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Inhaltsverzeichnis

Impressum 2

Vorwort 3

1. Kapitel: Bewusstsein, Mythen, Altes Wissen 10

2. Kapitel: Hebräisch als Sprache des Alten Wissens 21

3. Kapitel: Zahlen als Informationsträger 39

4. Kapitel: Die Besonderheit der Zahl 1000 71

5. Kapitel: Zeitqualitäten als Bewusstheitsgrade 88

6. Kapitel: Dimensionen als Bewusstseinskompetenzen 105

7. Kapitel: Zahlen und Dimensionen in der Wissenschaft 145

8. Kapitel: Zahlen und Weltreligionen 161

9. Kapitel: Der Mensch in Zahlen 176

10. Kapitel: Biblische Terminologie und Zahlen 201

11. Kapitel: Zahlen in der griechischen Mythologie 226

12. Kapitel: Vaterunser und Vatersprache 257

Quellenverzeichnis 311

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99131-304-5

ISBN e-book: 978-3-99131-305-2

Lektorat: Susanne Schilp

Umschlagfoto: Monika Maria Martin

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen:

Bild 1: © Dieter Miunske,

Bild 2: © Monika Maria Martin,

Bild 3: © Gianni D‘orio | Dreamstime.com,

Bild 4: © Evgenii89 | Dreamstime.com

www.novumverlag.com

Vorwort

Dieses Buch geht von der Annahme aus, dass die Erde und das Leben auf ihr eine Ursache und einen Grund haben. Die Frage nach dem Sinn dieser Existenz beschäftigt den philosophischen Menschen und führt ihn immer wieder an die Grenzen des Erfassbaren.

Materie ist nicht selbsterklärend. Wer sich mit den Gesetzmäßigkeiten der Natur und den Geheimnissen des Lebens beschäftigt, bekommt keine Antworten darauf, warum und wie sie funktionieren. Er kann lediglich deren Funktionieren beobachten.

Auch das genialste logische Denken ist nicht in der Lage, eine Barriere zu überwinden, hinter der sich ihm grundlegende Erklärungen auftun. Es scheint so, als ob dafür noch eine andere Komponente erforderlich ist, die dieses Denken ergänzt: Intuition.

Tatsächlich sind wichtige Erfindungen und wegweisende Entdeckungen in der Geschichte der Menschheit Kombinationen aus Aktion und Reaktion. Die Aktion besteht darin, dass sich ein Mensch mit maximaler mentaler Anstrengung einem Thema widmet. Diese intensive gedankliche Auseinandersetzung bewirkt eine Reaktion in Form eines Einfalls, durch den sich ganz unvermittelt eine neue Perspektive auftut. Die Antwort auf eine drängende Frage, die Lösung eines anstehenden Problems zeigt sich oft unerwartet, plötzlich und auf überraschende, kreative Weise. Der Begriff Intuition meint eine derartige Eingebung, die unmittelbar das Erahnen von Zusammenhängen oder das Erfassen eines Sachverhalts zur Folge hat.

Das berühmte „Heureka“ des Archimedes ist Symbol für dieses plötzliche „Ich hab’s!“, das in der Wissenschaft Quantensprünge begleitet.

Intuition ist somit ein wesentlicher Faktor für das wissenschaftliche Verständnis der Welt. Sie überbrückt jenen Punkt, den das logische Denken als unüberwindliche Barriere wahrnimmt und stellt die Lösung gerade in solchen Momenten zur Verfügung, in denen sich das Denken entspannt oder mit Dingen des Alltags beschäftigt ist.

Oft bedient sich Intuition einer bildhaften Sprache. Die Geschichte von Newton und dem vom Baum fallenden Apfel ist ein bekanntes Beispiel dafür. In jedem Fall ist Intuition unberechenbar in der Art und Weise ihres Auftretens und entzieht sich allen Kriterien, die sie für ein wissenschaftliches Denken erfassbar oder messbar machen. Daher bleibt ihr eine gebührende Anerkennung als Faktor wissenschaftlicher Arbeit weitgehend verwehrt.

Ein selbstverständlicher, anerkannter Aspekt jeder naturwissenschaftlichen Arbeit ist die Verwendung von Zahlen. Neben ihrer quantitativen Funktion erfüllen sie vor allem in Mathematik und Physik die Aufgabe, Vorgänge darzustellen und nachvollziehbar zu machen, die mit Worten nicht zu beschreiben wären. Über Zahlen erschließen sich in der Naturwissenschaft Bereiche, die an der Grenze des Erfassbaren liegen. Zahlen sind für das Denken des neuzeitlichen Menschen jenes Mittel, mit dem er sich maximal der Barriere annähern kann, die seinem Denken Grenzen setzt. Sie ermöglichen und unterstützen genau jenes mentale Aktivsein, das intuitive Lösungsgedanken als Reaktion zur Folge hat.

Ein Zusammenwirken von Verstand und Intuition auf der Basis von Zahlen scheint also der Weg zu sein, der Antworten auf grundlegende Fragen finden lässt und der es erlaubt, dem Phänomen Leben und seinen Geheimnissen auf die Spur zu kommen.

Die folgenden Ausführungen sind das Ergebnis konzentrierter mentaler Arbeit, die sich von Intuition leiten ließ. Durch sie erschließt sich die Welt der Zahlen auf eine ganz neue Weise. Diese Perspektive ist außergewöhnlich und stellt das gewohnte Denken vor eine große Herausforderung. Es tut sich dadurch aber ein Blick hinter die Kulissen auf, der auch für den Verstand logisch und plausibel ist. Insgesamt wird so ein Gesamtkomplex erhellt, der dem Menschen als denkendem, fühlendem, philosophischem und religiösem Wesen entspricht.

Traditionelle Denkweisen in all diesen Disziplinen mögen sich dadurch teilweise in Frage stellen. Was vielleicht als Provokation empfunden wird, ist nicht als solche gemeint, sondern als Anreiz für ein erweitertes Verständnis.

Es wird in den folgenden Kapiteln auf der Basis von Zahlen auf etwas Bezug genommen, das im religiösen Sinn dem Begriff Gott entspricht. Damit treffen Bereiche aufeinander, die unvereinbar scheinen mögen, die sich aus der gewohnten Sichtweise sogar widersprechen. Bibel und Mathematik auf einen Nenner zu bringen, mag wie die Quadratur des Kreises erscheinen und genau das ist es auch. Denken und Empfinden, Wissen und Glauben – was sich als Gegensatz darstellt, ermöglicht nur zusammen einen Blick in gemeinsame Hintergründe.

Auf Begriffe, die im traditionellen Sinn mit religiösen Vorstellungen belegt sind, wird in den Ausführungen so gut es geht verzichtet, um Missverständnisse oder Ablehnung zu vermeiden. Wird doch darauf Bezug genommen, so sind sie in einem umfassenden Sinn gemeint. Die Wortwahl ist insgesamt klar und sachlich gehalten und versucht auf diese Weise, einer objektiven und neutralen Darstellung gerecht zu werden.

Grundsätzlich wird Sprache als verbale Kommunikation verstanden und ist die Basis für zwischenmenschlichen Informationsaustausch. Mitteilungen werden in Worte gefasst und erreichen so das Gegenüber. Einfache ebenso wie sehr komplexe Zusammenhänge werden mit Hilfe des geschriebenen oder gesprochenen Wortes dargestellt und zum Ausdruck gebracht. Ob der so transportierte Inhalt aber auch wirklich verstanden wird, wie er gemeint war, hängt von einigen Faktoren ab. Unter anderem sind die persönliche Lebenserfahrung des Empfängers, sein Kulturkreis, die Zeitepoche, in der er lebt, und sein Weltbild ausschlaggebend. Worte sind manchmal vieldeutig und dadurch Quelle von Missverständnissen.

Zahlen sind generell präzise und werden eindeutig wahrgenommen. Unabhängig von Ort und Zeit weiß der Mensch, wie viel 7 ist oder 8, er erkennt zwischen 3 und 1 eine Differenz. Zahlen sind zwar eindeutig, haben aber im gewohnten Verständnis nur eine quantitative Aussage. Darauf beschränken sie sich aber nicht wirklich, sie beinhalten auch eine erzählende Komponente.

Sämtliche Schriften des Alten Testaments und darüber hinausgehende Überlieferungen im Judentum wurden in Alt-Hebräisch verfasst. Diese Sprache besteht aus Buchstaben, die gleichzeitig Zahlen sind. Jedem Zeichen, d. h. jedem Konsonanten in dieser Sprache, ist ein Zahlenwert zugeordnet. Zeichen in Kombination mit Zahlen beschreiben gemeinsam etwas, das über die Buchstaben allein nicht zum Ausdruck kommt. Das Zählen ist ein Teil des Er-zählens, die Zahl Bestandteil des Wortes.

Auch in anderen Sprachen zeigt sich dieser Zusammenhang, nicht nur in der deutschen, die mit der hebräischen verwandt ist. So steckt auch im italienischen „raccontare“ = „erzählen“ das Wort „contare“ = „zählen“, dasselbe gilt im Englischen für „recount“ bzw. „count“.

Sprachen selbst geben damit indirekt Hinweise auf einen vorhandenen Bezug zu Zahlen, der dem heutigen Denken aber völlig fremd und weitgehend unbekannt ist.

Die Bücher des Alten Testaments sind also in einer Sprache verfasst, die aus beidem besteht, aus Buchstaben und Zahlen oder besser gesagt aus Zeichen, die beides sind. Die schriftlichen Wurzeln dieser Aufzeichnungen reichen Jahrtausende zurück und gehören zu den ältesten Dokumenten in der Geschichte der Menschheit.

Die Thora ist für die jüdische Religion der wichtigste Teil dieser Schriften. Sie ist im Wesentlichen identisch mit den 5 Büchern Mose im Alten Testament des Christentums. Auch der Koran wurzelt in der Thora, sodass sie eine gemeinsame Grundlage bildet für das Verständnis dieser großen Weltreligionen. Es stellt sich als Tatsache dar, dass die weltumspannenden Glaubensgemeinschaften Judentum, Christentum und Islam in einer gemeinsamen Sprache wurzeln, die Wort und Zahl zugleich ist.

Grundlage aller 3 Weltreligionen sind somit dieselben uralten Texte. Diese Texte bestehen aus Wörtern, die gleichzeitig Zahlenkombinationen sind. In der traditionellen Lesart wird dieser Doppelcharakter nicht berücksichtigt, weil das Wissen über die Aussagekraft der Zahlen fehlt. Es ist aber anzunehmen, dass sich wesentliche Informationen und damit die eigentlichen Inhalte dieser Überlieferungen durch Einbeziehung der Zahlen erschließen. Denn der Doppelcharakter der hebräischen Zeichen hat wohl seinen Grund.

Aus Buchstaben geformte Wörter sind ganz selbstverständlich die Basis menschlicher Kommunikation. Gesprochene Laute und ihnen zugeordnete Schriftzeichen sind Merkmale aller Sprachen, die über die Zeitepochen hinweg in verschiedenen Kulturkreisen entstanden sind. Innerhalb einer kreativen Vielfalt an Verständigungsformen gibt es für jeden einzelnen Menschen eine ihm vertraute Muttersprache. Er hat sie als Kind erlernt und mit ihrer Hilfe bewältigt er seinen Alltag. Jede Sprache ist für eine bestimmte Gruppe von Menschen Muttersprache, sodass in Summe jede Mitteilungsform, die Wörter und Laute verwendet, als Muttersprache bezeichnet werden kann.

Leben und Überleben auf der Erde wäre nicht möglich ohne verbalen Austausch. Schon das Kleinkind lernt, seine Bedürfnisse zu artikulieren und verwendet einfache Grundbegriffe, um Hunger, Durst oder Schmerz zum Ausdruck zu bringen. Für den erwachsenen Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, sich mitzuteilen und andere wissen zu lassen, was er braucht. Laute und Wörter haben in diesem Sinn lebenserhaltende = mütterliche Funktion und teilen diese Eigenschaft mit „Mutter Erde“. Insgesamt ist Muttersprache, die Sprache der Laute und Buchstaben, auf das irdische Leben des Menschen bezogen.

Wenn religiöse Schriften sich einer Mitteilungsform bedienen, die Zahl und Buchstabe in einem ist, liegt die Vermutung nahe, dass Zahlen über jenen Bereich berichten, das über das irdische Leben des Menschen hinausgeht. Diese Vermutung trägt eine Forderung in sich. Sie fordert auf, zu akzeptieren, dass Zahlen eine Aussage machen und dass Kombinationen von Zahlen ebenso wie aus Buchstaben geformte Wörter etwas zum Ausdruck bringen können und es auch tun. Es gilt anzuerkennen, dass Zahlen eine Sprache sprechen und etwas äußern, das über ihre bekannte quantitative Funktion hinausgeht.

In ihrer qualitativen Funktion als Informationsträger erzählen sie in diesen alten Texten über einen Bereich jenseits des Irdischen. Sie erlauben einen Einblick in Prinzipien, die unabhängig von der Welt der Materie existieren. Somit kann als eigentliche, wesentliche Funktion von Zahlen ihre Fähigkeit bezeichnet werden, eine immaterielle Ebene, eine im religiösen Sinn geistige Sphäre für das menschliche Denken zu erschließen. Sie eröffnen die Möglichkeit, Zusammenhänge zu erfassen, die im Hintergrund alles Erscheinende verursachen.

Einem hintergründig wirkenden Geistigen, das physisches Leben zeugt, wird nach uralter mythologischer Tradition der männliche Aspekt zugeordnet und damit die Rolle des Vaters. Es entspricht auch christlicher Ausdrucksweise, dieses Ursächliche und Göttliche „Vater“ zu nennen. Dieser Vateraspekt bildet das Pendant zum Mutteraspekt des Irdischen und steht für das Jenseitige, Absolute und Nicht-Irdische. Zahlen erzählen über diesen väterlichen, erzeugenden, absoluten Bereich. Ihre Sprache ist daher „Vatersprache“.

Hebräische Schriftzeichen sind so betrachtet beides, mütterlich und väterlich, irdisch und nicht-irdisch. Die Existenz einer Zahlensprache zu akzeptieren, bedeutet anzuerkennen, dass eine nicht-irdische Ebene existiert, die alles hervorbringt und somit auch alles Hervorgebrachte ist. Der irdische Mensch erlebt sich als Teil dieses Hervorgebrachten. Zahlen vermitteln ihm ein Verständnis jener Instanz, die alles hervorbringt und lassen den logischen Schluss zu, dass auch der Mensch aus einer väterlichen und einer mütterlichen Komponente besteht, dass er selbst irdischer und gleichzeitig nicht-irdischer Natur ist.

Die „Vatersprache der Zahlen“ in Verbindung mit der „Muttersprache der Wörter“ befähigt den Menschen, eine Ganzheit zu verstehen, die er auch selbst ist. Die Betrachtung alter Überlieferungen unter Einbeziehung der Zahlen eröffnet den Zugang zu Kernaussagen dieser Texte. Gleichzeitig erschließt sich durch sie der Sinn menschlicher Existenz. Diese Behauptung mag gewagt erscheinen. Inhalt und Zweck der folgenden Ausführungen ist es, diese Behauptung nachvollziehbar zu belegen.

In der „Vatersprache“ sind Zahlen Informationsträger und bringen nicht eine Quantität, sondern eine Qualität zum Ausdruck. Ihre qualitative Aussage eröffnet Einblicke in Grundlegendes und Ursächliches. Diese Aussagekraft der Zahlen ist ganz unabhängig vom gewohnten Umgang mit ihnen und hat nichts zu tun mit ihrer bekannten, vertrauten Verwendung für Berechnungen und Mengenangaben.

Sich mit der Sprache der Zahlen vertraut zu machen, ist mit dem Lernen einer Fremdsprache vergleichbar. Das Denken ist immer wieder herausgefordert, sich neu zu fokussieren, wird dafür aber mit einer sehr außergewöhnlichen und befriedigenden Perspektive belohnt.

Um diese Perspektive auf eine tragfähige Basis zu stellen, wendet sich der Blick vorerst zurück in die Vergangenheit und beschäftigt sich mit den Anfängen menschlicher Bewusstheit.

1. Kapitel: Bewusstsein, Mythen, Altes Wissen

Der Psychologe und Philosoph Erich Neumann galt als der bedeutendste Schüler von C. G. Jung, hat sich intensiv mit der Ursprungsgeschichte des Bewusstseins beschäftigt und dazu ein Buch mit gleichnamigem Titel verfasst. Auch in seinem Buch „Die große Mutter“ geht er auf grundlegende Zusammenhänge zwischen Unbewusstem und sich daraus entwickelndem Bewusstsein ein. Die folgenden Informationen darüber basieren auf diesem Buch.

Neumann informiert darüber, dass die Menschheit zu Beginn ihrer Entwicklung über eine Art Einheitsbewusstsein verfügte und eingebunden war in ein kollektives Sein. Uroboros, das Bild der sich in den Schwanz beißenden Kreisschlange ist das Symbol für diese kosmische Einheit, die alles Gegensätzliche in sich vereint. Diese Kreisschlange stellt ein großes Rundes dar, in dem sämtliche Elemente des Erlebens miteinander vermischt enthalten sind. Neumann sagt: „Uroboros steht für die Ungeschiedenheit des Chaos, ist der Urarchetyp des Unbewussten und Undifferenzierten und symbolisiert auch die miteinander vereinigten Ur-Eltern, aus denen sich später die Figuren des Großen Vaters und der Großen Mutter herauslösen.“

Erst allmählich entwickelte der Mensch als Einzelwesen ein individuelles Bewusstsein, spaltete sich ab von dieser Einheit und verlor damit auch mehr und mehr den Zugang zum unbewussten gemeinsamen Erleben und Wahrhaben. Nun trugen mündliche Überlieferungen urzeitliches Wissen wortgetreu von Generation zu Generation weiter. Die zugrunde liegende Gemeinsamkeit mythischer Überlieferungen zeigt sich in Archetypen und Bildern, die einander weltweit ähneln.

In all diesen Mythen wird versucht etwas zu beschreiben, das mit einer Alltagssprache nicht wirklich auszudrücken ist. Es wird in Bilder gekleidet, die symbolisch zu verstehen sind. Die Aussagen dieser Überlieferungen wörtlich zu nehmen, ist daher im Allgemeinen irreführend. Denn so bunt die geschilderte Bilderwelt auch sein mag, in der wesentlichen Essenz unterscheiden sich diese Erzählungen, die Alte Weisheit über lange Zeiträume hinweg transportieren, weltweit kaum voneinander. Sie beschreiben eine absolute Wirklichkeit, die sowohl transzendent als auch immanent ist, zeitlos überall gültig und deshalb auch hier und jetzt. In allen Völkern und Traditionen kommt darin das Verhältnis einer bekannten zu einer unbekannten Realität zum Ausdruck.

Barbara C. Sproul hat sich als Religionswissenschaftlerin eingehend mit den Schöpfungsmythen der östlichen und westlichen Welt beschäftigt und das Ergebnis dieser Arbeit in 2 Büchern zusammengefasst, die diese Thematik umfassend beschreiben.

Sie hat festgestellt, dass sich die meisten Schöpfungsmythen überall auf der Erde ähneln. Unbeeinflusst von einander beschreiben sie ein ursprüngliches, produktives Chaos, das die Gesamtheit des Seins in einem gleichzeitigen Nicht-Sein umfasst und noch keine Unterschiede in sich enthält. Die Schöpfung ereignet sich, indem sich dieses ungeformte Einheitliche beginnt zu differenzieren. Ab diesem Moment sind sowohl das Chaos als auch das Produkt des Chaos gleichberechtigte Teile einer Wirklichkeit, die aus sich selbst heraus entsteht. Jede tiefgründige Mythologie besteht deshalb auch strikt auf der unverbrüchlichen Einheit von Schöpfer und Schöpfung sowie der gegenseitigen Abhängigkeit von Sein und Nichtsein.

Andere Mythologien sind weniger philosophisch ambitioniert und beginnen mit der einen oder anderen Seite des entstandenen polaren Gegensatzes. Sie behaupten, das Sein war zuerst und kümmern sich nicht darum, woher es kam. Dasselbe gilt auch für die gegenteilige Behauptung, das Nichtsein war zuerst; manche fangen mit der „Henne“ an, manche mit dem „Ei“. In den meisten Schöpfungsmythen sind aber beide von Anfang an da, sowohl Sein als auch Nicht-Sein, sowohl „Henne“ als auch „Ei“.

Diese unerklärliche und eigentlich für den Menschen unfassbare Einheit, die allem zugrunde liegt, wird in allen Religionen als das Absolute, Göttliche und Heilige verehrt. Es bildet die Grundlage der wahrnehmbaren irdischen Wirklichkeit. Die meisten Religionen sehen die Schöpfung eingebettet in einen linearen Zeitfluss und sprechen von einer Erschaffung der Welt. Der Buddhismus betrachtet das Universum als einen pulsierenden Wechsel von Ausdehnen und Zusammenziehen, von Auflösung und Zusammenfügen, von Sein und Nichtsein. Im Grunde sind das nur Betrachtungsweisen aus verschiedenen Perspektiven auf etwas, das immer ist, weil es zeitlos ist. Es ist auch die zentrale Botschaft aller Schöpfungsmythen, dass das Absolute sowohl immanent als auch transzendent besteht. Eine weitere Gemeinsamkeit dieser Überlieferungen zeigt sich im Verständnis des Menschen als physischem Ausdruck dieser Dimension des Heiligen.

Um über das Absolute, den Urgrund allen Seins und Nichtseins berichten zu können, müssen sich Mythen und Religionen der Wörter des Alltags bedienen. Sie sprechen über das Unbekannte in Begriffen des Bekannten, sie beschreiben das Absolute mit Wörtern des Relativen. Das schafft weiten Raum für Interpretation und Missverstehen. Die in den Überlieferungen verwendeten Symbole stammen aus unbekannten Kulturen vergangener Zeiten und sind dem Denken und Erleben des heutigen Menschen daher meist fremd. Er ist dann versucht, die Ausdrucks- und Betrachtungsweise als primitiv abzutun, weil er den Sinn nicht erfassen kann. Aber selbst „primitive“ Naturvölker wie die Dogon in Afrika sind sich der Tatsache bewusst, dass die Sprache zur Beschreibung absoluter Zusammenhänge nur eine symbolische sein kann. Symbol bedeutet in deren Sprache wörtlich übersetzt: „Wort dieser niederen Welt“.

Eine wörtliche Übersetzung oder Interpretation aus der gerade aktuellen Weltsicht kann deshalb die Botschaft einer Überlieferung kaum erfassen. Sie ist in eine Erzählung gekleidet, die aus symbolischen Begriffen einer fernen Kultur und Zeitepoche zusammengesetzt ist. Nur selten sind Mythen so direkt, dass sie unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass Sein und Nichtsein ursprünglich gemeinsam existieren, dass das Unendliche aus sich selbst heraus das Endliche kreiert.

Meist wird der Schritt von der Einheit in die Dualität und die sich daraus entwickelnde Vielfalt in Metaphern geschildert. Oft wird berichtet von einer Zeugung durch Welteltern, wobei das mütterliche Prinzip fast immer für das empfangende Schöpferische und der väterliche Aspekt für das befruchtende Geistige oder Absolute steht. Einige Völker überliefern die Vorstellung, dass ein personifizierter Gott Teile seines Körpers abschneidet und daraus die Welt formt. Manchmal stirbt ein göttliches Wesen auch ganz hinein in die Schöpfung, verwendet sich mit „Haut und Haar“ für die Schaffung des Universums. Es wird auch wiederholt davon erzählt, wie ein Schöpferwesen die Welt erträumt, sie denkt oder durch Worte manifestiert. Überall auf der Erde berichten Mythen davon, dass Götter Ton, Schlamm oder Staub benutzen, um Menschen und Tiere zu formen, denen sie Leben einhauchen.

Grundsätzlich beschreiben alle Mythen eine materielle Welt, in der eine absolute Dimension lebt und zum Ausdruck kommt, ohne scharfe Trennung zwischen Geist und Stoff, Seele und Körper. Sie erzählen von einer Ganzheit von Weltlichem und Absolutem.

Die Mythen erzählen aber auch weltweit von einem Vergessen dieser Ganzheit durch den Menschen, von einem Fallen in die Welt der Dualität und einem Verlorensein darin. Die Bibel berichtet in ihrer Schöpfungsgeschichte über den Sündenfall von Adam und Eva, die vom Baum der Erkenntnis von gut und böse essen und als Folge davon die Vertreibung aus dem Paradies erfahren. In der Welt der Polarität kennt das menschliche Bewusstsein nur Gegensätze, hier charakterisiert durch gut und böse. Es verliert den Sinn für die dahinter liegende Einheit. Mit der Vertreibung aus dem Paradies wird der Verlust dieses Bezuges zur Einheit bildlich dargestellt. In afrikanischen Mythen wird er beschrieben als Herausfallen aus der harmonischen göttlichen Ordnung der Natur. Oft kommt die Trennung von Himmel und Erde mythologisch dadurch zum Ausdruck, dass eine verbindende Achse zerstört wird und alle Versuche, sie wieder aufzurichten, scheitern. Der Turmbau zu Babel im Alten Testament ist ein Beispiel dafür.

In diesem Zustand der Trennung erfährt sich der Mensch als ein vom Tod bedrohtes Wesen. Er sieht sich einem ungewissen Schicksal ausgeliefert und befindet sich im ständigen Kampf mit dessen Launen. Er existiert ununterbrochen im Spannungsfeld zwischen den beiden Polen einer Dualität, die seine Wahrnehmung bestimmt. Eine rationale Realitätsauffassung verdrängt zunehmend die lebendige mythische Wirklichkeit, nimmt ihre metaphorische Sprache schließlich als erfundenes Fantasiegebilde wahr und hat keinerlei Bezug mehr dazu.

Mythologische Überlieferungen weisen auf den Irrtum dieser Sichtweise hin und versuchen ihn zu korrigieren. Religionen kennen als Ziel des Menschen seine Rückverbindung zum Absoluten; das irdische Leben ist in ihrem Verständnis ausgerichtet auf eine Dies- und Jenseits umfassende Ganzheit.

Der Begriff Gott steht grundsätzlich für ein Absolutes, das vor und außerhalb der Polarität existiert und damit eigenschaftslos ist. Das menschliche Bewusstsein, geprägt durch die Polarität dieser Welt, tendiert dazu, den Gottesbegriff mit menschlichen, vorwiegend positiven Eigenschaften zu verbinden und ihn damit zu begrenzen. Ein solches Gottesverständnis kann ein oder mehrere Wesen umfassen, denen unterschiedliche Aspekte zugeordnet werden. Die Dreifaltigkeit des Christentums, die Vielfalt der Götter im Hinduismus und im antiken Griechenland zeigen das. In Afrika verehrt das Volk der Dinka z. B. unzählige Gottheiten und behauptet doch, dass das Göttliche eins ist.

Damit ist gemeint, dass eine einzige ursprüngliche Kraft oder absolute Realität als existent angesehen wird, die aber in vielen unterschiedlichen Aspekten wahrgenommen und nur in Metaphern mitgeteilt werden kann. Jede konkrete Vorstellung von der Gesamtheit des Göttlichen und jede Bezeichnung dafür kann nur unzulänglich sein; das Absolute ist nur in Facetten und Symbolen für das menschliche Bewusstsein erfassbar. Deshalb spricht auch das Alte Testament davon, dass man sich von Gott kein Bild machen soll und sein Name unaussprechlich ist.

Bei der Beschreibung des Absoluten und dessen Verhältnis zum Relativen bedient sich der Mensch allgemein gültiger Archetypen, die keine historischen Gestalten oder Begebenheiten darstellen, sondern zeitlos immer und überall wahr sind. Adam ist in diesem Sinn also nicht als der erste Mensch am Beginn eines chronologischen historischen Ablaufs gemeint. Er steht archetypisch als Metapher für den Menschen an und für sich. Seine „Erbsünde“ ist daher ein generelles Merkmal des Menschen und nicht als persönliche Schuld zu verstehen, die sich von Generation zu Generation vererbt.

Mythologien verwenden das Zeitliche, um das Zeitlose zu beschreiben. Sie nutzen die Sprache des Relativen, um das Absolute zu erklären. Das Verstehen des transportierten Inhalts verlangt aber ein Überschreiten dieser Grenzen des Relativen und Zeitlichen.

C. G. Jung hat den Begriff des kollektiven Unbewussten geprägt und die Bedeutung der Archetypen für die Tiefenpsychologie erschlossen. Er sieht in diesen Archetypen eine über Zeiten und Zonen hinweg allgemein gültige Ausdrucksweise der menschlichen Psyche. Er sagt von ihnen, sie seien vorbewusst vorhanden und Strukturdominanten der Psyche überhaupt. Er sieht im Archetypus ein bewusstseinstranszendentes Kernphänomen, dessen ewige Präsenz unanschaulich ist. Archetypische Begriffe gelten für die ganze Menschheit, sie haben überall auf der Welt und für jedes Volk dieselbe Bedeutung. Vater, Mutter, Baum, Weg, Schlange, Sonne sind einige Beispiele dafür.

Neumann beschreibt den symbolbildenden Prozess des Unbewussten als Ursprungsort menschlichen Geistes. Ausgehend von der ursprünglichen unbewussten Einheit entwickeln sich im menschlichen Bewusstsein erste Inhalte. Diese Inhalte sind allegorische Bilder, die auf die vor-bewusste Einheit Bezug nehmen. Das entstehende Bewusstsein bedient sich einer Symbolsprache.

C.G. Jung sagt dazu: „Was ein archetypischer Inhalt immer aussagt, ist zunächst sprachliches Gleichnis. Spricht er von Sonne und identifiziert mit ihr den Löwen, den König, den vom Drachen bewachten Goldschatz und die Lebens- oder Gesundheitskraft des Menschen, so ist es weder das Eine noch das Andere, sondern das unbekannte Dritte, das sich mehr oder weniger treffend durch alle diese Gleichnisse ausdrücken lässt, das aber – was für den Intellekt stets ein Ärgernis bleiben wird – unbekannt und unformulierbar bleibt.“

Jung hat entdeckt, dass die Archetypen des kollektiven Unbewussten in den mythologischen Motiven aller Völker erscheinen. Mythologeme sind einzelne Elemente oder Motive innerhalb eines Mythos; C. G. Jung sieht sie als konstante Bestandteile der Welt im Unbewussten, als Strukturelemente der menschlichen Psyche und sagt von ihnen: „Das Mythologem ist die ureigentliche Sprache dieser psychischen Vorgänge, und keine intellektuelle Formulierung kann auch nur annähernd die Fülle und Ausdruckskraft des mythischen Bildes erreichen. Es handelt sich um Urbilder, die darum auch am besten und treffendsten durch eine bildhafte Sprache wiedergegeben werden. Diese bildhafte Sprache ist die Sprache des Symbols, die ursprüngliche Sprache des Unbewussten und der Menschheit.“

Neumann ist der Ansicht, dass sich im Symbolbild des Archetyps etwas als Sinnzusammenhang mitteilt, das erst von einem entwickelten Bewusstsein mit großer Mühe erfasst werden kann.

Die Urbilder der Mythen tragen in sich eine gemeinsame, jedem menschlichen Sein zugrunde liegende Symbolik. Das Symbol verbirgt die angedeutete Wirklichkeit geheimnisvoll in sich, transportiert sie und regt das Bewusstsein an, sich damit unter Einbeziehung all seiner Bewusstseinsfunktionen zu beschäftigen. Neumann ist überzeugt: „Das Symbol weist hin, deutet an und erregt. Auf diese Weise setzt es das Bewusstsein in Bewegung und bringt es dazu, alle Bewusstseinsfunktionen zur Verarbeitung zu verwenden. Denn eine nur begriffliche Verarbeitung des Symbols erweist sich als völlig unzureichend. Gefühl, Intuition und Empfindung werden ebenfalls mehr oder weniger stark vom Symbol ergriffen.“

Mythos und Archetyp sind Ausdruck einer Weisheit im Verborgenen. Beide erfüllen die gleiche Funktion und stellen einen lebendigen, bildhaften Bezug her zu einem zeit- und grenzenlosen Ursprünglichen. Für das bewusste Denken ist diese Weisheit vorerst verschüttet, im Unbewussten existiert sie. Das Unbewusste ist mit dem Bewusstsein durch eine mehr oder weniger durchlässige Schnittstelle verbunden und äußert sich ganz willkürlich in Träumen, plötzlichen Eingebungen, instinktiven Reaktionen oder überraschenden Einfällen. Die Weisheit im Verborgenen ist auf diese Weise erfahrbar als eine Instanz, die das Leben aus der Tiefe des individuellen Ich heraus lenkt, indem sie Impulse setzt.

Die Psychologie ordnet diese Schnittstelle zwischen Bewusstem und Unbewusstem dem Bereich der Seele zu. Im religiösen Sinn ist mit dem Begriff Seele der jenseitige Aspekt des Menschen gemeint, der ihn mit Gott verbindet. Beide Disziplinen betrachten im Grunde dasselbe, auch wenn sie Seele unterschiedlich definieren. Ist hier der Blick auf das praktische Leben ausgerichtet, fällt er dort auf das dahinter liegende Jenseitige. Um eine Vermischung dieser beiden Auffassungen zu vermeiden, kennt das Alte Wissen im Hebräischen 2 unterschiedliche Begriffe für Seele, einmal für den Bereich der Psyche und einmal in Bezug zum Absoluten.

Grundsätzlich ist die menschliche Existenz darauf ausgerichtet, das Unbewusste ins Bewusstsein zu holen und es im Licht der Erkenntnis zu betrachten. Neumann macht den Stellenwert der Bewusstseinsentwicklung deutlich: „Die Entwicklung des Bewusstseins, die vom fast völlig Enthalten-sein im Unbewussten beim Urmenschen bis zur abendländischen Form des Bewusstseins reicht, ist als das eigentliche Anliegen der gesamten Menschheit sichtbar geworden.“ Im selben Zusammenhang erwähnt er: „Die Richtung zum Licht, die C. G. Jung einmal den menschlichen Heliotropismus (= die „triebhafte“ Tendenz der Pflanze, sich zur Sonne zu drehen) genannt hat, hat sich auf die Dauer als stärker erwiesen als alle Verdunkelungskräfte, welche das Bewusstsein auszulöschen versucht haben.“

Auf dem Weg zum klaren Erkennen im vollen Licht des Bewusstseins stellt die zitierte abendländische Form wohl eine fortgeschrittene Etappe dar.

In „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ sagt C. G. Jung: „Nur hier, im irdischen Leben, wo die Gegensätze zusammenstoßen, kann das allgemeine Bewusstsein erhöht werden. Das scheint die metaphysische Aufgabe des Menschen zu sein, die er aber ohne „mythologein“ nur teilweise erfüllen kann. Der Mythos ist die unvermeidliche und unerlässliche Zwischenstufe zwischen dem Unbewussten und der bewussten Erkenntnis.“

Die Erzählungen diverser Schöpfungsmythen sind symbolische Aussagen. Ihre Wahrheiten gelten zeitlos, jetzt und immer, auch wenn das für ein lineares Zeitverständnis kaum zu begreifen ist. Wenn es nicht gelingt, die Mitteilung eines Mythos in ihrem Kern zu erfassen, so liegt der Fehler meist im Versuch, ihn als geschichtlichen Bericht zu lesen. Die Mythen benutzen zwar historische Ereignisse zur Darstellung, sind aber selbst nicht historisch gemeint.

Als die Menschheit vor Tausenden von Jahren die Schrift entwickelte, war sie in der Lage, dieses ursprüngliche, mythologische Gedankengut erstmals aufzuzeichnen und damit festzuhalten. Das Alte Testament der Bibel und die Schriften des Judentums sind aus solchen Überlieferungen hervorgegangen. Die schriftliche Basis dieser Religionen ist also eine Sammlung von Wissen aus noch viel älterer Zeit. Der Mensch hat in diesen Überlieferungen mit Bildern seines Alltags, seines eigenen Erlebens auszudrücken versucht, was er an grundlegender, uralter Weisheit in sich trug. Und es war ihm gegeben, dies auch in einer Sprache zu tun, die darauf ausgelegt war, diese Weisheit unverfälscht zu transportieren.

Äußerlich wird in symbolischen Geschichten vermittelt, was an Wesentlichem erhalten bleiben sollte. Eigentlich aber zeichnen in diesen Erzählungen die Zahlenwerte der hebräischen Buchstaben und Wörter ein klareres Bild vom Kern ihrer Aussagen.

Das Alte Testament und die darüber hinausgehenden jüdischen Texte wurden seit jeher als Heilige Schriften verstanden. Wie auch das überlieferte Wissen anderer Religionen berichten sie nicht über gewöhnliche Ereignisse, sondern von einem Unfassbaren und Jenseitigen. Die in diesen Büchern bzw. Schriftrollen angegebenen Zahlen beschreiben daher auch keine Zeitabläufe oder Mengenangaben im gewohnten, alltäglichen Sinn. Biblische Zeit drückt eine Zeitqualität aus und nicht eine Zeitfolge, und konkret genannte Zahlen sind nicht quantitativ, sondern qualitativ in ihrer Aussage.

Der Mathematiker Friedrich Weinreb beschäftigte sich um die Mitte des 20. Jahrhunderts neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit eingehend mit alten Quellen der jüdischen Überlieferung. Er entdeckte darin auf Ebene der Zahlenwerte außergewöhnliche Zusammenhänge und hinterließ dazu ein umfassendes Werk. Für ihn bestätigte sich durch persönliche Einblicke, was dieses Alte Wissen von sich sagt, nämlich dass es immer da war und zum Menschen gehört wie die ihn umgebende Schöpfung.

Die jüdische Überlieferung weist wiederholt darauf hin, ihre Texte nicht historisch zu sehen, sondern als gegenwärtigen Bestandteil jeder menschlichen Existenz. Die Bibel beschreibt nicht, was einmal war, sondern was zeitlos ist, und Weinreb betont immer wieder, dass diese symbolischen Bilder in jedem Menschen leben, als seine eigene verborgene Wirklichkeit.

Wenn in den folgenden Ausführungen auf Altes Wissen Bezug genommen wird, dann ist dieser Begriff im Sinne von Friedrich Weinreb gemeint. Diesem Alten Wissen, wie es Weinreb für die moderne Welt erschlossen hat, entstammen auch die grundlegenden Informationen im folgenden 2. Kapitel, vor allem Weinrebs Buch „Zahl, Zeichen, Wort“ kommt dabei besondere Bedeutung zu.

Die nächsten Kapitel bauen in gedanklicher Konsequenz auf diesen Grundlagen auf und werden ergänzt durch neue Perspektiven. Dabei zeigen sich auch unabhängig von alten Überlieferungen Querverbindungen und Zusammenhänge, die Zahlen mit ihrer qualitativen Aussage zum Ausdruck bringen. Diese Zusammenhänge treten zwar unabhängig vom Alten Wissen in Erscheinung, zeigen aber einen Bezug dazu und klare Übereinstimmungen.

Insgesamt geht das Gedankengebäude dieses Buches weit über das hinaus, was Friedrich Weinreb hinterlassen hat.

Die Vertiefung des qualitativen Aspektes der Zahlen, der Bezug zu den Primzahlen sowie zu den aktuellen Zeitqualitäten, die Betrachtung der Dimensionen, die Querverbindungen zu Mathematik, Physik, Weltreligionen und griechischer Mythologie, das alles ist neu.

Der an Zahlen orientierte Blick auf biblische Begriffe und vor allem auf den Menschen durchbricht eine Denkbarriere, indem er konsequent und kompromisslos anwendet und zu Ende führt, was Friedrich Weinreb für die moderne Welt an Einsichten erschlossen hat. Er war und ist in der Betrachtung biblischer Texte und religiöser Symbole revolutionär. Sein Leben und Werk war darauf ausgerichtet, menschlichem Bewusstsein der Neuzeit Zugang zu grundlegender, uralter Wahrheit zu eröffnen.

Es ist im Sinne von Friedrich Weinreb, das von ihm Hinterlassene nicht zu der Weisheit letztem Schluss erstarren zu lassen.

Er motiviert dazu, individuell und eigenständig weitere Schritte zu setzen, wenn er sagt: „Ich war und bin nicht der Mensch, der Schüler sucht, eine Schule errichtet; ich nehme immer an, dass nur ein freier Mensch zu Gott finden kann. Ich ertrage keine Anhänger, Nachläufer, Schwärmer oder nur Schüler. Als freier Mensch komme man und als freier Mensch finde man Gott.“

Friedrich Weinreb bezog sich in seinen Büchern und Vorträgen gerne auf die Elberfelder Bibel als wortgetreueste Übersetzung aus dem Hebräischen. Ihr entstammen auch die Bibel-Zitate in den folgenden Kapiteln.