgerten seine Mahnungen nicht zuletzt deshalb, weil sie sehr oft ins Schwarze trafen.

»Ein Krug Bier würde mir besser munden«, brummte er, als er zum Lagerfeuer zurückkehrte.

»Gute Nacht, Alois«, sagte er, nachdem er sich hingelegt hatte.

Alois suchte sich nun ebenfalls Blätter und Zweige als Unterlage, fand aber weniger, als er erhofft hatte. Daher fluchte er in Gedanken auf seinen Bruder, der vor ihm sein Bett gemacht hatte.

Martin war an diesem Tag weit mit dem Reff auf dem Rücken marschiert und daher erschöpft. Im Einschlafen vernahm er die Stimme des Bruders, ohne seine Worte zu verstehen, und hob daher mühsam den Kopf. »Hast du etwas gehört? Einen Bären vielleicht? Oder Räuber? Es könnten auch marodierende Soldaten sein.«

Alois schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe nichts gehört. Schlafe endlich!«

»Sonst noch was? In dieser Gegend ist seit einer Generation kein Bär mehr gesehen worden, und was Räuber angeht, trauen die sich auch nicht hierher. Hier hängt man derlei Gelichter sehr rasch am Halse auf! Die Franzosen ziehen über bessere Straßen als auf diesem elenden Pfad durch den Wald!«

Da ihn eine Wurzel im Rücken drückte, bettete er sich noch einmal um. Obwohl er nun bequemer lag, floh ihn der Schlaf, denn er musste ständig an den Schatz denken, den sein Bruder und er vor vielen Jahren geborgen hatten. Er griff in seinen Beutel und holte die letzte Münze heraus, die er noch von jenem Fund besaß, und betrachtete sie im Schein des kleinen Feuers. Sie sah ganz anders aus als heutige Geldstücke. Kaum größer als der Nagel seines kleinen Fingers, war sie gewölbt wie ein kleines Schüsselchen und trug nur auf einer Seite ein unbekanntes Symbol.

»Wenn Martin mir die Hälfte seines Schatzes abgibt, ist jeder von uns reich.« Der Klang seiner eigenen Stimme ließ Alois zusammenzucken.

»Morgen rede ich noch einmal mit Martin. Er muss nachgeben! Schließlich ist er mein Bruder und kann nicht wollen, dass ich im Schuldturm lande.« Erneut sprach er seine Gedanken laut aus und sah dabei angespannt auf Martins Lager.