Buchinfo

Ein Grandhotel, in dem das Grauen herrscht, ein Zimmermädchen, das auf Rache schwört, drei Berghexen, die auf Seelen lauern, und eine Liebesgeschichte, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist ...

Ein ungewöhnlicher, fesselnder Phantastikroman: Gänsehaut pur!

Autorenvita

Springorum

© Alexander Wunsch

Björn Springorum, geboren 1982 in Calw, würde am liebsten am zweiten Stern rechts abbiegen, im Kleiderschrank eine neue Welt entdecken, durch einen Kaninchenbau ins Wunderland fallen, mit einem Ring unsichtbar werden, nur durch das Lesen eines Buches nach Phantásien reisen oder eine recht wagemutige Partie Quidditch spielen. Weil sich das alles als schwieriger herausstellt als gedacht, schreibt er eben solange seine eigenen Geschichten. Björn Springorum studierte Englisch und Geschichte, lebt, schreibt und liest in Stuttgart und wird von drei Katzen gehörig auf Trab gehalten.

Titelbild

Für Maggie. Und meine anderen beiden Katzen.

Ich begreife nicht, wie so etwas in einem anständigen Hotel geschehen kann.

(Agatha Christie, »Der Todeswirbel«)

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Da lag etwas in der Luft. Sophie spürte es sofort. Wie vor einem Gewitter, doch dafür war es hier oben viel zu kalt.

Ihr erster Impuls war, einfach umzudrehen und wegzulaufen. Runter, nur runter von diesem Berg. Das Blöde an ersten Impulsen war, dass sie einen öfter in Schwierigkeiten brachten, als vor irgendwas bewahrten.

»Hier, nimm einen Ballon!«

Sophie zuckte zusammen. Eine Fratze war vor ihr aufgetaucht. Sie bemaß den stümperhaft weiß geschminkten Pantomimen mit einem eisigen Blick. »Nein, danke«, gab sie möglichst ruhig zurück und stapfte ihren Eltern hinterher, die Hände tief in den Taschen ihres Parkas vergraben. Ihre Laune sank und sank. Sie konkurrierte so langsam mit den Temperaturen hier draußen.

Der neblige Weg von der Endstation der Bergbahn zum Hotel war voller fröhlicher Menschen, Artisten, Cocktail-Ständen und noch mehr von diesen Pantomime-Fritzen mit ihren lächerlich geknoteten Luftballons.

Schon jetzt hatte sie eine tiefe Abneigung gegen diesen Ort entwickelt. Und es wurde schlimmer: Jazz, sie hörte eindeutig Jazz. Mit jedem Schritt ein bisschen lauter. Ein bisschen quälender.

Sie hasste Jazz!

Ihr Vater eigentlich auch. Aber er schien eine gute Taktik zu haben, es sich nicht anmerken zu lassen. »Sieh mal, da vorne ist es!« Er deutete in eine Richtung und strahlte.

Jetzt sah es Sophie vor sich aus dem Nebel aufragen. Das berühmte und legendäre Grandhotel Rabenfels. Nun, zumindest, wenn sie ihrem Vater so zuhörte. Für sie war es ein Hotel, das zwanghaft versucht hatte, sich an der abgelegensten und ödesten, möglicherweise auch kältesten Stelle des Universums niederzulassen – und erfolgreich gewesen war.

Das Hotel befand sich am Ende der Welt, hoch oben auf einem schroffen und frostigen Felsplateau, umgeben von derart spitzen und steilen Bergen, dass es nicht mal als Wintersportort taugte. Wer kam freiwillig auf die Idee, hier hinaufzufahren?

Sie blieb neben ihren Eltern stehen, die gerade einen Glühwein in die Hand gedrückt bekommen hatten und von einem seltsamen Pinguin im Frack begrüßt worden waren. Sie blickte sich verwirrt um. Was war das gerade gewesen? Ihr war, als hätte sie etwas aus den Augenwinkeln gesehen.

»Ist das nicht atemberaubend«, schwärmte ihr Vater. Seine Brillengläser beschlugen vom Dampf, der aus der Tasse aufstieg. Sie hatte natürlich keinen Glühwein bekommen!

»Das ist es, Schatz.« Ihre Mutter schmiegte sich an ihn, gemeinsam standen sie da, starrten dieses Ungetüm von einem Gebäude versonnen an.

Ein Jahrhundert war es geschlossen gewesen, bis irgendein bekloppter Investor aus dem Ausland auf die Idee gekommen war, es mit allem Prunk und Getue wiederzueröffnen. 100 Jahre später, das musste man sich mal vorstellen!

Vor einigen Monaten hatte man das Hotel aus dem Ruhestand geholt. Und statt zu Hause zu sein und endlich mal mit Alex zu klären, was das eigentlich zwischen ihnen war, stand sie jetzt hier neben ihren Eltern in der Kälte und begutachtete das riesige Hotel, in dem sie die nächsten Tage verbringen sollte. Ein Häftling musste sich ganz ähnlich fühlen, bevor man ihn in seine Zelle führte. Wobei, immerhin gab es im Knast keinen Jazz und keine Pantomimekünstler. Vermutete Sophie jetzt einfach mal.

Da lag etwas in der Luft. Sophie drehte sich um. Sie konnte sich nicht erklären, was sie fühlte, doch es war, als würde sie beobachtet werden. Die weiß geschminkte Visage eines dieser affigen Schauspielers grinste sie obszön an. Er stand etwas abseits der Menge, musterte sie interessiert. Dann streckte er die Hand aus und zeigte nach oben.

Sophie ließ ihre Augen wandern: vom See zur breiten Eingangstreppe, über die Frontfassade des Hotels hinweg, einen hohen Turm hinauf …

Die Frau stand reglos da, der Blick in die Tiefe gerichtet. Ihr viel zu dünnes Kleid flatterte nervös im Wind.

Sophies Augen zogen weiter, streifte die kleinen Dachfenster, die altertümlichen Schornsteine, die …

Was?

Ihre Augen schnellten zurück zum Turm. Das hatte sie sich doch bestimmt eingebildet. Ihr Magen zog sich zusammen. Da stand tatsächlich eine Frau auf dem Turm!

Sophie starrte sie an. Es war, als würde ihr Verstand sich weigern, das Bild als real anzuerkennen. Sie blinzelte, doch die Frau war immer noch da. Seelenruhig, wie es schien. Ihr Blick schoss zurück zu dem Pantomimekünstler, doch wo er bis gerade eben noch gestanden hatte, war weit und breit niemand mehr zu sehen.

»Äh, seht ihr das?«

»Toll, nicht?«, murmelte ihr Vater, ohne überhaupt hinzusehen.

Sophie konnte die Augen nicht von diesem unwirklichen Bild nehmen. Jetzt breitete die Frau die Arme aus, machte einen Schritt nach vorn.

Die Zeit verlangsamte sich. Die Musik war plötzlich ganz weit weg, klang verzerrt, blechern, beinahe bedrohlich. Die klirrenden Gläser, das hysterische Gelächter drangen wie durch dicke Watte an ihr Ohr und hatten urplötzlich etwas Verzweifeltes. Verschwommen nahm sie die Maske eines Clowns wahr, der unverständliche Worte an sie richtete. Was hatte jetzt auch noch ein Clown hier zu suchen?

Sophie hörte nur den Wind brausen, bildete sich ein, sie könne sogar das Flattern des dünnen Kleides dort oben auf dem Turm hören.

Die Frau schaute sie an. Sophie wusste nicht, wieso sie das so sicher sagen konnte. Sie spürte es einfach.

Sie konnte nicht wegsehen. Sie konnte sich nicht bewegen. Es war wie in einem dieser Träume. Sie stand einfach nur da, starrte diese Frau an. Ihr Gesicht veränderte sich, fiel in sich zusammen. Anders konnte es Sophie nicht sagen. Ihr Körper krümmte sich, ihr Kleid verrottete an ihrem Körper. All das sah Sophie, obwohl die Frau eigentlich viel zu weit entfernt war.

Sie sprang in die Tiefe.

Da endlich schrie Sophie.

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Die Flammen brüllten, schlugen meterhoch, verschlangen gierig alles, was ihnen in die Fänge geriet. Es loderte, es toste, es raste, es grollte. Drei Schemen tanzten wie wild umher. Das Hotel war kurz davor, in sich zusammenzufallen wie ein schlecht konstruiertes Kartenhaus. Alte Balken brachen entzwei, bis zum Dach stob der Funkenregen.

Sophie eilte durch die Flammenhölle. Sie jagte etwas. Oder wurde sie gejagt?

Ein Schemen kam auf sie zu. Eine weibliche Gestalt, zuerst nicht zu erkennen.

Sie kam näher.

Es war sie selbst. Sie selbst – und doch wieder nicht. Es war sie, aber eine Variante von ihr, aus der man all ihre guten Eigenschaften herausgesaugt hatte. All ihre Liebe, all ihre Freude. Eine leere grimmige Hülle voller Enttäuschung und Bosheit.

Sie streckte ihre Hand aus. »Komm zu uns«, sagte sie zu sich selbst. »Komm …«

Ruckartig wachte Sophie auf, bereit, um ihr Leben zu rennen. Sie konnte den Rauch riechen, fühlte, wie er in ihrer Kehle kratzte, hörte das Knistern, das Knirschen morscher Balken.

Da war kein Feuer, kein Rauch, kein versengender Tod. Keine zweite Sophie. Sie blickte sich um und wusste für einen kurzen seligen Moment nicht, wo sie sich befand. Dann fiel ihr Blick auf den Kleiderschrank, ihre achtlos hingeworfenen Klamotten, das Fenster.

Es war ein Traum gewesen. Nur ein Traum. Sie seufzte und ließ sich zurück in das viel zu weiche Kissen fallen. »Mist!«, sagte sie leidenschaftlich. Dasselbe öde Hotel in denselben öden Bergen. Dieselbe öde Aussicht aus demselben öden Fenster. Derselbe öde Tagesablauf an der Seite ihrer … ach, was sollte man da schönreden: an der Seite ihrer öden Eltern.

Ausgiebiges Strecken, Stunden zählen. Zwei Tage geschafft, zwei lagen noch vor ihr. 48 Stunden. Und die Zeit lief. In den letzten beiden Tagen war sie mehrfach drauf und dran gewesen, aus diesem trostlosen Hotel zu flüchten. Einfach mit Sack und Pack abhauen, die Bergbahn nehmen und nach Hause trampen. Sie hatte es sich verkniffen. Weshalb, wusste sie selbst nicht so genau – zumal ihr dieser Ort irgendwie nicht geheuer war. Sie konnte den Finger nicht darauf legen, hatte aber von Anfang an das Gefühl gehabt, dass hier etwas nicht stimmte.

Es hatte ja auch schon alles andere als gut angefangen. Niemand hatte ihr geglaubt, was sie bei ihrer Ankunft gesehen hatte. Es hatte offensichtlich keinen Unfall gegeben. Niemand war vom Turm gestürzt. Sie musste zugeben, dass so etwas in der Regel nicht unbemerkt geschah. Aber was zum Teufel hatte sie dann gesehen? So etwas bildete sie sich doch nicht ein.

Sie seufzte erneut. Anscheinend schon. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Erst die Wutausbrüche, dann diese Sache mit Alex … und jetzt auch noch Wahnvorstellungen?

Kurzer Blick auf ihr Smartphone. Vielleicht eine Nachricht von Alex? Natürlich nicht. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn irgendjemand letzte Nacht einen Funkmast in dieser Einöde aufgestellt hätte. Das blöde Ding versagte bockig jeden Dienst. Ihre einzige Verbindung zur Außenwelt, zur Zivilisation – ein nutzloser Klumpen Elektroschrott.

Sie warf das Telefon achtlos aufs Bett und fuhr sich durch die Haare. Sie waren lang geworden, doch ihr gefiel es. Mit geübten Bewegungen band sie sich die lockige Mähne zu einem Zopf. Dann gähnte sie erst mal ausgiebig.

Was ihr Vater an diesem heruntergekommenen Hotel so spannend fand, konnte Sophie immer noch nicht verstehen. Er war regelrecht besessen von der Geschichte des Hauses, von seiner angeblich so prunkvollen Vergangenheit, von all den Geheimnissen und Mythen, die sich um das Grandhotel Rabenfels rankten. Sogar von diesem Zimmer mit seinem tropfenden Wasserhahn und den grummelnden Rohren.

Sophie spürte rein gar nichts vom angeblichen Glanz der Vergangenheit. Für sie war das Hotel ein gewaltiger Staubfänger. Wieso eröffnete man ein Hotel wieder, wenn man mit der Renovierung noch gar nicht fertig war?

Hätte der nächste Roman ihres Vaters nicht in Australien spielen können? In New York, in der Karibik? Irgendwo anders eben als hier oben in den Bergen, mitten im Nirgendwo und abgeschnitten von allem, was Sophies Meinung nach Spaß machte …

Lange hatte sie auf ihre Eltern eingeredet. Hatte alles versucht, gefleht, monatelange Hausarbeit und bessere Schulnoten versprochen. Dann hatte sie geschrien. Das tat sie oft in letzter Zeit. In einem Moment war alles gut, dann wurde sie wütend, so wütend, dass sie es nicht kontrollieren konnte, ja es gar nicht kontrollieren wollte. Es war wie eine Woge, die sie schluckte und die Kontrolle übernahm. Danach fühlte sie sich immer schlecht, doch sie konnte nichts gegen die rote Welle tun. Rote Welle, so nannte sie es. Sie war tückisch, schlug unverhofft zu. Und hatte ihr schon oft Ärger und Kummer eingehandelt.

Wie sollte sie ihren Eltern erklären, was mit ihr los war, wenn sie es selbst nicht wusste? Sie wollte auf eigenen Beinen stehen und dann doch nicht so viel allein sein. Wer sollte das begreifen? Und dann diese Sache mit Alex. Er tat ihr nicht gut. Oder, anders gesagt: Das, was vorgefallen war, würde niemandem guttun. Ihre Eltern hatten sich ihr Verhalten eine Weile angesehen und ihr dann nahegelegt, diesen Arzt aufzusuchen. Er wäre ein Spezialist für diese Dinge, hatten sie gesagt, der beste in der Gegend sogar. Sophie hatte man nichts vormachen können. Sie wusste, dass ihre Eltern sie zu einem Psychiater schickten. Wegen ihrer Wut. Wegen ihrer Ausfälle. Wie erwartet, hatte er ihr nur eine Menge Quatsch erzählt, von wegen schwierige Phase, tief durchatmen, bis zehn zählen, bevor man etwas Unüberlegtes sagte. Sophie hatte bis sieben gezählt und war aus der Praxis gestürmt.

Sie kroch aus dem Bett, fluchte innerlich über den kalten Fußboden. Dann stutzte sie. Sie hatte das erste Mal nicht von dieser Frau auf dem Turm geträumt.

Gut, stattdessen von einem verheerenden Feuer und einer wirklich unangenehmen Begegnung mit sich selbst. Sophie wusste also nicht, ob das in irgendeiner Weise als Verbesserung durchging. Zu ihrem Wohlbefinden trug dieser Ort jedenfalls nicht bei, so viel stand fest. Es interessierte aber niemanden.

»Habt ihr schon gefrühstückt?«, rief sie, als sie sich Socken und diese stets zu großen und unbequemen Hotelhausschuhe anzog. »Ich hab Hunger.«

Stille.

Typisch! Sie waren wahrscheinlich mal wieder so vertieft, dass sie gar nichts anderes wahrnahmen. Sophie öffnete die Verbindungstür zum Zimmer ihrer Eltern. Es war leer.

»Mama? Papa? Wo steckt ihr denn wieder?«

Keine Antwort. Ein Blick ins Badezimmer – leer.

Die Bettwäsche war offensichtlich benutzt, die Lesebrille ihres Vaters lag wie immer auf einem Bücherstapel auf dem Nachttisch, Notizbücher und ein heilloses Durcheinander an Zetteln und alten Fotos bevölkerten einen kleinen Nebentisch. Waren sie ohne sie zum Frühstück gegangen? Eine Runde spazieren? Wahrscheinlich kroch ihr Vater gerade durch irgendwelche Heizungsschächte, um dem angeblichen Phantom des Hotels auf die Schliche zu kommen. Für Sophie war diese Legende nur ein billiger Vorwand, um überhaupt noch Menschen nach hier oben zu locken. Menschen wie ihren Vater. Er war der Idee des unbekannten Gastes, der in den Anfangsjahren des Hotels unbemerkt durch die Flure gestrichen war und angeblich eine Suite in einem entlegenen Flügel bewohnt hatte, mit Haut und Haar verfallen.

Ihre Klassenkameradinnen fanden es ganz spannend, dass ihr Vater relativ erfolgreiche Romane schrieb. Sie fand es einfach nur lästig.

Gut, dann würde sie eben im Frühstücksraum nach ihnen suchen. Kopfschüttelnd griff sie zur Türklinke – und stockte.

Die Tür war verschlossen. Doch das wirklich Seltsame daran war: Der Schlüssel steckte von innen.

Eine Weile blickte Sophie den Schlüssel an, als wäre er ein fremdartiges Insekt. Sie rüttelte wieder an der Klinke. Eindeutig verschlossen.

Sophie sah sich um, obwohl sie längst wusste, dass es keine andere Tür zum Flur in diesem Zimmer gab. Und durchs Fenster wären ihre Eltern wohl kaum ins Freie geklettert.

Sie fühlte eine leichte Gänsehaut auf ihrem Nacken, drehte den Schlüssel langsam im Schloss um. Ein sattes Klacken ertönte. Die Tür war offen.

Sie drückte die Klinke hinunter. Mit einem mulmigen Gefühl öffnete sie die quietschende Tür.

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Endlose Korridore. Leere Gänge. Ihre Schritte geschluckt von durchgelaufenen dicken Teppichen voller Löcher. Bei ihrer Ankunft war es hier noch richtig trubelig gewesen, laut und voller Leben. Jetzt kam ihr das Hotel sehr einsam vor. Stiller. Dunkler. Irgendwo knarrte es.

Die Saison endete schon in zwei Tagen. Sophie und ihre Eltern gehörten zu den letzten Gästen, bevor das Hotel für die Wintermonate geschlossen und erst im Frühjahr erneut geöffnet wurde.

Ihr kam es schon jetzt so vor, als wäre das Hotel geschlossen. Ein abgestandener Geruch hing in der Luft. Schwer, muffig, verdorben. Schon bei ihrer Anreise war er ihr unangenehm in die Nase gekrochen und hielt sich hartnäckig. Ihr Vater hatte mit Nachdruck darauf bestanden, ein Zimmer im alten Flügel des Hotels zu bekommen. Mit anderen Worten: In dem Teil des Hotels, der noch nicht in den Genuss einer umfangreichen Modernisierung gekommen war. Regenwalddusche, Flatscreens, WLAN, dieser Kram eben. »Auf gar keinen Fall!«, hatte er abwinkend ausgerufen, als der Empfangschef sie in eines der besseren Zimmer umquartieren wollte. Wie sollte er denn da den wahren Geist des Hotels einfangen? Nach Sophies Ansicht waren das Einzige, was sie sich hier einfangen konnten, eine Erkältung und eine bedenkliche Menge an Schimmelsporen.

Missmutig stapfte sie voran. Vorne links, den Korridor entlang, dann rechts und um die Ecke mit dem verdorrten Blumenschmuck zum Fahrstuhl. Sie kannte den Weg längst auswendig. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass dort kein Fahrstuhl war. Sophie starrte auf eine Zimmertür, als wäre es die erste Tür, die sie in ihrem Leben sah. Nach zwei Tagen in diesem Hotel hätte sie den Weg in die Hotelhalle und dann weiter zum Frühstücksraum blind gefunden.

Dennoch musste sie falsch abgebogen sein.

Verwirrt hielt sie inne. Zaghaft blickte sie sich nach allen Seiten um. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie beobachtet wurde. Aber von wem? Außer ihr, ihrem Spiegelbild in einem der großen Wandspiegel und den übellaunigen Porträts an den Wänden war weit und breit niemand zu sehen.

Sie ging zurück, fand problemlos ihre Zimmertür wieder. Zimmer 217. So weit, so gut. Der nächste Versuch endete vor einer Wand, von der sie hätte schwören können, dass sie am Vorabend noch nicht existiert hatte.

Was war an diesem Morgen nur los mit ihr? Für gewöhnlich war Sophie durch nichts aus der Ruhe zu bringen, hatte stets eine vernünftige Erklärung parat. Es musste dieser grässlich langweilige Ort sein, der sie verwirrte. Das – und ihre Eltern, die sich seit ihrer Ankunft noch unmöglicher verhielten als sonst.

Im dritten Anlauf fand sie endlich den richtigen Weg durch dieses Gewirr an leeren Gängen, Zimmern und toten Blumenarragements voller Spinnweben. Vor dem Aufzug saß ein dicker alter Mann auf einem durchgesessenen Korbsessel. Er schwitzte. Sie grüßte höflich und lächelte ihm zu, doch er ignorierte sie, den Blick geradewegs durch sie hindurch auf ein grimmig dreinblickendes Porträt gerichtet. Eine erloschene Zigarre hing schlaff in seinem Mundwinkel.

Als sie weiterging, hatte sie das Gefühl, dass ihr nicht nur der dicke Mann im Sessel hinterherschaute. Langsam schien es ihr gar nicht mehr so abwegig, was ihr Vater gestern erzählt hatte. »Hotels sind übersinnliche Orte, in denen viele ihr Leben ließen, da spukt es von Natur aus. Ein Grandhotel vergisst nie. Seine Wände haben mehr Geheimnisse gehört als ein Priester. Was sie uns wohl erzählen würden, wenn sie sprechen könnten?«

Klagend setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Auch er schien über Nacht in die Jahre gekommen zu sein, ruckelte und stöhnte, als wäre er seit 50 Jahren nicht gewartet worden. Sophie kam sich vor wie ein rußgeschwärzter Minenarbeiter, der in einem Lastenaufzug tief hinein in eine lichtlose Unterwelt geschickt wurde. Grandhotel Abgrund … wäre das nicht der passendere Name für diese altersschwache Ruine? Grandhotel Rabenfels klang wie aus einem billigen Gruselroman. Na gut, auch dazu passte dieses Gebäude irgendwie.

War ihr das bisher einfach nicht aufgefallen oder hatte man in diesem Fahrstuhl immer schon das Gefühl gehabt, jeden Augenblick abzustürzen? Nein, gestern war er noch wie geschmiert gelaufen, ganz sicher. Mit flauem Gefühl im Bauch klammerte sie sich an der angelaufenen Messingstange fest, die Augen auf den langsam nach links zuckelnden Zeiger der Stockwerkanzeige gerichtet, als wollte sie ihn hypnotisieren.

Ein heftiger Ruck. Ein bedrohliches Wanken. Dann stand der Aufzug still. Wenn dieses Ding jetzt auch noch stecken blieb!

Sophies Blick schoss nervös zu der Stockwerksanzeige. Scheinbar hing sie zwischen der ersten und zweiten Etage fest. Sophies Atem beschleunigte sich, mühsam zwang sie sich zur Ruhe. Der Notruf … Es gab doch immer einen Notruf in Aufzügen.

In diesem nicht.

Unruhig hämmerte Sophie auf die Knöpfe der einzelnen Stockwerke ein. Sie spähte durch den kleinen Spalt der Aufzugstüren. Offensichtlich hing sie wirklich zwischen den Etagen fest. Sophie ging näher an den Spalt heran, versuchte, im Dämmerlicht dahinter etwas zu erkennen.

Plötzlich huschte ein Schatten in der Dunkelheit hinter den Türen vorbei. Sophie machte einen Satz zurück und prallte schmerzhaft gegen die Rückwand des Aufzugs. Dröhnend setzte dieser sich wieder in Bewegung.

Ein kurzes Bimmeln. Endlich. Der Fahrstuhl kam rasselnd und rumorend zum Stillstand, die Türen bewegten sich langsam zur Seite. Nur widerwillig, so schien es, gab diese betagte Maschine ihre Beute wieder frei.

Kurz durchatmen. Umsehen. Keine Spur von ihren Eltern. Dennoch war sie fürs Erste heilfroh, diesem rumpelnden Gefängnis entkommen zu sein. Sie setzte einen unsicheren Schritt vor den anderen, die breite Treppe in die Hotelhalle hinab. Vor ihr sollen bereits Filmstars, Wirtschaftsbosse und Prinzessinnen diese steinernen Stufen benutzt haben. Es musste sehr, sehr lange her sein. Die Hotelhalle war sorgsam restauriert worden. Dennoch schien Sophie an diesem Morgen alles irgendwie verwahrloster, abgelebter. Wieso war ihr das zuvor nicht aufgefallen?

Durch eine gläserne Kuppel fiel diffuses Licht in großen Säulen herein, Staubkörner vollführten ein chaotisches Ballett darin. Das Mobiliar war edel, aber abgenutzt, die Goldverzierungen verblasst, die Teppiche abgewetzt. Es war, als hätte man ein Tuch weggezogen – und mit ihm all den Glanz. Nur die Spiegel, stellte Sophie milde erstaunt fest, waren anders. Die Spiegel glänzten ausnahmslos blitzblank.

Aus dem Speisesaal drang klassische Musik herüber. Seltsam verzerrt und leiernd, als spielte man sie zu langsam ab. Dann erinnerte sie sich daran, dass der Speisesaal von einem kleinen Kammerorchester beschallt wurde. Ob man auch echte Musiker zu langsam abspielen konnte? Ein Blick in den hohen Raum, in dem vereinzelt Menschen saßen und frühstückten –, nichts.

Überall schoben Pagen mit schicken Mützchen vergoldete Kofferwägen durch die Gänge, auf denen sich bergeweise Gepäck türmte. Die Drehtür wehte in unregelmäßigen Abständen kühle Herbstluft in die Halle hinein, hin und wieder schraubte sie auch einen Gast nach draußen.

Massive Zimmerschlüssel aus Messing wanderten aus der Hand der Gäste zurück in die großen Kästen hinter der Rezeption, das Geräusch gekünstelter Verabschiedungen und eilig gekritzelter Unterschriften erfüllte die Halle. Alles schien so zu sein, wie man es von einem großen, teuren und bedeutenden Hotel erwartete. Mit einem Unterschied: An diesem Morgen kam es Sophie so vor, als wäre die Betriebsamkeit nur vorgetäuscht. Als hätte es nicht funktioniert, diesen seit 100 Jahren schlafenden Riesen zu wecken.

Sophie hatte eine gute Vorstellung davon, wie lebendig das Hotel zu seinen Glanzzeiten gewesen sein musste. Jetzt war nicht mehr als ein Schatten davon übrig.

Sie verspürte einen Stich. Einen kurzen bitteren Moment wurde sie von dem betäubenden Gefühl geflutet, allein zurückgelassen worden zu sein. Sophie Schuster, der letzte Gast im Grandhotel Abgrund. Bald nur ein weiterer Geist in diesen verlassenen Korridoren …

Sie schüttelte den Kopf über sich selbst und wandte sich schnurstracks dem nächsten Rezeptionisten zu. Die von einem grässlichen Hut und violetten Haaren verunstaltete Dame, in die Sophie unabsichtlich stolperte, zuckte nicht einmal mit der Wimper und stolzierte mit ihren peinlich hohen Schuhen weiter, als wäre nichts geschehen. Ein winziger fiepender Hund folgte ihr an einer silbernen Leine.

»Entschuldigung«, murmelte Sophie und starrte ihr irritiert hinterher. Ihr Vater hatte ihr einiges von der Hochnäsigkeit gewisser Hotelgäste erzählt. Schon die letzten Tage war es Sophie gewohnt gewesen, eher belächelt als ernst genommen zu werden. Aber dass man sie komplett wie Luft behandelte, war selbst für sie neu. An diesem Morgen schienen wirklich alle mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein.

»Verzeihen Sie«, wandte sie sich an den Rezeptionisten, der hinter dem holzvertäfelten Empfang im grünen Schein einer Glaslampe geschäftig Briefe in Umschläge gleiten ließ. »Können Sie mir sagen, ob Herr Schuster eine Nachricht für mich hinterlassen hat? Ich bin seine Tochter.«

Keine Reaktion.

»Hallo?«, fragte Sophie verwirrt und langsam auch ungehalten. Durfte man in einem unverhältnismäßig teuren Hotel wie diesem derart ignorant mit Gästen umgehen? »Mein Name ist Sophie Schuster, ich bin Gast hier. Zimmer 217. Können Sie mir bitte sagen, ob …«

Weiter kam sie nicht. In Eile schob sich ein Mann an ihr vorbei. Ohne sie zu beachten, knallte er seinen schweren Schlüssel auf die Marmorplatte der Rezeption und schwang seinen Schal in einer schwungvollen, aber einstudierten Bewegung über die Schulter. »Auschecken, bitte«, schnappte er, »ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«

Wie eine Aufziehpuppe erwachte der Rezeptionist zu unterwürfigem Leben. Er verbeugte sich. »Aber natürlich, Herr Botschafter«, näselte er höflich und deutete eine Verbeugung an. Er schnippte mit dem Finger und beorderte ein paar flinke Pagen herbei, die sich sofort am Gepäck des arroganten Gastes zu schaffen machten. »Ich hoffe, alles war zu Ihrer Zufriedenheit?«

Der Botschafter brummte ein »Ja« und sah direkt durch Sophie hindurch in die Halle hinein. Sie starrte reichlich verwirrt in das strenge Gesicht. Der Botschafter schien sie tatsächlich nicht wahrzunehmen.

Sophie machte einige zögerliche Schritte zurück und schaute sich um. Der gigantische Kronleuchter, der sich über ihr in die Höhe reckte, zitterte leicht und klirrte bei jedem noch so kleinen Lufthauch. Staub rieselte herab. Ein ganz und gar ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. War sie denn plötzlich unsichtbar geworden?

»Hallo?«, rief sie testweise und drehte sich langsam im Kreis. »Hört mich denn niemand?«

Ihr Blick fiel auf eine dieser runden Klingeln, mit denen man nach Personal rufen konnte. Sophie drängte sich nicht gern auf und stand noch weniger gern im Mittelpunkt. Diese Sache kam ihr jedoch viel zu seltsam vor. Und seltsame Ereignisse erforderten bisweilen drastische Maßnahmen.

Das schrille Klingeln gellte durch die Empfangshalle. Wie besessen hämmerte Sophie mit der flachen Hand auf die Klingel ein, hörte erst auf, als ihre Ohren von dem durchdringenden Geheule summten. Erwartungsvoll sah sie sich um.

Nichts.

Gäste reisten ab, Koffer wurden verladen, Rechnungen bezahlt, Schnurrbärte gekämmt, in Teetassen gerührt und Hüte zurechtgerückt. Niemand nahm von Sophie Notiz. Ein Teil von ihr hielt das alles für einen schlechten Scherz, einen Irrtum, eine makabre Inszenierung. Ein weiterer Teil war der Unsicherheit längst verfallen. Sie leckte sich nervös über die Lippen. Wie ein in die Enge getriebenes Tier blickte sie in der Halle hin und her. Ohne es zu merken, tat sie einige Schritte rückwärts, wieder in Richtung Fahrstuhl.

Sie zwang ihren schnaufenden Atem mühsam unter Kontrolle. Es musste doch für alles eine Erklärung geben! Am besten, sie ging erst mal wieder auf ihr Zimmer. Gezwungen ruhig schritt sie die Treppe hinauf. Vielleicht waren ihre Eltern zwischenzeitlich zurückgekehrt und alles würde sich aufklären.

Sie wandte sich um – und stand direkt vor dem geöffneten Fahrstuhl. Ohne nachzudenken, eilte sie die Treppe weiter zu Fuß hinauf. Keine zehn Pferde würden sie noch mal in dieses Gefährt kriegen.

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Sophie rannte. Die letzten Meter vor ihrem Zimmer hatte eine schier übermächtige Hoffnung Besitz von ihr ergriffen.

Bestimmt waren ihre Eltern längst wieder da. Bestimmt war alles vernünftig zu erklären. Vielleicht hatten sie nur einen kleinen Spaziergang gemacht. Und vielleicht war Sophie in der Hotelhalle ja in Dreharbeiten für irgendeine kitschige Fernsehserie gestolpert. Ja, das musste es gewesen sein. Ihr Vater hatte ihr erzählt, dass das Hotel als Kulisse für mehr als einen Kinofilm gedient hatte.

Sie verlangsamte ihre Schritte.

Und wenn nicht?

Hinter der nächsten Ecke stand der Korbsessel. Er war leer, der dicke Mann verschwunden. Und nicht nur das: Auch der Bilderrahmen, aus dem sie vorhin noch dieser düstere Kerl angeblickt hatte, war leer. Von einem Porträt keine Spur!

Vor der Tür zu Zimmer 217 blieb sie stehen, hielt den Atem an und lauschte. Nichts. Das musste nichts bedeuten, die Türen waren recht dick. Außerdem konnte es gut sein, dass ihre Eltern schon wieder tief in ihren Büchern versunken waren. Was Sophie jetzt darum geben würde, die beiden genau so vorzufinden!

Sie drehte den Schlüssel im Schloss, spürte, wie sich der Mechanismus in Bewegung setzte und mit einem satten Geräusch aufschnappte.

Sie öffnete die Tür und betrat das Zimmer.

Es war verlassen.

»Mama? Papa?«, rief sie, legte aber keine Hoffnung in ihr Rufen. Das Zimmer war leer, das spürte sie sofort.

Jedes noch so kleine Detail brannte sich mit akkurater Genauigkeit in Sophies Gedächtnis ein. Die knarzenden Dielen, die zerwühlte Bettdecke, die Blumenvase, der Spiegel an der Tür, die Frau, die sich darin spiegelte.

Sophie erstarrte. Sie zitterte am ganzen Leib, hätte am liebsten laut aufgeschrien. Langsam drehte sie sich um. Gegen ihren Willen und ihre Sturm läutende Angst zwang sie sich dazu, in den Spiegel an der Tür zu blicken.

Nichts. Da war nichts. Nur ein leeres Zimmer und sie selbst, mit weit aufgerissenen Augen und dem Schlüssel in der Hand.

Schwer atmend trat sie auf den Spiegel zu, befühlte ihn. Ihr Spiegelbild weigerte sich glücklicherweise, von diesen Bewegungen abzuweichen. Von der Frau fehlte jede Spur. Wieder einmal kam ihr etwas in den Sinn, das ihr Vater von sich gegeben hatte. »Hotels sind abergläubische Orte«, hatte er gesagt. »In ihnen gibt es weder ein Zimmer 13 noch Spiegel an den Innenseiten der Zimmertüren – sonst könnten die Seelen der Verstorbenen nicht entweichen.« Hier in diesem Zimmer schien man es mit Fluchtwegen für Seelen anscheinend nicht allzu genau zu nehmen.

Sophie dachte an den hungrigen Ausdruck auf dem Gesicht der Frau. An die pechschwarzen Augen, die sie gemustert hatten. Für einen kurzen Moment hatte sie das Gefühl gehabt, dieses Gesicht zu kennen. Aber woher? Das war ganz und gar unmöglich.

Was machte sie da nur? Sie war doch sonst nicht solch ein Angsthase. Na ja, sonst war sie ja auch nicht verlassen in einem Hotel, das fleißig so tat, als würde sie nicht existieren. Sie fasste sich ein Herz und suchte das gesamte Zimmer nach Merkwürdigkeiten ab. Nachdem sie nichts Ungewöhnliches festgestellt hatte, verschloss sie die Tür, verhüllte nach kurzer Überlegung den Spiegel an ihrer Rückseite mit einem Morgenmantel und kuschelte sich in die Bettdecke ihrer Eltern. Ein Hauch des Parfums ihrer Mutter hing darin fest. Fühlte es sich so an, wenn man Angst um jemanden hatte? Dieses ohnmächtige Gefühl, diese nagende Ungewissheit? Wenn Sophie überlegte, wie oft sie viel später nach Hause gekommen war als abgemacht … war das nicht im Grunde dasselbe?

Schlafen. Sie wollte nur noch schlafen, aufwachen und feststellen, dass all das nur ein weiterer verstörender Traum gewesen war.

Das mit dem Schlafen klappte ganz gut. Doch in ihren Träumen erhielt sie wieder Besuch von der Dame, die sie durch endlose Korridore voller Echos und böser Erinnerungen jagte.

Hinter einer Ecke stand Sophie vor einem lebensgroßen Porträt. Es war sie selbst, grausig eingefangen von einem Albtraummaler. Die Augen unnatürlich weit aufgerissen, die Haut aschfahl. Hinter ihr loderte das Feuer, verzehrte das Hotel und alle, die sich in ihm befanden. Verzweifelte Schreie, der Geruch von verbrannter …

Mit einem Ruck wachte Sophie auf, saß kerzengerade im Bett. Genug davon! Entschlossen schlüpfte sie in andere Klamotten, trabte ins Bad, spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und sah sich ruhig im Spiegel an. Ihr Spiegelbild blickte ihr entgegen. Sonst nichts.

Dieses Hotel würde ihr keine Angst mehr einjagen. Sie war Sophie Schuster, verdammt, sie hatte doch eigentlich vor nichts Angst. Gut, vor Mathearbeiten und diesen großen Spinnen mit den dicken Körpern vielleicht. Aber sonst …

Erneut betrat sie die Flure des Hotels. Ihre Eltern konnten schließlich nicht vom Erdboden verschluckt worden sein. So etwas passierte nur in albernen Filmen und Büchern. Und selbst da gab es meist eine Erklärung dafür. Über den dicken Teppich schritt sie bestimmt voran, fand das Treppenhaus diesmal gleich beim ersten Versuch. Na also, endlich mal ein gutes Zeichen. Mit wachsender Entschlossenheit lief sie die breite Treppe in die Empfangshalle hinab.

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Vom Trubel des Morgens war nicht mehr viel übrig geblieben. Ein wenig hing es noch in der Luft, das Leben, das die Halle vorhin noch erfüllt hatte. Jetzt war Stille eingekehrt. Sophie wusste ja längst, dass das Hotel in zwei Tagen schloss. Sie hätte nur nicht damit gerechnet, dass es sich so schnell leerte.

Sie schaute nach links. Sie hätte schwören können, aus dem Augenwinkel eine Gestalt wahrgenommen zu haben, hatte ihre Blicke förmlich gespürt. Aber da war niemand. Wahrscheinlich lag das an den endlos vielen Spiegeln, die hier überall hingen. Man spiegelte sich ständig in ihnen – und schon dachte man, da wäre jemand.

»Ganz ruhig jetzt«, sagte sie leise zu sich selbst und ging weiter.

Sie war noch nie jemand gewesen, der sich den Spaß und das Abenteuer an einer Sache nehmen ließ. Seit sie mit zehn Jahren einen Abenteuerroman ihres Vaters verschlungen hatte, war es immer ihr größter Wunsch gewesen, Entdeckerin zu werden. Mittlerweile, mit 15, hatte sie einsehen müssen, dass die großen Zeiten der Entdecker vorbei waren. Dennoch wollte sie später irgendetwas machen, bei dem sie möglichst wenig Zeit hinter einem Schreibtisch verbringen musste. Ganz anders eben als ihr Vater. Die Schatten in der Halle waren merklich länger geworden, außer ihr und einem alten Herrn in einem Korbsessel hielt sich hier kaum jemand auf. Ein Kellner verließ den Speisesaal mit einem leeren Tablett. Irgendwo wurde eine Tür zugeschlagen.

Nach allem, was Sophie über Tageszeiten wusste, musste es später Nachmittag sein. Dabei hatte sie kaum eine Stunde geschlafen, wenn ihr nutzloses Telefon nicht log. Sie hätte auch schwören können, dass die Rezeption vorhin noch auf der anderen Seite des Raumes stand. Und wieso kam es ihr eigentlich ständig so vor, dass man sie beobachtete, wenn sie doch offensichtlich unsichtbar für alle war?

An der Drehtür erblickte Sophie die alte Dame mit dem grotesken Hut und den violetten Haaren. »Ich werde zur Zahnradbahn gehen«, teilte sie einem Kellner in gewichtigem Tonfall mit. »Man erwartet mich in einer dringenden Angelegenheit im Tal. Servieren Sie trockenen Sherry bei meiner Rückkehr. Und nehmen Sie bitte nicht die kleinen Gläser. In Ihrem Haus bekommt man ja den Eindruck, dass jede Münze zweimal umgedreht werden muss.«

Aber natürlich. Die Drehtür! Die Bergbahn! Wieso war sie nicht schon früher darauf gekommen? Sie eilte auf die Tür zu, erneut keimte Hoffnung in ihr auf. Vielleicht waren ihre Eltern ja draußen am See. Vielleicht waren sie sogar mit der Zahnradbahn hinunter ins Dorf gefahren, um etwas zu besorgen, und aus irgendeinem Grund aufgehalten worden. Möglicherweise hatten sie auch einfach mal wieder vergessen, Sophie Bescheid zu sagen.

Sie stolperte in die vergoldete Drehtür, drückte sie ungeduldig auf und ließ sich quälend langsam in die kalte Herbstluft hinausbefördern.

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Trüb kauerte der Nebel über dem See, die umliegenden Berge lagen hinter den dichten Schwaden verborgen. Sophie war das einerlei. Sie hielt nichts vom viel gerühmten majestätischen Panorama der Alpen, brauchte die angeblich gesunde Höhenluft nicht, um sich gut zu fühlen, und fand Bergwandern so spannend wie Hausaufgaben machen.

Jetzt hätte sie nichts gegen ein bisschen Sonnenschein gehabt. Das trübe Wetter schlug mächtig aufs Gemüt, zudem würde sie ihre Eltern nicht mal dann sehen, wenn sie nur ein paar Meter von ihr entfernt auf sie warteten. »Mama? Papa?«, rief sie testweise. Ihre Stimme wurde seltsam verzerrt zurückgeworfen. Alles, was recht war, aber das klang ganz schön gespenstisch.

Sie lief ans Ufer des Sees. Alles lag verlassen da, als hätte der Nebelschleier das Leben hinter sich verborgen. Schon jetzt war es schwer zu glauben, dass hier sonst ein hohes Aufkommen an Spaziergängern und anderen Müßiggängern geherrscht hatte. Auch wenn es Unsinn war, wurde Sophie das Gefühl nicht los, dass irgendetwas vorgefallen war. Irgendetwas, das jeder im Hotel mitbekommen hatte. Jeder außer ihr.

Sie schlug den Weg zur Zahnradbahn ein – oder hoffte zumindest, ihn zu finden. Sie war die einzige Möglichkeit, das Tal zu erreichen. Zumindest dann, wenn man keine Lust auf einen lebensgefährlichen Abstieg entlang steiler Klippen und bodenloser Abgründe verspürte. In zwei Tagen würde sich die betagte Bahn ein letztes Mal knirschend in Bewegung setzen, um die verbliebenen Gäste aus dem Hotel zurück in den sicheren Hafen der Zivilisation zu befördern. Danach würde hier alles noch ruhiger, noch verlassener und noch gespenstischer werden. Kaum vorstellbar eigentlich.

Wenn ihre Eltern nicht bald wieder auftauchten, würden sie hier oben überwintern müssen. Die nagende Furcht, dass ihnen etwas zugestoßen war, dass hier irgendetwas Unerklärliches passiert war, schluckte sie hinunter. Zunächst mal war es besser, einfach nur sauer auf ihre Eltern zu sein. Das machte es leichter.

Mit jedem Schritt wurde der Nebel dichter. So etwas hatte Sophie noch nie erlebt: Schon nach wenigen Metern konnte sie das Seeufer nicht mehr sehen, kurz darauf wurde ihre ausgestreckte Hand vollständig vom Nebel geschluckt. Würde man es überspitzt formulieren wollen, könnte man denken, dass jemand etwas dagegen hatte, dass sie das Hotel verließ.

Und da war noch etwas. Sophie blieb stehen und horchte. Da waren Stimmen im Wind. Verzerrte Stimmen. Vergeblich spähte Sophie in die trübe Suppe vor sich.

»Mama? Papa?«, rief sie ein weiteres Mal. Der Nebel verschluckte ihre Worte, gab sie tonlos und dumpf wider. Als ob sie Watte im Mund hätte.

Was war das nur? Merkwürdige Laute drangen an ihr Ohr. Mal klangen sie wie Stimmen, mal wie ein Zischeln. Da! Sie hatte es genau gesehen. Irgendwo vor ihr waren drei Schemen aus dem Nebel aufgetaucht. Drei zuckende Figuren, die ruckartig näher kamen und immer wieder im Nebel verschwanden. Als würden sie untertauchen und sich heimlich an sie heranpirschen.

Eine Weile sah sie diesem seltsamen Schauspiel zu. Dann merkte sie plötzlich, wie dumm sie war. Mittlerweile waren die Schemen ganz nah, sie staksten auf sie zu. Fast hatten sie sie erreicht! Sie wandte sich um und eilte los. Kein Blick zurück. Wer oder was auch immer hinter ihr war: Es waren eindeutig nicht ihre Eltern.

Sophie floh im Blindflug, hoffte inständig, in dieser trüben Brühe nicht vom richtigen Weg abzukommen und als tragische Überschrift in der Zeitung zu enden. Der tiefe Abgrund lag bekanntlich gleich hinter dem See. Tragischer Unfall beim Grandhotel Rabenfels. Junges Mädchen stürzt ins Verderben.

Bloß weg hier.

Das übermächtige Gefühl, verfolgt zu werden, zwang sie fast in die Knie. Schon auf den endlosen Hotelfluren war es ihr so vorgekommen, als würde sie jemand beobachten, ihr nachstellen. Jetzt war dieses Gefühl unerträglich, war zur Gewissheit geworden. Sie hörte nicht auf zu rennen, bis sie die Lichter des Hotels endlich durch den Nebel aufleuchten sah. Wirklich beruhigend waren die allerdings auch nicht. Die dunklen Fenster der alten Fassade blickten missmutig, ja geradezu feindselig auf sie herab.

Sophie nahm zwei Stufen der Treppe auf einmal, stürmte durch die empört quietschende Drehtür, stürzte in die Halle, nahm in ihrem Tempo nicht den Schemen wahr, der sich rasch aus Richtung der Rezeption näherte. Und kollidierte mit voller Geschwindigkeit.

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Als Sophie aufblickte, hatte sich eine seltsame Gestalt über ihr aufgebaut. Ein hagerer, krumm gewachsener Mann mit einem langen schwarzen Frack, langen Armen und einem langen Hals. Ein Kopf ruhte auf ihm, der unter anderen Umständen vielleicht sogar ganz ansehnlich gewesen wäre, aber von fransigem Haar und einem dieser spitzen Schnurrbärte drangsaliert wurde. Hätte man jemals einen Pinguin gezwungen, als Vogelscheuche zu arbeiten, würde das Ergebnis wohl ganz ähnlich aussehen.

Sie rappelte sich auf, rieb sich die schmerzende Schulter und warf einen angstvollen Blick durch die Drehtür. Nichts. Selbst der Nebel schien sich nach seiner plötzlichen Attacke langsam zurückzuziehen. Sophie wurde das alberne Gefühl nicht los, dass das kein Zufall gewesen war.

»Ist Ihnen etwas passiert, Mademoiselle?«

Im ersten Moment dachte Sophie, dieser komische Kauz spräche mit jemand anderem. Sie blickte über ihre Schulter, doch da war niemand.

»Mademoiselle, so antworten Sie doch! Haben Sie sich wehgetan?«

»Meinen … meinen Sie mich?«, fragte sie zaghaft.

Der dürre Mann strich sich über seinen ähnlich dürren Bart. Sophie bemerkte seine eingerissenen Fingernägel, seine schmutzige Fliege und die beiden gekreuzten Goldschlüssel auf der Brusttasche seines Fracks. Er sah reichlich mitgenommen aus, wenn man es genau nahm. »Selbstverständlich«, intonierte er mit seiner weichen Stimme. »Oder sehen Sie hier noch andere junge Damen, die auf äußerst bedauerliche Weise meinen Weg gekreuzt haben?«

»Äh, nein«, erwiderte Sophie perplex. »Es ist nur …«

»Nur … was?« Der Mann musterte sie neugierig.

»Ach, nichts!«, sagte Sophie. Und im nächsten Moment war sie ihm um den Hals gefallen.

Unbeholfen klopfte er ihr auf die Schulter. »Aber, aber, was haben wir denn hier?«

Es sprudelte aus Sophie heraus wie ein Wasserfall. Das Verschwinden der Eltern, ihre plötzliche Unsichtbarkeit, der Nebel. Unendlich erleichtert, wieder wahrgenommen zu werden, erzählte sie ihm alles, ohne darüber nachzudenken, wie diese absurde Geschichte auf ihn wirken musste.

»Nun, Mademoiselle«, begann er ernst. »Als Concierge des Grandhotel Rabenfels bin ich natürlich bestens über alle Vorgänge informiert.« Kurze Pause. »Über alle, wenn Sie verstehen.« Er nahm sie am Arm und führte sie an hohen Spiegeln vorbei in eine verlassene Ecke der Hotelhalle. Er hatte einen staksigen, schwankenden Gang, was Sophie erneut an eine Vogelscheuche denken ließ. Oder an einen angetrunkenen Kreuzfahrtpassagier bei starkem Seegang. »Doch ich fürchte, es gibt Dinge in diesem Hotel«, fuhr er mit gesenkter Stimme fort, nachdem er sich prüfend umgesehen hatte, »die auch ich nicht erklären kann. Und schon gar nicht erklären darf.«

»Was meinen Sie?«

Der Concierge senkte seine Stimme auf ein Flüstern herab. »Ich weiß, was Ihnen passiert ist, und ich kann Ihnen helfen. Doch Sie müssen mir vertrauen. Ich beschwöre Sie, Mademoiselle, Sie müssen mir von ganzem Herzen vertrauen. Andernfalls kann ich nichts für Sie und Ihre armen Eltern tun.«

Irgendwo in der Halle ertönte ein Klirren. Der Concierge fuhr herum. »Es ist gefährlich«, wisperte er und schob sie gehetzt weiter, bis sie vor einem Spiegel zum Stehen kamen. Argwöhnisch blickte Sophie hinein. Da war nichts. Wer hätte gedacht, dass man Spiegeln gegenüber so schnell so misstrauisch werden konnte? »Ich dürfte Ihnen gar nicht helfen, doch ich sehe es als meine Pflicht an, meinen Gästen im Guten wie auch im Schlechten zur Seite zu stehen.« Er hob das Kinn, reckte die Brust und deutete mit seinen lädierten Fingern auf das Emblem mit den gekreuzten Schlüsseln. »Nicht umsonst bin ich der Concierge dieses Hotels.«

Sophie fiel es schwer, ruhig zu bleiben. Von ihrem Vater wusste sie zwar, dass der Concierge so etwas wie die gute Seele eines Hotels war, einer, der sich um das Wohlergehen aller Gäste kümmerte und ihre geheimsten Wünsche erfüllte. Sie hatte sich einen Concierge bisher allerdings eleganter vorgestellt. Und sauberer.

»Aber was ist denn mit mir passiert?«, fragte sie ungeduldig. »Warum sieht mich niemand? Und … und was ist mit meinen Eltern?«

Der Concierge legte einen langen Finger auf seine Lippen. »Nicht jetzt. Nicht hier. Ich werde Ihnen helfen, so gut ich kann. Das habe ich den anderen auch versprochen.«

»Den anderen

Erneut sah sich der hochgewachsene Mann mit ruckartigen Kopfbewegungen um. Diesmal wirkte er wie ein nervöser Rabe. Er deutete ein knappes Nicken an. »Suchen Sie in den Kellern nach ihnen. Der Zugang befindet sich hinter der Bar. Gleich dort, wo es zu den Personalquartieren geht. Und dann warten Sie, bis ich Ihnen sage, was Sie zu tun haben. Ich beschwöre Sie: Bleiben Sie in den Kellern. Nur dort sind Sie sicher. Oh, und meiden Sie bitte den Heizraum. Er ist gefährlich.«

Was wurde hier nur gespielt? Wäre das in einem Film passiert, hätte ihn Sophie längst abgeschaltet. Das war im eigenen Leben natürlich nicht möglich.

»Aber warum sehen Sie mich?«, stellte sie die nächste Frage, doch der Concierge hatte schon wieder seinen langen Zeigefinger auf die Lippen gelegt. Sie waren ebenso brüchig wie seine Fingernägel. Wie das Grandhotel, so hatte sicher auch er vor langer Zeit einmal piekfein und elegant ausgesehen. Jetzt war er nur noch ein Schatten seiner eigenen Geschichte. »Für den Moment muss Ihnen reichen, dass es so ist, Mademoiselle. Haben Sie Geduld. Geduld und Vertrauen.«

Na spitze! Wenn Sophie von etwas nicht allzu viel hatte, dann war es Geduld. »Aber meine Eltern? Sagen Sie es mir doch! Die können doch nicht so einfach verschwunden sein.«

»Ihre Eltern sind sozusagen in Sicherheit«, zischte der Concierge. »Zumindest solange Sie in den Kellern ausharren. Vertrauen Sie mir, Mademoiselle, und gehen Sie. Gehen Sie!«

Sozusagen?

Verwirrt stolperte Sophie davon.

Als sie sich am Ende der Halle umsah, stand der Concierge immer noch vor einem der großen Spiegel, die so unpassend strahlend sauber waren.

Sie musste es sich eingebildet haben, doch für einen kurzen Moment schien es, als würde er sich mit seinem Spiegelbild unterhalten.

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Dinge, die man nicht erklären konnte, hatten Sophie schon immer ein gewisses Unbehagen bereitet, gemischt mit einer gefährlichen Faszination. Sie war es gewohnt, für alles eine Erklärung zu haben. Oder sie zumindest, wenn es denn unbedingt sein musste, im Internet zu erhalten.

Aber das hier? Sie hatte keinen blassen Schimmer, was hier vor sich ging, und wusste nicht, ob sie wütend auf ihre Eltern oder doch eher besorgt um sie sein sollte. Von ihrer unerklärlichen Unsichtbarkeit und den rätselhaften Veränderungen im Hotel mal ganz zu schweigen.

In Gedanken bei der überaus merkwürdigen Begegnung mit diesem Concierge und seinen rätselhaften Botschaften betrat Sophie die Hotelbar. Hinter dem Tresen erblickte sie schon das nächste seltsame Geschöpf. Gut, den winzigen alten Mann mit dem ergrauten Haar und der viel zu großen Weste sah sie heute nicht zum ersten Mal. Weniger absonderlich wirkte er deswegen noch lange nicht. Er stand auf einem Hocker, damit er überhaupt über den Tresen hinausspähen konnte und die Gäste sah, die er seinem Aussehen nach schon seit Eröffnung des Hotels vor über 100 Jahren bediente.

Völlig versunken polierte er ein Glas mit einem derart dreckigen Handtuch, dass er längst Schlieren und komplexe Muster auf der Oberfläche hinterlassen hatte.

Die Tür zum Personalbereich fand Sophie sofort. Es war eine Schwingtür, die zu Zeiten des Hochbetriebs bestimmt niemals stillstand. Jetzt hing sie träge in ihren Angeln. Sophie überlegte. Sollte sie den Worten dieser komischen Figur tatsächlich Glauben schenken? Woher wusste sie, ob sie dem Concierge vertrauen konnte?

Andererseits … wem sollte sie sonst vertrauen? Er schien die einzige Person in diesem riesigen Hotel zu sein, die sie überhaupt sah. Das war nicht unbedingt ein beruhigender Gedanke. Fürs Erste war es aber alles, was sie hatte.

Entschlossen schritt sie durch die Drehtür.