Cover

Elizabeth Amber

Der Traum des Satyrs

Roman

Aus dem Amerikanischen von Silvia Gleißner

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Elizabeth Amber

Elizabeth Amber ist das Pseudonym einer erfolgreichen amerikanischen Autorin, die sich mit ihrer Satyr-Serie erstmals der Romantic Fantasy widmete. Elizabeth Amber lebt mit ihrem Ehemann in der Nähe von Seattle. Weitere Informationen zur Autorin finden Sie auf ihrer Website: www.elizabethamber.com

Über dieses Buch

Jede Nacht ruft er sie herbei, jede Nacht liegt sie in seinen Armen, jede Nacht wünscht er sich, sie könnte bei ihm bleiben … der Satyr Vincent liebt eine Nymphe, die wie alle ihrer Art in den Nebeln der Anderwelt verschwindet, sobald der Tag anbricht. Keiner von ihnen ahnt, welch böse Magie dahintersteckt, als sie eines Tages doch bleibt …

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2009

unter dem Titel »Dominic« bei Kensington Publishing Corp., New York.

eBook-Ausgabe 2012

Knaur eBook

Copyright © 2009 by Elizabeth Amber

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2012 Knaur Taschenbuch

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –
nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Published by Arrangement with KENSINGTON PUBLISHING CORP., New York, NY, USA.

Redaktion: Kathrin Stachora

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: Getty Images/altrendo images

ISBN 978-3-426-41198-8

Hinweise des Verlags

Wenn Ihnen dieses eBook gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weiteren spannenden Lesestoff aus dem Programm von Knaur eBook und neobooks.

Auf www.knaur-ebook.de finden Sie alle eBooks aus dem Programm der Verlagsgruppe Droemer Knaur.

Mit dem Knaur eBook Newsletter werden Sie regelmäßig über aktuelle Neuerscheinungen informiert.

Auf der Online-Plattform www.neobooks.com publizieren bisher unentdeckte Autoren ihre Werke als eBooks. Als Leser können Sie diese Titel überwiegend kostenlos herunterladen, lesen, rezensieren und zur Bewertung bei Droemer Knaur empfehlen.

Weitere Informationen rund um das Thema eBook erhalten Sie über unsere Facebook- und Twitter-Seiten:

http://www.facebook.com/knaurebook

http://twitter.com/knaurebook

http://www.facebook.com/neobooks

http://twitter.com/neobooks_com

Dominic

1

Tempel des Bacchus

Anderwelt im Jahre 1837

Ihr Name ist Emma.«

Die Stimme des Bewahrers hallte von den uralten Steinwänden wider, was seinen Worten Autorität verlieh, als er Dominics Aufmerksamkeit auf die große Spiegelscheibe lenkte, die mitten auf dem blutbefleckten Boden des Tempels stand.

Die Oberfläche der Scheibe zeigte, wie ein lebendes Porträt, das Bild einer Frau, die irgendwo in einer benachbarten Welt lebte. Ihr Gesichtsausdruck war heiter und arglos, denn sie wusste nicht, dass sie beobachtet wurde.

Der Spiegel war etwa einen Meter achtzig groß, aus poliertem Obsidian und so schwarz und undurchdringlich wie die Nacht. Neun weitere konkave Scheiben von geringerem Durchmesser waren kreisförmig um ihn herum angeordnet. Jede von ihnen war aus einem anderen exotischen Stein gefertigt, der jeweils eine Phase des Mondzyklus repräsentieren sollte. Alle Scheiben waren so angeordnet, dass sie das Mondlicht, das durch eine Öffnung im Dach hereinfiel, einfingen und auf den großen Spiegel in der Mitte lenkten, in dem gerade die Frau zu sehen war.

»Ihr erwartet von mir, dass ich sie vergewaltige«, stellte Dominic mit ausdrucksloser Stimme fest.

Die Frau bewegte ihre Hand und blätterte eine Seite in dem Buch um, das sie gerade las.

»Wir erwarten von Euch, dass Ihr tut, was notwendig ist. So wie immer«, antwortete der Bewahrer und sprach damit sowohl für sich selbst als auch für die beiden schweigenden Akolythen an seiner Seite.

Auf den ersten Blick war die Frau von einfacher Erscheinung, unauffällig in jeder Hinsicht. Dominic schätzte sie auf sein Alter, also fünfundzwanzig Jahre, vielleicht auch etwas mehr. Von einer gelegentlichen Bewegung ihrer Hand abgesehen, blieb sie vollkommen regungslos. Ihr Kopf war konzentriert über ein Buch mit dem Titel The Fruits of Philosophy gebeugt, das vor ihr auf dem Tisch lag.

Sie trug eine Brille und hielt den Kopf halb von Dominic abgewandt, so dass die feine Linie ihrer Wange vom flackernden Kerzenlicht erhellt wurde. Ihr hellbraunes Haar ringelte sich in dichten Locken um ihren verletzlichen Nacken.

Das Gewand, das sie trug, war steif und übermäßig lang, so dass es die Formen ihres Körpers fast vollständig verhüllte. Er hatte schon davon gehört, dass die Frauen der Erdenwelt sich in Unmengen von Stoff hüllten, undurchdringlich für die Augen eines Mannes, doch bisher hatte er immer gedacht, es handelte sich dabei nur um ein Gerücht. Sie hatte volle Brüste und einen wohlgeformten Körper. Warum versteckte sie das alles?

»Ihr werdet Euch in dieser Angelegenheit unserem Willen beugen?«, wollte der Bewahrer wissen.

Dominic brummte eine widerwillige Zustimmung. Sein harter Blick aus silbernen Augen fiel wieder auf die Frau. Er hatte in seinem Leben schon Schlimmeres tun müssen. Und er hatte kaum eine andere Wahl.

Aus dem Flur hinter ihnen drang das Geräusch der fegenden Besen der Geweihten. Ernst kehrten sie die geheiligten Überreste dessen, was einmal eine riesige Statue des Gottes Bacchus gewesen war, in Gefäße, die man später in Reliquienschreine bringen würde.

Wut stieg in Dominic auf. Dieser geheiligte Ort – sein Zuhause – war brutal angegriffen worden. Und man stelle sich vor, dass er erst wenige Stunden zuvor dort draußen gewesen war, um genau die Kreaturen zu bekämpfen, die sich seine Abwesenheit hier zunutze gemacht hatten, um sein Heim zu entweihen!

Er lebte hier, überwiegend allein, schlief in einer Nische und genoss auch sonst nur wenige Bequemlichkeiten. Wie ein Raubvogel kam er bei Nacht über die Feinde seines Volkes, und bei Tag kehrte er zurück, um in der Deckung, die der Tempel bot, zu schlafen. Doch dieser letzte Angriff hatte seinen gewohnten Tagesablauf verändert.

»Dieser Angriff letzte Nacht hat sieben Opfer gefordert«, erklärte der Bewahrer ihm ungefragt. »Und das Amulett, das sich in der Statue befand, ist verschwunden. Wir können nur den Göttern dafür danken, dass unsere Feinde so sehr damit beschäftigt waren, es zu rauben, dass sie nicht bis zu diesen Spiegeln hier gekommen sind.«

»Unsere ›Feinde‹!«, spottete Dominic und warf ihm einen zynischen Blick zu. Der Gestank nach Dämonen haftete überall, doch der Bewahrer weigerte sich beharrlich, sie direkt beim Namen zu nennen, als ob er sie damit irgendwie in Fleisch und Blut heraufbeschworen hätte.

»Sie waren nicht ›zu beschäftigt‹«, erklärte er dem Älteren. »Sie kamen in ganz klarer Absicht hierher. Die Statue haben sie zwar zerstört, aber ihr dabei ganz gezielt die Genitalien und die rechte Hand abgehackt. Dass sie nur diese Teile unbeschädigt zurückgelassen haben, und dann auch noch so, dass wir sie in all dem Chaos entdecken mussten, war kein Zufall.«

Damit hatten sie ihm etwas sagen wollen, denn ebendiese Körperteile stellten seine empfindlichsten Regionen dar.

Der Blick des Bewahrers blieb unverändert ruhig.

»Es ist weithin bekannt, dass wir mit Hilfe dieser Spiegel in die angrenzende Welt sehen können«, beharrte Dominic. »Sie wurden absichtlich unbeschädigt gelassen, damit wir auch künftig in diese Welt blicken können.« Er wies mit dem Kinn in Richtung der Frau im Spiegel. »Lasst mich diese neue Aufgabe aufschieben, bis ich die Hintergründe dieses Angriffs herausgefunden habe! Bis ich die Dämonen, die dafür verantwortlich sind, zur Strecke gebracht habe!«

Zum ersten Mal regten sich die Akolythen zu beiden Seiten des Bewahrers. Ob der Grund für ihr bestürztes Gemurmel allerdings Dominics Vorschlag eines Aufschubs war, oder ob es daran lag, dass er die Dämonen beim Namen genannt hatte, wusste er nicht – und es war ihm auch gleichgültig.

Der Bewahrer hob die Hand und gebot damit Ruhe, dann sah er Dominic an und schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr werdet tun, wie Euch geheißen wurde!«

Dominic schnaubte frustriert und ging. Im bogenförmigen Durchgang zum nächsten Raum blieb er stehen und beobachtete die Geweihten bei ihrer Arbeit. Die zwölf Marmorstatuen, die kreisförmig im Raum standen, starrten ihn kalt und wortlos an, doch er war ihr unverwandtes Starren gewohnt und ignorierte sie.

Er rammte seine behandschuhte Faust gegen eine der Kalksteinsäulen und fühlte gleich darauf den vertrauten Blitzschlag seinen Arm entlangrasen, eine grausame Erinnerung an seine Pflicht. Freier Wille war ein Luxus, den er seit dem zarten Alter von zehn Jahren nicht mehr kannte. Die drei Männer hinter ihm führten seine Gemeinde an, und er leistete ihren Anweisungen Folge.

»Wie soll ich durch das Tor kommen?«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Macht Euch bei ihrem Ehemann beliebt. Beschwatzt ihn, so dass er Euch den sicheren Übergang anbietet. Er ist ein Satyr aus der Erdenwelt, aber er dient hier in einem unserer Regimenter.«

Dominic zog die Brauen zusammen und fuhr zu der Frau im Spiegel herum.

»Sie ist verheiratet – mit einem unserer Kämpfer?«, vergewisserte er sich. »Und Ihr wollt, dass ich mir anmaße, ihm seine Rechte an ihr streitig zu machen?«

Eine weitere Buchseite wurde von zarter Frauenhand umgeblättert, die nun jedermanns Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Gold blitzte am Finger der Frau auf. Sie trug einen Ehering.

»Sie ist nicht von unserem Blut«, lautete die hastige Versicherung, so als ob das den widerwärtigen Auftrag, den Dominic erhalten hatte, vollkommen gerechtfertigt hätte. »Ihre Schwester ist eine Tochter von König Feydon – eine der berüchtigten Halbfeen, die mit den drei Herren von Satyr in der Erdenwelt verheiratet sind. Diese hier jedoch« – er tippte mit einem knorrigen Finger den Spiegel an, wodurch das Bild der Frau für einige Sekunden verschwamm –, »diese hier ist nicht vom Blute des verstorbenen Königs.«

»Wie stark ist das Blut ihres Ehemanns?«

»Der? Er verdient kaum die Bezeichnung ›Satyr‹«, spottete der Bewahrer. »Er prahlt damit, dass er zu einem Viertel von Satyrblut sei, doch wir glauben, es ist nicht einmal so viel. Und er ›kämpft‹ nicht, wie Ihr annehmt. Nein, er bietet sich den anderen Soldaten auf niedere Art an, als einer der cinaedi. Ihr werdet ihn in dem Regiment finden, das dem Tor am nächsten ist. Er ließ sich dort stationieren, damit er jedes Mal zu Vollmond leicht in seine Welt zurückkehren kann.«

»Um seine Frau zu vögeln«, folgerte Dominic. »So, wie Ihr wollt, dass ich sie vögle. Warum?«

Die Akolythen flüsterten wieder, seine deutlichen Worte leise tadelnd. Der Bewahrer sah darüber hinweg und zog es wie immer vor, die schmutzigen Details der regelmäßigen Pflichten zu beschönigen, die Dominics Existenz ausmachten.

»Sie ist wie ein frisch gepflügtes Feld. Ihr Ehemann lag letzte Nacht bei ihr«, bemerkte der alte Mann bedeutungsvoll.

Daraufhin wandte Dominic sich um und blieb vor dem Bild der Frau stehen, seinen Blick auf ihre Taille gerichtet. Er öffnete seinen Geist, um in einem kurzen Augenblick so viel wie möglich zu erfahren.

Ihr Leib war noch nicht gerundet, doch selbst über die Entfernung einer ganzen Welt zwischen ihnen hinweg sagten seine Instinkte ihm sogleich, dass sie den Samen eines anderen Mannes in sich beherbergte – Samen, der erst in der vergangenen Nacht dort gepflanzt worden war.

Und in dem Moment, als er das erkannte, traf ihn eine weitere Erkenntnis wie ein Faustschlag. Er taumelte von dem Spiegel zurück und warf dem Bewahrer einen anklagenden Blick zu.

»Ja«, bestätigte der und vermied es, ihn anzusehen. »Sie erwartet ein Kind.«

Ein Moment völliger Stille verging. Und dann noch einer und noch einer.

»Aber nicht irgendein Kind, nicht wahr?«, fragte Dominic, und in seiner Stimme lag eine leise Drohung.

Seine rechte Hand vibrierte, als hätte sein Verdacht das Böse, das seiner Handfläche innewohnte, aufgerührt. Er hob die Hand vor den Augen des Bewahrers und bewegte sie bedächtig in dem Handschuh aus Silberfäden.

Der Bewahrer verlagerte unbehaglich sein Gewicht, und er schaute rasch zu dem Handschuh, während er fast unmerklich davor zurückwich.

Die Akolythen begannen zu summen. Nervös formten sie ihre Hände zu einer Schale, um das Mondlicht über ihren Häuptern in den Handflächen aufzufangen – eine Geste, die, so glaubte man, Dämonen abwehren konnte.

Dominics Lippen verzogen sich, auf grausame Weise sinnlich. Seine Wimpern senkten sich und beschatteten seine Augen. Und für einen kurzen Moment genoss er die verborgene Macht, die anderen – selbst diesen einflussreichen Persönlichkeiten hier – Angst vor ihm einjagte.

»Wie Ihr …« Das Räuspern des Bewahrers spiegelte sein Unbehagen wider. »Wie Ihr zweifellos bereits erraten habt, wird das Kind ein Auserwählter sein – Euer Nachfolger.«

Ein Schauer lief Dominic über den Rücken. Entgeistert starrte er den Bewahrer an.

»Das kommt sicher nicht überraschend für Euch«, fuhr der Bewahrer fort. »Euch war immer klar, dass eines Tages ein Ersatz für Euch berufen werden würde.«

Ja, das hatte er gewusst. Aber er war zu sehr vom nie enden wollenden Jagen und Töten, aus dem seine Nächte bestanden, beansprucht gewesen, um darüber nachzudenken. Diese Nachricht traf ihn nun vollkommen unvorbereitet. Bedeutete das, dass sein Tod bevorstand?

»Nun denn, Ihr habt vier Wochen«, erklärte der Bewahrer knapp. »Wenn der nächste Vollmond naht, ist es zwingend notwendig, dass Ihr Euch mit ihr vereinigt, um die Kräfte ihres Kindes zu erwecken. Vier Wochen – ist das genug Zeit, um ihren Ehemann zu finden und eine Einladung in ihre Welt sicherzustellen?«

Dominic nickte langsam und richtete seinen Blick wieder fasziniert auf den Spiegel und das Bild der Frau darin. Auf die zarte Röte ihrer Wange. Auf die verlockende Neigung ihrer Schulter.

Auf ihren flachen Bauch.

Wie einst seine eigene Mutter würde sie keine Ahnung haben, dass sie ein auserwähltes Kind erwartete. Und erst mit Dominics Tod würde sie vom Schicksal ihres Kindes erfahren.

Seinen eigenen Vorgänger hatte er erst auf dessen Sterbebett kennengelernt, denn die Dämonenhand – durchaus wörtlich zu verstehen als eine Hand, der Dämonen innewohnten – ging nicht durch Vererbung an den Nachfolger über. Sie erwählte ihren Wirt scheinbar zufällig, einen nach dem anderen. Nur ein Mal in jeder Generation erhielt ein einziges Kind die Macht – den Fluch –, die Dominic als Knabe zuteilgeworden war. Eine verspiegelte Handfläche.

»Ausgezeichnet!« Der Bewahrer nickte seinen beiden Begleitern zu.

Schnapp!

Bei dem scharfen Geräusch flackerte das Bild, als handelte es sich um eine Spiegelung auf der Oberfläche eines Tümpels. Dann schrumpfte es zu einem kleinen Punkt zusammen – und dann war die Frau verschwunden.

Die stille Szene in der Ferne hatte eine eigenartige Faszination auf Dominic ausgeübt, und er fühlte sich seltsam betrübt, als er sah, wie sie sich auflöste. Seine eigene Welt befand sich ständig im Chaos. Vielleicht würde der Sohn dieser Frau derjenige sein, der schließlich den Frieden brachte. Etwas, das Dominic trotz seiner unermüdlichen Hingabe nicht geschafft hatte.

Die beiden Akolythen streckten erst dem Bewahrer, dann sich gegenseitig die rechte Hand entgegen und legten die Handflächen gegeneinander – zum traditionellen Gruß, der Begrüßung und Abschied bedeuten konnte.

»Wie der Mond die Sonne reflektiert«, erklangen drei Stimmen in Übereinstimmung und taten damit kund, dass dieses Treffen nun beendet war.

Weder entbot einer von ihnen Dominic einen Abschiedsgruß noch erwartete dieser eine solche Geste. Niemand berührte ihn je freiwillig. Nicht, sobald man erkannte, was er war.

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging hinaus, und gleich darauf polterten seine Stiefel über die neun Marmorstufen vor dem Tempel. Die Geweihten hatten es so eilig, ihm aus dem Weg zu gehen, dass sie dabei ihre Besen fallen ließen und in ihrer Hast übereinanderstolperten. Vor dem Rest der Welt tarnte er sich, doch die Mitglieder seiner eigenen Gemeinde erkannten ihn als das, was er war.

Die Tatsache, dass sie ihn so offensichtlich ablehnten – genau diejenigen, die er mit seinem Leben verteidigte –, hätte einen anderen Mann zerstört. Aber glücklicherweise war er schon lange gegen solche Verachtung abgehärtet. Doch dieses neue Kind erinnerte ihn daran, dass seine Tage als Beschützer gezählt waren.

Jederzeit konnte er von Dämonen vernichtet werden – so wie die Statue, die jahrhundertelang vor diesem Tempel gestanden hatte und deren Überreste nun unter seinen Stiefeln knirschten. Und genauso wie die Statue würde er dann einfach hinweggefegt werden. Zugunsten des neuen Auserwählten.

Bis dahin würde er weiterhin als Hüter des Bösen dienen. Einzigartig. Die wertvollste, zuverlässigste und bösartigste Waffe, die sein Volk besaß.

Und wie bei jeder gut geschliffenen Waffe richteten seine Gedanken sich nun auf die ihm zugewiesene Aufgabe, also die Frau im Spiegel. Die Frau, deren ungeborener Sohn eines Tages den Handschuh tragen würde.

Dominic ballte seine rechte Hand. Als er sie wieder streckte, schien der einzelne fingerlose Handschuh, den er trug, dahinzuschwinden und enthüllte anstelle von Fleisch und Blut eine verspiegelte Handfläche. Dominic schloss und öffnete seine Finger wieder, und die glatte Spiegelfläche, die das schreckliche Böse, das in ihr gefangen war, abschirmte, wurde ebenfalls unsichtbar.

Als er an einem Soldaten vorbeikam, hob er die so getarnte Hand zu einem kurzen Gruß, der mit einem leichten Winken erwidert wurde. Etwa eine Meile später hielt er an und half einem Bauern dabei, seinen Wagen wieder aufzurichten, dessen Ladung verrutscht war und umzustürzen drohte. Der Bauer bedachte ihn mit herzlichem Dank. Der Mann versuchte sogar, ihm die getarnte Hand zu schütteln, eine Geste, die Dominic vermied.

Zufrieden, dass er für jeden anderen als gewöhnlicher Satyr erschien, begab er sich in die unmittelbare Umgebung des Portals zwischen den Welten.

Seine Gesichtszüge beließ er ungetarnt, doch wie üblich hatte er sie dergestalt mit einem Zauber belegt, dass jeder, der ihn sah, nur einen vagen Eindruck zurückbehielt und nicht in der Lage sein würde, sich später an ihn zu erinnern. Auf diese Weise konnte keine Abbildung oder Zeichnung von ihm angefertigt werden und in Hände gelangen, die ihm schaden konnten.

Innerhalb von zwei Stunden hatte er das Regiment ausfindig gemacht, das in nächster Nähe des Portals kämpfte. Nach drei Stunden hatte er seine Hose und Jacke aus schwarzem Leder gegen die graue Regimentsuniform getauscht.

Bis Sonnenuntergang hatte er den Ehemann der Frau kennengelernt, und innerhalb einer Woche verdankte der Mann ihm sein Leben.

Bis der Vollmond nahte, war sein neuer Freund ganz vernarrt in ihn.

Obwohl sein neuer Kamerad kaum von seiner Frau sprach, trug Dominic das Bild der stillen Szene, die er in dem Obsidianspiegel gesehen hatte, noch immer in sich.

Emma.

Sie hatte etwas in ihm geweckt, das er längst vernichtet geglaubt hatte. Etwas, das er in den hintersten Winkel seiner Seele verbannt hatte, wo seine Feinde es sich nicht zunutze machen konnten.

Eine Sehnsucht.

Obwohl er wusste, dass ein solches Gefühl eine Schwäche für ihn bedeutete, wuchs mit jeder Stunde sein Verlangen, ihr Gesicht und ihren Körper leibhaftig zu sehen und ihre Stimme zu hören. Mit jedem Feind, den er tötete – mit jeder Schlacht, die er ausfocht –, wurde seine Vorfreude auf die Nacht, in der er dieses reine, sanfte Geschöpf endlich berühren würde, noch stärker.

Sie hatte keine Ahnung, was auf sie zukam.

2

Weingut Satyr, Toskana, Italien

Erdenwelt im Jahre 1837

Verdammte Biester!«

Es war Carlo.

Emma hatte wartend gelauscht, ob er zurückkehrte, und sein Näherkommen an seinem häufigen Niesen ausgemacht. Er reagierte allergisch auf Lyons Panther.

Diese hatten sich ihrerseits auch nie für ihn erwärmen können, in den anderthalb Jahren, seit Nicholas Carlo gefunden und auf das Weingut mitgebracht hatte. Sogar jetzt bewegten die geschmeidigen schwarzen Tiere sich direkt hinter ihrem Ehemann entlang der Bäume und knurrten, als wollten sie Emma vor seiner Ankunft warnen.

»Liber, Ceres – geht!«, befahl sie leise. Beim Klang ihrer Stimme hob Carlo den Kopf, und seine Augen wurden schmal, als er sie ansah, während sie in der Tür zu ihrem Haus stand.

Die hoffnungsvolle Erregung, die sie sonst immer bei seinem Anblick verspürt hatte, blieb dieses Mal aus. Doch auch heute Nacht hatte sie auf ihn gewartet, so unruhig wie immer und halb fürchtend, er würde nicht kommen. Doch nun, da er hier war, mischte sich Angst in ihre Erleichterung. Es war eine seltsame Reaktion, und nur er und sie selbst kannten den Grund dafür.

Carlo trat aus den Schatten des späten Nachmittags heraus neben sie unter den Säulenvorbau des Kutschenhäuschens, das an das großzügige castello ihrer Schwester angrenzte und zu ihrer Hochzeit in ein Heim für sie beide umgebaut worden war. Doch während Emma hier wohnte, war ihr Ehemann im ganzen Jahr ihrer Ehe nur zwölf Mal hier gewesen. Einmal im Monat, pünktlich wie ein Uhrwerk, war er gekommen, um mit ihr zu schlafen. So, wie er es auch heute Nacht tun würde.

Ihre Blicke trafen sich – ihrer wachsam aus hellbraunen, seiner jungenhaft und selbstsicher aus blauen Augen. Sein Lächeln war warm, unecht, vertraut. Furcht einflößend.

»Du hast mir gefehlt«, sagte er und wollte sie an sich ziehen.

Ach, er dachte also, sie beide würden den Schein wahren?

Sie entzog sich ihm. »Fass mich nicht an!«, ermahnte sie ihn kühl. »Nicht mehr als notwendig. Später.«

Er heuchelte Erstaunen. »Was ist das denn? Wo bleibt der gewohnt liebevolle Empfang? Oder wünschst du, dass ich wieder gehe? Soll ich?« Er drehte sich auf dem Absatz um, als wollte er sich davonmachen.

»Nein!« Hastig trat sie einen Schritt hervor und legte ihm eine Hand auf den Arm, um ihn zurückzuhalten.

Er feixte. »Dachte ich es mir doch!« Er ließ seine Tasche auf die Veranda fallen, schlang einen Arm um sie und drückte sie so fest an sich, dass sie die Härte der Waffe an seiner Hüfte fühlte.

Er fuhr mit der Hand durch ihr Haar, drückte ihre weiche Wange an den rauhen Stoff seiner Uniform, und sie atmete den eigentümlichen Duft dieser anderen Welt ein, in der er lebte. Jener Welt, in die sie nicht mit hinübergehen konnte. Jener Welt, die sie normalerweise hasste, weil sie ihn von ihr fernhielt.

Nun jedoch konnte sie kaum den nächsten Morgen erwarten, bis er wieder dorthin zurückkehren würde.

»Nicht.« Sie schob die Ellbogen vor sich und versuchte, ihn von sich wegzuschubsen.

Sein Griff wurde fester, und sie zuckte zusammen, als sich die Perlenstickerei am Rücken ihres Kleides schmerzhaft in ihre Haut drückte.

»Ich wollte dir nicht weh tun, Emma«, murmelte er, ohne sie loszulassen. Sein Atem streifte kühl ihren Nacken. »Kannst du es nicht dabei bewenden lassen?«

Bei seinen Worten flackerte ein Hoffnungsschimmer in ihr auf. Hatte es sich nur um eine einmalige Verfehlung gehandelt, als er sie letzten Monat misshandelte? Würde sein Aufenthalt hier, fern vom Krieg in der Anderwelt, einen Neubeginn für ihre Ehe bedeuten? Sie unterdrückte die – törichte – Hoffnung, die ihr Herz, nur ein klein wenig, erhellte.

Carlo wich etwas zurück und blickte zufrieden auf ihren geschwollenen Leib.

»Du bist im Laufe des Monats fett geworden«, neckte er sie.

»Und wessen Schuld ist das?«, erwiderte sie und versuchte, ebenso unbeschwert zu klingen wie er.

Ein seltsamer Ausdruck huschte über sein Gesicht, verschwand jedoch, bevor sie ihn deuten konnte.

»Wohl meine, denke ich. Aber die Schwangerschaft bekommt dir gut.« Und wieder zeigte er sein gewohntes Lächeln, das ihn so trügerisch anziehend machte und das sie dazu verleitet hatte, ihn zu heiraten.

»Hast du deiner Schwester davon erzählt?«, erkundigte er sich.

»Nein, Jane hat meinen Zustand auch so bemerkt.«

Mit einer Geste, die ihr über die letzten vier Wochen zur Gewohnheit geworden war, fuhr sie mit einer Hand sachte über ihren gerundeten Bauch. Er war innerhalb eines einzigen Monats so gewachsen, der üblichen Schwangerschaftsdauer für ein Kind von Satyrblut. Allerdings war die Wölbung bei ihr nur halb so groß wie bei ihrer Schwester oder ihren beiden Tanten zum Zeitpunkt der Geburt.

»Sie hat prophezeit, dass unser erstes Kind eher klein sein wird.«

»Du missverstehst mich«, sagte Carlo. »Ich wollte wissen, ob du ihr erzählt hast, was zwischen uns vorgefallen ist.«

Emma hob eine Augenbraue. »Du meinst die Tatsache, dass ich nicht schwanger werden wollte und du darauf beharrt hast?«, fragte sie. Sie weigerte sich, so zu tun, als wäre es irgendwie anders gewesen. »In diesem Fall lautet die Antwort nein. Ich sah wenig Sinn darin. Allerdings solltest du dir darüber im Klaren sein, dass ich nicht dulden werde, dass du noch einmal so brutal bist.«

»Brutal? Nun komm aber, du übertreibst! Du weißt doch, wie mir das Blut bei Vollmond vor Erregung in den Adern kocht!« Er zog sie wieder an sich, legte seine Stirn an ihre und drängte sie mit einem Blick seiner bezaubernden Augen, ihm zu vergeben.

Sie starrte ihn nur an und war aufs Neue erstaunt, wie er sich einfach weigern konnte, einzugestehen, dass es für das, was er getan hatte, keine Entschuldigung gab.

»Es ist unnatürlich für eine Frau, dem Bemühen ihres Ehemannes, Nachkommen zu zeugen, entgegenzuwirken. Warum hast du das getan, Emma? Warum wolltest du mein Kind nicht?«

Weil mich dieses Kind für immer an dich fesselt. Weil es dann schwieriger ist, dich zu verlassen. Ungewohnter Zorn stieg in ihr auf, doch sie unterdrückte ihn. Bring einfach diese Nacht hinter dich!, ermahnte sie sich selbst. Morgen ist noch Zeit genug für offene Worte.

Ein Ausruf des Entzückens ließ sie beide herumfahren. Emmas ältere Halbschwester Jane hatte in die Eingangshalle gespäht und sie beide entdeckt.

Carlo richtete sich auf und zog Emma in seinen Arm. Tat so, als wäre alles in Ordnung.

»Endlich bist du zurück, Carlo, wie wundervoll!«, rief Jane. »Ich hole die anderen.«

»Tu das! Ich habe Neuigkeiten von der Lage auf der anderen Seite.« Carlo warf einen Blick über seine Schulter durch die offene Eingangstür. Die Luft wirbelte auf, als Jane mit flatternden Röcken davoneilte, und für einen Moment flackerte das Kerzenlicht in den Wandleuchtern auf und beleuchtete seinen Hals. Dort zogen sich tiefe Kratzer über Haut und Muskeln, reichten über sein Schlüsselbein und noch tiefer bis dorthin, wo die Uniform seine Haut verbarg.

»Du bist verletzt!«, stieß Emma hervor und streckte impulsiv eine Hand aus, um seine Schrammen zu untersuchen.

»Schhh!« Carlo packte sie bei der Hand und schob sie abweisend von sich. Von einem Augenblick zum anderen hatte seine Stimmung sich verändert und ihn in das Monster verwandelt, das sie nur ein Mal zuvor erblickt hatte: vor einem Monat.

»Er ist hier!« Jane, die nichts von alldem bemerkt hatte, war bereits verschwunden. Ihre Schritte und Rufe entfernten sich den Flur entlang zum Esszimmer.

Emma wollte ihren Arm zurückziehen, doch Carlo hielt sie mit festem Griff. Mit seiner freien Hand knöpfte er den Kragen über seinen Verletzungen zu und schloss sie damit demonstrativ aus.

Das entfernte Schrammen von Stuhlbeinen über Holzparkett deutete an, dass der Rest der Familie Satyr sich in Kürze zu ihnen gesellen würde. Die Zeit allein mit ihrem Ehemann war vorbei. Zumindest so lange, bis sie sich nach oben zurückzogen.

Carlo lockerte seinen Griff, und Emma machte sich los und trat zurück. Unter gesenkten Lidern beobachtete sie ihn, während sie sich das schmerzende Handgelenk rieb. Panik flatterte in ihrer Brust auf.

Sollte sie mit Jane reden? Oder mit einem der anderen? Sollte sie ihnen erzählen, was er ihr letzten Monat angetan hatte? Nein. Sie würde es ihnen nicht sagen, aus denselben Gründen, warum sie schon vorher nichts preisgegeben hatte. Carlo war sehr weit gegangen, um das von ihr zu bekommen, was er wollte – ein Kind. Es war unwahrscheinlich, dass er das Risiko eingehen würde, sein Kind zu verletzen, wenn sie allein waren.

Und abgesehen davon wäre die Familie bald ohnehin nicht mehr in der Lage, sie zu beschützen. Wenn der Vollmond aufging, verfielen alle auf dem Gut seinem Zauber.

»Sag nichts von meinen Verletzungen! Es gibt keinen Grund, die Familie zu beunruhigen«, befahl Carlo. Sie warf ihm einen scharfen Blick zu und fragte sich, ob er wohl ihre Gedanken gelesen hatte. Doch er deutete nur auf seinen Hals. »Wir werden über meine Wunden sprechen, wenn wir allein sind – später.«

Damit ging er an ihr vorbei, und seine Stiefelabsätze hallten über den polierten italienischen Travertinboden.

Jane kam zurück, lief auf leisen Sohlen heran und überraschte ihn mit einer freundschaftlichen Umarmung. Er war zu gut erzogen, um sie zurückzuweisen, doch Emma sah ihm die Anspannung an, als er die liebevolle Umklammerung über sich ergehen ließ.

Die Eingangshalle war nicht groß, und die Anwesenheit der anderen drängte Emma vorübergehend in die Öffnung der Eingangstür. Während sie sie beobachtete, glättete sie unruhig ihre langen raschelnden Röcke. Jane hatte darauf bestanden, dass sie sich wochenlang auf diese bedeutsame Heimkehr vorbereitete, und sie hatte ihr dabei geholfen, dieses extravagante Kleid sowie neue Nachtkleider auszusuchen.

Sie hatten den Tag zusammen verbracht, um sicherzugehen, dass sie so perfekt wie möglich aussah, um ihren Ehemann zu begrüßen, in der Nacht, in der sie frischgebackene Eltern werden sollten. Emma hatte es nicht übers Herz gebracht, ihrer Schwester zu erklären, dass sie versuchte, einen Diamanten aus einem Kieselstein zu schleifen. Denn während Jane hübsch war und es verstand, ihre Schönheit noch zu betonen, war Emma eher unscheinbar und verschwendete nur wenig Mühe auf ihre Erscheinung.

Das prächtige Taftkleid, das sie trug, war mit kunstvollen Spitzen am Saum und zierlichen venezianischen Glasperlen am Ausschnitt besetzt. Es war erst in dieser Woche geliefert worden und stammte vom besten Damenschneider in ganz Florenz. Ein geriffeltes Band durchwob die braunen Locken ihres sorgfältig gebürsteten und zurechtgemachten Haares.

Alles für die Rückkehr ihres Ehemanns. Alles für einen Mann, der sie nicht liebte und nur als Mittel betrachtete, um ihm zu Nachkommen zu verhelfen.

»Willkommen, Carlo!« Die tiefe Männerstimme gehörte zu Janes Ehemann Nicholas, der sich zu ihnen gesellt hatte. Seine jüngeren Brüder Raine und Lyon und deren Ehefrauen Jordan und Juliette folgten ihm. Die ganze Familie hatte sich heute Nacht hier versammelt, um ihnen alles Gute für die Nacht zu wünschen, in der ihr erstes Kind geboren würde. Die drei Paare wohnten in den ursprünglichen castelli des Gutes, was gegenseitige Besuche einfach machte.

Emma ließ sich beiseiteschieben, als alle in die Halle drängten. Es war nur natürlich, dass sie alle aufgeregt waren, denn sie sahen Carlo nur selten. Er war schon so lange im Krieg und kam nur zeitweise nach Hause, um mit ihr zu schlafen, mit der Regelmäßigkeit, in der sein Satyrblut danach verlangte.

Ihr letztes Zusammenkommen lag einen Monat zurück. Es war eine Vollmondnacht gewesen. Der Mond hatte hell und schwer am Himmel gehangen wie eine reife Frucht. So, wie es auch heute Nacht wieder der Fall wäre.

In jener schrecklichen Nacht vor vier Wochen war Carlo erst spät, gegen Mitternacht, in ihr Bett gekommen und hatte sie geweckt. Der Mond war schon seit Stunden am Himmel gewesen, und Emma hatte sich bis dahin längst in der Annahme in den Schlaf geweint, er hätte eine andere Frau gefunden, um seine Leidenschaft zu teilen, und würde nicht zu ihr kommen. Denn mit Einsetzen der Abenddämmerung einer Vollmondnacht begannen Rituale, die Verstand und Körper eines Satyrs jenseits aller Vernunft fesselten.

Weil sie es aufgegeben hatte, auf ihn zu warten, war sie nicht vorbereitet gewesen, und er hatte …

Nein, daran wollte sie nicht denken – nicht jetzt.

Als sie am Morgen danach erwacht war, mit Blutergüssen bedeckt an Stellen, die ihre Familie nicht zu sehen bekam, war er bereits wieder in die Anderwelt zurückgekehrt.

Aber sie war nicht allein gewesen. Er hatte sie schwanger zurückgelassen. Es würde ihr erstes Kind sein, und es würde bei Sonnenaufgang geboren werden.

Emma wollte die Tür schließen, ließ sie jedoch angelehnt, als sie sah, dass Carlos Tasche noch immer dort auf der Veranda lag, wo er sie fallen gelassen hatte. In genau diesem Moment bewegte sich das Kind in ihr, und sie fühlte das seltsame Flattern, das ihr in den letzten Tagen so vertraut geworden war. In einer schützenden Geste legte sie eine Hand über ihren Bauch.

Die langen Schatten des späten Nachmittags, die auf die Treppenstufen fielen, regten sich unnatürlich und zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich.

Dort draußen stand ein Mann und beobachtete sie.

3

Zwei Punkte aus leuchtendem Quecksilber funkelten Emma aus der Dunkelheit heraus an, wie die Augen eines Raubtiers auf der Jagd – eine einsame Bestie, die in der Dämmerung lauerte, während andere, zivilisiertere Wesen mit Einbruch der Abenddämmerung längst das wärmende Herdfeuer ihres Heims aufsuchten.

Als sie erschrocken aufkeuchte, schritt der ungebetene Beobachter über die Schwelle und lenkte damit sofort jedermanns Aufmerksamkeit auf sich. Im Kerzenlicht war sein Gesicht faszinierend und eigentlich attraktiv, doch die Zeit und die Erfahrungen des Lebens hatten es in etwas Rauhes und Wildes verwandelt. Um die sinnlichen Lippen lag ein unbarmherziger Zug, sein Haar bildete ein nachtschwarzes Durcheinander, und über sein kräftiges kantiges Kinn verlief eine dünne Narbe.

Er war so groß gewachsen wie Nicholas und so kräftig gebaut wie Lyon – mit seiner massiven Statur, dem breiten Brustkorb und der aufrechten Haltung eines Soldaten bot er eine beeindruckende Erscheinung. Ohne ein Lächeln fixierte er die Anwesenden, und die gespannte Haltung seiner muskelbepackten Arme drückte die Bereitschaft aus, notfalls einen Angriff abzuwehren – oder selbst zum Angreifer zu werden.

Nicholas und Lyon standen Emma am nächsten, und sie fühlte die Aggressivität der beiden Brüder erwachen, ihre Bereitschaft, die Familie zu beschützen. Fremde kamen nur selten hierher, denn ihr kleiner Familienverband lebte aus gutem Grund abgeschieden.

»Zurück!«, grollte Lyon und stellte sich vor Jane und Emma.

Emma spähte um ihn herum und sah zu, wie der Eindringling ins Licht trat. Er trug dieselbe graue Uniform wie Carlo. Diese war schmucklos gestaltet, bis auf die neun dicken länglichen Knöpfe vorn an der Jacke. Sie waren aus irgendeinem nicht bestimmbaren Metall aus der Anderwelt gefertigt, und ihr blutroter Schimmer hatte sie immer an die Weinreben hier auf dem Gut erinnert. An der Hüfte des Mannes hing die gleiche dolchähnliche Waffe wie bei Carlo.

Wenn dieser Kerl auf derselben Seite kämpfte wie ihr Ehemann, dann stellte er doch sicher keine Bedrohung für sie dar. Sie warf einen Blick zu Nicholas und Raine. Alle drei Brüder hatten mit ihren Körpern eine lebende Wand zwischen dem Fremden und ihren Frauen gebildet, und ihre Haltung drückte Feindseligkeit und Argwohn aus.

»Entrare, entrare.« Nur Carlos Miene hatte sich beim Erscheinen des Fremden aufgehellt, und sein Schritt wirkte beschwingt, als er sich durch die kleine Versammlung in der Halle bewegte, um den Herrn – wenn man ihn denn so nennen konnte – hereinzuführen. »Beruhigt euch!«, forderte er die Familie auf und legte dem Neuankömmling kameradschaftlich einen Arm um die Schulter. Emma sah erstaunt zu, wie ungezwungen ihr sonst so reservierter Ehemann diesen Fremden umarmte.

»Meine Lieben, das ist …«

»Dominic Janus.« Das dunkle Timbre in der Stimme des Mannes übertönte Carlo und jagte Emma einen Schauer über den Rücken. Er sprach mit einem Akzent, den sie nicht zuordnen konnte, und für einen Moment fragte sie sich, wie seine Muttersprache wohl klingen mochte.

»Wächter der Portale und Durchgänge«, murmelte sie.

Obwohl sie leise gesprochen hatte, hörte der Fremde sie, und sein Blick wandte sich ihr zu. »Meine Gemeinde dient derselben Aufgabe wie die Eure hier, nur dass wir von der anderen Seite aus über das Tor zwischen unseren Welten wachen.«

Damit meinte er das geheime Tor zwischen der Erdenwelt und der Anderwelt, denn dieses lag tief verborgen im Herzen des nahen Waldes auf den Ländereien der Herren von Satyr. Nicholas, Raine und Lyon schützten es gegen Eindringlinge, so wie ihre Ahnen es vor ihnen seit uralten Zeiten getan hatten.

Nachdem der Besucher seine Herkunft offenbart hatte, entspannten sich alle sichtlich, wenngleich in den Gesichtern der drei Brüder nach wie vor ein gewisser Argwohn stand.

»Komm, und lerne meine Brüder kennen, Dom!«, rief Carlo überschwenglich aus. Er nannte sie gern seine Brüder, tatsächlich jedoch war der genaue Grad seiner Blutsverwandtschaft zu den Herren von Satyr unbekannt und wahrscheinlich wesentlich entfernter als der eines Bruders.

Nachdem Carlo den Rest der Familie vorgestellt hatte, nahm Jane ihn unauffällig am Arm und nickte in Emmas Richtung. Zwar wusste Emma die gute Absicht ihrer Schwester zu schätzen, doch hatte diese damit überhaupt erst aller Aufmerksamkeit auf Carlos Versäumnis gelenkt.

»Oh, natürlich, natürlich! Scusa, mein Liebling!« Nachträglich winkte Carlo Emma zu sich und ließ sie so vor ihn treten, dass sie seinem Freund direkt gegenüberstand. »Und schließlich hier, meine bezaubernde Frau … Emma.« Er klang beinahe widerwillig dabei, seine Rechte an ihr auszusprechen, und sie zuckte innerlich zusammen.

»Willkommen in unserem Heim, Signore!« Du lieber Gott, aus der Nähe war dieser Mann ja noch imposanter! Sie schaute zu ihm auf und stellte fest, dass sein Blick auf ihren derzeit auffälligsten Körperteil gerichtet war – ihren gewölbten Bauch. Seine Augen schienen die Schichten aus Taft und Seide zu durchdringen, und sie unterdrückte das Bedürfnis, die Rundung unter ihren Händen zu verbergen.

Im vergangenen Monat hatte sie es nicht ein einziges Mal gewagt, das Weingut zu verlassen. Nicht, seit Carlo sie geschwängert hatte. Daher hatte niemand, ausgenommen ihre Familie und die Bediensteten, ihren Zustand mitbekommen. War diesem Mann denn nicht klar, dass es unhöflich war, sie so anzustarren? Sie wusste, dass es dumm war, doch sie fühlte sich verlegen bei dem Gedanken, dass er sich vielleicht eben bewusst machte, dass ihr gewölbter Bauch das Ergebnis des Beischlafs mit ihrem Mann darstellte. Endlich hob er den Blick, und seine silbernen Augen sahen in ihre. »Sehr erfreut«, erklärte er nüchtern.

Das Grollen in seiner samtigen Stimme jagte ihr einen Schauer der Erkenntnis über den Rücken. Sie besaß vielleicht nicht Janes Fähigkeit, die starken Emotionen anderer zu lesen, aber ihre menschliche Intuition sagte ihr, dass dieser Mann an ihr mehr interessiert war als an den anderen.

Etwas streifte ihre Röcke, und sie spähte nach unten, erleichtert, dass sie einen Grund hatte, den Blick von Dominic abzuwenden. Lyons Panther waren näher gekommen. Angelockt von dem Duft nach Speisen aus ihrer Küche, hofften sie zweifellos, sich ins Haus schleichen zu können, während alle anderen beschäftigt waren. Sie streichelte ihnen über das seidige Fell an den Köpfen, und die Tiere rieben ihre Gesichter an ihrer Hand und markierten sie damit als zu ihnen gehörig.

»Wartet, bis ihr an der Reihe seid, ihr beiden!«, schalt sie liebevoll. »Ihr werdet wie üblich nach dem Abendessen bekommen, was noch übrig ist.«

»Hinaus!«, befahl Carlo, schubste Emma brüsk beiseite und scheuchte die Tiere mit Klapsen auf ihre Hinterteile davon. Liber, der größere der beiden, schnappte mit seinen scharfen Zähnen nach ihm, worauf Carlo seine Hand zurückzog, um noch einmal fester zuzuschlagen.

Noch ehe Emma selbst dazu kam, Protest einzulegen, fing Lyon Carlos Arm mit festem Griff ab und schaute ihn finster an. So wie seine Haustiere hatte sich auch Lyon nie so richtig für ihren Ehemann erwärmen können.

Juliette, die den drohenden Konflikt spürte, trat zwischen die beiden Männer, nahm Lyon am Arm und zog ihn ins Haus.

Emma setzte ein Lächeln auf. »Ausgezeichneter Vorschlag, Juliette! Lasst uns alle in den sala da pranzo hinübergehen!«, erklärte sie den Anwesenden wortreich. »Das Abendessen ist bereit und wartet darauf, serviert zu werden.«

Damit wandte Emma sich um, lief zur Eingangstür und scheuchte die Panther sanft nach draußen. Das Grollen, mit dem die Tiere gingen, erinnerte sie auffallend an das Verhalten der Männer, die sie und Juliette gerade den Flur entlanggebeten hatten. Bei diesem Vergleich stahl sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen.

Als sie die Tür hinter den Panthern schließen wollte, legte sich eine Hand an die Türkante. Dominic. Sein mächtiger Körper beugte sich näher zu ihr, und seine andere Hand legte sich gegen den Türpfosten, so dass Emma in der Öffnung gefangen war.

Verwirrt legte sie eine Hand flach auf seine Brust, zog sie aber sofort wieder zurück, als ihr klar wurde, was sie da tat. »Was habt Ihr …«, stammelte sie und schreckte zurück – vor ihm und der beängstigenden Anziehung, die über sie gekommen war.

Sein Blick traf kurz den ihren, und die Hitze, die darin aufwallte, nahm ihr den Atem. Er kam noch näher, bis sie sich von ihm umschlossen fühlte, und in ihr stieg das unbestimmte Gefühl auf, dass er gerade darüber nachdachte, sie mit sich in die Schatten hinauszuzerren.

Er streckte eine Hand aus, und sie öffnete schon den Mund, um nach Hilfe zu rufen. Doch sein ausgestreckter Arm griff nur an ihr vorbei nach Carlos Tasche, die noch dort auf der Veranda lag.

»Mi scusi, signora«, sagte er und richtete sich auf, während er die Tasche aufhob und einfach in der Eingangshalle wieder fallen ließ.

»Ja. Ja, natürlich. Danke.« Ein wenig beschämt angesichts ihrer wilden Vorstellungen, schlüpfte sie unter seinem Arm hindurch und schloss sich dem Rest der Familie an, während sie hörte, wie er die Tür hinter ihr schloss.

Als sie, Dominic und Carlo den anderen folgten, legte ihr Ehemann in einem seltenen Anflug von Besitzanspruch seinen Arm um sie. Anscheinend hatte er das Interesse seines Kameraden an ihr bemerkt, und es gefiel ihm nicht.

Zwar fand Emma Carlos so untypisches Bedürfnis, seinen Besitzanspruch zu demonstrieren, seltsam, doch sie ließ es zu, dass er sie umarmte, und war froh über diese Bestätigung vor Dominics Augen, dass sie einem anderen gehörte. Während Carlo sie fest an seiner Seite hielt, verbarg sie ihr Gesicht an seiner Uniform, von dem großen Mann abgewandt.

Geistesabwesend schob Carlo sie mit einer Schulterbewegung von sich, während er einen vorbeikommenden Dienstboten anwies, die Tasche, die Dominic in der Eingangshalle gelassen hatte, in sein Schlafzimmer zu bringen.

Niemand bemerkte seine abweisende Geste, doch Emma spürte, wie Dominic hochinteressiert jede Kleinigkeit ihres Umgangs miteinander registrierte. Welche Schlussfolgerungen er daraus zog, war unmöglich zu erraten, denn von den leicht zu deutenden Gefühlen, die er noch vor einem Augenblick in der Eingangstür gezeigt hatte, war nun nichts mehr in seiner Miene zu erkennen.

»Dominic wird über Nacht bei uns bleiben«, erklärte Carlo.

»Natürlich«, stimmte sie zu und ging im Geiste die verfügbaren Zimmer durch.

Ihr renoviertes Kutschenhaus war zwar nicht so luxuriös wie die castelli, in denen die anderen wohnten, doch groß genug, um ihnen Privatsphäre zu gewähren, wofür sie sehr dankbar war. Sie würde dafür sorgen, dass ihr Besucher so weit entfernt wie möglich von ihren Schlafzimmern untergebracht würde. Auf keinen Fall sollte er irgendwelche lustvollen Laute zu hören bekommen, die in der Nacht aus ihren Räumen dringen könnten. Bei dem Gedanken daran stieg ihr die Röte in die Wangen.

»Nur wenn Ihr sicher seid, dass ich damit niemandem zur Last falle«, brummte Dominic, und zu ihrer Überraschung hörte sie einen fast unmerklichen Anflug von Humor in seiner Stimme, so als hätte er ihre Gedanken gelesen und amüsierte sich nun über ihre Sittsamkeit.

»Jeder Freund meines Mannes ist mir höchst willkommen«, versicherte sie, während sie endlich das Speisezimmer betraten.

»Grazie.« Seine sündigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, und erneut durchfuhr sie ein blitzartiger Schauer.

Was war nur mit ihr los?, fragte sie sich, während sie die Bediensteten anwies, ein zusätzliches Gedeck aufzulegen und mit dem Auftragen des Abendessens zu beginnen.

Irgendetwas an Carlos Freund machte sie nervös, doch sie schüttelte das Gefühl ab. Es lag nicht an ihm, sondern an seiner Art. Charismatische Männer verursachten ihr immer Unbehagen. Er war zu groß. Zu selbstbewusst.

Nun, das waren Nicholas, Raine und Lyon zwar auch, aber bei den dreien war das etwas völlig anderes. Sie kannte sie schon seit fünfzehn Jahren, seit Jane Nicholas geheiratet und sie mit hierhergebracht hatte, damit sie hier lebte. Sie waren ungezwungen und vertraut im Umgang mit ihr, wie Brüder.

Vielleicht lag die Ursache für ihr Unbehagen ja einfach nur an ihrer bevorstehenden Mutterschaft, befand sie, als sie ihrem Ehemann und dessen Gast gegenüber am anderen Ende des Tisches Platz nahm.

»Sagen Sie mir, Dominic, warum haben wir Sie nicht schon früher kennengelernt?«, fragte Nicholas, als sie alle saßen, und Emma vermutete, dass dies der Beginn einer langwierigen Befragung sein würde.

»Oder wenigstens von Ihnen gehört?«, fügte Lyon hinzu.

»Ich habe keine Ahnung«, lautete die unbefangene Antwort. Dominic spielte mit seinem Essen herum, und Emma fragte sich plötzlich, ob die Speisen vielleicht ungewohnt für ihn waren. Sie bedeutete den Dienern, ihm etwas von den anderen Platten und Tellern anzubieten.

»Ihr müsst verstehen, dass unsere Arbeit heikel und notwendigerweise im Verborgenen zu erledigen ist«, beeilte Carlo sich zu erklären. »Als uns die Kämpfe heute in die Nähe des Tores geführt haben, wurden wir vorübergehend von unserem Regiment getrennt. Da ich ohnehin geplant hatte, heute zu Emma zu kommen, erschien es mir das Sicherste, Dom mitzubringen.«

»Nur für heute Nacht«, bemerkte Dominic. »Morgen gehe ich.«

»Kommt euch beiden Ärger hinterher?«, fragte Raine.

»Ich blieb zunächst etwas zurück, um sicherzustellen, dass wir nicht verfolgt werden«, versicherte Dominic ihm.

Als ihm die Suppenterrine dargeboten wurde, nahm er sie dem verdutzten Bediensteten aus den Händen und starrte dann auf ihren Inhalt, als wüsste er nicht recht, was er als Nächstes tun sollte.

»Cristoforo, bitte schöpfe doch etwas Suppe in den Teller für den Signore«, bat Emma den Diener in einem Versuch, den Fauxpas ihres Gastes auszugleichen. Zum Glück erwies sich der Diener als geistesgegenwärtig. Mit einer kurzen improvisierten Verbeugung gegenüber Dominic als Dank dafür, dass er die Terrine so lange hielt, griff er sich einfach die Schöpfkelle und füllte den Teller mit Suppe, bevor er die Terrine wieder an sich nahm und seinen Gang um den Tisch fortsetzte.

»Ihr Duft«, bemerkte Raine, der über den schärfsten Geruchssinn von allen in der Familie verfügte. »Er ist nicht vorhanden.«

Dominic zuckte unbekümmert mit den Schultern. »In jungen Jahren ausgelöscht, damit ich meine geheimeren Pflichten erfüllen kann.«

»Die da wären?«, wollte Lyon wissen.

Dominic hob überheblich eine Augenbraue. »Geheim.«

Lyon beugte sich mit finsterem Blick vor. »Ich frage nicht aus reiner Neugier, sondern weil wir hier unsere eigenen Geheimnisse zu wahren und unsere Familien zu schützen haben …«

»Hört auf damit!«, rief Carlo aus und hob seine Hand, als wollte er damit diese Unterhaltung zum Verstummen bringen. »Es sollte genügen, wenn ich euch sage, dass ich Dominic seit einiger Zeit kenne. Er ist das, was er zu sein behauptet, und er stellt keine Gefahr für uns dar.«

Nicholas sprang ein, um die Stimmung zu entschärfen, indem er sein Weinglas hob. »Also gut. Erzähl uns doch, Carlo: Was gibt es Neues vom Krieg?«

»Die Friedensgespräche wurden abgebrochen«, griff Carlo das neue Thema eifrig auf. »Zwei der Unterhändler auf unserer Seite wurden vom Feind schwer verstümmelt, und die anderen sind den Verhandlungen daraufhin ferngeblieben, aus Angst davor, ähnlichen Angriffen zum Opfer zu fallen.«

»Weiß man denn, wer dafür verantwortlich ist?«, fragte Jordan.