Dennis Nowakowski

 

Tätowieren lernen

Tätowierer werden

 

Der leichte Einstieg

 

 

 

 

 

1. Auflage 2020


© / Copyright: 2020 Dennis Nowakowski

Umschlaggestaltung, Illustration: Dennis Nowakowski

Foto © / Copyright: Valeska Harrer

Verlag: Dennis Nowakowski

 

Dennis Nowakowski

Dinnendahlstr. 43

46145 Oberhausen

E-Mail: tltw@dh-tattoo.de


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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Einleitung

Warum dieses Buch?

Ich will Tätowierer werden – Wie fange ich an?

Jeder sticht anders

Finde einen Anlaufpunkt

Qualität hat ihren Preis

Zögere nicht

Talent hilft - aber es ist nicht alles

Eine kleine Geschichte

Eine übliche Ausbildung hilft

Haut ist kein Papier

Das richtige Equipment

Mein Tipp:

Zeichne alles von Hand

Auf die Haut übertragen

Vorbereitungen

Farbe und andere Kleinigkeiten

Eine solide Tattoo Maschine

Netzteil und Fußschalter

Materialliste

Fazit

Spulenmaschine, Rotary oder Pen?

Eine kleine Geschichte

Welche Kriterien sind wichtig?

Was ist Hub?

Wie schnell muss die Tattoo Maschine laufen?

Kleine Nadelkunde

Nadeltypen

Roundliner

Roundshader

Magnums

MT und LT

Mein Tipp für Anfänger

Fazit

Einwegspitzen oder Aufbereiten?

Farbe und Schattierungen

Welche Farben benötige ich?

Farbkonsistenz

Eine schmierige Angelegenheit

Schattierungen

Farbe oder Schattieren?

Farben in der Haut oder im Töpfchen mischen?

Motive vernünftig gestalten

Ein Auge für Details

Einige Methoden für die Umsetzung

Der einfache Fall

Der komplexere Fall

Ein Tipp am Rande

10 Fehler, die du vermeiden solltest

Fehler Nr. 1 - Die falsche Einstellung

Fehler Nr. 2 - Unpünktlichkeit und Absagen

Fehler Nr. 3 - Der falsche Umgang mit Kunden

Fehler Nr. 4 - Schlechte Beratung, zu hoher Preis

Fehler Nr. 5 - Falsche Stelle, falsch aufgebracht

Ein kleiner Tipp am Rande:

Fehler Nr. 6 – Schlechtes Timing, kein Material

Fehler Nr. 7 – Zu grob, zu tief

Fehler Nr. 8 – Keine Pausen, keine Nahrung

Fehler Nr. 9 – Zu ungeduldig, falsch kalkuliert

Fehler Nr. 10 – Schlechte Pflegeberatung

Nützliche Tipps

Bleib Gesund

Benutze feuchte Tücher

Biege die Nadeln

Stichtiefe und Maschinengeschwindigkeit

Kreiseln, rauf und runter

Arbeitsgeschwindigkeit

Zwischenreinigungen

Achte auf Blitzer

Optimale Einstellungen

Wenn die Nadel rührt

Verdünne die Farben

Besser gleiten

Lass es trocknen

Nicht zu oft über die gleiche Stelle

Denke groß

Bleibe nicht stehen und sei neidisch

Übung macht den Meister, wenn du es willst

Ein kleines Beispiel

Prüfe, ob du Talent hast

Das erste Mal

Jetzt geht´s es los

Bequem und locker

In der Ruhe liegt die Kraft

Fertig

Ohnmacht, was ist zu tun?

Die richtige Pflege

Jeder sagt etwas anderes

Abheilungszeit

Portraits, die Königsdisziplin

Portraits sind kein Teufelswerk

Größe und Körperstelle

Richtig durchzeichnen

Ein kleiner Tipp

Zwei wichtige Regeln

Schattierungsabstufungen

Stichtiefe und Geschwindigkeit

Mein persönlicher Tipp:

Tätowierer im TV

Der richtige Umgang mit Kunden

Kunden-Typen

Der Preisdrücker

Mein Tipp:

Der Skeptiker

Der Besserwisser

Die bestimmende Kundin

Der geschwätzige Typ

Der stille Typ

Der Künstler-Typ

Der Fragensteller

Der Terminvergesser

Der treue Kunde

Das eigene Tattoo Studio

Eine gute Lage ist eine gute Lage

Sei kein Einzelkämpfer

Nach und nach

Bleibe Positiv

Terminplanung

Anfallende Aufgaben

Ein gesundes Gleichgewicht

Unverschämte Kunden

Sei konsequent

Terminplaner

Fazit

Rechtliche Angelegenheiten und Finanzen

Sichere dich ab

Lege dir ein Geschäftskonto zu

Ein Kassenbuch

Akzeptieren Sie auch Kartenzahlung?

Alles richtet sich nach deinen Umsätzen

Lebe nicht über deine Verhältnisse

Krankengeld

Das Gesundheitsamt

Mein Tipp:

Internet Auftritt und soziale Netzwerke

Ein kleiner Tipp am Rande:

Ein Beispiel:

Vorsicht bei sozialen Netzwerken

Qualität, Geschwindigkeit und Routine

Gescheitert, was ist schiefgelaufen?

Mein Abstieg

Mein Comeback

Die Summe aller Kleinigkeiten

Was du tun solltest

Schlechte Tattooarbeiten

Du warst nicht zuverlässig

Du hattest deine Finanzen nicht im Blick

Fazit

Das kleine Lexikon des Tätowierens

Arschgeweih

Asia-Style

Backpiece –Tattoo

Betäubungssalbe

Biomechanik Tattoo

Biotattoo

Blackwork

Bloodlines

Blowout

Bodysuit

Comic-Style

Cover Up

Dotwork

Fan Tattoo

Flash

Freehand oder Freestyle

Hannya Maske

Ink

Knast Tattoo

La Catrina

Letterin

Maori Tattoo

Mini Tattoo

Neo-Traditionals

New School Tattoo

Old School Tattoo

Schorf

Scratcher

Silberhaut

Sleeve

Stencil

Sterilität

Tattoo Convention

Trash Polka

Trend Tattoos

Walk In

Wannado

Danksagung

Über den Autor

Dennis Nowakowski, geboren 1976 in Oberhausen NRW, unverheiratet ohne Kinder, ist gelernter Schreiner, Medienoperator und Tätowierer. Viele Jahre hielt er sich mit Jobs über Wasser, die ihm für seinem Werdegang noch nützlich sein sollten. In jungen Jahren entdeckte er seine Leidenschaft für das Malen und Zeichnen. Comics entfachten in ihm die Leidenschaft, selbst Geschichten zu entwickeln und diese in Bildern und Sprechblasen umzusetzen. Der Beruf des Schreiners offenbarte ihm Einblicke in technische Zeichnungen und Perspektiven, die er in seinen Comics umsetzen konnte.

Später arbeitete er als Schau-Werbegestalter, wo es auf Licht und Darstellung ankam. Auch hier übernahm er das angelernte Wissen für seine private Leidenschaft. Dann kam die Umschulung zum Webdesigner, was ein riesiger Sprung nach vorne war. Moderne Medien inspirierten ihn zu neue Ideen und die Umsetzungen seiner Comic-Projekte. Bildbearbeitungsprogramme, Grafiktablett und das Internet erleichterten das Veröffentlichen eigener Werke ungemein.

Begeistert von seinen zeichnerischen Leistungen, nahm ihn 1999 ein guter Freund an die Hand und weihte ihn in die Grundkenntnisse des Tätowierens ein. Von der Pike auf lernte Dennis, Nadeln zu löten, Farben und Schattierungen anzuwenden, die Maschinen richtig zu benutzen, Motive zu ändern und vieles mehr. Das benötigte Startkapital und der Zeitaufwand war nicht zu unterschätzen. Zuvor noch auf Schweineschwarte oder synthetischer Haut geübt, ging es irgendwann an die ersten Kunden, was Geduld und Ausdauer erforderte. Unentgeltlich und in seiner Freizeit entwickelte sich seine Arbeit zu akzeptablen Ergebnissen, die immer mehr Leute anlockte. Gestresst durch seine reguläre Arbeit und dem Andrang neuer Kunden legte Dennis ein halbes Jahr Kreativpause ein.

Nach dem Ausschlusskriterium diverser Menschen, die einfach nur umsonst gestochen werden wollten, ging es mit treuen Kunden weiter, die ihm zumindest das Material bezahlten und seine Arbeit zu schätzen wussten. So lernte er den Umgang mit Kunden und deren Ansprüche, die an Tattoomotive gestellt wurden. Seine Arbeiten entwickelten sich weiter. Ende 2014 kam der Punkt, an dem er sich beruflich umorientieren wollte. So fragte er seinen Freund Harald, der seit über 30 Jahren tätowiert hatte, ob sie nicht zusammen ein Tattoo Studio eröffnen wollen. Begeistert von der Idee ging es ans Werk. Anfang 2015 eröffneten sie ihr Studio, d.h. Tattoo, in Oberhausen. Nach einigen Stolpersteinen, die eine Selbstständigkeit mit sich bringt, zog das erste Jahr an ihnen vorbei. Immer mehr Menschen wurden auf Dennis‘ Arbeiten aufmerksam. Teilweise wechselten sogar Kunden von Harald zu ihm, dem es ganz recht war, da sein Terminplaner aus allen Nähten platzte.

Es entwickelte sich eine solide Partnerschaft, die bis heute besteht. Der ehemalige Anfänger und der Veteran tauschen sich professionell über ihren Kenntnisstand aus und stehen sich treu zur Seite, im Dienste der Tätowier-Kunst.

Einleitung

Ist es überhaupt möglich, ohne visuelles Anschauungsmaterial ein Buch über das Tätowieren zu schreiben? Dieser Frage stand ich gegenüber und beantwortete sie mir, trotz kritischer Stimmen, mit einem eindeutigen «Ja.» Wenn jemand diesen Beruf erlernen will, sollte er in der Lage sein, Dinge visualisieren zu können. Bei Romanen oder Hörbüchern klappt es schließlich auch. Der einzige Unterschied besteht darin, diese Visualisierung für sich umzusetzen. Ist man dazu nicht in der Lage, kann man auch keinen Kunden beraten, der eine ganz bestimmte Vorstellung von seinem Tattoo-Motiv hat. Guckt man sich im Internet oder Buchläden um, so findet man eine Vielzahl an Büchern, DVDs und Blu-Rays, die sich mit dem Thema Tätowieren befassen. Leider zu nicht gerade erschwinglichen Preisen, was die meisten Käufer abschreckt. Deshalb habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein Buch zu schreiben, dass sich wirklich jeder leisten kann.

Warum dieses Buch?

Ganz einfach, ich möchte junge Talente motivieren, ihre Angst abzulegen und unbeirrt einen Weg zu beschreiten, der sie möglicherweise weiterbringt. Es ist traurig, mitanzusehen, wie begabte Leute verkommen, weil sie niemand an die Hand nimmt und ihre Talente fördert.

«Lass es lieber sein.», «Das ist nur eine Modeerscheinung.» oder «Leben wirst du davon nicht können.»,

sind nur einige der Sätze, die ehrgeizigen Menschen den Mut nehmen, mit ihrer Leidenschaft beruflich durchzustarten. Tätowieren ist eine Form der Kunst die sich gerade in Deutschland immer größerer Popularität erfreut und dennoch von konservativen Leuten runtergemacht wird, weil sie an den Traditionen der harten Arbeit, wie Handwerksberufen, festhalten. Talentierten Malern, Comiczeichnern, Musikern, Autoren oder Schauspielern wird der Traum genommen, jemals Fuß mit ihrer Leidenschaft zu fassen.

«Lern lieber was Gescheites.», «Du musst doch die Firma übernehmen.» oder «Das sind Träumereien.»,

sind die häufigsten Aussagen auf die Antwort deiner Berufswahl. Ich möchte hier keineswegs solide Berufe schlechtmachen, doch finde ich es seltsam, dass es gerade für außergewöhnliche Jobs, wie eben dem des Tätowierers, noch keine anerkannte Ausbildungsmöglichkeit gibt. Kommt es nur mir so vor, oder sagt das eventuell etwas über die Rückständigkeit unseres Landes aus? Doch genau hier zeigt sich, wer das Potenzial zum Tattoo-Artist hat und wer nicht. Den ersten Schritt musst immer du selbst machen. Dazu gehört auch, sich vom Geschwätz anderer zu lösen, die es noch nicht einmal besser wissen. Die, die brav ihrem Job nachgehen, keine Hobbies oder Träume haben. Diese Leute maßen sich an, über dich und das, was du erreichen möchtest, zu bestimmen. Beängstigend sind Familienmitglieder, die dich eher auslachen, als dich zu unterstützen. Distanziere dich von diesen Personen und konzentriere dich auf dein Ziel. In diesem Fall möchtest du Tätowierer werden - und zwar ein richtig guter.

Dazu ist eine gute Portion Selbstvertrauen nötig, wie bei allem, was man ernsthaft angeht. Überheblichkeit wird oft mit dieser Eigenschaft verwechselt. Überflieger werden irgendwann wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, mehr noch, sie klatschen mit voller Wucht auf und das war es dann. Dies gilt es zu vermeiden. Selbstbewusst, nett und zuvorkommend, lautet das Motto einer dauerhaften Beziehung zwischen Tätowierer und Kunde. Wichtiger noch ist das Talent. Jeder Möchtegern-Tätowierer kann sich irgendwo Maschinen, Farben, Equipment bestellen und munter drauf losstechen. Jeder kann ein Tattoo Studio eröffnen. Ich wiederhole mich - Es ist noch kein anerkannter Ausbildungsberuf, weshalb talentfreie Leute, die sich dann Tätowierer nennen, wie Pilze aus dem Boden schießen und anfangen, ahnungslose und offenkundig blinde Menschen zu verunstalten. Weshalb sich das Phänomen der Tattoo Sendungen im TV erklärt. Cover up Sendungen, wohin man sieht. Jeder Zuschauer fasst sich nur an den Kopf, wenn er so etwas sieht und denkt

«Was für Idioten. Warum legen die sich freiwillig da hin?»

Doch die Cover up Profis richten es ja wieder, oder? Darauf werde ich später noch näher eingehen. Ebenso auf weiter Probleme und Lösungen, die einem auf dem Weg erwarten, ein gefragter Tätowierer zu werden. Die Themen rund um Maschinen, Farben und Techniken, werde ich so ausführlich es geht behandeln. Wir befassen uns mit dem richtigen Ladenlokal, der Selbstständigkeit, dem Umgang mit Kunden, der richtigen Werbung und vielem mehr. Eines noch vorweg. Nicht jeder Tätowierer, der schon länger im Geschäft ist, wird mir anerkennend auf die Schulter klopfen und alles bestätigen, was ich hier von mir gebe. Ich wäre schwer enttäuscht, wenn es jeder so angehen würde wie ich, exakt den gleichen Stil sticht oder meine Meinung vertritt. Dazu sind wir alle zu unterschiedlich. Apropos unterschiedlich. Ich verzichte bewusst darauf, einen Unterschied zwischen Tätowierer und Tätowiererinnen zu machen. Tätowierer ist für mich ein Geschlechtsneutraler Begriff, weshalb ich es auch nur so formulieren werde. Nur um diesem Shitstorm schon mal vorzubeugen. Alles hier Niedergeschriebene beruht auf meinen Erfahrungen, die ich im Laufe der letzten Jahre sammeln konnte. Dieses Buch soll lediglich als Leitfaden dienen, Talente zu ermutigen und dabei zu unterstützen, ihren eigenen Weg zu gehen.

Dieses Buch gliedert sich in zwei Bereiche. Tätowieren lernen und Tätowierer werden. Eine von mir bewusst gewählte Entscheidung. Schließlich muss man jede ausführende Tätigkeit zunächst mal erlernen, um sich später damit brüsten zu können. Du bist kein Tätowierer, nur weil du Tattoo Maschinen und Farben besitzt. Ebenso wenig weil es Leute gibt, die sich freiwillig hinsetzen und sich von dir bearbeiten lassen. Bringst du nicht die Bereitschaft und den Ehrgeiz mit, so viel wie möglich über das Tätowieren zu lernen, kannst du es auch gleich lassen. Schließlich möchte ich so viele Menschen wie möglich erreichen, um ihnen zumindest das Grundwissen vermitteln zu können. Viele Begriffe und Vorgehensweisen werden sich wiederholen, da ich auf eine unterbewusste Konditionierung setze. Je öfter man etwas hört, sieht oder liest, desto besser prägt es sich ein. Ähnlich einem Film, den man komplett mitsprechen kann, weil man ihn dutzende Mal gesehen hat. Da ich so ein Filmfreak bin, bediene ich mich vieler Zitate, um verschiedene Kapitel einzuleiten. Ebenso nutze ich diverse Methoden, die ich mir von namhaften Motivationstrainern abgeschaut habe. In vielen Bereichen dieses Buches werde ich dich auffordern, innezuhalten, in dich hineinzugehen und dir selbst die richtigen Fragen zu stellen. Dieses Buch soll dir nicht nur dabei helfen, ein guter Tätowierer zu werden, sondern auch deine Persönlichkeit zu entwickeln. Das ist mein erklärtes Ziel, für dich.

«Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich auch lernen.»


Ich will Tätowierer werden – Wie fange ich an?

«Wenn du etwas machen willst, was du noch nie gemacht hast, musst du etwas tun, was du noch nie getan hast.»

Herzlichen Glückwunsch, du hast einen Entschluss gefasst und willst es durchziehen. Zwei Worte werden dich stetig durch dieses Buch begleiten.

«Halte durch.»

Jeder sticht anders

Jeder geht anders an ein Tattoo heran, sonst wäre es auch langweilig. Niemand sollte meine Herangehensweise zu einhundert Prozent kopieren. Das würde keinen Sinn machen. Es ist lediglich ein Leitfaden, um dir die Materie näherzubringen. Sowohl technisch als auch menschlich. Du bist die ausführende Hand, nicht ich. Etwas anders zu machen als ich, ist völlig korrekt, wenn es dir dann leichter fällt und die Arbeit noch besser wird. Nun gilt es zu erkunden, in wie weit deine Fähigkeiten ausreichen, um anderen Menschen mit einer Nadel in die Haut zu stechen. Alle angehenden Tätowierer sehen nur die technische Ausführung eines Werkes wie Maschinen, Farben, Matrizen Papier «Durchpaus Papier für Motive», Outlines «Konturen», Stichtiefe, usw. Sie sind scharf darauf, endlich zu stechen. Voller Tatendrang legen sie los und übersehen dabei Details, die einen Profi von einem Newcomer unterscheiden. Sehr häufig kommen junge Menschen in unser Studio, weil sie tätowieren lernen wollen. Leider lässt es die Zeit kaum zu, sich mit ihnen zu beschäftigen. Einige Tipps und Tricks sind drin, doch frustriert es mich zunehmend, diese teilweise sehr begabten und dankbaren Talente wieder wegzuschicken. Zu hören, dass sie aus anderen Tattoo Studios rausgeworfen, regelrecht verjagt, wurden kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. In unserer Branche, wie in vielen anderen auch, herrscht ein regelrechter Machtkampf um die Status Position in der Gesellschaft. Jeder will der Beste sein, duldet keine Konkurrenz auf dem Markt und wertet andere Studios ab, die eigentlich sehr gute Arbeit leisten. Ein kleiner Blick über den Tellerrand hinaus und sie wüssten um einen zukünftigen Angestellten, der gutes Geld einbringen kann. Stattdessen wird man verpönt und rausgeworfen. Leider keine Seltenheit. Doch spricht dieses Verhalten Bände über die Führungsqualitäten dieser Studios. Diesen Leuten kannst du getrost den Rücken kehren und darüber lachen. Es sind genau dieselben großkotzigen Personen, denen später die guten Tätowierer weglaufen, um selbst etwas auf die Beine zu stellen. Zum Glück gibt es auch die hilfsbereiten, die sich einen Moment Zeit nehmen, zuhören und gute Ratschläge geben. Die sich Arbeiten von dir ansehen, Schwächen ausmerzen und routiniert Fragen stellen. Die, die dich nicht in Frage stellen, sondern ermutigen und in deinem Handeln bestärken. Die Qualität der Arbeit sagt nichts über den Menschen hinter der Maschine aus. Ebenso wenig ein riesiger Laden mit tausenden Motiven an den Wänden und einem gigantischen Empfangsbereich. Sollte das dein erklärtes Ziel sein, musst du daran arbeiten. Hast du dieses Ziel erreicht und gehörst zur Elite der Szene, dann vergiss niemals, dass du auch mal ganz unten angefangen hast. Sei stets höflich und gib angehenden Tätowierern eine Chance. Da draußen gibt es genug Kunden für uns alle, glaub mir. Ob sie zu dir kommen oder nicht, hängt nicht nur von deinen Arbeiten ab. Ich würde mich auch nicht von irgendeinem unfreundlichen Penner tätowieren lassen, egal wie gut er ist.

Finde einen Anlaufpunkt

Halte durch, finde jemanden, der mit der Materie einigermaßen vertraut ist und dich ein wenig an die Hand nimmt. Viele Tipps und Tricks findest du auch im Internet. Zumindest eine korrekte Durchführung von A bis Z, was die Hardware betrifft. Jedoch geht nichts über einen Mentor vor Ort, der dich mit den Feinheiten vertraut macht, die nicht permanent abrufbar und auf alle Situationen anwendbar sind. Ich hoffe, dir mit diesem Buch helfen zu können und alle Fragen aus der Welt zu schaffen, die dich daran hindern, durchzustarten. Erwarte bitte kein Patentrezept auf alle deine Fragen. Jede Situation, jedes Tattoo und jeder Kunde muss individuell behandelt werden. Deine Aufgabe ist es, eine akzeptable Lösung für deinen Kunden zu finden.

Falls du das schnelle Geld im Auge hast, solltest du wirklich solide Werke abliefern, die viel Zeit kosten.

Qualität hat ihren Preis

Einer der am häufigsten gestammelten Sätze dieser Branche. Leider von Leuten, die gerademal Outlines «Konturen» ziehen und schwarz füllen können. Und selbst das nicht sonderlich gut. Als Newcomer bist du froh über jeden Kunden, die meist aus dem Freundeskreis stammen und sich als Versuchskaninchen zur Verfügung stellen. Von Anfang an viel Geld zu verlangen und besagten Spruch runterzubeten ist absurd. Sei dankbar für jeden, der sich freiwillig von dir stechen lässt. Anfangs werden dich Schriften, Namen, Daten, Tribals, Verschnörkelungen und dergleichen faszinieren. Sie bestehen ja nur aus Outlines und etwas Füllfarbe, vorzugsweise schwarz. Für eine routiniertere Arbeitsweis sehr zu empfehlen. So bekommst du mehr Gespür für deine Maschine, Nadeln, Farbe, Formen, Haut und Problemzonen. Doch für den Weg zur Elite reicht das nun mal nicht aus. Hier spielt das persönliche Talent, Selbsteinschätzung und Ehrgeiz eine große Rolle. Sich zu überschätzen, was sämtliche Cover up Shows im TV erklärt, kann fatal enden. Ein Ruf ist schnell geschädigt. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Trotzdem musst du dich irgendwann von dem, was du bisher gelernt hast, lösen und weiterziehen. Hier sollte dir auch langsam klar werden, wohin du willst. Also welchen Stil du mal stechen möchtest. Prinzipiell solltest du später alles stechen können, wenn du gut drauf bist. Vielfältigkeit bei Tätowierern findet man leider nur bedingt, da sich die Künstler irgendwann festlegen. Zwei grobe Richtungen sind Old School Art und Realistc Style Art. Ebenso solltest du irgendwann deine privaten Räumlichkeiten oder den Keller gegen ein Studio eintauschen, wenn du professionell mit deiner Leidenschaft Geld verdienen möchtest. Genau dieser Mut fehlt den meisten.

Zögere nicht

So ein kurzer Text und schon so viele Informationen, ich weiß. Ich bin froh, dass mich mein guter Freund Harald an die Hand genommen, mein zeichnerisches Talent erkannt und gefördert hat. Viele Jahre dümpelte ich als Kellerstecher herum, der nur am Wochenende kleine Motive zu Dumping-Preisen raushaute. Meine wirkliche Karriere begann erst mit 38 Jahren, auch wenn ich wenig Hoffnung hatte und viele Leute es als Schwachsinn abtaten. Viele entmutigende Jahre, mit etlichen Jobs im Lebenslauf, haben mich nicht glücklich gemacht. Fragen, was mit mir nicht stimmt, beschäftigten mich. Kein Ziel zu haben, lässt dich wie in einem Schockzustand erstarren und verharren. Erst mit der Eröffnung unseres Studios erkannte ich mein eigentliches Potenzial. Den Laden zu managen, schöne Tattoos zu stechen, mit Menschen zu reden, Erfahrungen mit meinem Geschäftspartner auszutauschen, eigene Techniken zu entwickeln und vieles mehr. Jetzt frage ich mich, warum das alles so spät passiert ist. Wo wäre ich, wenn ich das vor fünfzehn oder zwanzig Jahren durchgezogen hätte. Natürlich viel weiter als heute. Dieses Dilemma möchte ich dir ersparen und dich auffordern, diesen Schritt so schnell wie möglich zu gehen. Vergeude nicht zu lange kostbare Zeit und Energie. Lass dich nicht entmutigen und triff die Entscheidung, die du für richtig hältst.

Wenn du all dies beherzigst und dich durch dieses Buch gearbeitet hast, wirst du bereit sein. Nutze es nach dem Lesen als Nachschlagewerk, wenn du mal nicht weiterweißt. Es wird bestimmt eine Situation geben, die du vernachlässigt oder unterschätzt hast. Ich drücke dir fest die Daumen und kann nur noch sagen, «Halte durch.»

Talent hilft - aber es ist nicht alles

Eine kleine Geschichte

Ein Startätowierer kommt in ein fünf Sterne Restaurant. Während er die Speisekarte durchforstet, erkennt ihn der Küchenchef, der ein großer Bewunderer seiner Arbeiten ist. Er spricht ihn an.

«Ich bin ein großer Fan Ihrer Werke. Sie müssen eine tolle Tätowier Maschine und grandiose Farben haben.»

Der Tätowierer lächelt und nickt freundlich. Nach einem Fünf Gänge Menü bestellt er den Koch zu sich und sagt,

«Ein wahrlich grandioses Essen. Ich bin begeistert. Sie müssen einen tollen Herd und richtig gute Töpfe haben.»

Eine recht bekannte Geschichte, die ich etwas umgeschrieben habe. Eine gute Arbeit einzig von Werkzeugen und Materialien abhängig zu machen, ist Blödsinn. Ein Handwerker ist nur so gut wie sein Werkzeug. Ohne Talent oder genug Übung nützt dir die beste Tattoo Maschine der Welt gar nichts. Bringst du die Begabung nicht von vornherein mit, hilft es nur zu üben, bis der Arzt kommt.

«Ich kann noch nicht mal Strichmännchen zeichnen - wie kann ich da Tätowierer werden?»

Bekäme ich nur einen Euro für jeden, der diesen Satz von sich gibt, könnte ich Monate lang freimachen. Warum sind alle davon überzeugt, dass man ein brillanter Zeichner oder Maler sein muss um schöne Tattoos abzuliefern? Ich kenne viele Tätowierer, die nie zuvor gezeichnet haben und heute angesehene Tattoo Künstler sind. Man muss sich nur klarmachen, dass es sich um eine erlernte Eigenschaft handelt, wie in jedem Beruf. Niemand beherrscht etwas perfekt, dass er es das erste Mal macht. Niemand kommt als Gehirnchirurg, Rennfahrer oder Banker auf die Welt. Dies alles sind Fertigkeiten, die wir lernen müssen. Die Frage lautet nur, wie gut man sein will. Für jeden Bereich gibt es Spezialisten und Profis, die sich von den Standardarbeitern abheben, weil sie mehr können oder präziser ans Werk gehen. In der Regel benötigt man drei Jahre, um einen Beruf zu erlernen. Die meisten meinen, damit hätte es sich. Um etwas richtig gut zu beherrschen, egal was, benötigt ein Durschnittstyp sieben Jahre. Das ist kein Witz, sondern wissenschaftlich bewiesen. Kein Grund, jetzt die Flinte ins Korn zu werfen. Wenn du alles könntest, hättest du dieses Buch nicht nötig.

Eine übliche Ausbildung hilft

Ein solider Ausbildungsberuf kann daher nicht schaden. Zumindest wäre es ein Notfallplan, falls es mit der angestrebten Stecher-Karriere nicht auf Anhieb klappt. So kannst du, zumindest am Anfang, für ein geregeltes Einkommen sorgen und dich in deiner Freizeit mit Zeichnen, Nadeln und Farben befassen. Investiere so viel Zeit wie möglich in dein Hobby, wie ich es zunächst mal nenne. Ein gutes Gespür für Formen, Strichführung und Schattierungen zu bekommen, ist ein solider Schritt nach vorn. Farben und Farbkombinationen sind häufig eine Kunst für sich, entwickeln sich aber im Laufe der Zeit. Sieh dir viele Bilder und Motive intensiv an. Achte auf Lichtkanten, Schatten und Schattenwurf. Helligkeit, Kontrast und Farbintensität sind ebenfalls dynamische Faktoren.

Haut ist kein Papier

Man kann das Malen auf weißen Papier nicht mit dem Stechen in die Haut vergleichen. Haut liegt nicht glatt vor dir und hält permanent still. Sie gehört einem fühlenden Menschen, dem du extreme Schmerzen bereiten kannst, wenn du zu rabiat an die Sache heran gehst. Dem körperlichen Schmerz folgt der psychische, wenn du das Motiv versaust. Diese Aussagen sollen dich nicht von deinem Vorhaben abschrecken, sie sollen dich zum Nachdenken anregen. Wie würdest du reagieren, wenn dich jemand mehrere Stunden quält und das gewünschte Resultat sieht allem ähnlich, nur nicht deinem gewählten Motiv? Du wärst richtig sauer. Genau das ist auch der Kunde, wenn er keine schonende Behandlung und solide Wertarbeit bekommt. Der Begriff «Metzger» ist in der Szene weit verbreitet und beschreibt Tätowierer, die rücksichtslos und unprofessionell zu Werke gehen. So sehen auch die fertigen Motive aus, die Ewigkeiten zum Abheilen benötigen, vernarbt sind und nicht mal durch ein Cover up gerettet werden können. Diese Leute haben sehr schnell ihren Ruf weg und verschwinden immer auf mysteriöse Weise ins Ausland um dort «angeblich» richtig durchzustarten. Solche oder so ähnliche Geschichten über verschwundene Tätowierer wirst du häufiger hören, wenn immer mehr Kunden bei dir einlaufen. So ein Tätowierer willst du nicht sein. Dein Name muss für Zuverlässigkeit, solide, schnelle und relativ schmerzfreie Arbeit stehen.

Nur in wenigen Fällen bringt ein angehender Tattoo Artist alle Grundvoraussetzungen mit, um richtig gut zu sein. Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Deswegen lernst du ja alles, was mit dem Thema zusammenhängt. Zu Anfang dieses Kapitels sprach ich von Leuten, die nie gemalt haben und trotzdem erfolgreich in der Branche Fuß fassen konnten. Ebenso kenne ich brillante Zeichner, die es nicht schaffen, ein Bild ordentlich auf die Haut zu kriegen. Sie kommen mit den Gegebenheiten nicht klar. Eine Tattoo Maschine ist kein Bleistift, Haut ist kein Papier, Papier bewegt sich nicht und schreit auch nicht, wenn es zu schmerzhaft wird.

Ebenso verpönt wie die «Metzger» sind arrogante Tätowierer. Ich gebe es offen zu, ich komme mit einem Großteil der Leute in meiner Branche nicht klar, weil sie mir zu hochnäsig sind. Mit mittelmäßiger Arbeit, die viel zu hoch honoriert wird, mogeln sich viele durch und halten sich für die größten Macher unserer Zeit. Selbstbewusst präsentieren sie sich, können alles, wissen alles und sind über jeden Zweifel erhaben. Dies ist leider auch den Kunden anzulasten, die selbst keine Ahnung von der Materie haben und den Möchtegern Künstler für sein Machwerk in den Himmel loben. Dicke, durchgehende Outlines und etwas Farbe reichen offenbar schon, um einen Großteil unserer Gesellschaft glücklich zu machen. Naturgesetze, wie Licht und Schatten, werden eh überbewertet. Erstaunlich auch, dass diese Kunden freiwillig mehrere hundert Euro für ganz wenig Tattoo bezahlen.

«Was tut man euch eigentlich in den Tee, Leute?»

«Trafo»«Durchpaus Papier»