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Charlotte Lyne

Kinder des Meeres

Historischer Roman

hockebooks

Glossar

Angel: Halbpfundmünze

Annaten: Die Hälfte des ersten Jahreseintrags jeglicher Pfründe, die an den Papst in Rom abgeführt wurde.

Arkebuse: Vorderlader, im 15. und 16. Jahrhundert verbreitete Schusswaffe.

Azuela: Spanische Dechsel

Batteriedeck: Deck für die Aufstellung von Kanonen, mit Stückpforten versehen.

Brander: Alterndes Kriegsschiff, das mit brennbaren Materialien beladen und im Schlachtverlauf angezündet wurde, um Schiffe des Gegners, an denen es festgehakt wurde, zu schädigen.

Brasse: Tauwerk, das backbord und steuerbord befestigt wird, um die Rah zu drehen und ihr Segel in den Wind zu stellen.

Breitbeil: Schiffbauerwerkzeug, Beil zur Bearbeitung von Rundholz.

Bugspriet: Starke, vordere Spiere, die über den Vorsteven eines Schiffes hinausragt und das Vorstag des Fockmastes trägt.

Calais: Die französische Küstenstadt Calais befand sich zur Regierungszeit von Henry VIII. als Ergebnis des Hundertjährigen Krieges im Besitz der englischen Krone. Erst unter Mary I. ging die Stadt verloren und fiel an Frankreich zurück.

Clink: Berüchtigtes Londoner Gefängnis nahe der London Bridge. Auch wenn Gefängnisstrafen während der Tudorzeit eher für Schuldner, Diebe und Vagabunden üblich waren, saßen Männer unter dem Verdacht der Ketzerei dort mitunter jahrelang ein, während über ihr weiteres Schicksal entschieden wurde.

Dechsel: Schiffbauerwerkzeug mit einem Schneideblatt, das quer zum Schaft steht, wird vor allem zum Höhlen und Glätten von Holz verwendet.

Dockkammer: Bassin eines Docks

Finocchio: Italienisches Wort für Fenchel

Galeasse: Mischtyp aus Segel- und Ruderschiff, dem türkischen Mahon ähnlich, löste zum Ende der Regierungszeit Henrys VIII. die neuzeitliche Galeere ab, weil sie wendiger und flexibler einsetzbar war.

Galliarde: Schneller, lebhafter Tanz, häufig mit der gesetzten Pavane gepaart.

Geschützpforte: Verschließbare Öffnung in der Bordwand eines Schiffes, durch die Kanonen abgefeuert werden konnten

Gestech: Zweikampf zu Pferd mit stumpfen Lanzen.

Großbaum: Baum zum Aufspannen des Großsegels.

Henri Grâce à Dieu: Der erste englische Zweidecker und Henrys Flaggschiff, wurde in späteren Jahren grundsätzlich vereinfacht Great Harry genannt. Ich habe im Roman darauf verzichtet, um mit zwei Namen für nur ein Schiff keine Verwirrung zu stiften.

Holk: Segelschiff mit flachem Boden und flachem Kiel, galt im 16. Jahrhundert bereits als veraltet.

Interdikt: Schwere Kirchenstrafe, die die Betroffenen – häufig ganze Städte oder Regionen – von den Sakramenten ausschloss und ihnen damit das Seelenheil versagte.

Jakobsstab: Astronomisches Gerät zur Winkelmessung

Kalfatern: Abdichtung der Nähte zwischen den hölzernen Planken eines Schiffes, um dieses wasserdicht zu machen. Verwendet werden Werg und Holzteer bzw. Pech. Kalfateisen und Kalfathammer sind die benötigten Werkzeuge.

Karacke: Dreimastiger, nach Kraweelbauweise beplankter Schiffstyp, der den Beginn der Zeitwende im Schiffbau markiert.

Karavelle: Schiffstyp der Zeitenwende, vor allem in Spanien und Portugal verbreitet und wegen seiner Geschwindigkeit beliebt.

Kardeele: Dünnes Seil, meist zu dickeren Seilen verflochten.

Ketzergabel: Folterwerkzeug, schmaler Metallstift mit je zwei gespitzten Dornen an beiden Enden. Die Ketzergabel wurde dem Opfer zwischen Kinn und Brust befestigt, um es am Schlaf zu hindern – sobald das Opfer einschlief, sackte ihm der Kopf herunter, und die Dornen bohrten sich ihm in Kinn und Brust.

Knieholz: Krumm gewachsene Hölzer, zur Herstellung von Spanten geeignet.

Kokotte: »Leichtes Mädchen«

Konstabler: Höchster Beamter des Tower, verantwortlich für Beaufsichtigung und Versorgung der Gefangenen.

Konvokation: Synodische Versammlung der beiden englischen Kirchenprovinzen (nördliche und südliche Konvokation).

Kraweelbau: Beplankungsweise eines Schiffes, die aus dem Mittelmeerraum stammte und dort bereits lange üblich war, ehe sie zum Ausgang des Mittelalters auch im Norden Europas die überholte Klinkerbauweise ablöste. Dabei wird das Schiff Stoß auf Stoß verplankt, wodurch eine ebene Fläche entsteht, die leichter kalfatert und bearbeitet werden kann und dem Schiff höhere Belastbarkeit und Geschwindigkeit im Wind verleiht.

Lateinersegel: Dreieckiges Schratsegel

Lollarden: Reformbewegung, die sich im 14. Jahrhundert entwickelte. Ihre Anhänger traten für eine Erneuerung der katholischen Kirche, namentlich für eine Übersetzung der Bibel ins Englische, ein und wurden als Häretiker verfolgt.

Mozetta: Schulterkragen, getragen von Kardinälen und anderen hohen Geistlichen.

Nao: Robuster, der Kogge nicht unähnlicher, aus Spanien stammender Schiffstyp, meist zwei- oder dreimastig.

Nine Men’s Morris: Brettspiel, dem Mühle-Spiel vergleichbar.

Orlopdeck: Unterstes Deck eines Schiffes

Pavane: Langsamer Schreittanz, häufig einer Galliarde vorausgehend.

Peer von England: Angehöriger des Hochadels

Pottage: Dickflüssiges Eintopfgericht, das sich in der Tudorzeit großer Beliebtheit erfreute. Praemunire: Gesetz, nach dem in England keine Weisung einer fremden Macht über die des englischen Königs gesetzt werden darf.

Ptolemäus-Atlas: Geographisches Werk des Claudius Ptolemäus aus dem 2. Jahrhundert, Gesamtdarstellung der damals bekannten Welt. Der Atlas beeinflusste seit dem 14. Jahrhundert die Kartographie maßgeblich, wurde im 16. Jahrhundert allmählich überwunden.

Pulveraffen: Rangniedrige Schiffsjungen, deren Aufgabe darin bestand, Schwarzpulver aus der Pulverkammer zu den Kanonen der Geschützdecks zu bringen.

Rah: Am Mast angebrachte Spiere, an der Segel befestigt werden. Bei der Rahtakelung ist das Segel rechteckig oder trapezförmig.

Saltarello: Lebhafter, aus Neapel stammender Sprungtanz, der sich an den Höfen des 16. Jahrhunderts großer Beliebtheit erfreute.

Schamkapsel: Vorgewölbter, deutlich sichtbarer Hosenlatz der Herrenmode des 16. Jahrhunderts, an Rüstungen auch zum Schutz.

Schaube: Glockenförmig geschnittener, weiter Oberrock.

Schecke: Ärmeljacke, die im 16. Jahrhundert sehr kurz, auf den Körper geschnitten und ohne Schöße getragen wurde.

Schmalkaldische Liga: Verteidigungsbündnis mehrerer protestantischer Fürstentümer, das sich gegen die Politik Kaiser Karls V. in religiösen Fragen richtete.

Schratsegel: Segel, die in Ruhestellung so gesetzt werden, dass sie – im Gegensatz zum Rahsegel – auf die Schiffslängsachse weisen.

Schweißfieber: Hoch ansteckende, häufig tödlich verlaufende Infektionskrankheit, deren Ursache bis heute unbekannt ist. Die Opfer starben innerhalb weniger Stunden, wer aber die erste Nacht überlebte, gesundete oft. Die Krankheit suchte England nach 1485 in fünf Wellen heim, um dann für immer zu verschwinden. Im Jahr 1539 gab es in Wahrheit keinen Schweißfieberausbruch in Portsmouth, sondern einen der Pest. Ich habe aus dramaturgischen Gründen hier an der Historie gedreht.

Spant: Bauteil zur Verstärkung eines Schiffsrumpfes.

Spiere: Rundholz zur Befestigung der Segel.

Storch: Metallfessel, Foltergerät, in dem der Körper des Opfers zusammengepresst wurde; Gegenstück zur Streckbank.

Trebuchet: Belagerungsgerät, sehr große Wurfwaffe mit hoher Treffsicherheit.

Trimmen: Einstellen eines Segels mithilfe des Baumes.

Trinity House: Verwaltungseinrichtung für die Leuchtfeuer und Lotsen der britischen Hoheitsgewässer, 1514 unter Henry VIII. begründet, nachdem der Ruf nach der systematischen Bereitstellung von Navigationshilfen immer lauter wurde.

Trockendock: Bassin, das auf die Größe eines Schiffes abgestimmt ist und sich mit wasserdichtem Abschluss von der übrigen Wasserfläche abtrennen lässt. Durch Absenken des Wasserspiegels wird anschließend das Schiff trockengelegt. Das erste Trockendock Europas wurde unter der Herrschaft der Tudors in Portsmouth errichtet.

Vordersteven: Teil des Schiffsrumpfes, vordere Verlängerung des Kiels.

Zink: Grifflochtrompete, vornehmlich des 16. und 17. Jahrhunderts.

Zweidecker: Kriegsschiff, das mit zwei Batteriedecks ausgestattet ist. Der erste englische Zweidecker war die Henri Grâce à Dieu von 1514.

Zwölfte Nacht: Die letzte Nacht der zwölf Tage langen Weihnachtsfeiern, der Dreikönigstag, der in ausgelassenen Feiern, häufig kostümiert, begangen wurde.

Die Autorin

Charlotte Lyne

Charlotte Lyne wurde 1965 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Latein und Italienische Literatur in Neapel und Berlin sowie Anglistik in Berlin und London. Als Übersetzerin, Lektorin und Autorin lebt sie mit ihrem britischen Mann und ihren drei Kindern in London. Sie hat unter ihrem Namen und Pseudonymen zahlreiche Bücher unter anderem bei Droemer Knaur und Lübbe veröffentlicht, ihr Roman Als wir unsterblich waren stand wochenlang auf der Bestseller-Liste.

Für Maren

 

Wem der große Wurf gelungen,
Eines Freundes Freund zu sein

 

FRIEDRICH SCHILLER, AN DIE FREUDE

 

Your good ship, the flower,

I trow, of all ships that ever sailed.

 

ADMIRAL EDWARD HOWARD AN

KÖNIG HENRY VIII. ÜBER DIE MARY ROSE

Erster Teil

Werftkinder
1511-1524

 

Nel dolce tempo de la prima etade
Che nascer vide et ancor quasi in erba
La fera vogila che per mio mal crebbe
Perché cantando il duol si disacerba,
Canterò com'io vissi in libertade.

 

Von der süßen Zeit der ersten Lebensjahre,
In der die rasende Sehnsucht, die zu meinem Unglück weiterwuchs,
Noch neugeboren war wie ein junger Spross
Will ich singen, wie ich in Freiheit lebte
Weil Singen den Schmerz lindert.

 

FRANCESCO PETRARCA, CANZONIERE

1
Fenella

PORTSMOUTH, 19. Juli 1511

Fenella galt nicht als Zeugin. Wer in späteren Jahren jemanden suchte, der von der Tragödie jenes Tages zu berichten wusste, tat ihre Aussage ab. »Du warst zu jung«, behaupteten die Leute. »Du erinnerst dich nicht.«

Fenella aber erinnerte sich. Jede Einzelheit hatte sich ihr ins Gedächtnis gebrannt und würde dort bis an ihr Lebensende schwelen.

Es war einer jener saftlosen Sommertage, an denen der Himmel weder blau noch grau war, es herrschte eine unbestimmte Kühle, in der man sich ständig den Mantel vor der Brust zusammenzog, weil man einen Windstoß oder einen Regenguss erwartete. Was das Wetter anging, hätte man den Tag vergessen können. Fenellas Heimatstadt Portsmouth jedoch würde ihn so wenig vergessen wie Fenella selbst. Für sie beide war es ein Tag ohnegleichen – der Stapellauf der Mary Rose.

Der Tag, an dem der junge König, der achte Henry, seine Stadt besuchen würde. Noch vor wenigen Jahren hatte diese Stadt sich als Verfemte unter dem päpstlichen Interdikt geduckt, und jetzt erwies der schönste König der Christenheit ihr die Ehre.

Fenella mochte ein nutzloses Mädchen sein, doch sie wusste, dass die Stadt diesen Triumph ihrem Trockendock zu verdanken hatte, der Sensation des Schiffbaus, die in Europa einzigartig war. König Henry kam, um seinem brandneuen Schiff den Segen zu geben, ehe es aus der Werft hinausglitt, an Seilen geschleppt und dem Tower von London entgegen.

Monatelang hatten Fenella und ihre beiden Freunde auf diesen Tag gewartet. Sie waren die Werftkinder, wuchsen auf zwischen den Kammern der Docks, den Winden und Kränen, Hobeln und Sägen und den Schiffsleibern, die wie die Riesen fremder Sagen über der Wasserfläche aufragten. Versteckt hinter Holzstößen dachten sie sich Geschichten aus, in denen sie als furchtlose Helden die Weite der Meere durchsegelten. Die Geschichten, die sich um das Schiff Mary Rose rankten, waren die schönsten, die sie sich je erzählt hatten, und sie hatten sie nachgespielt, bis die Geschichten wirklicher geworden waren als die Welt, die sie umgab.

Heute würde die Mary Rose ihre Reise antreten. In London sollte sie aufgetakelt und für den Kriegsdienst gerüstet werden, denn der junge König war anders als sein Vater, der vor lauter Geiz den Weg in den Krieg gescheut hatte. Henry VIII. wollte England zu nie gekannter Größe führen, wollte dem Inselreich auf Europas Landkarte einen Platz verschaffen. Er würde sein Schiff wie einen bis an die Zähne bewaffneten Kriegshelden ausstatten lassen. Neben dreißig Kanonen aus Gusseisen sollte sie auf ihr Batteriedeck sieben aus Bronze bekommen, tonnenschwere Vorderlader, die durch verschließbare Geschützpforten auf gegnerische Schiffe feuern konnten.

Jene Geschützpforten waren die neuste Errungenschaft im Schiffbau. Die wenigen, die die Bordwand der Mary Rose zierten, waren zwar vorerst nicht mehr als ein Versuch, doch sie setzten ein Zeichen. Ein Schiff mit Geschützpforten, so hatte Fenellas Freund Anthony es ihr erklärt, war zu mehr gedacht als zum bloßen Verschiffen von Truppen. An seine Planung durfte sich nur ein Meister wagen, einer mit der Erfahrung von Jahrhunderten und dem Mut eines Augenblicks.

»Geschützpforten bauen heißt nicht, irgendwo in einen Körper ein paar Löcher zu schlagen.« Während er sprach, furchten sich Anthonys pechschwarze Brauen. »Das Problem ist der Schwerpunkt. Liegt er zu hoch, gerät das Schiff aus dem Gleichgewicht. Setzt man die Pforten aber zu dicht über den Wasserspiegel, läuft man Gefahr, dass Wasser in den Schiffsleib dringt.«

Fenella war stolz, weil Anthony mit ihr darüber sprach. Andere sahen über Fenella hinweg wie über Treibsel am Kieselstrand, aber Anthony sprach mit ihr, als verberge sich mitten im Treibsel eine Perle. Mit Sylvester sprach er natürlich auch. Was er ihnen von Schiffen erzählte, gehörte zu ihren Geheimnissen, über die sie vor dem Rest der Welt schwiegen wie drei Gräber. Fenella, Sylvester und Anthony. Die Werftkinder, die der Mary Rose beim Wachsen zugesehen hatten.

Die Schiffbauer, die sie gebaut hatten, gehörten zu den besten, die in Europa aufzutreiben waren. Der König hatte sie aus Portugal und Genua kommen lassen, damit sie seine eigenen Leute unterwiesen.

»Das ist eine Schande, oder nicht?«, hatte Anthony gefragt. »Unser Land liegt vom Meer umgeben, und dennoch haben wir keinen Mann, der uns ein solches Schiff bauen könnte.«

»Warum haben wir keinen?«, hatte Fenella zurückgefragt.

»Weil sich bei uns kein König je darum geschert hat. Wäre ich König von England, ich würde kein Handwerk so hoch schätzen wie den Schiffbau.«

»Ich wünschte, du wärst König von England, Anthony«, sagte Fenella und stellte sich seine Schultern unter königlichem Purpur vor.

»Ich nicht«, erwiderte Anthony.

»Was wärst du dann gern?«

Wind zerzauste sein Haar, und sein Blick schweifte ab. »Schiffbauer«, sagte er.

Anthonys Vater, Mortimer Fletcher, war Schiffbauer, und die Leute um den Hafen sagten, so lange die Stadt Portsmouth stehe, habe es hier immer Fletchers gegeben, die Schiffe bauten. Eine goldene Nase verdiente sich niemand damit. Seit jedoch der neue König regierte, winkten dem Schiffbauerhandwerk bessere Zeiten. Wer heute ein Schiff konstruierte, hielt die Welt in den Händen, für den gab es keine Grenze als den Himmel.

Fenellas Vater war kein Schiffbauer. Er wäre gern als Offizier einer Kriegsmarine zur See gefahren, doch der Geiz des alten Königs hatte seinen Traum zerstört. Stattdessen war er Beamter der Werftaufsicht geworden, weshalb er zur Feier des Stapellaufs im Hafen erwartet wurde. In aller Frühe legte er seine Uniform an, die grüne, gezaddelte Schecke mit den aufgestickten Buchstaben HR für Henricus Rex, einer auf jeder Seite der Brust.

»Warum nimmst du nicht Fenella mit?«, fragte Fenellas Mutter. »James Sutton und Mortimer Fletcher kommen gewiss nicht ohne ihre Söhne.«

»Aber Fenella ist kein Sohn«, brummte der Vater.

»Dafür kann sie so wenig wie ich«, erwiderte die Mutter wie immer, wenn er sie darauf hinwies, dass ihr einziges lebendes Kind dem falschen Geschlecht angehörte.

James Sutton war der brillanteste Schiffbauer von ganz Hampshire, und er und Mortimer Fletcher galten als Freunde des Vaters. Ihre Söhne, Sylvester und Anthony, waren Fenellas Freunde. Anthony war ihr lieber als Sylvester, der anrührend hübsch war und so süß zur Laute sang, dass es im Herzen wehtat. Sylvester machte sich nichts daraus, denn ihm war Anthony lieber als Fenella. Dass sie beide Anthony liebten, dass sie auf der Werft aufwuchsen und für Anthony Traumgeschichten von Schiffen erdachten, verband sie fester als ein geteertes Tau.

Seufzend bückte sich ihr Vater und hob Fenella, die für ihr Alter leicht war, auf die Arme. Fenella machte sich an seiner Brust stocksteif. Der Silberklang der Fanfaren und die Sehnsucht nach der Zauberwelt der Schiffsgeschichten lockten sie mit wilden Kräften, doch es verletzte ihren Stolz, dass ihr Vater sie ohne Zögern gegen einen Sohn getauscht hätte. Wenn du mich nicht willst, glaube nur nicht, ich könnte dich wollen.

»Gib auf die Kleine acht. Sie ist alles, was wir haben.«

»Das ist nicht anders, als hätten wir nichts.«

Fenellas Mutter verdrehte die Augen. Sie war älter als andere Mütter und hatte fünf Söhne geboren und begraben.

Der Vater schob die Tür auf und schleppte Fenella hinaus in den kühlen, grauenden Tag. Die schmale Gasse hinunter sprudelten Ströme von Menschen. Die Festmusik schwoll, und die Morgenluft war salzig und sämig wie der Teig, den die Magd Dinah des Abends in der Küche knetete, um ihn in der Frühe zu Broten zu backen, denen vor Frische die Kruste platzte. Der Duft machte Fenella Appetit. »Dieses Kind hat immer Hunger«, pflegte ihr Vater zu klagen. »Statt eines Sohnes habe ich eine Raupe bekommen, die mir die Haare vom Kopf frisst.«

Die Haare des Vaters hingen schlaff aus der Bundhaube. Fenella rührte sie nicht an. Sie hatte Hunger, weil das Meer ihn ihr machte.

Über seine Schulter hinweg sah sie Dinah, die nicht nur die Pflichten einer Magd, sondern auch die einer Kinderfrau versah und ihnen als ein stummer Schatten folgte. Ehe sie die Schranken vor den Docks erreichten, gab der Vater Fenella an den Schatten weiter. Mit einem Sohn auf den Armen zeigte ein Mann sich gern, doch eine unerwünschte Tochter gehörte in die Obhut eines Weibes.

Die zwei Wachmänner am Tor senkten eben die Spieße, um den Vater passieren zu lassen, als sich hinter ihnen ein Geschrei erhob. Zwei weitere Wachen schleiften ein mit bunten Lumpen behängtes Skelett von einer Frau durch die Menschenmenge. »Schon wieder Thomasin, die Hexe«, sagte einer der Torwächter zu Fenellas Vater. »Wenn der König zu hören bekommt, was die kreischt, ist der Stadt ihr großer Tag verdorben.«

»Euer Blendwerk von Schiff ist verflucht!«, kreischte die Lumpenfrau. »Es liegt kein Segen darauf, nicht mehr als auf dem Turm zu Babel! Jede Planke daran wird in Menschenleben bezahlt.«

»Wer hat die überhaupt reingelassen?«, fragte der Vater missgelaunt.

»Weiß der Himmel.« Sein Bekannter zuckte die Achseln. »Manch einer glaubt ja, es bringt Unglück, wenn er sich an der vergreift.«

Die Wachen an den Schranken schoben die Balken einen Spaltbreit auf, damit ihre Gefährten die Lumpenfrau hindurchstoßen konnten. Die setzte sich mit erstaunlichen Kräften zur Wehr und kreischte sich die Seele aus dem Leib: »Prahlhänse seid ihr und Gotteslästerer, ihr Leute von Portsmouth! Euer stolzes Schiff verlieren werdet ihr und die Blüte eurer Jugend dazu.«

Schaulustige drängten hinterdrein und ergingen sich in Salven von Gelächter. »Komm schon, Thomasin, erzähl uns was Hübsches von der Zukunft, dann lässt dich schon einer am Ale nippen!«

»Wie steht's um meine Sterne, Thomasin? Die blonde Nichte vom Waldmüller, geht die zur Ernte mit mir ins Heu?«

Einer der Spötter riss einem Wachmann den Spieß weg und bohrte der Thomasin das Stielende ins Hinterteil. Die Frau wurde vornüber geschleudert, sodass die Torwachen sie packen und hinaus auf die Straße stoßen konnten. Dinah, die unter Fenellas Gewicht ächzte, seufzte erleichtert auf und wollte dem Vater durch das Tor folgen, doch Fenella richtete sich in ihren Armen auf und spähte über ihre Schulter.

Thomasin, die im Schlamm der Straße kniete, stützte sich auf die dürren Arme und hob den Kopf. Schmieriges Haar hing ihr in Strähnen über das Gesicht. »Du, Mädchen«, sagte sie zu Fenella. »Du glaubst, dort im Becken wartet dein Vergnügen, doch in dem Becken wartet der Tod.« Es hatte nichts Wirkliches. Es war eine Szene wie aus einer ihrer Geschichten, ein Höhepunkt, auf den Sylvester ein Lied hätte dichten können.

»Kommst du jetzt weiter?«, knurrte der Vater Dinah an, aber die hatte Mühe, ihr Gleichgewicht zu halten, weil Fenella sich über ihre Schulter beugte.

»Lauf weg, lass dich nicht auf die Werft schleppen!«, sagte Thomasin zu Fenella. »Wenn du nicht fliehst, kommst du von dem Totenschiff im Leben nicht los. Du magst auf deine Freunde vertrauen, aber manchem muss ein Freund erst drei Mal das Leben retten, ehe er weiß, was er an ihm besitzt.«

Ein Lastenträger schleppte an seinem Joch zwei Bottiche vorbei und trat der Wahrsagerin auf die Hand. Die schrie auf, und im selben Augenblick gelang es Dinah, Fenella von ihrer Schulter zu zerren. »Nun aber weiter, junge Dame, und bloß nicht hingehört, was die Hexe schwatzt. Sonst wird's am Ende wahr.« So schnell sie auf ihren dicken Beinen konnte, folgte sie dem Vater ins Gedränge.

Fenella wünschte, sie hätte nicht hingehört. Die Worte der Alten machten ihr ein flaues Gefühl, und über das, was sie bedeuteten, wollte sie nicht nachdenken. An gar nichts wollte sie denken, nur an Anthonys Schiff. Schließlich war dies noch immer der Tag, auf den sie seit Monaten gewartet hatten.

Es war das Meer, das den Sturm in ihr besänftigte und die grausigen Worte zum Verstummen brachte. Über die Menschenmenge hinweg war das Meer nicht zu sehen, doch sein Duft war unverkennbar. Er erfüllte Fenella mit der vertrauten Erregung und machte die wirren Warnungen der Alten vergessen.

Vorn am Kai, wo die Schiffe warteten, stand die Tribüne für den König, geschmückt mit Girlanden im Rot und Weiß der Tudorrose. Fenella erhaschte einen Blick auf ihn, König Henry VIII., den strahlenden Herrscher, um den die ganze Welt England beneidete. In seiner roten, pelzbesetzten Schaube wirkte er groß, ja regelrecht ausladend. Obgleich er kaum zwanzig Jahre alt war, nahm er so viel Raum ein, dass die winzige Königin – die spanische Katherine, die ein paar Jahre älter war – neben ihm fast verschwand.

Es war aufregend, sie beide zu sehen, den König, der Englands Geschicke lenkte wie ein Steuermann sein Schiff, und die Königin, die seine Erben gebären würde. Gefeiert aber wurde an diesem Tag eine andere: die Verheißungsvolle, die Einzigartige, die Heldin ihrer Geschichten. Mary Rose. Der Viermaster zu fünfhundert Tonnen, der zu neuen Ufern segeln und ihrem Land Ruhm ohne Ende einbringen würde.

Tatsächlich waren es zwei Schiffe, die heute vom Stapel liefen, doch Fenella klangen Anthonys Worte im Ohr: »Das andere wird bald vergessen sein. Einmal wird man nur noch wissen, dass die Mary Rose hier gebaut worden ist.«

Wenn einer darüber urteilen konnte, dann Anthony. In den zwei Jahren, seit die Mary Rose aufs Kiel gelegt worden war, war er, sooft er entwischen konnte, an ihre Dockkammer gelaufen, um zuzusehen, wie aus Haufen von Planken und Knieholz, Kisten voll Nieten und Kübeln voll Harz der Schiffsrumpf in die Höhe wuchs. Gleich nach seiner Krönung hatte der König die Karacke in Auftrag gegeben. Anthony kannte jeden ihrer Spanten, jeden genialen Zug ihrer Konstruktion und jeden Fehler, der dabei vertuscht worden war. In gewisser Weise war sie nicht weniger sein Schiff als das König Henrys.

Wenn sein Vater ihn am Dock der Mary Rose erwischte, bog er seinen Körper wie einen Zweig vornüber, klemmte sich seinen Kopf zwischen die Beine und bestrafte ihn mit dem doppelten Riemen, den er um die Taille trug. Wenn Fenella Anthony hinterher wiedersah, wagte sie nicht, die Hand nach ihm auszustrecken, weil etwas um ihn war, das ihn unberührbar machte.

»Hat dein Vater dich sehr hart hergenommen?«, fragte sie scheu.

Er hob den Kopf, zog seine Brauen schräg in die Stirn und fragte zurück: »Was schert mich, was mein Vater tut? Das Schiff ist alles wert.«

»Alles, Anthony?«

»Wenn es mehr als alles gibt, auch das.«

Sie liebte es, dass er den Kopf so hoch trug, dass niemand ihm beikommen konnte. In den Augen der Leute taugte er nicht mehr als ein Straßenköter, doch in ihm steckte ein Kern, der wie ein Diamant war und den nur die Werftkinder, nur Fenella und Sylvester, kannten.

Bei der Aussicht, Anthony zu Gesicht zu bekommen, begann Fenella zu zappeln, bis Dinah gottergeben aufstöhnte und sie zu Boden gleiten ließ. Ehe die Kinderfrau sie bei der Hand packen konnte, lief Fenella ihr mit fliegenden Röcken davon. Sie kannte ihr Ziel, das Podium vor den Gleitschienen, auf dem die Schiffbauer die Arbeit in den Docks beaufsichtigten. Von dort würden sie gute Sicht auf die Mary Rose haben, viel besser als im Gedränge, wo man gar nichts sah. Vor allem aber würde Anthony dort sein.

Sie sah ihn schon von Weitem, dazu Sylvester und den unvermeidlichen Ralph, Anthonys Bruder. Fenella hasste ihn, wie sie Sylvesters Schwester Geraldine hasste. Dinah behauptete, sie sei nur neidisch, weil sie selbst keine Geschwister hatte, aber wer hätte Geschwister wie Ralph und Geraldine haben wollen? Selbst wenn sie ihr kaum Beachtung schenkten, waren die beiden ihre Feinde. Geraldine Sutton bedrohte die Welt, die Fenella liebte, und Ralph Fletcher bedrohte den Freund, der sie ihr schuf.

Unter den Schiffbauersöhnen galt Ralph als der Begnadete, der das Handwerk in eine glänzende Zukunft führen sollte. Mortimer Fletcher zumindest würde vor Stolz auf seinen Erstgeborenen eines Tages platzen. Ralph wurde nie mit dem Kopf zwischen die Beine geklemmt und mit dem Riemen verdroschen, wenn er sich an einem der Docks herumtrieb, sondern gelobt und wie ein hoher Gast hofiert. Der Gedanke erfüllte Fenella mit Zorn. Sie war ein Niemand, ein bedeutungsloses Mädchen, aber ihr Sinn für Gerechtigkeit war wütend wie das Meer, wenn es sich unter Winterstürmen auf den Strand warf.

Die drei Jungen – Anthony, Ralph und Sylvester – standen nicht bei ihren Vätern im Pulk, sondern zwischen den Gleitschienen, am Rand der jetzt leeren Dockkammer. Anthony stützte die Hände auf einen Pfahl und reckte sich, um seine Schöne zu sehen, seine Mary Rose, die in dieser Kammer auf Kiel gelegt worden war. Der Pfahl half ihm. Vor Jahren, als er gerade laufen gelernt hatte, hatte ein Unfall ihm die Knochen gebrochen. Etwas in seinem linken Knie war nicht mehr richtig zusammengewachsen. »Der fügt sich nicht«, sagten die Leute, »den kann keiner zügeln. Dass der sich das Bein zerschlagen hat, ist kein Wunder, sondern Gottes Strafe.«

Anthony sprach nie darüber. Wie ein Wolf in der Falle kämpfte er, um den Makel zu vertuschen, doch wenn er sich wie jetzt auf Zehenspitzen halten wollte, brauchte er eine Stütze.

Alle Fletchers hatten dunkles Haar, aber das von Anthony war schwarz. Vermutlich hatte er es von seiner Mutter, über die alles Erdenkliche gemunkelt wurde, auch wenn sie kaum je ihr Haus verließ. »Um die ganze Familie ist etwas Dunkles«, pflegte Fenellas Mutter zu sagen. In seinem Handwerk jedoch war Mortimer Fletcher beinahe so erfolgreich wie der gefeierte James Sutton. »Wartet nur ab, bis mein Sohn ein Mann ist«, hatte Fenella ihn prahlen hören. »Mein Ralph wird den formidablen James in den Schatten stellen. Dann brauchen wir auch keinen Nasehoch aus Genua oder Portugal mehr, der uns erklärt, wie man eine Karacke baut. Mein Ralph wird es tun. Mein Ralph wird Englands König eine Flotte schaffen.«

Jetzt allerdings war Ralph nicht damit beschäftigt, sich im Flottenbau zu bilden, sondern damit, seinen Bruder zu quälen. Wie so oft, wenn der Vater nicht hinschaute, sprang er hinter ihn und trat ihm gegen das verkrüppelte Bein. Meist verlor Anthony das Gleichgewicht, schlug lang hin, und wer dabeistand, brach in Gelächter aus. Der jüngere der Fletcher-Söhne galt als unnahbar und tückisch, sein Lächeln kannte kein Mensch, und es gab kein Missgeschick, das die Leute ihm nicht gönnten.

Wenn Ralph ihm zusetzte, stand Anthony auf verlorenem Posten. Der Bruder war einen Kopf größer als er und so stämmig, wie er selbst schmal und sehnig war. Mit seinen Tritten brachte Ralph ihn ins Schwanken. Anthony kippte zur Seite wie ein Schiff mit falsch gesetztem Schwerpunkt, doch ehe er diesmal stürzen konnte, verlieh der Pfahl ihm Halt. Vielleicht war es auch die Mary Rose, die ihm Halt gab. Er drehte sich nicht nach seinem Peiniger um, sondern sah dem leisen Schaukeln des Schiffes zu, als wäre Ralph nicht vorhanden. Die zweite Karacke, Peter Pomegranate, lag schräg dahinter, sodass die majestätische Mary Rose sie fast völlig verdeckte. Auch der Würdenträger, der die Festrede hielt, stellte sich an den Vordersteven der Mary Rose, unter das Rondell mit der Tudorrose, das ihr in den Leib geschnitzt war. Die arme Peter missachtete er, wie Anthony Ralph missachtete. Machtvoll erhob sich über seinem Kopf das Vorderkastell, ragten die Masten in den blassen Himmel. Die Außenwand des Schiffes war glatt wie aus einem Guss.

Anthony hatte Fenella erklärt, dass künftig alle Karacken nach der Kraweelbauweise, Stoß auf Stoß, gebaut werden würden, während man sie früher wie Hausdächer geklinkert hatte. »Im Mittelmeerraum baut man schon seit Jahrhunderten so.«

»Und warum, Anthony?«

Er hatte ihre Hand genommen und sie so behutsam über die glatte Fläche gestrichen, dass sie sich keinen Splitter einzog. Im Sonnenaufgang hatten sie sich hergeschlichen. Die Schläge, die er dafür bekommen würde, hielten ihn nicht ab. »Spürst du das? Es macht sie windschlüpfrig und viel stärker belastbar, weil Kraft von einer Kante zur anderen geleitet wird.«

Fenella nickte und streichelte mit ihm die Wand der erst zur Hälfte beplankten Karacke.

»Außerdem kann man Geschützpforten hineinschneiden, jede Art von Öffnung, die man braucht, solange man sich darauf versteht.«

»Du verstehst dich darauf, nicht wahr?«

»Nein«, sagte er. »Noch nicht. Aber ich glaube, ich bin einer von denen, die es lernen können.«

Sie hatte die Hand gehoben und flüchtig eines seiner Augen berührt. Seine Augen waren ein Mosaik aus goldbraunen Funken, die glitzerten, sooft er von Schiffen sprach.

Jetzt blickte sie wieder auf, zur Takelung der fertiggestellten Karacke. Noch waren die Spiere nackt, doch schon bald würden sich Segel daran blähen und ungestüm an ihrem Tauwerk zerren. Fenella wünschte, sie könnte näher bei Anthony stehen und seine Augen sehen. Kurz erwog sie, sich bemerkbar zu machen, doch so vertieft, wie er in die Betrachtung seiner Mary Rose war, hätte er für sie keinen Blick gehabt. Sylvester betrug sich genauso, hielt sich zurück und überließ Anthony seinem tiefsten Glück. Hin und wieder versuchte er, Ralph von ihm abzulenken, aber so zaghaft, wie er vorging, hatte er keinen Erfolg.

Die Zuschauer applaudierten, und der Redner trat ab. Sackpfeifer, die zugleich ihre Tabortrommeln schlugen, spielten eine Weise, die nach Weite und Wagnis klang. »Fang dieses Kind ein, Mädchen«, vernahm Fenella die Stimme ihres Vaters. »Wozu bezahle ich dich?«

Ehe Fenella ausweichen konnte, hatte Dinah sie gepackt und von den Jungen weggezerrt. »Du bleibst jetzt bei mir, junge Dame. Was glaubst du, wer du bist, eine Hafengöre?« Erbarmungslos schleifte sie Fenella an den Rand des Pulks. Von hier aus konnte sie das Schiff nicht mehr sehen, aber Anthony und die zwei anderen sah sie noch immer genau.

Den Augenblick der Unruhe nutzte Ralph, um Anthony das Gewicht seines Körpers in den Rücken zu rammen. Anthony krümmte sich vornüber auf den Pfahl, richtete sich jedoch blitzschnell wieder auf und drehte sich um. Ralph stieß einen Schrei aus und verschränkte die Arme vor dem Gesicht, als hätte der Bruder ihn geschlagen, auch wenn der nicht einmal eine Hand gerührt hatte.

»Beim heiligen Nicolas!«, erhob sich eine Stimme. »Kann nicht jemand diese Flegel zur Räson bringen?«

Wie ein Pfeil schoss Mortimer Fletcher aus dem Pulk und versetzte Anthony zwei schallende Ohrfeigen.

Gequält schrie Sylvester auf. »Nicht!«, presste er heraus, doch sein Protest blieb so gut wie unhörbar. »Anthony hat doch nichts getan.«

»Lass gut sein, Mortimer.« Das war James Sutton, Sylvesters Vater, auffällig schön mit seinem weißen Haar zur fast goldenen Haut und der gütigste Mann auf der Welt. Er trat vor und hob die Hand, als wolle er Anthonys Gesicht vor weiteren Schlägen schützen. »Wegen der kleinen Rangelei musst du den Jungen nicht vor aller Augen kränken.«

Mortimer Fletcher sah aus, als hätte er James Sutton gern erwürgt, doch er schluckte sein Schimpfwort hinunter und trollte sich zurück an seinen Platz. Anthony stand reglos am Pfahl und sandte Sylvester einen zornigen Blick. Sobald sein Vater und James Sutton sich zurückgezogen hatten, wandte er sich wieder der Mary Rose zu.

Fenella hätte ihm gern zugerufen, dass er ein Held war und Ralph eine hohle Schweinsblase, aber dafür hätte sie sich denselben zornigen Blick gefangen wie Sylvester. Anthony wollte weder Mitleid noch Bewunderung. Er wollte sein Schiff, sonst nichts.

Lange dauerte es nicht, bis Ralph auf etwas Neues sann. Wieder näherte er sich seinem Bruder und wisperte etwas in sein Ohr. Fenella stand zu weit weg, um ihn zu hören, doch sie kannte das Gift, das er versprühte: »Kannst du nicht auf deinen Beinen stehen, Krüppel? Brauchst du den Pfahl, damit du nicht in die Jauche plumpst?«

Damit traf er Anthony, wo er schutzlos und empfindlich war, und Fenella wusste, warum Ralph es tat: weil in Wahrheit nicht er, sondern Anthony der Begnadete war, der die Meister aus Portugal und Genua in Erstaunen versetzte. Ralph war krank vor Neid und bestrafte seinen Bruder dafür, dass dieser besaß, was er nie haben würde: Talent.

Anthony stand still, den Blick auf die Mary Rose gerichtet.

»Mit dem Älteren ist Fletcher gesegnet«, hörte Fenella einen der Werftaufseher sagen. »Aber mit dem Jüngeren ist er verflucht. Siehst du, wie gebannt er dieses Schiff anstarrt? Das hat etwas Teuflisches, oder?«

»Er ist von dem Schiff besessen«, erwiderte sein Nachbar. »Und er hat das Böse im Blick.«

Fenella betete, Anthony möge die gehässigen Worte an sich abprallen lassen. Eines Tages würde er ein Schiff wie dieses bauen, ein nie dagewesenes, das die Welt umrunden konnte. Ganz vorn am Bugspriet würde er stehen und aus dem Hafen hinaussegeln, fort von Ralph, fort von seinem Vater, fort von allem, was ihm Schmerz zufügte und ihn niederhielt.

Ralph trat einen Schritt zurück. Dass der Bruder ihn nicht beachtete, fachte seinen Zorn noch an. Der Stein, den er aufhob, war so groß wie zwei Fäuste. Mit einem Seitenblick versicherte er sich, dass niemand hinsah. Dann holte er zum Wurf aus.

Es war der Augenblick, auf den Anthony gewartet hatte, der, in dem die Schlepper anzogen und sich die Karacke in Bewegung setzte. Ihre große, dunkle Gestalt glitt aus der Enge des Beckens in die Freiheit, und Anthony musste Abschied nehmen. Nur noch einmal durfte er seinem Schiff seinen Segen geben, nicht jubelnd, wie der König es tat, sondern reglos und schweigend.

Ralphs Stein traf ihn an der Schulter und schlug den Augenblick entzwei. Anthony knickte in der Hüfte ein, dann fing er sich und fuhr herum wie ein Geschoss. Noch Jahrzehnte später hieß es, in seinen Augen habe rohe Wut gelodert, aber Fenella sah nichts als Erschrecken. Mit der Kraft eines Geschöpfs, das sich aufs Höchste bedroht fühlt, stieß er blindlings zu. Der Stoß traf seinen Bruder vor der Brust. Ralph war darauf nicht gefasst und taumelte drei Schritte rückwärts. Der dritte Schritt führte über den Rand. Haltlos baumelte sein Fuß ins Leere.

Vor Überraschung gelang es Ralph nicht einmal zu schreien. Er drehte sich um seine Achse und ruderte mit beiden Armen nach Halt, doch vor ihm war nichts als Luft. Anthony sprang hinzu, aber ehe er den Bruder greifen konnte, stürzte dieser hintüber ins Becken. Jede Einzelheit brannte sich Fenella ins Gedächtnis, aber keine so tief wie das Geräusch: Ralph fiel nicht ins Wasser, sondern schlug mit dem Kopf auf die steinerne Begrenzung. Dinah schrie und vergaß, Fenellas Schultern festzuhalten. Mit einem Satz entfloh sie und erhaschte einen Blick ins Becken. Aus Ralphs Schädel, der wie ein Ei geplatzt war, sickerten ihm Blut und gallertige Flüssigkeit ins Haar.

Mortimer Fletcher rannte an den Rand und stürzte auf die Knie. Sein Oberkörper schwankte, seine Hände rissen sich Haare aus, und sein Geheul klang wie das dunkle Grollen eines Tieres. Dann rückte die Menge nach und drängte Fenella beiseite.

Der Versuch, zu Anthony zu gelangen, war sinnlos. Fünf Aufseher stürzten sich gleichzeitig auf ihn, schwangen Knüppel und ließen Hiebe auf jeden Teil seines gekrümmten Körpers prasseln. Zu ihren Füßen sackte er zusammen. Fenella sah nur noch, wie er den Kopf reckte und in den leeren, grauen Himmel starrte, ehe ein Knüppelhieb ihn vor der Stirn traf.

Euer Blendwerk von Schiff ist verflucht, hallte es ihr durch den Schädel. Jede Planke daran wird in Menschenleben bezahlt. Sie wandte sich ab, zur Tribüne. Der hübsche rotgewandete König hatte nicht einmal den Kopf gedreht. Auch die Mary Rose glitt unbeirrt weiter übers Wasser, aus dem Hafen von Portsmouth, als hätten die Menschen, deren Schicksal sich hier entschied, nichts mit ihr zu tun.

2
Sylvester

PORTSMOUTH, April 1520

Bis zu dem Tag, an dem die Mary Rose vom Stapel gelaufen war, hatte Sylvester mit seinen Freunden in den Anlagen der königlichen Werft gespielt. Zwischen den Docks tummelten sich die Kinder der Arbeiter beim Fangen und Verstecken, doch am liebsten bewaffneten sie sich mit den Resten der Planken und spielten Krieg gegen Frankreich. Sylvester und Fenella mieden wilde Spiele, um Anthonys lahmes Bein und seinen Stolz zu schonen. Stattdessen schufen sie sich hinter den Holzstößen eines Lagers, wo es nach Seetang, Baumharz und dem Pech der Kalfaterer roch, ein geheimes Reich.

Das Reich der Werftkinder. Hier waren sie die alleinigen Herrscher, hier bauten sie sich in ihren Träumen Schiffe, die über die Grenzen der bekannten Welt hinwegsegelten. Zum Zirpen von Sylvesters Kinderlaute sangen sie seine selbst erdichteten Lieder vom Heldentum auf See. Sooft Sylvester an jene Jahre seiner Kindheit dachte, erkannte er, dass er damals glücklich gewesen war, bis in den letzten Winkel seines Wesens glücklich, wie es später nie mehr möglich war.

Manchmal war Geraldine mitgekommen, obwohl sie die Docks und das Meer verabscheute. Sie fand, Anthony Fletcher sei erbärmlich schlecht erzogen und Fenella Clapham hölzern wie eine Schiffsplanke, ließ Fenella links liegen und traktierte Anthony mit feinen Spitzen. Damit tat sie Sylvester sogar mehr weh, als Ralph Fletcher es vermochte, weil er Ralph hassen konnte, seine Zwillingsschwester Geraldine hingegen lieben musste. Auch wenn er wusste, dass sie nur mitkam, um ihre verwunschene Welt zu verhöhnen, hörte er nie auf zu hoffen, sie würde eines Tages darin einen Platz für sich entdecken.

Dann war der Rumpf der Mary Rose fertiggestellt, und unter den Klopfhölzern und Stemmeisen der Kalfaterer errang sie ihre Seetüchtigkeit. Ein paar Wochen lang vergaß Sylvester, dass er eine Schwester besaß. Das Schiff beherrschte das Traumreich ihrer Spiele. »Die Mary Rose ist unser Schicksal«, sagte Sylvester und war unendlich stolz, dass ihm dieser Satz eingefallen war. Zu der Zeit las er gern Abenteuer von tapferen Recken, wie Thomas Malory sie in seinem Tod des Königs Arthur beschrieb. Der Satz klang wie eine bedeutungsschwangere Zeile aus dem Buch.

Fenella lachte auf: »Du redest wie der Priester, Syl.« Anthony aber wandte langsam den Kopf, sandte ihm seinen dunklen Blick, und dann lächelte er. Anthonys Lächeln war selten und flüchtig wie ein Regenbogen. Stolz trieb Sylvester Hitze in die Wangen. Sein Freund Anthony konnte machen, dass er sich stark fühlte, wie niemand anders es konnte.

Keine Woche darauf war der Zauber zerbrochen. Nach dem Tag, an dem die Mary Rose vom Stapel gelaufen und Ralph gestorben war, spielte kein Kind mehr zwischen den Becken der Werft. Ohnehin wuchs Sylvester aus dem Alter heraus, in dem ein Sohn vielversprechender Eltern sich in Traumspielen verlieren durfte. Sie lebten in einem Zeitalter des Umbruchs, das einem Mann von Verstand alle Türen öffnete, auch wenn er schlichter Herkunft war. Noch immer war nach dem Krieg der Rosen der Adel ausgedünnt und dürstete nach frischem Blut. Zudem umgab sich Henry, ihr König, gern mit Männern von niederem Stand. Von Kardinal Wolsey, seinem engsten Berater, hieß es, er sei der Sohn eines Schlachters aus Ipswich.

Im Jahr nach dem Stapellauf zog England in Frankreich wie in Schottland in den Krieg. König Henry hatte in Portsmouth fünf Brauhäuser errichten lassen, um den Durst seiner Mannschaften zu stillen, doch er brauchte auch Offiziere, die auf seinen Schlachtschiffen das Kommando führten. Genug Herren von Adel gab es nicht, also wurde nach Männern bürgerlicher Herkunft gesucht, die sich auf Schiffe verstanden und gebildet und manierlich waren. Sylvesters Vater war einer dieser Männer.

England schlug sich in beiden Kriegen glorreich, und im Triumph kehrten die Truppen heim. Sylvesters Vater wurde für seine Leistung mit der Erhebung in den Ritterstand und der Pacht über ein ertragreiches Stück Land belohnt. Er erfüllte sich seinen Lebenstraum, indem er das geziegelte Fachwerkhaus, in dem seine Kinder geboren worden waren, umfassend ausbauen und erweitern ließ, sodass es reichlich Platz für eine lebhafte Familie und einen endlosen Strom von Gästen bot. Zwischen den hölzernen Balken ließ er es weißeln, legte einen prachtvollen Garten an und nannte es Sutton Hall.

Was ihn selbst betraf, so war er damit am Ziel seiner Wünsche, doch seinem Sohn sollte jeder Weg offenstehen. Das neue England, so hatte Henry VIII. verkündet, würde ein Garten der Bildung werden, also suchte James Sutton nach einem Gelehrten, der seinem Sohn zu dieser Bildung verhalf. Er fand ihn in Benedict, dem Dekan von Sankt Thomas, einem Theologen von zwar wenig spektakulärem, doch solidem Ruf. Mit Sylvester sollten vier weitere hoffnungsvolle Söhne aus Kleinadel und gehobenem Bürgertum unterrichtet werden.

Vor Beginn des Unterrichts bestürmte Sylvester seinen Vater: »Kann Vater Benedict nicht auch Anthony nehmen? Er ist klüger als wir alle zusammen, und wenn er nicht zur Schule darf, gehe ich auch nicht hin.«

Sein Vater strich ihm über den Kopf und verlor sich flüchtig in Gedanken. »Ich spreche mit Mortimer Fletcher«, versprach er schließlich. »Glaub mir, dein Anthony liegt mir nicht weniger am Herzen als dir.«

Seit Anthonys Vater seinen Erstgeborenen verloren hatte, war er nur noch ein Schatten. Mortimer Fletcher war mit Sylvesters Vater in den Krieg gezogen, weil er nie wieder ein Schiff bauen wollte und sonst nichts zu tun wusste. Vielleicht tat er es auch, um seinem Zweitgeborenen aus dem Weg zu gehen, den er fürchtete wie der Teufel das Weihwasser. Damals bei den Docks hatten die Aufseher Anthony niedergeschlagen wie ein gefährliches Tier, hatten ihm die Hände auf den Rücken gekettet und ihn ins Stadtgefängnis verschleppt. Gewiss hatte sein Vater geglaubt, damit sei er ihn los, aber so leicht räumte sich sein Problem nicht aus der Welt. Nach drei Wochen erbitterter Verhandlungen hatte man ihm Anthony zurückgeschickt. Die Ratsherren waren zu der Erkenntnis gekommen, dass sie keinen knapp achtjährigen, verkrüppelten Schiffbauerssohn an den Galgen knüpfen mochten, weil der einem anderen einen Stoß versetzt hatte, wie Jungen es nun einmal taten. Auch wenn der andere an dem Stoß gestorben war. »Hängt das Untier auf!«, hatten Leute in den Gassen geschrien, aber es hatten ja auch Leute in Jerusalem »Kreuzigt ihn!« geschrien. Statt sich die Hände in Unschuld zu waschen, hatte der Rat der Stadt Portsmouth es vorgezogen, sie sich gar nicht erst schmutzig zu machen.

Beinahe wäre Anthony trotzdem gestorben. Musste ein Kind nicht daran sterben, dass man es halb besinnungslos schlug, es in eine Zelle für reißende Bestien sperrte und ihm sein Essen durch eine Luke zuschob? Als sie ihn herausließen, hatte er das Sprechen verlernt und ertrug nicht, wenn andere zu ihm sprachen. Sylvester tat das Einzige, was ihm einfiel: Tag für Tag setzte er sich mit seiner Laute zu ihm und sang ihm ihre erdichteten Schiffslieder vor. Anthony starb nicht. Er fand seine Stimme wieder und erholte sich.

Somit war Mortimer Fletcher gezwungen, die Frucht seiner Lenden aufzuziehen, musste den Galgenstrick, der seinen Liebling auf dem Gewissen hatte, kleiden, ihm Nahrung hinstellen und ihn unter seinem Dach dulden. Auf die Hilfe seiner Frau konnte er nicht zählen. Es gab Gerüchte, die schwarzbraune Lettice, einst eine dunkle, sinnliche Schönheit, habe nach dem Tod ihres Ältesten den Verstand verloren und sich völlig in ihre eigene Welt zurückgezogen. Als Sylvesters Vater Mortimer mit dem Vorschlag kam, Anthony zur Schule zu schicken, war er daher nur allzu erleichtert, ihn tagsüber los zu sein. Unter den Vätern der anderen Jungen gab es Gemurre, aber letzten Endes fügten sie sich. An dem, was Sylvesters Vater wollte, kam in Portsmouth niemand vorbei, also musste man den kleinen Satansbraten mit knirschenden Zähnen dulden.

Untier. Galgenstrick. Kleiner Satansbraten. Sylvester und Fenella hörten jedes dieser Worte, mit dem die Leute ihren Freund bezeichneten. »Jedes einzelne tut mir weh, als ob mir jemand eine Ohrfeige gibt«, vertraute Sylvester Fenella an.

»Dir gibt die keiner«, verwies sie ihn. »Es ist Anthony, der sie bekommt, nicht mit der flachen Hand, sondern mit der Faust.«

»Ich weiß.« Sylvester schlug den Blick zu Boden. »Am liebsten würde ich ihm meine Hände auf die Ohren pressen, sobald das Pack seine Hetzreden anfängt. Aber er sieht mich immer an, als dürfte ihn kein Mensch berühren.«

Fenella sandte ihm einen ihrer Blicke, die er nicht zu deuten wagte. Sie hatte graue Augen. Wie die Nebel über dem engen Meer, das Solent hieß. Wie ihre Heimatstadt Portsmouth: grau, nicht auffällig, doch voller Geheimnisse.

Immerhin hatte Sylvester erreicht, dass Anthony Vater Benedicts Schulstube besuchen durfte. Anthony schien ihm dankbar dafür zu sein, auch wenn er darum keine Worte machte. Er folgte dem Unterricht mit ungeteiltem Interesse, schweigsam und begierig, jede Silbe aufzunehmen. Es war, als hätte er seine einstige Hingabe an den Schiffbau jetzt, wo ihm die Werft verboten war, durch die ermüdenden Lektionen des Dekans ersetzt.

Sylvester hingegen langweilte sich in der Schule. Er hätte gern Lukrez gelesen, Cicero, die wiederentdeckten Querdenker der Antike, über die brillante Geister in ganz Europa sich die Köpfe heißredeten. Der Dekan aber setzte ihnen stumpfe, ewig gleiche Beschreibungen von Feldzügen vor. Starrsinnig wie ein blinder Esel hielt er am Althergebrachten fest, während Sylvesters Hirn nach Neuem gierte. Außerhalb des Schulgebäudes gärte und brodelte die Welt wie ein Vulkanschlund. Aus Deutschland vernahm man Unerhörtes: Ein Mönch, ein Draufgänger namens Martin Luther, hatte eine Liste von Thesen an eine Kirchentür genagelt, die das Gemäuer des Christentums erschütterten. Sylvester war fasziniert von dem Gedankengut, das keine Grenzen und Verbote akzeptierte, sondern sie leichthin niederriss. Die neue Lehre glich dem Schiff, das sie sich als Kinder erträumt hatten und das sich von Ankerketten nicht aufhalten ließ.

Oft wünschte Sylvester sich, aufzubegehren und Vater Benedict zu widersprechen, wenn der von seinem Pult herab eine Lehrmeinung für unumstößlich erklärte, die ihm überholt und anfechtbar vorkam. Warum soll für die, die kein Latein können, nicht ein Text der Bibel übersetzt werden?, hörte er sich rebellisch in den Raum rufen, als der Dekan die Bewegung der Lollarden verteufelte, die für eine englische Fassung der Bibel kämpften. Hat Gott Sein Wort nicht uns allen hinterlassen? Hat Jesus nicht zu Fischern und Bettlern gesprochen, die von der Sprache der Römer kein Wort verstanden?

Im Raum herrschte Schweigen, nachdem Vater Benedict geendet hatte. Sylvester öffnete den Mund, doch das Krächzen, das sich seiner Kehle entrang, hörte nur er selbst.