Dr. Frank Daumann ist Professor für Sportökonomie und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Lev Esipovich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

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ISBN: 978-3-7398-0121-6

© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2016

Lektorat: Rainer Berger

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Cover-Illustration: © jarma – fotolia.com

UVK Verlagsgesellschaft mbH · Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz

Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98

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Vorwort

Mittlerweile wird auf dem Buchmarkt eine große Anzahl an Werken angeboten, die sich der Kostenrechnung widmen. Das Alleinstellungsmerkmal dieses Buches besteht darin, dass es die kostenrechnerischen Besonderheiten der Sportvereine berücksichtigt und spezifische Lösungen anbietet. Somit eignet es sich hervorragend für alle Vereinsmitarbeiter, die für den Aufbau bzw. die Durchführung der Kostenrechnung verantwortlich und auf der Suche nach neuen Ideen sind.

Zudem trägt dieses Methodenhandbuch dem Sachverhalt Rechnung, dass jede Kostenrechnung – auch die eines Sportvereins – von vielen individuellen Faktoren wie etwa der Vereinsstruktur abhängt und damit höchst individuell ist. Daher besteht der Anspruch des vorliegenden Buches darin, die individuelle Umsetzung der Kostenrechnung mit konkreten Hinweisen und Hilfestellungen zu unterstützen: Es vermittelt zum einen einführende Informationen zur Kostenrechnung und beschäftigt sich zum anderen mit den Instrumenten der Voll- und Teilkostenrechnung, die sich jeder Verein entsprechend seinen Zielen zunutze machen kann.

Zur Veranschaulichung des theoretischen Wissens wurden viele vereinsbezogene Praxisbeispiele eingebaut.

Wir hoffen, dass Ihnen dieses kleine Buch ein großer Helfer bei jeglichen Fragen rund um die Kostenrechnung im Sportverein sein wird. Für alle Anregungen und Erfahrungsberichte sind wir dankbar.

Jena, im Sommer 2016

Frank Daumann und Lev Esipovich

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Funktionen der Kostenrechnung im Sportverein

Abb. 2 Mögliche Adressaten der Vereinskostenrechnung

Abb. 3 Abgrenzung zwischen Aufwand und Kosten

Abb. 4 Abgrenzung zwischen Ertrag und Leistung

Abb. 5 Verhältnis zwischen Einzel- und Gemeinkosten sowie variablen und fixen Kosten

Abb. 6 Schematischer Ablauf der Kostenrechnung

Abb. 7 Kostenrechnungssysteme

Abb. 8 Aufgabenbereiche der Plankostenrechnung

Abb. 9 Ablauf der Kostenartenrechnung

Abb. 10 Kostenerfassung für die Vereinskostenrechnung

Abb. 11 Lohnformen

Abb. 12 Abschreibungen im Sportverein

Abb. 13 Betriebliche Risiken und kalkulatorische Wagniskosten

Abb. 14 Kostenverrechnung mit Betriebsabrechnungsbogen

Abb. 15 Entwicklung der Personalkosten pro Mitglied und Jahr

Abb. 16 Kostenverrechnungsprinzipien bei Teil- und Vollkostenrechnung

Abb. 17 Betriebsabrechnungsbogen bei der Teilkostenrechnung

Abb. 18 Vorgehensweise im Rahmen der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung

Tabellenverzeichnis

Tab. 1 Merkmale des wertmäßigen Kostenbegriffs

Tab. 2 Merkmale der Ist-, Normal- und Plankosten

Tab. 3 Richtlinie zur Abschreibung von Wirtschaftsgütern im Sportverein

Tab. 4 Vergleich der Abschreibungsarten

Tab. 5 Bewertung des betriebsnotwendigen Vermögens

Tab. 6 Auszug aus dem Gewerberaum-Mietspiegel, Stadt Regensburg

Tab. 7 Kalkulatorische Kosten im Verein – eine Zusammenfassung

Tab. 8 Arten der innerbetrieblichen Leistungsbeziehung

Tab. 9 Kostenstellengliederung im Sportverein

Tab. 10 Kostenschlüsselkategorien im Sportverein

Tab. 11 Fallbeispiel für die Umlage der Gemeinkosten im Sportverein

Tab. 12 Mögliche Kostenträger in einem Sportverein

Tab. 13 Ergebnisberechnung im Sportverein

Tab. 14 Fixkostenhierarchien im Sportverein

Tab. 15 Vorgang und Ergebnis der mehrstufigen Deckungsbeitragsrechnung

Abkürzungsverzeichnis

A Abschreibungsbetrag
Abb. Abbildung
AfA Absetzung für Abnutzungen
AO Abgabenordnung
B Basiswert
BAB Betriebsabrechnungsbogen
BE Betriebsergebnis
BNK betriebsnotwendiges Kapital
BNV betriebsnotwendiges Vermögen
bzw. beziehungsweise
ca. circa
D Degressionsbetrag
DB Deckungsbeitrag
e.V. eingetragener Verein
EDV elektronische Datenverarbeitung
EK Eigenkapital
EKSt. Endkostenstelle
Es Erlös
et al. et alii (und andere)
EUR Euro
f. folgende
ff. folgende (pl.)
FK Fremdkapital
GEMA Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte
GK Gemeinkosten
Hrsg. Herausgeber
i.d.R. in der Regel
inkl. inklusive
insb. insbesondere
insg. insgesamt
K Kosten
Kap. Kapitel
Kf Fixkosten
km Kilometer
KSt. Kostenstelle
Kv variable Kosten
m2 Quadratmeter
mind. mindestens
Mtgl. Mitglieder
ND Nutzungsdauer
NPO Nonprofit-Organisation
p.a. per anno (pro Jahr)
Pkw Personenkraftwagen
REFA Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung
RW Restwert
Std. Stunde
TuS Turn- und Sportverein
U Umsatz
u.a. unter anderem
usw. und so weiter
v.a. vor allem
VE Vereinsergebnis
VKSt. Vorkostenstelle
z. B. zum Beispiel

1 Einleitung

Gesellschaftliche Veränderungen, steigender Wettbewerbsdruck, komplexe Mittelbewirtschaftung, höhere Erwartungen der Mitglieder an die Leistungen und steigende Preise stellen derzeit gemeinnützige Sportvereine vor eine herausfordernde Aufgabe: Um ihren Auftrag zu erfüllen, müssen sie mit zunehmend knapperen Ressourcen ein differenziertes und attraktives Sportangebot bereitstellen. Zur erfolgreichen Bewältigung dieser Herausforderung sind die Sportvereine gefordert, ihre Kosten zu minimieren. Ein notwendiger Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen Sportvereins besteht deshalb in der Schaffung einer möglichst hohen Kostentransparenz, was eine wesentliche Voraussetzung eines effizienten Umgangs mit den knappen Ressourcen ist. Im Hinblick darauf ist die Einführung der Kostenrechnung von großer Bedeutung: Sie gibt eine umfassende Übersicht über die Kosten sowie über die Orte ihrer Entstehung und stellt damit die Grundlage für das Vereinscontrolling sowie für die Budgetierung dar.

Obwohl ihr potentieller Nutzen bei der entsprechenden Ausgestaltung und ihre aktuelle Relevanz für die Vereinssteuerung erheblich sind, findet die Kostenrechnung bislang nur in wenigen Sportvereinen Anwendung. Dabei ist nicht nur der entsprechende Umsetzungsgrad unterschiedlich, sondern auch die Definition der Kosten. So wird in vielen Fällen der Einfachheit halber mit pagatorischen Kosten gerechnet, die nur zahlungswirksame sachzielorientierte Güterverbräuche darstellen. Das pauschale Weglassen der übrigen Kosten führt jedoch zu einem verzerrten Ausweis der Kosten und damit zu Fehlentscheidungen.

Ausgehend von dieser kostenrechnerischen Praxis soll dieses Buch vollumfassend und verständlich in die Kostenrechnung einführen und das kostenrechnerische Instrumentarium anwendungsnah und vereinsbezogen erläutern. Entsprechend diesem Ziel ist das Buch in fünf Kapitel unterteilt. Nach diesem ersten einleitenden Kapitel wird in Kapitel 2 auf folgende Grundfragen der Kostenrechnung eingegangen: Was ist die Kostenrechnung? Welche Merkmale hat die Kostenrechnung? Wieso brauchen Sportvereine eine Kostenrechnung? An wen richtet sich die Kostenrechnung? Warum reichen die Daten der Buchführung nicht aus? Im nächsten Kapitel findet eine definitorische Auseinandersetzung mit den wichtigsten Begriffen des Rechnungswesens statt, was zum besseren Verständnis unter Angabe vereinsbezogener Beispiele erfolgt. In den nächsten beiden Kapiteln wird der Einsatz der Vollkostenrechnung (Kapitel 4) und der Teilkostenrechnung (Kapitel 5) in Sportvereinen erläutert, wobei hier auch geklärt wird, welche Vorteile und Grenzen diese kostenrechnerischen Verfahren haben.

2 Kostenrechnung im Sportverein

Am Anfang der Beschäftigung mit Kostenrechnung gilt es, einige wichtige Fragen zu klären. Diese wären vor allem: Was ist Kostenrechnung? Welche Merkmale hat sie? Welchen Nutzen kann sie den Vereinen bringen? Wer sind die Adressaten der kostenrechnerischen Informationen? Warum reichen die Daten der Vereinsbuchführung nicht aus?

2.1 Was ist Kostenrechnung?

Die Kostenrechnung ist Teil des internen Rechnungswesens eines Sportvereins und wird im Unterschied zum gesetzlich vorgeschriebenen externen Rechnungswesen freiwillig geführt. Die Kostenrechnung stellt dabei ein wichtiges Informationsinstrument dar, das sich mit folgenden Fragen beschäftigt:

Um diese Fragen zu beantworten, erfasst die Kostenrechnung mengen- und wertmäßig den Verzehr von Produktionsfaktoren im Rahmen der Leistungserstellung sowie die damit gekoppelte Leistungsverwertung.

2.2 Welche Merkmale hat die Kostenrechnung?

Um ein umfassendes Verständnis für die Kostenrechnung zu vermitteln, wird dem Leser folgende Übersicht über ihre charakteristischen Merkmale geboten (in Anlehnung an Rautenberg, 2000, S. 25f.):

2.3 Wieso brauchen Sportvereine die Kostenrechnung?

Mit der Bereitstellung detaillierter Informationen über die Entstehung der Kosten entlang des Wertschöpfungsprozesses erfüllt die Kostenrechnung zahlreiche Funktionen in einem Sportverein (siehe Abbildung 1). In diesem Abschnitt werden die grundlegenden Funktionen erläutert.

Abbildung 1: Funktionen der Kostenrechnung im Sportverein.
Quelle: Eigene Darstellung.

  1. Lenkungs-/Planungsfunktion
    Die im Rahmen der Kostenrechnung erfassten Informationen stellen die Grundlage der Planungs- und Entscheidungsaufgabe der Vereinsführung dar. Dabei soll die Kostenrechnung durch ihre Informationen den Vereinsvorstand, die Geschäftsführung sowie andere leitende Mitarbeiter unterstützen, die vereins-und abteilungsspezifischen Produktionsprozesse entscheidungsorientiert und zielentsprechend zu steuern und die Entgeltkalkulation sinnvoll durchzuführen.
  2. Kontrollfunktion
    Weiterhin ermöglicht die Kostenrechnung eine umfassende Wirtschaftlichkeitskontrolle. So können die vergangenheitsbezogenen Kostendaten regelmäßig (z. B. quartalsweise) mit Plan- und Soll-Werten im Rahmen einer Abweichungsanalyse verglichen werden. Diese Analyse liefert wichtige Auskünfte über den tatsächlichen Ressourcenverbrauch und über die Effizienz der Leistungserstellung im Verein. Auf Basis der Abweichungsanalyse können auch die Planungswerte für die nächsten Perioden verbessert werden.
  3. Motivationsfunktion
    Dadurch, dass die Kostenrechnung mit Hilfe der errechneten Zahlenwerke die Ursachenanalyse betreiben soll, können daraus bestimmte Verhaltensänderungen der Vereinsführung und der -mitarbeiter ausgelöst werden. Demnach kann Kostenrechnung auch als Motivationsinstrument beispielsweise zur Verbesserung des (Spar-)Verhaltens oder zur Setzung von Anreizen im Sportverein eingesetzt werden.
  4. Legitimationsfunktion
    Weiterhin können die Führungsorgane eines Sportvereins Kosteninformationen gegenüber den Mitgliedern und Mitarbeitern dazu nutzen, eigene Entscheidungen und Handlungen zu legitimieren, über die wirtschaftliche Situation des Vereins zu informieren oder diese in der Richtigkeit einer Entscheidung zu überzeugen. Insbesondere bei den von vornherein „unpopulären“ Entscheidungen, wie bei einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge oder bei Einsparmaßnahmen, können entsprechende kostenrechnerische Informationen helfen, Mitglieder und Mitarbeiter von der Notwendigkeit dieser Schritte zu überzeugen.
  5. Fremdinformationsfunktion
    Die Kostenrechnung kann trotz der primären Ausrichtung an interne Adressaten (siehe 2.4) auch zum Informieren der Außenstehenden verwendet werden. So müssen gelegentlich kostenrechnerische Daten an externe Anspruchsgruppen weitergegeben werden, die eine verdichtete Offenlegung der kostenbezogenen Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle benötigen. Der externe Adressatenkreis braucht unter Umständen diese Informationen, um zielgerechte Entscheidungen bei der Gewährung einer Förderung, einer Subvention bzw. eines Kredits treffen zu können. Insbesondere im Bereich der öffentlichen (Sport-)Verwaltung und der Stiftungen bestehen oft bei der Finanzierung bzw. Subventionierung eines Projekts bestimmte Förderungsrichtlinien, die den Projektorganisator verpflichten, Informationen der Kostenrechnung über erbrachte (Ist-Kostenrechnung) oder zu erbringende Leistungen (Plan-Kostenrechnung) vorzulegen (in der Regel ohne Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten). Weiter kann auch eine freiwillige Offenlegung bestimmter kostenrechnerischer Informationen (z. B. über die Veröffentlichung auf der Vereinshomepage) von Vorteil sein. So kann diese Vorgehensweise eine höhere Transparenzkultur gegenüber der Öffentlichkeit sowie der Kooperationspartner stiften, was für den Verein zu Gewinn an Vertrauen und Sympathie seitens der Gesellschaft führen kann.
  6. Dokumentationsfunktion
    Darüber hinaus dient die Kostenrechnung der Dokumentation der Kosten und deren Zuordnung zu Bezugsobjekten. So liefern Kostenrechnungsdaten ein wertmäßiges Abbild des Geschehens im gesamten Verein, in den Abteilungen bzw. in den einzelnen Sportkursen/Mannschaften. Dabei stellt die Dokumentationsfunktion eine wichtige Voraussetzung dar, damit die Kostenrechnung die anderen, oben aufgeführten Funktionen erfüllen kann.

Welche bedeutende Rolle die Kostenrechnung bei einem Sportverein spielen kann, zeigt das Beispiel des MTV Braunschweig: