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Der Autor und die Autorin

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Franz Herrmann ist seit 1998 Professor für Soziale Arbeit an der Hochschule Esslingen. Nach dem Studium der Sozialarbeit an der Fachhochschule Esslingen war er in der Jugend- und Gemeinwesenarbeit tätig. Über ein Aufbaustudium an der Universität Tübingen wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter in mehreren Projekten zur Jugendhilfeplanung. Mit anderen Freiberuflern gründete er 1993 das Netzwerk ›Planung und Beratung‹, in dem Sozialplanungen, Projektentwicklungen und -evaluationen mit öffentlichen und freien Trägern umgesetzt wurden. Er promovierte an der Universität Tübingen zu Möglichkeiten, Hindernissen und Strategien einer ›Planung des Sozialen‹. Seine aktuellen Lehr- und Forschungsschwerpunkte umfassen Jugendhilfe- und Sozialplanung, Praxisforschung, Qualitätsentwicklung, Konfliktarbeit und Kulturelle Bildung.

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Bettina Müller ist seit 2009 Professorin für Sozialmanagement an der Hochschule Esslingen. Nach dem Studium der Allgemeinen und Sozialpädagogik an den Universitäten Göttingen und Bremen promovierte sie im Institut für interdisziplinäre Alternsforschung in Bremen. Sie arbeitete als Sozialpädagogin sowie in leitender Position bei zwei gewerkschaftsnahen Bildungsträgern und baute dabei ein Netzwerk der Jugendberufshilfe in Zusammenarbeit mit fünf weiteren Trägern in Kiel auf. Auch in Niedersachsen und Baden-Württemberg engagierte sie sich in der Entwicklung von Bildungs- und Fördernetzwerken. Vor ihrem Ruf an die Hochschule Esslingen war sie im Modellprojekt »Bildungsregion Ravensburg« als Leiterin des Bildungsbüros tätig. Ihre aktuellen Lehr- und Forschungsschwerpunkte umfassen Organisationsentwicklung, Sozialmanagement in der Jugendberufshilfe und in Kindertageseinrichtungen, Schulsozialarbeit, Bildungsmanagement, Sport und Soziale Arbeit sowie Reitpädagogik.

Franz Herrmann, Bettina Müller

Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit

Grundlagen, Methoden, Umsetzung

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2019

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-032073-4

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-032074-1

epub:    ISBN 978-3-17-032075-8

mobi:    ISBN 978-3-17-032076-5

Vorwort zur Reihe

 

 

Mit dem so genannten »Bologna-Prozess« galt es neu auszutarieren, welches Wissen Studierende der Sozialen Arbeit benötigen, um trotz erheblich verkürzter Ausbildungszeiten auch weiterhin »berufliche Handlungsfähigkeit« zu erlangen. Die Ergebnisse dieses nicht ganz schmerzfreien Abstimmungs- und Anpassungsprozesses lassen sich heute allerorten in volumigen Handbüchern nachlesen, in denen die neu entwickelten Module detailliert nach Lernzielen, Lehrinhalten, Lehrmethoden und Prüfungsformen beschrieben sind. Eine diskursive Selbstvergewisserung dieses Ausmaßes und dieser Präzision hat es vor Bologna allenfalls im Ausnahmefall gegeben.

Für Studierende bedeutet die Beschränkung der akademischen Grundausbildung auf sechs Semester, eine annähernd gleich große Stofffülle in deutlich verringerter Lernzeit bewältigen zu müssen. Die Erwartungen an das selbständige Lernen und Vertiefen des Stoffs in den eigenen vier Wänden sind deshalb deutlich gestiegen. Bologna hat das eigene Arbeitszimmer als Lernort gewissermaßen rekultiviert.

Die Idee zu der Reihe, in der das vorliegende Buch erscheint, ist vor dem Hintergrund dieser bildungspolitisch veränderten Rahmenbedingungen entstanden. Die nach und nach erscheinenden Bände sollen in kompakter Form nicht nur unabdingbares Grundwissen für das Studium der Sozialen Arbeit bereitstellen, sondern sich durch ihre Leserfreundlichkeit auch für das Selbststudium Studierender besonders eignen. Die Autor/innen der Reihe verpflichten sich diesem Ziel auf unterschiedliche Weise: durch die lernzielorientierte Begründung der ausgewählten Inhalte, durch die Begrenzung der Stoffmenge auf ein überschaubares Volumen, durch die Verständlichkeit ihrer Sprache, durch Anschaulichkeit und gezielte Theorie-Praxis-Verknüpfungen, nicht zuletzt aber auch durch lese(r)-freundliche Gestaltungselemente wie Schaubilder, Unterlegungen und andere Elemente.

 

Prof. Dr. Rudolf Bieker, Köln

Zu diesem Buch

 

 

 

Die Frage nach kompetentem Handeln in der Sozialen Arbeit sowie nach Folgen und Nutzen dieses Handelns für deren Adressat*innen ist so alt wie die Profession selbst. Denn es gehört zu den Charakteristika einer Profession, die Angemessenheit des eigenen Tuns und der dahinter liegenden Ziele zu überprüfen und zu reflektieren. Insofern ist die Qualitätsfrage in der Sozialen Arbeit kein neues Thema. Dennoch setzt erst in den 1990er Jahren ein systematischer Diskurs um den Begriff ›Qualität‹ im Hinblick auf die Organisationgestaltung der Sozialen Arbeit ein. In den folgenden Jahren erlebt die Thematik dann einen regelrechten Boom. Seine Dynamik entsteht aus verschiedenen (sozial-)politischen, fachlichen und professionsbezogenen Entwicklungen und ist nicht zuletzt beeinflusst durch die erfolgreiche Einführung von Qualitätsmanagementkonzepten (Qualitätsmanagement = QM) in der Erwerbswirtschaft. Um deutlich zu machen, worin es beim Thema Qualität in der Sozialen Arbeit geht, ist es hilfreich, sich die verschiedenen Bezugspunkte zu vergegenwärtigen.

Sozialpolitische Aspekte stehen in Zusammenhang mit dem in den 1980er Jahren begonnenen Umbau des Wohlfahrtsstaats zu einem aktivierenden Sozialstaat. Das damit verbundene ›Neue Steuerungsmodell‹ (NSM) in den öffentlichen Verwaltungen sowie die Verankerung des Qualitätsthemas in den Sozialgesetzen kennzeichnen eine neue Sicht auf soziale (Versorgungs-)Leistungen. Dieser neue sozialpolitische Fokus wendet sich deutlich stärker als bisher den Erträgen und Wirkungen sozialer Aufwendungen zu und fordert auch für den sozialen Sektor den Bewertungsmaßstab von Effizienz und Effektivität ein. Gleichzeitig wird nach verbesserten Formen staatlicher Steuerung der sozialen Leistungserbringung und des Verwaltungshandelns gesucht. Aktuell wird das Thema in vielen Arbeitsfeldern durch eine starke Orientierung an Wirkungen und der daraus resultierenden Frage geprägt, ob und wie sich soziale Dienstleistungen wirkungsorientiert(er) gestalten lassen. Eine so gewachsene Forderung nach mehr und sichtbarerer Qualität im sozialen Dienstleistungssektor kann nicht ohne Antwort und Diskussion innerhalb der Profession bleiben.

Professionspolitische Aspekte innerhalb der Qualitätsdebatte manifestieren sich deshalb v. a. in Reaktionen auf die kritischen Fragen aus Politik und Verwaltungen danach, ob die Angebote Sozialer Arbeit nicht besser und kostengünstiger bzw. Hilfeprozesse kürzer gestaltet werden können. Hierzu gibt es sehr unterschiedliche Standpunkte: Von den Befürworter*innen wird die Stärkung des Qualitätsthemas in der Sozialen Arbeit als Chance betrachtet, dadurch ein verbessertes Wissen über ihre Leistungen in der Gesellschaft herzustellen und so eine stärkere Legitimation der Politik gegenüber zu erreichen. Gegner*innen verstehen es als Zumutung und Fremdsteuerung von außen, wenn Soziale Arbeit sich durch ›Qualitätsnachweise‹ legitimieren soll und dafür (auch noch) vorgegebene QM-Instrumente, die z. T. aus der Wirtschaft stammen, verwendet werden.

Fachpolitische Aspekte betreffen eher die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Qualitätsthema. Hier sind seit den 1990er Jahren vier große fachliche Trends zu erkennen, die die Handlungskonzepte der Sozialen Arbeit mit neuen Qualitätsanforderungen speisen. Diese Trends sind: die praxisfeldübergreifende Verbreitung der Alltags- und Lebensweltorientierung sowie systemischer Theorie- und Handlungsmodelle, die Weiterentwicklung von Formen der Kasuistik und des methodischen Handelns sowie die Aufwertung planungsbezogener und betriebswirtschaftlicher Methoden. In diesen Konzepten geht es immer auch darum, die Charakteristika Sozialer Arbeit, wie z. B. die Ko-Produktion oder die Widersprüchlichkeit der Aufträge, zu bedenken.

Ein weiterer Aspekt der Qualitätsdiskussion beinhaltet Fragen nach dem passenden Qualitätsbegriff sowie angemessenen Konzepten und Methoden zur Planung und Lenkung von Qualität in Einrichtungen, Verbänden und Verwaltungseinheiten Sozialer Arbeit. Die folgende Abbildung fasst die beschriebenen Punkte noch einmal zusammen (Images Abb. 1).

Damit ist das komplexe Feld umrissen, in dem sich dieses Buch bewegt. In den folgenden fünf Kapiteln werden wichtige theoretische Aspekte des Feldes näher beleuchtet sowie Methoden der Qualitätsentwicklung (QE), die für die Soziale Arbeit von Bedeutung sind, vorgestellt und an Praxisbeispielen veranschaulicht.

Kapitel 1 bietet einen Überblick über wesentliche Aspekte der Qualitätsdebatte, um die Relevanz des Themas bzw. die Unterschiedlichkeit der Interessenslagen zu verdeutlichen und so die Gebundenheit von Qualität in der Sozialen Arbeit an gesellschaftliche und persönliche Werte, Ziele und Erwartungen zu begründen. Es werden sozialpolitische Ansprüche und rechtliche Regelungen dargestellt, die Relativität des Qualitätsbegriffs sowie weitere Termini erläutert, die im Bereich QM und QE Verwendung finden (Images Kap. 1).

Kapitel 2 thematisiert die Eigenschaften und Besonderheiten der Sozialen Arbeit, die für das Qualitätsthema von Belang sind. Dafür werden zunächst arbeitsfeldübergreifende Merkmale des beruflichen Handelns skizziert, um dann der Frage nachzugehen, was die Profession Soziale Arbeit charakterisiert. Da Angebote und Leistungen Sozialer Arbeit immer in einen organisatorischen Rahmen eingebettet sind, widmet sich das Kapitel auch dem Thema, wie Organisationen funktionieren und wie Veränderungen darin gestaltet werden können (Images Kap. 2).

In Kapitel 3 wird ein konzeptionelles Modell von QE vorgestellt, das aus unserer Perspektive den Charakteristika Sozialer Arbeit und Spezifika von Professionalität angemessen ist: Elemente der ›Praxisforschung‹ und ein Verständnis von Sozialer Arbeit als reflexivem methodischen Handeln bilden die Basis für dieses Modell und werden hier erläutert. Drei Aspekte rücken dabei in den Fokus: Erstens ein handlungsorientiertes Verständnis von Professionalität, zweitens ein Verständnis von QE als Weiterentwicklung von Fachlichkeit und als Form organisationalen Lernens sowie drittens bestimmte Methoden, die geeignet sind, die beiden ersten Aspekte zu realisieren (Images Kap. 3).

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Abb. 1: Die Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit, eigene Darstellung

Kapitel 4 veranschaulicht unser Modell an konkreten Qualitätsprojekten und bildet den praxisorientierten Kern dieses Bandes. Auf der Basis von fünf übergreifenden Handlungsmustern, die wir im Kontext von QE in der Sozialen Arbeit für besonders relevant halten, werden Methoden und Werkzeuge vorgestellt, die alleine oder in Kombination miteinander angewendet werden können, um QE systematisch und strukturiert umzusetzen. Diese Instrumente werden mit Beispielen aus der Kinder- und Jugendhilfe und der Beschäftigungsförderung illustriert (Images Kap. 4).

Bei der Einführung bzw. Gestaltung von QE in Einrichtungen der Sozialen Arbeit müssen verschiedene Bedingungen berücksichtigt werden. So braucht es Strukturen und Verfahren, die zur konkreten Organisation passen, Wissen und Strategien zum Umgang mit Widerständen, das richtige Timing etc. (Images Kap. 5), damit QE gelingen kann. Mit diesen Themen beschäftigt sich das abschließende Kapitel 5.

Während der Entstehung dieses Buches haben wir einige langjährige Leitungskräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe, Wohnungslosenhilfe sowie von Freiwilligendiensten zu ihren Erfahrungen bei der Entwicklung und Implementierung von Systemen der QE befragt. Ergebnisse dieser Untersuchung fließen illustrierend und pointierend in unsere Darstellungen ein.

Bedeutung des Buches für die Praxis Sozialer Arbeit

Der Qualitätsdiskurs in der Sozialen Arbeit ist komplex und widersprüchlich. Er ist gleichzeitig Chance und Zumutung für die Profession. Unser Ziel in diesem Buch ist es zu zeigen, wie die Perspektive der ›Chance‹, die in diesem Thema steckt, gestärkt werden kann und Fachkräfte diese Seite in ihrer Praxis methodisch und strategisch besser zur Geltung bringen können. Es geht darum, im Wissen um die zuvor skizzierten Diskurse praktikable Möglichkeiten aufzuzeigen, das Thema QE in den eigenen Einrichtungen fachlich angemessen anzugehen. Es ist unsere Überzeugung, dass für die Schaffung professioneller Handlungsfähigkeit in der Sozialen Arbeit der geplante, Kriterien geleitete und selbstreflexive Umgang mit Fragen der Herstellung und Messung von Qualität unerlässlich ist. Der Band »Qualitätsentwicklung in der Sozialen Arbeit« in der Lehrbuchreihe »Grundwissen Soziale Arbeit« zielt deshalb darauf ab, Wissensinhalte und methodisches Werkzeug zu vermitteln, um (angehende) Fachkräfte der Sozialen Arbeit in die Lage zu versetzen, Schritt für Schritt Qualität im eigenen Arbeitsfeld zu definieren, zu konkretisieren und zu überprüfen.

Das Besondere dieses Buches ist, dass wir dazu in Kapitel 3 ein eigenes Modell von QE als konzeptionellen Bezugspunkt vorschlagen. Außerdem veranschaulichen wir unsere methodischen Ausführungen in Kapitel 4 und 5 an zahlreichen Beispielen aus der Praxis. In Kapitel 4.1.3 wird dazu als Fallbeispiel eine Organisation beschrieben, die in unterschiedlichen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Beschäftigungsförderung tätig ist, und auf die wir uns bei den methodischen Ausführungen immer wieder beziehen werden.

 

Esslingen, Juli 2019
Franz Herrmann und Bettina Müller

Inhalt

 

 

  1. Vorwort zur Reihe
  2. Zu diesem Buch
  3. 1 Qualität in der Sozialen Arbeit: Grundlagen
  4. 1.1 Qualität als Aufgabe von Unternehmen
  5. 1.2 Qualität als Aufgabe in der Sozialen Arbeit
  6. 1.2.1 Auslöser und Hintergründe der Qualitätsdebatte
  7. 1.2.2 Standpunkte in der Qualitätsdebatte
  8. 1.2.3 Qualitätsanforderungen in den Sozialgesetzen
  9. 1.3 Grundlagen der Qualitätsgestaltung
  10. 1.3.1 Definitionen und Charakteristika von ›Qualität‹
  11. 1.3.2 Ansprüche und Anspruchsgruppen im Hinblick auf Qualität
  12. 1.3.3 Aufgaben organisatorischer Qualitätsgestaltung
  13. 1.3.4 Bezugspunkte organisatorischer Qualitätsgestaltung
  14. 1.3.5 Dimensionen von Qualitätsentwicklung (QE)
  15. 1.4 Qualitätsmodelle
  16. 2 Gestaltung von Qualitätsentwicklung (QE) in der Sozialen Arbeit
  17. 2.1 Das Tätigkeitsfeld: Arbeitsfeldübergreifende Charakteristika Sozialer Arbeit
  18. 2.1.1 Soziale Arbeit als personenbezogene soziale Dienstleistung
  19. 2.1.2 Das Prinzip der Ko-Produktion
  20. 2.1.3 Widersprüchliche Aufträge als Bezugspunkt professionellen Handelns
  21. 2.2 Die Fachkräfte: Professionalität und professionelles Handeln
  22. 2.2.1 Das strukturbezogene Professionalisierungsmodell
  23. 2.2.2 Handlungsorientierte Professionalität
  24. 2.3 Organisationen: Der Rahmen professionellen Handelns
  25. 2.3.1 Organisation und Soziale Arbeit – ein Strukturmodell
  26. 2.3.2 Drei Perspektiven zum Verständnis von Organisationen
  27. 2.3.3 Organisationslernen
  28. 2.3.4 Organisation und Professionalität
  29. 3 Qualitätsentwicklung (QE) als Praxisforschung und reflexives methodisches Handeln – das methodische Modell
  30. 3.1 Methodische Bezugspunkte
  31. 3.1.1 Praxisforschung und Qualitätsentwicklung (QE)
  32. 3.1.2 Methodisches Handeln und Qualitätsentwicklung (QE)
  33. 3.2 Nutzung des Modells in der Praxis
  34. 4 Methoden und Werkzeuge zur Qualitätsentwicklung (QE) in der Sozialen Arbeit
  35. 4.1 Einführung
  36. 4.1.1 Übergreifende Handlungsmuster im Kontext der Qualitätsentwicklung (QE)
  37. 4.1.2 Zwei Werkzeuge zur strukturierten Erfassung professionellen Handelns
  38. 4.1.3 Das Fallbeispiel: Eine Organisation Sozialer Arbeit überprüft und entwickelt die Qualität ihrer Arbeit
  39. 4.2 Handlungsmuster »Überprüfen was man tut« – Die Methode Evaluation
  40. 4.2.1 Formen von Evaluation
  41. 4.2.2 Methodische Arrangements von Evaluation zwischen Praxisbezug und Forschung
  42. 4.2.3 Handlungsschritte bei (Selbst-)Evaluationen
  43. 4.2.4 Gütekriterien von Evaluationen: Was zeichnet eine ›gute Evaluation‹ aus?
  44. 4.2.5 Wichtige Typen und Gegenstände der (Selbst-)Evaluation im Kontext der Qualitätsentwicklung (QE)
  45. 4.2.6 Praxisbeispiel: Evaluation der Sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH)
  46. 4.3 Handlungsmuster »Probleme in der Organisation systematisch untersuchen und Lösungen entwickeln« – Die Methode Praxisforschung
  47. 4.3.1 Formen von Praxisforschung
  48. 4.3.2 Handlungsschritte im Kontext der Praxisforschung
  49. 4.3.3 Praxisbeispiel: Beschreibende Praxisforschung in der Schulsozialarbeit
  50. 4.4 Handlungsmuster »Rahmenbedingungen der eigenen Arbeit untersuchen«
  51. 4.4.1 Ziele und Bezugspunkte von Untersuchungen der Rahmenbedingungen
  52. 4.4.2 Analysen des Umfeldes einer Einrichtung
  53. 4.4.3 Analysen der inneren Bedingungen einer Organisation
  54. 4.5 Handlungsmuster »Konzeptionell fassen, was man tut bzw. tun will« – Die Methode Konzeptionsentwicklung
  55. 4.5.1 Begriffsdefinition und Aufgaben von Konzeptionen
  56. 4.5.2 Konzeptionsarten
  57. 4.5.3 Arbeitsschritte bei einer Konzeptionsentwicklung
  58. 4.5.4 Inhaltliche Aufgaben bei einer Konzeptions- entwicklung
  59. 4.6 Handlungsmuster »Etwas Neues entwickeln und erproben« – Innovationszyklus und Projektmanagement
  60. 4.6.1 Der Innovationszyklus
  61. 4.6.2 Projektmanagement
  62. 5 Die Implementierung von Qualitätsentwicklung (QE) in Organisationen
  63. 5.1 Der Ausgangspunkt: Situations- bzw. Problemanalyse in der Organisation
  64. 5.2 Die Gestaltung von QE-Prozessen
  65. 5.3 Herausforderungen bei der Einführung und Gestaltung von QE
  66. 5.3.1 Widerstand gegen Veränderungen
  67. 5.3.2 Die Bedeutung des Faktors Zeit
  68. 5.3.3 Zur Organisation passende Verfahren und Strukturen
  69. 5.3.4 Der Nutzen des ›Blicks von außen‹
  70. 5.3.5 Erforderliche Ressourcen
  71. 5.3.6 QE als Leitungsaufgabe
  72. Literatur
  73. Abkürzungsverzeichnis
  74. Abbildungsverzeichnis
  75. Tabellenverzeichnis

1          Qualität in der Sozialen Arbeit: Grundlagen

 

 

 

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Was Sie in diesem Kapitel lernen können

Um sich fundiert mit dem Thema Qualität in der Sozialen Arbeit auseinandersetzen und es in seiner Komplexität verstehen zu können, ist grundlegendes Wissen erforderlich. In diesem Kapitel informieren wir Sie deshalb darüber,

•  welche Gründe für das Erstarken der Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit verantwortlich sind (Images Kap. 1.2.1),

•  warum es sehr unterschiedliche Positionen in diesem Diskurs gibt und woraus sich die Vielfalt der Positionen in der Sozialen Arbeit zu diesem Thema begründet (Images Kap. 1.2.2),

•  in welcher Weise gesetzliche Vorgaben Anforderungen an die Qualität in der Sozialen Arbeit stellen und welche Interessensgruppen es sonst noch gibt (Images Kap. 1.2.3),

•  worauf sich Begriffe rund um das Thema Qualität wie z. B. Qualitätssicherung und QM inhaltlich fokussieren und warum dennoch eine Trennschärfe nicht immer möglich ist (Images Kap. 1.3),

•  welche verschiedenen Qualitätsmodelle es gibt (Images Kap. 1.4),

•  mit welchen Überlegungen Einrichtungen der Sozialen Arbeit konfrontiert sind, wenn sie entscheiden müssen, welches Modell sie anwenden wollen (Images Kap. 1.4).

1.1       Qualität als Aufgabe von Unternehmen

»Qualität beschäftigt die Menschheit wahrscheinlich von Beginn an, sicher jedoch seitdem Waren und Güter ausgetauscht werden« (Antosch 2013, S. 5). Beispiele für historische Qualitätsthemen sind die Überprüfung von Gold- und Silbergehalten in Münzen von König Hieron II. von Syrakus (ebd.) oder Anforderungen an Bauwerke zu babylonischen Zeiten (Gerull 2012, S. 27). Die historischen Entwicklungslinien zur Festlegung gesicherter Eigenschaften von Waren und Dienstleistungen sollen hier nicht nachgezeichnet werden. Wichtig aber ist es zu realisieren, dass das Thema Qualität da eine Rolle spielte und geregelt werden musste, wo es um den Austausch von Gegenständen, Produkten oder Dienstleistungen zwischen verschiedenen Parteien ging und wo davon auszugehen war, dass die Interessen der Nutzer*innen und der Hersteller*innen oder Verkäufer*innen an das Produkt oder die Leistung nicht identisch waren.

Die Wurzeln einer Beschäftigung mit Qualitätsfragen als explizite betriebliche Strategie können auf das beginnende 20. Jahrhundert datiert werden. Mit dem Scientific Management wurde die Kontrolle von Qualität erstmals zu einer wichtigen und expliziten Zielperspektive einer wissenschaftlich begründeten Betriebsführung, dessen Konzept eng mit dem Namen des Ingenieurs Frederic Taylor verbunden ist. Zunächst ging es darum, mittels eigens dafür eingestellter Kontrolleur*innen möglichst viele fehlerhafte Produkte am Ende der Produktionskette auszusortieren und so nachzubearbeiten, dass sie schließlich – intakt – verkaufbar waren. Von einer Qualitätskontrolle dieser Art, die v. a. im Aussortieren und anschließendem Wiederherstellen von schadhaften Endprodukten bestand, ging man in den 1930er Jahren über zur systematischen und statistisch unterstützten Suche nach Fehlern im Produktionsprozess, die v. a. in der Kriegsproduktion zu Beginn des Zweiten Weltkriegs angewendet und präzisiert wurde. Auslöser waren hier sowohl der Wunsch, die Kosten der Produktion zu reduzieren, als auch die Forderung weiterverarbeitender Industriezweige, zugelieferte Stoffe und Waren als einwandfreie Ausgangsgrößen für die eigene Produktion zu erhalten.

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde dann eine komplexere Sichtweise auf Qualität in Unternehmen propagiert und praktiziert. Angestoßen durch Japans wirtschaftlichen Erfolg, der u. a. auf ein umfassendes QM zurückgeführt wurde, praktizierten auch bald US-amerikanische und europäische Unternehmen ein QM, das nicht mehr nur die fehlerfreie Gestaltung des Produktionsprozesses im Fokus hatte, sondern alle Prozesse im Unternehmen einem Qualitätsdenken unterwarf (DGQ 2016, S. 5). Ein Management von Qualität wurde installiert, das mit der Optimierung der individuellen Arbeitsplätze beginnt und über die Verbesserung der Abstimmung verschiedener Arbeitsabläufe bis hin zur Gestaltung einer qualitätsfördernden Organisationskultur reicht, um »nachhaltig gute Arbeit« zu leisten (ebd.). W. Edward Deming und Joseph M. Juran lieferten das wohl bekannteste »Planungstool« einer so ausgerichteten und fortdauernd angelegten Qualitätsphilosophie: den Kreislauf des Planens, Umsetzens, Überprüfens und Verbesserns, bekannt unter dem Namen »Deming-Zyklus« oder »PDCA-Zyklus: Plan, Do, Check, Act« (Trubel/Bastian 2016, S. 17). Parallel zu dieser sich auch in Deutschland etablierenden Sichtweise wurden zahlreiche Verfahren dafür entwickelt, Qualität im Unternehmen umfassend zu gestalten und so Produkte auf einem globalen Markt in ihrer Qualität vergleichbar zu machen. Prominente Beispiele dafür sind Six Sigma, TQM (Total Quality Management), DIN EN ISO 9000ff.und EFQM (European Foundation for Quality Management). Diese Akronyme stehen für – auch in der Sozialwirtschaft – gebräuchliche QM-Konzepte. Insgesamt wird heute das umfassende Managen von Qualität als wichtiger Faktor für die Sicherung von Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit von erwerbswirtschaftlichen Unternehmen verstanden (Images Abb. 2).

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Abb. 2: Entwicklungslinie »Qualität im betrieblichen Kontext«, eigene Darstellung

1.2       Qualität als Aufgabe in der Sozialen Arbeit

1.2.1     Auslöser und Hintergründe der Qualitätsdebatte

Obwohl die Frage nach Qualität und die Suche nach Fehlern und Verbesserungsmöglichkeiten schon immer Bedeutung in der Sozialen Arbeit hatten, erfuhr die Qualitätsdebatte im sozialen Sektor in den 1990er Jahren einen immensen Auftrieb. Als Auslöser sind drei Faktoren zu identifizieren:

•  eine Veränderung des Verständnisses von Sozialstaatlichkeit,

•  eine neue Sichtweise auf die Gestaltung von Organisationen,

•  die Kritik unterschiedlicher Akteure an der bisherigen Gestaltung Sozialer Arbeit.

Veränderung des Verständnisses von Sozialstaatlichkeit: In den 1990er Jahren setzte ein grundlegender Umbau des Sozialstaates ein. Dieser Umbau zielte darauf ab, die »Kosten der sozialen Dienstleistungserbringung insgesamt zu senken« (Buestrich/Wohlfahrt 2008, S. 20; Herv. die Verf.). Hintergrund dieses neuen Kurses war einerseits der staatliche Wille, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Wirtschaftsgeschehen z. B. durch Abbau der Lohnnebenkosten zu sichern und zu stärken. Andererseits stand aufgrund einer wachsenden Schuldenlast der öffentlichen Haushalte der sozialstaatliche Bereich »hinsichtlich Zuständigkeit und Finanzierung« in Konkurrenz mit anderen Bereichen (Holdenrieder 2017a, S. 33). Bei diesem Umbau ging es insbesondere darum, die »Leistungsreserven« (Buestrich/Wohlfahrt 2008, S. 20) sowohl bei den leistungserbringenden als auch bei den Leistungen in Anspruch nehmenden Akteuren zu mobilisieren und freizusetzen. Eine Aktivierung aller Potentiale sollte dafür sorgen, die Eigenverantwortlichkeit der Bürger*innen und der wohlfahrtsstaatlichen Leistungsträger zu stärken. Diese folgenreiche sozialstaatliche Neuausrichtung lässt sich auch als »Wandel des Selbstverständnisses des Sozialstaates vom ›Versorgungsstaat‹ zum ›Minimalstaat‹ bzw. ›aktivierenden Staat‹« (Speck/Olk 2008, S. 78) bezeichnen. Durch die Verheißung, mit dieser sozialstaatlichen Kehrtwende die Sozialkosten inklusive der »Lohnnebenkosten« massiv begrenzen und qualitativ hochwertigere Leistungen hervorbringen zu können, fielen Widerstände gegen diese grundlegende Veränderung eher verhalten aus (Dahme/Wohlfahrt 2014, S. 1279). Als geeigneter Weg für die Neuausrichtung wurde die Anwendung von Instrumenten aus der Ökonomie gesehen und eine damit verbundene Fokussierung von Effektivität (Wirksamkeit) und Effizienz (Wirtschaftlichkeit). Der so angestoßene Prozess der Einführung betriebswirtschaftlicher Rationalitätskriterien im sozialen Sektor wird auch als »Ökonomisierung des Sozialen« bezeichnet. Die Qualitätsdiskurse nehmen darin eine zentrale Rolle ein und sind »in einem neuen, erweiterten Kontext und (…) nicht mehr nur als disziplin- und professionsinterne Fachlichkeitsdiskurse zur Verbesserung und Professionalisierung der Sozialen Arbeit zu lesen« (ebd., S. 1278). Vielmehr zielt der Qualitätsdiskurs in diesem veränderten Verständnis von Sozialstaatlichkeit darauf ab, mit einer gesicherten und standardisierten Leistungserbringung maximal mögliche und kalkulierbare Wirkungen zu erzielen, die durch regelmäßige Qualitätsüberprüfungen nachgewiesen werden können.

Neue Sichtweise auf die Gestaltung von Organisationen: Dieser wachsende Leistungs- und Legitimationsdruck (Arnold 2014, S. 586) steht im Zusammenhang mit einer grundsätzlichen sozialstaatlichen Kritik an der Organisationsgestaltung in den eigenen Verwaltungen sowie in Institutionen, die im Auftrag der öffentlichen Verwaltung soziale Dienstleistungen erbringen. So wurden der Verwaltung mangelnde Kund*innenorientierung, fehlende Zielgenauigkeit, ein überbordender schwerfälliger bürokratischer Apparat sowie Innovationsfeindlichkeit vorgeworfen (Emanuel 2015, S. 39). Auf Grundlage dieser Unzufriedenheit politischer Entscheidungsträger*innen setzte sich die Einschätzung durch, dass neue Steuerungsinstrumente erforderlich seien, um die Arbeit der öffentlichen Hand und ihrer Leistungserbringer effektiver und effizienter zu machen. Die bereits in den 1970er Jahren aufkommende Forderung nach einer Veränderung der Sozialverwaltung, die im Zusammenhang mit einem starken Zuwachs an Hilfebedarfen im Kinder- und Jugendhilfebereich stand (Olk/Speck 2008, S. 79), kumulierte Mitte der 1990er Jahre in einer umfassenden Verwaltungsmodernisierung, für die das NSM als geeignetes Instrumentarium angesehen wurde.

Das Neue Steuerungsmodell (NSM)

1993 wurde das NSM von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt, ab 2005 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement) beschrieben und den Kommunen zur Einführung empfohlen (KGSt 2017). Das NSM gilt als deutsche Sonderform des New Public Managements, dessen Anliegen es war, »betriebswirtschaftliche Effizienzkriterien, Managementdenken sowie Wettbewerbsmechanismen (…) auf Verwaltungen zu übertragen und diese von Bürokratien in moderne Dienstleistungsunternehmen umzuwandeln« (Holdenrieder 2017a S. 37). Intention des Modells war es, eine grundlegende Verwaltungsreform anzustoßen, um eine leistungsfähigere und nach Maßstäben des modernen Managements gestaltete Bürokratie zu ermöglichen. Als Ausgangspunkt für das NSM sind v. a. die Unzulänglichkeiten der bürokratischen Behördenorganisation zu nennen, die sich u. a. durch eine geringe Ergebnisorientierung auszeichnete (Dahme/Wohlfahrt 2013, S. 97).

Im Kern richteten sich die Empfehlungen des Modells auf folgende Gestaltungselemente von Kommunalverwaltungen und andere größere Verwaltungseinheiten:

•  eine neue partizipations- und leistungsorientiertere Sichtweise auf die Mitarbeiter*innen,

•  eine stärkere Orientierung an den Kund*innen,

•  ein Bedeutungszuwachs von Wettbewerb sowie eine stärkere Gewichtung der Ergebnisse des Verwaltungshandelns (Bieker 2004, S. 27ff).

Insgesamt ging es darum, eine andere Art des Verständnisses von Kommunalverwaltungen zu implementieren und die »Stadt als Unternehmen« zu gestalten. Nach innen bedeutete dies, dass z. B. eine moderne Personalmanagementstrategie entwickelt werden sollte, in der Mitarbeiter*innen einerseits mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten und Eigenständigkeit bekommen, andererseits aber auch mehr mit Verantwortung und Nachweispflichten für die Ergebnisse ihres Handelns versehen sind. Für das Verhältnis nach außen sollte z. B. eine größere Nähe zu privaten Unternehmen gesucht werden, um durch Partnerschaften mit Firmen und anderen privatwirtschaftlichen Organisationen besser die eigenen Ziele erreichen zu können. Die vorgeschlagenen Strategien bewegten sich dabei zwischen den Polen von Stabilität und Flexibilität: Stabilität beinhaltet mehr Verlässlichkeit bei den Leistungen und Kosten, Flexibilität eröffnet die Möglichkeit, auf veränderte Interessen von Kund*innen und Partner*innen reagieren zu können (Wöhrle 2008, S. 10).

Als weiterer Ansatzpunkt der Modernisierung wurden neue Finanzierungsstrukturen implementiert. Diese nahmen Abstand vom Selbstkostendeckungsprinzip, also davon, dass die Kostenträger alle Selbstkosten von Einrichtungen ausgleichen, und führten stattdessen das Prinzip der Leistungsentgelte ein, in dem nicht nur Anreize sondern auch Zwänge für eine wirtschaftliche, d. h. effiziente Organisationsgestaltung enthalten waren. Diese neue Finanzierungsform zeichnet sich dadurch aus, dass Entgeltvereinbarungen zwischen Kostenträger und Leistungserbringer mit festgelegten Kostensätzen pro Stunde, pro Tag oder pro Monat für einen definierten Zeitraum getroffen werden (Holdenrieder 2017a S. 39). Die sozialen Einrichtungen sahen sich nun mit der Notwendigkeit konfrontiert, eine betriebswirtschaftliche Kostenkalkulation zu erstellen und von einer nutzer*innenorientierten Bedarfsdeckung abzurücken.

Insgesamt wurde gefordert, dass sich die sozialen Organisationen unter Anwendung professioneller Methoden aus dem Bereich der Betriebswirtschaft neu strukturieren, um einer wachsenden und sozialstaatlich gewünschten Konkurrenz begegnen zu können (Olk/Speck 2008, S. 78).

Die Neuausrichtung der organisatorischen Gestaltung der Sozialverwaltung und der Einrichtungen Sozialer Arbeit beinhalteten folgende zentralen Anforderungen:

•  Nachweise erbringen über Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit,

•  Kosten minimieren v. a. durch effizienzorientierten Personaleinsatz,

•  alle Organisationsbereiche nach betriebswirtschaftlichen Kriterien durchgestalten,

•  der wachsenden Konkurrenz mit anderen Anbieter*innen begegnen können.

Kritik unterschiedlicher Akteure an der bisherigen Gestaltung Sozialer Arbeit:

Neben dieser sozialstaatlichen und organisatorischen Neuausrichtung des sozialen Sektors stärken bis heute Debatten um Planungs- und methodische Mängel Sozialer Arbeit den Wunsch nach professionelleren Instrumenten zur Gestaltung ›guter Sozialer Arbeit‹. Das Verlangen nach ›fachlichen Standards‹, die sich bis dato eher auf die strukturelle Qualitätsdimension gerichtet hatten, wurde deutlich ausgeweitet auf Fragen nach praxistauglichen Konzepten zur Umsetzung theoretischer Leitkonzepte sowie zur Mess- und Nachweisbarkeit von Erfolgen und Wirkungen Sozialer Arbeit. Auch wenn insbesondere zu letztgenanntem Aspekt die Fachwelt eine ambivalente Haltung zeigt, steht doch klar die Forderung nach systematischer Entwicklung von Kriterien für qualitätsvolles Handeln in der Sozialen Arbeit im Raum (Merchel 2013, S. 30f).

Aber nicht nur von staatlicher und fachlicher Seite wurden Forderungen nach mehr oder transparenterer Qualität Sozialer Arbeit laut. Arnold (2014) nennt als weitere Interessensgruppen insbesondere die Leistungsempfänger*innen, die Öffentlichkeit und die Mitarbeiter*innen (S. 586f).

Durch eine verstärkte Dienstleistungs- und Lebensweltorientierung erfahren Bedürfnisse und Wünsche der unmittelbaren Adressat*innen Sozialer Arbeit vermehrt Aufmerksamkeit. Im Dienstleistungsgedanken spiegelt sich die Auffassung wider, dass die Adressat*innen die eigentlichen Produzent*innen im sozialen Dienstleistungsgeschehen sind (Schaarschuch 2003, S. 157) und so die Angebote nach eigener Logik und Bedürfnislage in ihre Lebenssituation integrieren. Das bedeutet, nur wenn Angebote an diese Logiken und Bedürfnisse anknüpfen, haben sie einen Gebrauchswert für die Adressat*innen. Der Lebensweltorientierung liegt die Auffassung zugrunde, dass die Lebensverhältnisse und Bewältigungsmuster der Adressat*innen den Ausgangspunkt Sozialer Arbeit bilden müssen und nicht abstrakte Normen und Wertvorstellungen. Die Qualität Sozialer Arbeit bestimmt sich in beiden Ansätzen also dadurch, wie sehr es gelingt, die Lebenssituationen, Sichtweisen und Relevanzsysteme der Adressat*innen zum Ausgangspunkt der Leistung zu machen und durch Partizipation den eigentlichen Produzent*innenstatus der Adressat*innen zu realisieren.

Auch die (nicht direkt betroffene) Anspruchsgruppe der Bürger*innen bzw. die Öffentlichkeit inklusive der sie begleitenden Medien fordern verstärkt einen sorgsameren Umgang mit gesellschaftlichen Ressourcen ein und erhöhen so den Druck auf die sozialen Einrichtungen, ihre Arbeit durch die Qualität ihrer Ergebnisse zu legitimieren. Dafür sind systematische, dokumentierte und nachvollziehbare Qualitätsstandards notwendig.

Schließlich sind noch die Mitarbeiter*innen zu nennen, die Ansprüche an Qualität Sozialer Arbeit stellen. Hier richten sich die Ansprüche sowohl an ihr eigenes fachliches Handeln und das ihrer Kolleg*innen und Vorgesetzten als auch an die Rahmenbedingungen, die Arbeitgeber*innen zur Verfügung stellen, die aber auch von den Kostenträgern und letztlich vom Gesetzgeber verantwortet werden.

1.2.2     Standpunkte in der Qualitätsdebatte

Der Bedeutungszuwachs der Qualitätsfrage in der Sozialen Arbeit wird sehr ambivalent beurteilt. Angesichts der skizzierten Hintergründe und Anlässe der Debatte ist nachvollziehbar, dass eine uneingeschränkt positive Einschätzung kaum möglich ist, denn die Forderung nach mehr und nachweisbarer Qualität rüttelt an professionellen Grundüberzeugungen und bringt neue Anforderungen an die Organisations- und Leistungsgestaltung Sozialer Arbeit mit sich.

Im Folgenden sollen zentrale Standpunkte zum Qualitätsdiskurs nachgezeichnet werden. Die Darstellung erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch wird eine Bewertung dieser Argumentationen vorgenommen. Es soll vielmehr deutlich werden, wie die ›Qualitätsoffensive‹ der 1990er Jahre von Profession und Disziplin Sozialer Arbeit aufgenommen und mit welchen Hoffnungen und Fragezeichen sie verbunden wurde. Zunächst sollen die befürwortenden Argumentationen, Einschätzungen und Hoffnungen, die sich auf die Stärkung der Qualitätsfrage richteten, dargestellt werden.

Die erste Argumentationslinie geht davon aus, dass die explizite und organisatorisch verankerte Beschäftigung mit dem Thema Qualität einer Legitimierung Sozialer Arbeit dienen kann (Merchel 2013, S. 33). Nach außen bieten Qualitätsnachweise die Gelegenheit, Existenz und Arbeitsweisen Sozialer Arbeit zu rechtfertigen, denn eine »Profession, die auf Dauer glaubwürdig bleiben will, muss Auskunft darüber geben, was sie tut, warum sie es tut und welchen Nutzen ihr Handeln erzeugen soll« (ebd., S. 34). Auf diese Weise kann eine Sichtweise in der Öffentlichkeit gestärkt werden, die die Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme und individueller Notstände durch spezielle Fachkräfte für sinnvoll und notwendig hält. Nach innen bieten Qualitätsüberprüfungen, etwa in Form von Evaluationen, die Möglichkeit, dass Fachkräfte wie auch Teams ihre Leistungen und Erfolge gegenüber Kolleg*innen und Vorgesetzten aufzeigen. Weil so Kompetenzen und Engagement von Mitarbeiter*innen gewürdigt werden, kann die organisational gesteuerte Pflicht zur Planung und Dokumentation von Qualität eine stabilisierende Funktion für die »Aufrechterhaltung der Handlungsmotivation und der Arbeitsfähigkeit« (ebd.) haben. Dies ist auch deshalb von Bedeutung, weil Soziale Arbeit sich weniger als andere Professionen durch offensichtliche Erfolge selbst vergewissern kann (Arnold 2014, S. 587).

Eine andere Argumentationslinie verbindet die Bedeutung des Qualitätsthemas mit der Hoffnung, dadurch (endlich!) »eine übergreifende und verbindliche inhaltliche Orientierung für das professionelle Handeln« zu erhalten (Klatetzki 2004, S. 186). In einer Profession, die sich durch ein

»Technologiedefizit auszeichnet, stellt dies einen verständlichen Wunsch und eine attraktive Verheißung dar. Insbesondere das 1991 in Kraft getretene Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) mit den dort begründeten Maximen der Anspruchsberechtigung, des Wahlrechts und der Verpflichtung zur Qualitätsvereinbarung wird als Chance und brauchbares Verfahren gesehen, Qualitätsstandards zu stärken und in der Praxis umzusetzen« (Rose 2004, S. 212; Images Kap. 1.2.3).

Mit dieser Hoffnung auf eine professionsstärkende Funktion des Qualitätsdiskurses wird also auch der implizite Aufforderungscharakter hervorgehoben. Man erhofft sich, eine an Transparenz und Rechenschaftspflicht orientierte Haltung der Fachkräfte zu fördern (Beckmann 2009, S. 130f).

Auf Seiten der eher skeptischen bis ablehnenden Haltungen gegenüber der Implementierung von Qualitätsverfahren lassen sich folgende Argumentationen skizzieren:

Eine skeptische Haltung fragt nach der Vereinbarkeit von vorgegebenen Qualitätsstandards mit den zentralen Professionsmerkmalen von Autonomie und Mündigkeit. So vertritt Grunwald (2008) die Auffassung, dass eine selbstgesteuerte Fachlichkeit im Widerspruch steht zu Kontrollmechanismen, die im QM angelegt sind. Ihm zufolge sei Professionalisierung Resultat von Fachlichkeit und nicht von QM, das eher auf die Verbesserung der Organisationen ausgerichtet sei (ebd., S. 817).

Verstärkt werden diese Bedenken durch die Tatsache, dass die praktischen Konzepte zur Gestaltung von Qualität, die mit dem Einzug der Qualitätserwartungen in den Einrichtungen und Diensten Sozialer Arbeit implementiert wurden, aus fachfremden Kontexten entstammen und disziplinär in der Betriebswirtschaftslehre zu verorten sind. Dies nährt die Befürchtung, dass es zu einer Überformung Sozialer Arbeit durch andere Berufsgruppen und Disziplinen kommen könne, indem die Einrichtungen und Dienste Sozialer Arbeit dem Primat der Ökonomie durch Heranziehen betriebswirtschaftlicher Instrumente folgen würden. Befürchtet wird, dass professionsfremde Gesichtspunkte zu sehr in den Vordergrund rücken und zu alles bestimmenden Größen im professionellen Alltag der Sozialen Arbeit werden, so dass eine Realisierbarkeit der professionellen Ziele nicht mehr ausreichend gesichert sei.

Eine weitere kritische Haltung leitet sich daraus ab, dass ein enger Zusammenhang der Qualitätsdebatte und den Mechanismen der Ökonomisierung der Sozialen Arbeit besteht. So konstatiert Perko:

»Qualitätsabsicherung fokussiert nicht die Absicherung fachlicher Qualitäten zugunsten von Adressat*innen mit ihren jeweiligen Bedarfen und Bedürfnissen, sondern die Erbringung der effizienten Leistung, die messbar sein soll« (Perko 2016, S. 125).

Die Kritik richtet sich hier also auf das staatliche Anliegen, Kostengesichtspunkte zum Maßstab der Bewertung sozialer Dienstleistungen zu machen.

Eine andere Argumentationslinie hebt die Schwierigkeit hervor, die sich durch die Vielzahl an Anspruchsgruppen in der Sozialen Arbeit ergibt. So ist es kaum möglich, einer Anspruchsgruppe maßgebliche Definitionsmacht für die Bestimmung ›guter‹ bzw. ›anzustrebender‹ Qualität zuzuschreiben. Das bedeutet allerdings auch, dass eine allgemeine Bestimmung von Qualität als nicht möglich gesehen wird, weil Soziale Arbeit verschiedensten individuellen und gesellschaftlichen Anforderungen begegnen muss (Arnold 2014, S. 587).

Mit Christof Beckmann (2009) können die skeptischen Haltungen in zwei Kategorien unterteilt werden: in eine funktionale Kritik und in eine politische Kritik (ebd., S. 116). Als funktionale Kritiken sind solche Standpunkte einzuordnen, die Zweifel daran äußern, dass die Nutzung von Methoden der Betriebswirtschaftslehre ein geeignetes Mittel ist, um Qualität von sozialen Dienstleistungen zu gestalten. QM sei als Professionalisierungsinstrument nicht tauglich, weil sich unvereinbare Logiken gegenüberstünden: hier Ökonomie, da Hilfe und Unterstützung. Politische Kritiken richten ihr Augenmerk dagegen auf den Machtverlust, der nach dieser Sichtweise unweigerlich eintritt, wenn sich Soziale Arbeit unter fach- und professionsfremde »Autoritäten« unterordnet. Dies führe zu einem »Verlust an Autonomie und Ermessensspielräumen, zu schlechteren Arbeitsbedingungen und dem Schwinden öffentlichen Ansehens« (ebd., S. 117).

In der Zusammenschau lassen sich die genannten Standpunkte folgendermaßen auflisten (Images Tab. 1).

Tab. 1: Standpunkte zur Stärkung des Qualitätsthemas in der Sozialen Arbeit

Images

Befürwortende StandpunkteSkeptische, ablehnende Standpunkte

Trotz aller Kritik und Skepsis ist das Thema Qualität in der Sozialen Arbeit mittlerweile fest verankert und die Nutzung von Verfahren des QM nicht mehr wegzudenken. Mit Meinhold und Matul (2011) lässt sich konstatieren, dass »sowohl überhöhte Erwartungen als auch dramatisierende Befürchtungen vor diesem ungewohnten Arbeitsfeld in realitätsgerechte Bahnen gelangt« (S. 5) sind. Als realitätsgerecht kann verstanden werden, dass die Qualitätsanforderungen durch formale Vorgaben etwa eines QM-Systems weniger Einfluss auf das praktische Alltagshandeln haben als befürchtet und dass sich stattdessen eine Qualitätsdebatte in der Sozialen Arbeit verstetigt hat, die unter fachlichen Gesichtspunkten geführt wird und das Ziel verfolgt, Leistungen unter nachvollziehbaren Qualitätskriterien zu gestalten (Grohs et al. 2014, S. 75). Grunwald (2008) stellt heraus, dass QM durchaus die Entwicklung von Professionalität unterstützen kann, aber nicht mit ihr gleichgesetzt werden darf (S. 817). Sowohl die Relativierung der Bedeutung von QM als auch der Hinweis auf dessen Nutzen für die Entwicklung von Fachlichkeit fordern dazu auf, aufmerksam und kritisch nach Zwecken von Qualitätsanforderungen und QM-Ansätzen in Einrichtungen Sozialer Arbeit zu fragen.

1.2.3     Qualitätsanforderungen in den Sozialgesetzen

Die in Kapitel 1.2.1 dargestellte Modernisierung des Sozialstaats war insgesamt eng verknüpft mit der Forderung von Qualitätsnachweisen und einer Kodifizierung des Qualitätsgedankens in den Sozialgesetzen (Dahme/Wohlfahrt 2011, S. 1279; Images Kap. 1.2.1). So ist inzwischen für alle Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit die Beschäftigung mit dem Thema Qualität, Qualitätssicherung, QE oder Qualitätsüberprüfung rechtlich normiert und damit obligatorisch. In den einzelnen Sozialgesetzbüchern (SGB) sind allerdings unterschiedliche »thematische und prozessuale Nuancierungen« (Merchel 2015, S. 23) im Hinblick auf die Anforderungen zu erkennen. Während in SGB III und SGB IX Regelungen für Zertifizierungspflichten enthalten sind, wird in anderen SGB lediglich der Nachweis von QM und QE gefordert (Vomberg 2010, S. 36). Im Folgenden sollen die Anforderungen und Pflichten an die Gestaltung und den Nachweis von Qualität aus den SGB III, VIII, II und XII näher beschrieben werden.

Arbeitsförderungsgesetz (SGB III)

Rechtsgrundlage für die Soziale Arbeit im Bereich der beruflichen (Re-)Integration ist u. a. das Arbeitsförderungsgesetz (SGB III). Das sozialstaatliche Instrument der Arbeitsförderung soll »dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen« (§ 1 Abs. 1 SGB III). Das Gesetz regelt dafür Leistungen und Maßnahmen, die »die individuelle Beschäftigungsfähigkeit durch Erhalt und Ausbau von Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten fördern« (§ 1 Abs. 2 SGB III).

Zu den Zielgruppen gehören insbesondere junge ausbildungs- und arbeitsuchende Menschen, Arbeitslose, behinderte Menschen, Langzeitarbeitslose, Berufsrückkehrerinnen. Leistungen erfolgen monetär oder durch verschiedene Dienstleistungen, also durch Beratungs-, Bildungs- sowie (sozial-)pädagogische Betreuungs- und Unterstützungsangebote. Diese können durch freie Träger sowie durch Betriebe erbracht werden.

Als Verfahren zur Sicherung der Qualität der Dienstleistungen in diesem Bereich wurden Zulassungsverfahren bzw. Zulassungspflichten für Träger im Gesetz verankert. Diese wurden durch das »Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt« 2011 (BGBl. I S. 2854) in weiten Teilen neu formuliert (Schmid 2015, S. 108). In den Paragraphen 176ff sieht das SGB III vor, dass Träger, die Maßnahmen zur Eingliederung durchführen oder durchführen lassen wollen, eine Zulassung gemäß der »Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung – Arbeitsförderung« (AZAV) durch eine fachkundige Stelle benötigen (ebd.). Fachkundige Stellen sind etwa der TÜV oder die DEKRA, die selbst wiederum durch andere Stellen akkreditiert, also zugelassen, sein müssen (Müller 2015, S. 250).

Nachweise für die Qualität in der Trägerzulassung müssen nach § 178 SGB III auf fünf Ebenen erbracht werden. Der Träger muss erstens über die »erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit« verfügen. Dies kann er durch ein Leitbild und durch Personal- und Organisationsstrukturen, die für Maßnahmen der Arbeitsförderung geeignet sind, nachweisen. Zweitens muss er dazu fähig sein, »durch eigene Bemühungen die berufliche Eingliederung von Teilnehmenden in den Arbeitsmarkt zu unterstützen«, was er u. a. durch Bewertungen des Trägers durch Teilnehmende und Betriebe nachweisen muss. Drittens muss das eingesetzte Personal über geeignete Aus- und Fortbildungen sowie Berufserfahrungen verfügen, was u. a. durch Bewertungen der Lehr- und Fachkräfte durch Teilnehmende zu belegen ist. Viertens muss er ein »System zur Sicherung der Qualität« vorhalten, was u. a. durch die Darstellung der Unternehmensorganisation und -führung zu belegen ist. Fünftens muss er angemessene Bedingungen in den vertraglichen Vereinbarungen mit den Teilnehmer*innen nachweisen, insbesondere über »Rücktritts- und Kündigungsrechte« (Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz: AZAV 2012). Nach § 180 SGB III müssen zusätzlich auch einige Maßnahmen einem Zulassungsverfahren unterzogen werden.

Insgesamt sind die Träger also verpflichtet, durch umfangreiche Dokumentationen nachzuweisen, dass sie über ein umfassendes System zur Sicherung ihrer Organisations- und Leistungsqualität verfügen. Einen zentralen Fokus legt das Gesetz auch auf Rückmeldesysteme für die Adressat*innen. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen haben die betroffenen Träger i. d. R. ein universelles QM-System eingeführt. Sie nutzen die Modelle DIN EN ISO 9000ff, EFQM oder LQW (Lernorientiere Qualitätstestierung Weiterbildung).