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ÜBER DEN AUTOR

Philipp Tingler wurde 1970 in Berlin (West) geboren. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Philosophie in St. Gallen, London und Zürich. Hochbegabten-Stipendium, Doktorarbeit über Thomas Mann und den transzendentalen Idealismus Immanuel Kants. Diverse Beiträge für Anthologien sowie für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen, u. a. für den Westdeutschen Rundfunk, Schweizer Radio DRS, Vogue, Stern, Neon und NZZ am Sonntag. Kolumnen u. a. in GQ und Welt am Sonntag. 2001 Ehrengabe des Kantons Zürich für Literatur, 2008 Kasseler Literaturpreis für komische Literatur.

Weitere Titel von Philipp Tingler bei Kein & Aber: Leute von Welt (2006), Fischtal (2007), Stil zeigen! (2008), Doktor Phil (2010) und Leichter Reisen (2011) sowie die CD Das Abc des guten Benehmens (2008).

Der Autor lebt in Zürich.

www.philipptingler.com

ÜBER DAS BUCH

Das Schönste an der Demokratie ist die Freiheit der Rede. Danach kommt gleich das Einkaufen. Jedenfalls in Philipp Tinglers Welt. Diese Welt ist schnell, scharf, ein bisschen irre und voller komischer Zwischenfälle. Mit gewohnter ironischer Präzision öffnet der Autor in dieser Sammlung kleinerer Prosastücke viele Türen zu seinem Mikrokosmos aus Geist, Glamour und Witz. Philipp Tingler beleuchtet das Leben und seine Typen in den verschiedensten Sphären – von den Verrücktheiten in Bel Air über die unschönen Repräsentanten des Literaturbetriebs bis hin zum Heiratswunsch des durchschnittlichen Homosexuellen. Neben Prominenz, Popkultur und nützlichen Hinweisen zur unschädlichen Vernichtung ungewollter Geschenke enthält der Band wertvolle Ratschläge dafür, wie man mit Platitüden umgehen sollte, sich mit Anstand betrinkt, Beziehungen meistert und in Würde altert. Und wie man sich zurechtfindet sowohl auf der Zürcher Bahnhofstraße wie im Neuen Berlin, in St. Moritz oder auf Gran Canaria. Weiter wird anhand des schönsten Metzgers der Schweiz erörtert, ob Sehnsucht wahnsinnig mache, sowie endlich die Frage beantwortet, was die Kessler-Zwillinge mit dem Ursprung der Materie zu tun haben.

»Brillant und gnadenlos komisch.«

Vogue

tp

Für Tante Regine

INHALTSVERZEICHNIS

Guten Tag!

Über mich selbst

I. DIE SÄULEN DER GESELLSCHAFT

Können wir reden?

Lunch

Swiss Blanking

Betrinken mit Verstand

Shooting

Heterosexuell

Ist Lesen in Mode?

In Würde altern

II. DER KÖRPER

Kritische Masse

Braun in Zürich

Auf dem Rücken

Akte der Menschlichkeit

III. GESETZE DER ANZIEHUNG

Macht Sehnsucht wahnsinnig?

Statt Sex

Passt ideal

Wie man Freunde gewinnt

Uneasy Rider

Fleisch

IV. EXPLAINING PEOPLE

Passfotos

Körpersprache

Wovor haben Männer Angst?

Soll man ein guter Mensch sein?

Das Straßenbahnunglück

Tattoos und Toleranz

Wie ist es, hochbegabt zu sein?

Tödlich gesund

Ravers Welt

V. EXPLAINING FAMOUS PEOPLE

Robbie Williams: Can He Kick It?

Verstehen Sie Bob Dylan?

Kylie Minogue: Die Göttin der drei Silben

Ethan Hawke: Bäume sind was Tolles

Königin Elizabeth

Marlene Dietrichs ABC

Marika Rökk: Kraft und Freude

Snoop Dogg: Greetings Funkateers

Paris brennt nicht

Leute wie wir

Das Paradies ist die Hölle

Außer Form

VI. NOT-SO-FAMOUS PEOPLE

Swiss Award: Oscar für Arme

Star Shopping

Spinne mit Hut

Paul Burrell: Mutti, bist du da?

Kalkutta gegen Klara O.

VII. UNTERWEGS

Gran Canaria: Fehltritt in den Dünen

St. Moritz: Reizdarm und Gucci-Gletscher

Der Ursprung der Materie, erklärt anhand der Kessler-Zwillinge

Ist ewige Neutralität die Voraussetzung für die Existenz von Duty-free-Shops?

Berlin, einfach

Big Cars

VIII. TAGEBÜCHER

Zürcher Tagebuch

Die ideale Anschauung

IX. PHILIPPS ADVENTSKALENDER

X. MEMENTO MORI

Abgesang fürs Kindchen

Der Tod steht ihm gut

Grace Under Pressure

Auf Wiedersehen!

GUTEN TAG!

(Ich will mein Leben zurück)

Guten Tag. Ich beglückwünsche Sie zum Kauf dieses Buches. Sie halten eine Auswahl meiner kürzeren prosaischen Bemühungen der letzten Jahre in den Händen.

Dieses Buch bietet vielleicht keine unmittelbare Antwort auf Daseinsfragen wie Warum leben wir in einer Welt, wo die Klugen und Weisen keine Macht haben, aber die Dummen alles dürfen? Dafür muss man Frau Jelinek lesen. Oder ansehen. Sie selbst ist die Antwort.

Stattdessen aber werden im prosaischen Rahmen dieses Bändchens andere Fragen erörtert, zum Beispiel Wie macht man ein gutes Passfoto? oder Was macht den perfekten Faux pas aus? oder, allgemeiner: Wie überlebt man die menschliche Gesellschaft? Ich bin kein Elendsrealist, dafür muss man Frau Jelinek lesen (oder ansehen), aber ich weiß trotzdem ein paar Sachen über das Leben und die Gesellschaft, zum Beispiel wie man einen Zigeunerfluch wieder los wird oder wie man sich mit Verstand betrinkt. Betrinken mit Verstand hat mir so viele freundliche Leserbriefe eingetragen wie kein anderer Artikel meiner bisherigen Karriere. Ist das bedenklich? Ich denke nicht.) Darüber hinaus kann ich allein eine Muskete nachladen. Außerdem weiß ich, dass eine völlig durchschnittliche Person im Verlauf einer Dekade etwa zehn Millionen Kalorien konsumiert (das habe ich in Science gelesen) und ungefähr halb so viele Laura-Ashley-Stehlampen (konservative Schätzung aus eigener Erfahrung). Schließlich weiß ich, dass die grundlegende Dynamik der Gesellschaft (besonders der besseren) darin besteht, dass jede beliebige Person ein Geheimnis mindestens einer ziemlich beliebigen anderen Person weitererzählt. Meistens beim Lunch. Lesen Sie dazu den gleichnamigen Erfahrungsbericht in diesem Band.

Der Leser wird feststellen, dass auf manchen Seiten des vorliegenden Buches Charaktere auftreten, die ihm hochwahrscheinlich schon bekannt sind, wenn er schon einmal etwas von mir gelesen hat. Allen voran Rich, mein treuer Lebensgefährte. Rich und ich sind wirklich fated to be mated. Meistens haben wir so viel Spaß wie die Reagans zu ihren besten Zeiten, nur manchmal kommt es zu kleinen Meinungsverschiedenheiten, zum Beispiel bei der Parkplatzsuche; und was dann passieren kann, können Sie weiter hinten nachlesen (Passt ideal). Darüber hinaus treten in tragenden Rollen folgende Publikumslieblinge wieder auf: mein alter schwedischer Freund Oliver und seine Lebenspartnerin, die wiederum niemand anders ist als meine alte Berliner Schulfreundin Franziska (wieder ein Glück, das ich gestiftet habe. Ist es nicht seltsam, dass mich manche Leute unausstehlich finden?). Beispielsweise können Sie in diesem Band lesen, wie wir alle zusammen durch die Selbstbräuner-Hölle gingen (Braun in Zürich).

Außerdem fragte ich Franzi und Oliver um Rat für den Beitrag Wie man Freunde gewinnt.

»Was meint ihr: Wie gewinnt man Freunde?«, frug ich also.

»Keine Ahnung«, erwiderte Franzi, »ich hab’ ja meine Ratten …«

»Es sollte wohl viel eher darum gehen, wie man Freunde wieder los wird!«, gab Oliver in seiner typischen lebensbejahenden Art zu bedenken.

»Okay«, sagte ich, »also: wie wird man Freunde wieder los?«

»Was?«, machte Franzi, »das fragst ausgerechnet du?«

Sie merken: Man kann dieses Buch ohne weiteres als Handbuch für den Umgang mit anderen Menschen benutzen, als Ratgeber für Fragen des guten Tons und überhaupt als Orientierungshilfe bei Konfrontationen mit sämtlichen Erscheinungen des modernen Gesellschaftslebens, seinen Herrlichkeiten (Big Cars) und Atrozitäten (Tödlich gesund), seinen mit Greueln und Schätzen gefüllten Verliesen … Das sind alles Juwelen! Und übrigens kann man dieses Buch auch als Weihnachtsvorlesebuch im Familienkreis anwenden (Philipps Adventskalender). Oder sich selbst vorlesen, falls man gerade keinen Familienkreis zur Hand hat. Oder als Reiseführer einsetzen (vor allem, wenn man sich nicht besonders für Sehenswürdigkeiten interessiert). Nicht nur für Zürich, die lustigste Stadt der Welt. Es gibt auf diesem Feld beispielsweise einen Beitrag über Gran Canaria (Fehltritt in den Dünen), der hier in einer längeren Version erscheint (wie die meisten Sachen, die ursprünglich für Zeitungen, Zeitschriften und Magazine verfasst wurden, hier in ihrer oft längeren und meistens schärferen Ursprungsfassung erscheinen). Jener Gran-Canaria-Report hat damals einen Schwung von Leserbriefen ausgelöst, die meisten empörter Natur, gipfelnd im Verdikt eines besonders aufgebrachten Herrn, der mir »Verunglimpfung der Balearen« vorwarf, was irgendwie die Vermutung nahelegt, dass besagter Herr noch nicht allzu viele Reiseberichte in seinem Leben gelesen haben dürfte. Ich grüße ihn an dieser Stelle unbekannterweise recht herzlich!

Der Aufschrei nach Gran Canaria war allerdings ein leichter Seufzer verglichen mit dem Sturm der Entrüstung, den ich mit einer Würdigung Bob Dylans erntete (Verstehen Sie Bob Dylan?). Herr Dylan ist offenbar für einige Leute schlechterdings so was wie Jesus, und diese Jünger schrieben mir, wenn ich der Auffassung sei, Herr Dylan könne nicht so besonders gut singen, nun, dann solle ich es doch bitte selbst mal versuchen, das Singen! Okay. Ich greife diese Anregung gerne auf. Eines Tages werde ich das machen. In der Tat ist das schon lange ein heimlicher Traum von mir: irgendeine sinnlose Aufgabe im Showgeschäft. So wie Frau Jelinek. Naja. Eigentlich möchte ich ja irgendwann auch noch gern Sexualtherapeut werden. Oder Urologe. Sexualtherapeutische Hilfe jedenfalls finden Sie in diesem Buch massenhaft, zum Beispiel in Statt Sex, welcher Beitrag einen Überblick über die geeignetsten Kompensations- und Sublimierungsmöglichkeiten bietet, die anstelle des eigentlichen Aktes treten können. (Und zum Thema »Akt« lesen Sie bitte auch Akte der Menschlichkeit). Ich darf von mir behaupten, dass ich immer sehr gewissenhaft recherchiere, wenn ich irgendwas schreibe. Vor allem frage ich meinen Lebenspartner, der auf vielen Gebieten mehr weiß als ich (nur bei Stehlampen liege ich vorn). So erkundigte ich mich bei der Arbeit an Statt Sex bei Rich: »Weißt du noch einen guten Ersatz für Sex?«

»Na klar«, antwortete mein Lebensgefährte, »Sex mit dir

OK. Nochmals zurück zu Herrn Dylan. Nicht wenige Menschen also betrachten Bob Dylan mit religiöser Verehrung, etwa so wie Nancy Reagan ihren Mann betrachtet hat, zu ihren besten Zeiten, aber ich für meinen Teil mache kein Geheimnis daraus, dass mir Robbie Williams lieber ist als Bob Dylan. Doch im Anschluss an meine Liebeserklärung an Robbie (Can He Kick It?) erreichte mich lediglich eine Zuschrift meiner Als-ob-Schwägerin Jennifer, des Inhalts, ich solle die Finger von Robbie lassen, der gehöre ihr.

Neben der Darstellung berühmter und nicht-so-berühmter Leute finden Sie in diesem Band außerdem einige Aufsätze zum Themenfeld Sport und Körper (Ich bin sehr sport- und körperbegeistert. Ich trage sogar jetzt ein Suspensorium). Und, selbstverständlich, aber nur am Rande, einige bescheidene Anmerkungen zu jener Sphäre des Kulturgeschäfts, die manche Leute den »Literaturbetrieb« nennen – ein Betrieb, der nicht selten sehr unrentabel arbeitet, regelmäßig Ramschware hervorbringt, damit ganze Landstriche verseucht, und nebenbei ziemlich vetternwirtschaftlich organisiert ist. Zur Erhellung dieses Milieus dient unter anderem die Studie Spinne mit Hut, welche sich mit dem Phänomen befasst, dass Autoren immer so scheiße aussehen. Sie ahnen schon: Das Literaturmilieu ist für mich dasselbe wie für Kirstie Alley ein Leibchen in Größe S: Es passt mir nicht. (Und ein Leibchen in Größe S passt mir auch nicht! Lesen Sie dazu das Zürcher Tagebuch oder Die ideale Anschauung oder praktisch jeden anderen Beitrag in diesem Band.)

Natürlich will ich Ihnen nicht nur Kram auftischen, der schon mal gedruckt wurde, sonst kämen Sie am Ende noch auf den Gedanken, ich hätte bei der Konzeption dieses Buches nur den schnellen Reibach im Sinn gehabt. Ich versichere Ihnen: An Geld habe ich dabei überhaupt nicht gedacht. Ich habe an die Zukunft von Ewing Oil gedacht. So habe ich auf meine bescheidene, aber publicity-bewusste Weise auch brandneue, bisher unveröffentlichte Schöpfungen in diese Sammlung eingefügt. Etwa den Essay Der Tod steht ihm gut. Darinnen geht es ums Sterben, um die Abtritte berühmter Dichter von der bunten Bühne des Lebens (an der Oscar Wilde wahrscheinlich die Farbkombination bemängelt hätte), zum Beispiel um das bühnenreife Ableben des Dichters Hugo von Hofmannsthal, von dem die schöne Ansicht stammt, dass immer etwas Wundervolles entsteht, wenn das Leben sich die Mühe nimmt, ein Schicksal dichterisch zu behandeln. Und sei’s nur im letzten Moment.

Brandneu ist auch der mir persönlich sehr am Herzen liegende wissenschaftliche Aufsatz Der Ursprung der Materie, erklärt anhand der Kessler-Zwillinge, der, angesichts der Unmöglichkeit eines Vernunftschlusses auf die Existenz Gottes, zugleich Theodizeefunktion übernimmt, indem er Gott wenigstens von der Verantwortung für die Übel der Welt entlastet. Und wenn man es einmal geschafft hat, die Kessler-Zwillinge und den Ursprung der Materie in ein Verhältnis zu bringen, so ist es ein Leichtes, Paris Hilton und Elfriede Jelinek in Beziehung zu setzen, und, stellen Sie sich vor, auch das geschieht in diesem Buch (und zwar in Paris brennt nicht)!

Ohh, und noch ein Wort zu Herrn Hess, dem schönsten Schlachter der Schweiz. Ich glaube, es wird langsam Zeit, dass ich mich bei Herrn Hess in aller Form entschuldige, denn seit Jahren verpasse ich keine Gelegenheit, Herrn Hess ins Spiel zu bringen, Herrn Hess zu erwähnen, und notfalls schaffe ich mir die Gelegenheit (und notfalls mit Gewalt). Manche Menschen würden vielleicht sagen, dass ich pathologisch auf Herrn Hess fixiert bin, und obschon das in meinen Augen eine solide Grundlage für eine sehr schöne, harmonische Beziehung zwischen mir und Herrn Hess wäre, so habe ich doch den armen Herrn Hess eventuell durch diese beharrlichen literarischen Nachstellungen schon längst aus diesem Land oder vielleicht auch in einen anderen Beruf getrieben, und beides wäre gegen den Sinn der Schöpfung, und das wollte ich nun wirklich nicht.

Nein, ich habe bloß aufgrund meiner preußischen Erziehung (dazu mehr gleich anschließend in Über mich selbst) das Gefühl, ich hätte mein Dasein durch Arbeit zu rechtfertigen, und in meinen besten Momenten besteht diese Arbeit darin, ein Gitter wohlgeschliffener Verse aus dem edelsten Metalle zu schmieden, mit Sternen und Kristallen reich besetzt, und diesen Juwelenhaufen Herrn Hess aufs Haupt zu setzen als eine ungeheure Krone. Denn Herr Hess ist wunderschön und nichts an ihm ist problematisch. Und so was ist phänomenal! Und was wäre Kunst ohne Verherrlichung! Das ist mein Schicksal. Womit wir einen Bezug zum Titel hergestellt hätten, und wenn Sie den verstehen, melden Sie sich bitte bei mir, denn dann verstehen Sie mehr als ich. Jedenfalls ist das mein Schicksal, und ich bin, von gewissen Niederschlägen abgesehen, die das Showgeschäft so mit sich bringt, sehr happy mit meinem Beruf. Denn als Dichter kriegt man auf eine gesunde Weise soziale Anerkennung und hat noch Spaß dabei! Ja, für mich scheint der größte Vorteil des Schriftstellertums seit jeher in einem einfachen Motto zu liegen, in einem Motto, welches zugleich in entzückender Prägnanz das Kriterium für wirklich große Poeten (oder vielleicht Künstler überhaupt) auf den Punkt bringt: You can behave like an asshole and people find it amusing.

So viel zu meiner schlichten privaten Kunstreligion, die sich zwar vielleicht nicht mit Frau Jelinek, dafür jedoch problemlos mit dem Besitz eines Mercedes SL verträgt (letzteren liebe ich sehr und eigentlich wollte ich über dieses fantastische Auto auch noch was schreiben, aber dann hatte ich zu viel zu tun mit dem Einkauf von Stehlampen bei Laura Ashley und zahllosen Terminen für Bindegewebsanalysen bei einem schwedischen Masseur namens Sven, also müssen wir das verschieben). Mehr über Herrn Hess aber finden Sie unter Fleisch und Macht Sehnsucht wahnsinnig?

Manchmal jedoch geht das Schicksal dilettantisch vor. Zuweilen scheint es uns, als ob unser ganzes Leben eine verhängnisvolle Aneinanderreihung von Fehlern sei. In der Tat laufen wir ja alle mit dreißig bis vierzig Fehlern in unserer DNA herum. Die Berechnung des daraus resultierenden Risikos ist so komplex, dass sie undurchführbar ist, auch schon wenn man keine äußeren Unsicherheitsfaktoren miteinbezieht, wie etwa die unkalkulierbare soziale Bewegung in überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln (Das Straßenbahnunglück) oder das überraschende Zusammentreffen mit unliebsamen Bekanntschaften (Swiss Blanking). Und dann möchte man am liebsten im Raum-Zeit-Kontinuum beliebig herumspringen, um das Schicksal gewissermaßen bei den Haaren zu packen und die Zukunft zu ändern. Schwarzenegger würde das machen. Man selbst aber steht zum Beispiel vor Herrn Hess, aufgeregt wie ein kleines Mädchen vorm Gefängnistor, oder einfach bloß vor einem verloren gegangenen Schlüsselbund – und benimmt sich entschieden unvernünftig (und stellt sich unvernünftige Fragen wie: Soll man ein guter Mensch sein?). Und dann hasst man sein Leben. Von einer Party zur anderen. Da wird man ja nie richtig nüchtern. Ein Nicht-Alkoholiker geht da vor die Hunde. Ich bin ja selber schuld. Ich bin viel zu nett und werde daher immer wieder eingeladen … Wo war ich? Richtig: Wann immer ich mit einer dämlichen Realität konfrontiert werde, die selbst vor meinen bescheidenen Ansprüchen kläglich versagt, dann kommt mir, obschon ich sonst vielleicht nicht gerade fromm bin, ein Ausspruch der Heiligen Teresa in den Sinn. Es ist dies ein Zitat, das Truman Capote jenem Romanfragment voranstellte, mit dem er sich und seine Karriere endgültig ruinierte, ein Ausspruch, der sozusagen als Motto schwebt über vielen, wenn nicht gar sämtlichen Beiträgen dieses Buches und ihren Protagonisten: von den unglücklichen Einwohnern Bel Airs, für die das Paradies die Hölle ist, von Elizabeth Taylor und dem Herzog von Windsor und Sammy Davis, Jr. über den mitteilsamen Lakaien der Königin der Herzen und S.I. Newhouse IV. und Marlon Brando, Marlene Dietrich und Elisabeth Mann bis hin zu den rüstigen, Konfekt essenden Seniorinnen der Zürcher Bahnhofstraße. Der Ausspruch lautet:

Es werden mehr Tränen über erhörte Gebete vergossen

als über nicht erhörte.

Fragen Sie Frau Jelinek!

Das wär’s. Ansonsten ist mir noch aufgefallen, dass in diesem Buch andauernd Joan Collins erwähnt wird (nicht etwa Elfriede Jelinek). Aber das überrascht sicher niemanden. Ich wünsche gute Unterhaltung!

ÜBER MICH SELBST

Natürlich ist alles, was ich schreibe, über mich selbst. Böse Menschen aber behaupten manchmal, das Beste an meinen Veröffentlichungen wäre die angehängte Biografie.

Sie geht so:

Geboren am Sonntag, den 9. August 1970 in Berlin (West).

Es gibt ein bekanntes Zitat von Frau Marlene Dietrich, das lautet:

»Heimatstadt. Meine Heimatstadt ist Berlin. Ich bin Berlinerin und bleibe Berlinerin, und ich bin dankbar, dass ich Berlinerin bin.«

Ich müsste sagen:

»Heimatstadt. Meine Heimatstadt ist West-Berlin. Ich bin West-Berliner und bleibe West-Berliner, auch wenn West-Berlin untergegangen ist, und ich bin dankbar, dass ich West-Berliner bin.«

Es ist einigermaßen schwierig, Menschen, die niemals in West-Berlin gewesen sind, zu erklären, wie es dort war. Grob gefasst könnte man sagen: So ’ne Mischung aus Drei Damen vom Grill und Neros Rom.

Ich bin nicht nur dankbar, dass ich Berliner bin, sondern ich bin auch dankbar für meinen Bauchnabel. Ich habe eine ganze Theorie über den Bauchnabel. Die Art und Form des Nabels zeigt, ob der Arzt sich Mühe gegeben hat oder nicht, und das ist nach meinem Dafürhalten schon mal ein erster Hinweis darauf, ob man irgendwie willkommen war oder nicht. Mein Bauchnabel dürfte etwa so aussehen wie der von Nastassja Kinski, denn in beiden Fällen war mein Großvater der für die Abnabelung zuständige Arzt. Legendär ist die Ohrfeige, die mein Großvater Klaus Kinski zur Beruhigung verabreichte, als Herr Kinski seine Fassung zu verlieren drohte, denn verständlicherweise war er bei der Geburt seiner Tochter sehr aufgeregt. Und falls diese Ohrfeige, wie manch andere legendäre Anekdote, bloß eine Familienfama sein sollte, möchte ich bei den Resten der Kinski-Verwandtschaft um Nachsicht bitten (einerseits ist dies sicher nicht die schlimmste Geschichte, die über Klaus Kinski kursiert; und wenn man meinen Großvater kannte, so ist es andererseits durchaus vorstellbar, dass sie stimmt).

Ich erwarb die Allgemeine Hochschulreife an der Schadow-Oberschule in Berlin-Zehlendorf, einem gründerzeitlichen preußischen Institut aus rotem Backstein, das bereits meine Mutter besucht hatte. Meinen Schuljahren verdanke ich prägende Erlebnisse sowie lebens- und weniger lange Freundschaften. Ich bin gern zur Schule gegangen. Diese Zeit erscheint mir im Rückblick als vollkommen glücklich.

Wie es dort zuging, an der Schadow-Schule, zeigt eine kleine Szene, die ich auch aus dem Grunde hier wiedergebe, weil ebendiese Szene eine meiner allerersten Veröffentlichungen darstellt: Ich schrieb sie für die Abiturzeitung meines Jahrgangs, und die Hauptfigur darinnen ist Frau Sigrun Douvier, meine alte Deutschlehrerin, die ich an dieser Stelle herzlich grüße. Das kleine Stück trägt den Titel Die Deutschstunde und liest sich wie folgt:

Die Chronologie des Deutsch-Leistungskurses weist – abgesehen von den fünf legendären Meldungen Violas und der erst kürzlich von Marcus Clauss geäußerten Einschätzung der Buddenbrooks als Trivialroman – drei Höhepunkte auf, deren zeitliche Abfolge zugleich eine Steigerung ihres Effektes bedeutet:

Oktober 1988

Frau Douvier präsentiert die offizielle und halbendgültige Fassung der obligaten Bücherliste für das dritte Semester (Manuskript-Version; die Schreibmaschine blieb unerreichbar).

November 1988

Frau Douvier erscheint in einer agavengrünen Breitcordhose.

Februar 1989

Frau Douvier bleibt an ihrem Stuhl hängen:

FRAU DOUVIER sitzt vor dem Kurs. Sie sieht aus wie immer: schwarze Flachpumps, dunkelblauer, plissierter Rock, farblich identischer Wollsiegel-Pullover (V-Ausschnitt), die Uhr um den Hals geknotet. FRAU DOUVIER ergreift nun ein vor ihr liegendes Stück Kreide, um die nie benutzte Tafel mit einem tschechoslowakischen Schriftstellernamen zu beschreiben (dringende Forderung des Kurses), will sich zu diesem Zwecke erheben, verharrt aber in der kaum angesetzten Bewegung, sitzt starr, schweigt und schaut leicht bedrückt in den Kurs.

DER KURS schweigt ebenfalls plötzlich und blickt erwartungsvoll und ein wenig irritiert auf die rührungslose FRAU DOUVIER.

FRAU DOUVIER schaut konzentriert auf DEN KURS.

YVONNE isst eine Rumkugel.

DIE ZEIT vergeht.

FRAU DOUVIER beginnt nunmehr, auf ihrem Stuhl zunächst leichte, sich in ihrer Intensität aber rasch steigernde Ruck- und Reißbewegungen auszuführen.

DER KURS starrt indigniert auf die rutschende und zerrende FRAU DOUVIER.

FRAU DOUVIER [desperately]: Ich hänge!

DER KURS [herzlich]: Hoho!

So war das damals. Ich grüße außerdem meine alte Lateinlehrerin, Frau Bettina Bergmann (die überhaupt nicht alt ist). Frau Bergmann war es nämlich, die einmal bei irgendeiner sich bietenden Gelegenheit zu mir die Worte sprach: »Philipp, Sie werden sich eines Tages nochmal um Kopf und Kragen reden!«

Danach wurde es schwieriger. Es war Ende der achtziger Jahre, und alle wollten unbedingt Denver Carrington leiten – nun, jedenfalls wollte ich das, und so begann ich an der Hochschule St. Gallen die Welt der Wirtschaft zu studieren. Später studierte ich dann auch noch an der London School of Economics und an der Universität Zürich. Meine Eltern scheuten keinen Aufwand – und ich zeigte mich nicht immer dankbar, indem ich bisweilen gar keine Ambitionen an den Tag legte; zunächst, weil die Welt der Wirtschaft viel langweiliger ist als Dynasty (das ist eigentlich auch schon wieder eine Leistung); dann aber auch, weil ich andere Sorgen hatte, zum Beispiel meine Frisur. So dass man zu Hause schon anfing, sich Sorgen zu machen. Obschon mir die Studienstiftung des deutschen Volkes ein Hochbegabten-Stipendium verliehen hatte. Bis meine Mutter mir eines Tages bemerklich machte, dass das Aufgeben und Abbrechen irgendeiner Sache, zum Beispiel eines Studiums, gar nicht zu mir passe, dass es sich für mich nicht gehöre, es mir nicht stehe, dass ich selbst es nie verwinden würde, weil Aufgeben und Abbrechen gewissermaßen etwas sei, was direktemang gegen den metaphysischen Bauplan meiner Existenz gerichtet wäre, jenen Bauplan, der entworfen wird, bevor man ins Leben tritt. So ist man nun gedacht, und so muss man leben.

Und wie so oft hatte sie Recht, me jolly ol’ mutha, Grundschullehrerin und, offenbar, leidenschaftliche Schopenhauerianerin. (Sie hatte auch noch viel früher Recht, als sie mich vor der Anschaffung fünffarbiger Schuhe warnte. Da war ich fünf.)

Und ich ward dessen inne. Die Sehnsucht nach Tat, Sieg und Macht, die Begier, das Glück auf die Knie zu zwingen, flammte kurz und heftig in meinen Augen auf. So wählte ich zur Ökonomie noch das Fach Philosophie, und ich bot meinen ganzen Willen auf, einen fragwürdigen, durch Disziplin und Reflexion erlangten Willen allerdings, der jedoch eine ganze Weile durchhielt und jedenfalls für den Studienabschluss reichte, und zwar mit Summa Cum Laude, worauf ich, da es also quasi widerwillig passierte, ebenso stolz bin wie nebenbei auf meinen Führerschein, den ich gleichfalls gegen Widerstände und auch durchaus nicht Summa Cum Laude, sondern mit Ach Und Krach erwarb. Ich habe Schwierigkeiten, links und rechts auseinander zu halten. Angeblich ist dies Problem bei Linkshändern nicht selten. Auch sterben wir im Durchschnitt früher. Dafür gibt es überdurchschnittlich viele berühmte Linkshänder. Zum Beispiel Joan Collins. Nein, nur ein Scherz. Seitdem aber fahre ich begeistert Auto. Auch mit Ach und Krach.

Weiter. Ich muss mich jetzt ein bisschen beeilen, sonst dauert das hier ewig. Also: Fotomodell. Zum Beispiel wechsle ich die Reifen in der Bedienungsanleitung für ein populäres Automobil der Kompaktklasse. Dieser Wagen trägt den unpassenden Namen Smart – und jener Job führte mich für eine Woche in die Stadt Barcelona, wo viele bemerkenswerte Dinge passiert sind; ich glaube, ich muss darüber mal ein Buch schreiben. Und, da wir vom Schreiben sprechen: Im Jahre 2000 erschien mein erstes Buch Hübsche Versuche. Im darauf folgenden Jahr war ich für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert, gewann allerdings keinen Blumentopf. Das Unternehmen war trotzdem ein dankbares. Ich glaube, ich muss darüber mal ein Buch schreiben – so dachte ich damals bei mir, und, schwupp, 2003 erschien Ich bin ein Profi (worin es jedoch – und zum Glück! – nur zum Teil um den Bachmann-Preis geht.) Übrigens kann man auf den Bachmann-Seiten im Internet das Protokoll der damaligen Diskussion um meinen Wettbewerbsbeitrag nachlesen, und unter der Überschrift Deine Sorgen möcht’ ich haben wird dort die Bachmann-Jurorin Konstanze Fliedl zitiert mit der Auffassung, für sie gebe das von mir dargebotene Stück Prosa eine Deutung für die Ursache des Nazismus. (Ich danke meiner alten Hochbegabten-Freundin Meike Schnitzler, die mich auf diesen komischen Freudian Slip aufmerksam machte.) Im Herbst 2001 erhielt ich dann die Ehrengabe des Kantons Zürich für Literatur – sozusagen zum Trost (aber das war selbstverständlich bloß mein Empfinden).

Weiter: Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaftsforschung der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Ich habe auch schon Fachliteratur herausgegeben! Weiter: Doktorarbeit über den Einfluss des transzendentalen Idealismus auf das Werk Thomas Manns. Journalistische Praktika beim Westdeutschen Rundfunk Köln, der Zeitschrift Max (Hamburg) und dem Magazin Tempo (Hamburg). Beiträge für Anthologien (Alles Lametta gibt es auch als Taschenbuch) und vor kurzem erschien Love/Crazy unter der Herausgeberschaft des faszinierenden halbschwedischen Künstlers Gerhard Blum. Journalistische und essayistische Arbeiten u.a. für das Schweizer Fernsehen DRS (Zürich), Facts (Zürich), den Tages-Anzeiger und das Magazin des Tages-Anzeiger (Zürich), die Weltwoche (Zürich), die Wochenzeitung (Zürich), die Sonntagszeitung (Zürich), Glamour (München), Neon (München), Das Magazin (Berlin) sowie das Schweizer Radio DRS (Zürich).

Ich lebe in Zürich. Ich wüsste auf der ganzen Welt keine bessere Stadt, um dort zu leben. Es ist einigermaßen schwierig, Menschen, die niemals in Zürich gewesen sind, zu erklären, wie es dort ist. Grob gefasst könnte man sagen: So ’ne Mischung aus La Prairie und Neros Rom.

I.

Die Säulen der Gesellschaft

Alkoholverzicht löst keine Probleme

KÖNNEN WIR REDEN?

Sie kennen das: Auf irgendeiner Party krallt sich jemand an Ihnen fest und serviert eine Platitüde nach der anderen. Sie wussten noch nie, was man in so einem Augenblick erwidert? Hier eine Anleitung:

Ein Raum, von Talgkerzen erhellt, die im Tabaksqualm nur spärlich Licht geben. Leute. Alkohol. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen aussieht, Leser, aber ich selbst besuche eine Party nach der anderen. Oft trifft man dort Menschen, die den letzten Schrei tragen. Und häufig pflegen diese Zeitgenossen sich auch innerlich zu kleiden, wie es die Mode heischt. Das bedeutet: Sie erschöpfen sich darin, diejenigen Allerweltsmeinungen zu äußern, auf die sie sich mit ihresgleichen sofort einigen können. Es sind solche Charaktere, die uns in die Abhängigkeit von legalen Suchtmitteln getrieben haben. Gern benutzen sie Worte wie »Ausstrahlung«, »Schubladendenken«, »sympathisch« oder, vor allem, »spontan«. Und sie reden in Gemeinplätzen.

Durch Erfahrungen am eignen Leibe und durch sonstige Beobachtungen unterrichtet, wollen wir nun ein paar empirisch getestete Erwiderungen auf die ärgsten Platitüden zum Gebrauch empfehlen. Also Fluchtlinien, vermittels derer man aus Unterhaltungen rauskommt, die diesen Titel nicht verdienen. Man kann sich ja auch aus Treibsand befreien. Vielleicht verliert man die eine oder andere Bekanntschaft oder gilt als unsympathisch. Aber jedenfalls erreicht man so auch bei notorischen Motormündern eine kleine Pause der Verdutzung, in die man schnell was hineinsagen kann wie beispielsweise: »Entschuldigen Sie mich. Ich habe Champagner in der Nase. / Ich muss mir oben mal die Zimmeraufteilung ansehen. / Ich möchte zum Frauencatchen gehen. Bin gleich zurück. Verlieren Sie den Faden nicht!«

Beginnen wir mit einer Plattheit, die an Idiotie jeden Wettbewerb schlägt. Manche Menschen haben eine Stufenleiter der Werte in ihrem Leben aufgestellt und setzen diese Skala bereitwillig jedem Zuhörer auseinander. Ganz oben steht regelmäßig die Maxime:

»Es muss für dich stimmen.«

(schlimmer: »Du, es muss für dich stimmen.«)

Hört man nur in der Schweiz. Wird gern benutzt, um eine längere Rechtfertigung des eigenen Tuns oder Lassens abzuschließen (»Und dann sagte ich zu mir: Es muss für dich stimmen!«). Oder um dem Gegenüber bei der Abwägung irgendeines Tuns oder Lassens behilflich zu sein. Ist dabei genauso nützlich wie: »Mach’ doch einfach alles richtig.« Es muss irgendwie ganzheitlich stimmen. Kopf und Bauch müssen ja sagen. Man soll auf sich selbst hören. Das ist bloß etwas schwierig, wenn man sich selbst nicht entscheiden kann.

Fluchtlinien:

a) »Was? Was muss stimmen?«

b) »Was? Wieso für mich?«

c) »Nein. Es muss für Nancy Reagan stimmen.«

Wir kommen zur nächsten Abgeschmacktheit. Der gewöhnliche Mensch zeigt heutzutage viele Persönlichkeitszüge, die, in extremer Form, das Erscheinungsbild des pathologischen Narzissmus ausmachen. Eine hübsche Krankheit! Aber nur, wenn ungewöhnliche Menschen sie haben. Andernfalls hört sich das so an:

»Ich bin einfach zu nett!«

Oft vorgetragen als Erklärung für privates Versagen, mangelnde Durchsetzungsfähigkeit, totales Scheitern auf allen Gebieten und dergleichen. Wir alle kennen Menschen, die zu träge, zu schwach oder zu humorlos sind. Vielleicht auch noch zu schön. Aber zu nett? Nee. Kennen Sie jemanden, der zu nett ist? Der Dalai Lama?

Fluchtlinien:

a) »Zu fett?«

b) »Das hat Stalin auch immer gesagt.«

Die nun folgende Phrase beweist, dass in unserer übertechnisierten Welt bestimmte Risiken systematisch unterschätzt werden. Denn für einen Einwohner der westlichen Hemisphäre ist es dreißigtausendmal wahrscheinlicher, die nachstehende Floskel zu hören, als von einem Hai angegriffen und getötet zu werden. Die Floskel heißt:

»Wenigstens bin ich ehrlich.«

Es klingt wie ein Trost. Und lässt sich an jeden Unfug anhängen. Denn jeder Narr kann die Wahrheit sagen. Zum Beispiel: »Hm, du siehst überarbeitet aus. Na, wenigstens bin ich ehrlich.« Wer sich mit der Ehrlichkeit seiner trampligen Geschmacksurteile brüstet, hat die primitivste Regel nicht gelernt: Aufrichtigkeit ist der Gipfel schlechter Manieren. Gesellschaftliche Tugenden, also Witz, Phantasie und Höflichkeit haben zur Wahrheit ein sehr lockeres Verhältnis.

Fluchtlinien:

a) »Das Phantom muss die neue Dechiffriermaschine in unsere Hand bringen. Zum Glück hat Peking meine Flucht außer einigen Mitgliedern des Politbüros gegenüber geheim gehalten.« [freie Improvisation]

b) »Das hat Stalin auch immer gesagt.«

Nachdem wir diese drei Meisterstücke an Rechthaberei und Egozentrik bewältigt haben, ist die nächste Redensart eine Kleinigkeit für uns. Sie geht so:

»Frauen sind eben ganz anders als Männer.«

(Variante: »Männer sind eben ganz anders als Frauen.«)

Mit Vorliebe von Leuten geäußert, die unter dem Einfluss amerikanischer Fernsehserien oder deutschsprachiger Frauenzeitschriften stehen, also namentlich von Frauen und Homos. Diese Männer-Frauen-Theorien sind ausgereizt, abgedroschen und falsch. Ja, Frauen mögen einfühlsame Männer – oder Kerle mit Augenklappe und Motorrad, je nachdem. Ja, Männer mögen Sex ohne Verpflichtungen – oder sehnen sich nach Schmusebootsfahrten und emotionaler Abhängigkeit, je nachdem. Und manche stopfen sich Bohnen in die Nase und imitieren Barbra Streisand.

Fluchtlinien:

a) »Ist diese Hochzeit nicht wundervoll, Commander?« [Ich improvisiere immer noch. Es lief so gut.]

b) »Die Größe ist doch total unwichtig!«

c) »Der Faschismus ist immer das Erste in den Beziehungen von Männern und Frauen. Wissen Sie das nicht?« [Mit diesem Ingeborg-Bachmann-Zitat, an Dämlichkeit kaum zu überbieten, ist ein Moment der Ruhe garantiert!]

Zum Schluss noch was Schlüpfriges:

»Beim Sex ist Phantasie das Wichtigste.«

Ich wiederhole hier, was ich schon an anderer Stelle sagte: Das sind meistens die Leute, die einem plötzlich die Zunge in den Bauchnabel stecken oder eine Kassette mit Walfischgeräuschen einlegen, und man beginnt im Geiste, Einkaufslisten für den nächsten Tag zu schreiben und sich zu fragen, ob Wale eigentlich schlafen und ob es wohl eines Tages keine Waffen mehr geben wird aufgrund von Nina Hagens Super-Power-Gedanken. – Phantasie? Pah. Beim guten, alten Sex geht es im Wesentlichen darum, dass man einige Körperteile erkennt (und mit etwas Glück sind die erkenntlich) und einigermaßen bedienen kann. Und noch was: Sex in der Badewanne geht gar nicht!

Fluchtlinien:

a) »Nanu! Woher kommt plötzlich diese Saxophon-Musik?«

b) »Genau das hab’ ich gestern auf einer Tätowierung gelesen!«

c) »Tut mir Leid, aber im Augenblick sah ich nur, dass Ihr Mund sich bewegte. Ich habe kein Wort von dem verstanden, was Sie gesagt haben.«

Soweit unser kleiner Leitfaden. In den meisten anderen Fällen hilft:

»Da! Karl Lagerfeld!«

Ansonsten gilt: Not kennt kein Gebot! Schlagen Sie ihr Gegenüber mit seinen eigenen Waffen! Schöpfen Sie tief Atem und beginnen Sie mit: »Nach dem Trommelwochenende hab’ ich mich der Aquarellmalerei zugewandt, und das hab’ ich nie bereut, und ich sag’ Ihnen auch, wieso …«

Und bei ganz fiesen Kloppern wie:

»Die Schweiz ist mir zu eng«

bleibt schließlich bloß noch der Rückzug auf die älteste Regel des diplomatischen Corps: Keep stumm. Ich weiß hier kein anderes Mittel. Wenigstens bin ich ehrlich.

LUNCH

Meine alte Freundin Franziska ist endlich nach Zürich gezogen. Ich traf sie für eine Tasse Kaffee im Globus am Bellevue. »Was machst du im Moment?«, fragte Franzi. »Naja«, erwiderte ich, »im Grunde das Übliche, du weißt schon: die Schreiberei, um die Häuser ziehen, essen …«

In der Tat ist es so: Nach 20 Jahren Parties brauche ich langsam eine Lebertransplantation, meine Geschmacksnerven sind verödet, mein Gehör war auch schon besser, ich bin fast blind vom Zigarettenqualm – das Einzige, was intakt geblieben ist, ist: mein Appetit. Deshalb habe ich mein eigenes kleines Zwölf-Stufen-Programm entwickelt: Ich versuche, von Parties auf Lunches umzusteigen. Der gute alte Lunch ist so eine praktische Institution – und weit mehr als ein banales Mittagessen. Für mich handelt es sich um die ideale Verbindung von zwei meiner Lieblingstätigkeiten: reden und essen. Man kann Geschäftliches erledigen. Und dabei ohne soziale Ächtung bereits mittags alkoholische Getränke konsumieren, bevor man wieder einen mörderischen Arbeitstag beginnt.

Ein Lunch strukturiert aber nicht nur den Tag, indem er Leuten wie mir zu einer warmen Mahlzeit verhilft. Oder auch das anzeigt, was man »Mittagszeit« nennt. Oder welche Einteilung Leute wie ich für ihre Unmengen freier Zeit auch immer benutzen. Nein, durch regelmäßiges Lunching ordnet man sein ganzes Leben, insbesondere seine gesellschaftlichen Kontakte. Während nämlich alle Leute mittagessen (außer vielleicht Kate Moss), ist es nur eine bestimmte Kategorie von Menschen, die luncht. Zürich ist ohnehin nicht gerade groß, aber wenn man luncht, wird die Stadt noch kleiner. Man gerät in einen hermetischen Zirkel mit hermetischem Themenkreis: andere Leute (die lunchen), Botox, Autos, Bel Air, andere Leute (die lunchen).

Das ist angenehm, wenn man, wie ich, Übersichtlichkeit schätzt. Ich lunche mit Menschen, die ich zum Teil noch nie abends gesehen habe, und es gibt Menschen, die ich immer nur im selben Lokal sehe, zum Beispiel meinen Hedge-Fonds-Manager. In der Kronenhalle. Neulich haben wir da gerade wieder beim Lunch darüber gesprochen, dass Ferrari-Kofferräume viel zu klein seien – da sehe ich zwei Tische weiter die österreichische Generalkonsulin. Die Konsulin ist ihrerseits beim Lunch, und eine alte Regel sagt: Never Mix Lunches (NML-Regel), so dass wir uns nur über die Tische zuwinken.

Ich war kurz zuvor mit der Konsulin beim Lunch im Terrasse und erzählte ihr von der Schauspielerin Dinah Hinz, die ich auf einem Literaturfestival kennen gelernt habe. Von Frau Hinz kamen wir irgendwie auf den deutschen Regisseur Alexander Kluge, von dem ich nur kurze Zeit später bei einem Lunch mit Friedrich Dönhoff, dem Großneffen der verblichenen Gräfin erfuhr, dass er wirklich wahnsinnig umgänglich sei. Mit dem Grafen Dönhoff sprach ich außerdem über seinen Auftritt im deutschen Frühstücksfernsehen und über Bettina Dings … Böttinger sowie über meinen Hedge-Fonds-Manager und dessen Unterhaltung mit Nicole Kidman neulich in einer Hotelbar in Singapur … oder war das Shanghai? Nein, wahrscheinlich Singapur. Ich verwechsle immer Singapur und Shanghai, so wie ich auch andauernd Budapest und Bukarest verwechsle. Weiterhin sprach ich mit Fritz Dönhoff über die Bedenken meines Hedge-Fonds-Managers gegen einen Eintritt in den Bentley-Club sowie über die schockierenden Fotos von Meg Ryans aufgepumpter Oberlippe im National Enquirer. Nein, halt, über Meg Ryans Oberlippe habe ich mit Michaela Monschein gesprochen, der Chefin vom Organisationskomitee des Ingeborg-Bachmann-Preises. Sowie über die Frisur von Benita Ferrero. Oder war das mit meiner Lektorin? Nein, halt, mit meiner Lektorin gehe ich zwar zum Lunch, aber noch lieber in die Delikatessa-Abteilung im Globus an der Bahnhofstraße, wo wir regelmäßig Elvira Netzer begegnen. Aus welchem Anlass ich neulich in der Kronenhalle meinem Hedge-Fonds-Manager erklärte, wie großartig ich Günther Netzer finde. Oder habe ich das zu Herrn Ackermann gesagt? Verzeihung. Das sind die Entzugserscheinungen. Ich bin dem Alkohol verfallen. Was uns zur zweiten Lunching-Regel bringt: Never Let Show (NLS-Regel). Das bedeutet: Man setzt eine freundlich-interessierte Miene auf, auch wenn man eine Geschichte zum zweiten Mal hört. Oder zum dritten Mal. Und nun entschuldigen Sie mich. Mein Glas ist halb voll, und in der Welt des Lunching bedeutet das: Wo ist mein Kellner?

SWISS BLANKING

Sie kennen das: Sie stehen auf einer Literaturpreisverleihung/ einer Schiffstaufe/einer Hundebeerdigung und unterhalten sich mit irgendjemandem darüber, wie grauenhaft ungerecht das indische Kastensystem ist, da nähert sich im indirekten Blickfeld jemand, den Sie von irgendeiner Buch-Vernissage/Modenschau/Hundebeerdigung kennen. Die Person steuert auf Sie zu und erreicht die kritische Distanz von 300 Zentimetern: die Hallo-Distanz. Also sagen Sie hallo in irgendeiner gesellschaftlich akzeptierten Form (Grußwort/kurzer Wink mit der Hand/Kopfnicken). Und die Antwort ist: nichts. Absolut nichts. Der Gegrüßte starrt durch Sie hindurch oder sieht plötzlich woanders hin, setzt eine Grabstein-Miene auf und bewegt sich weiter.

Für dieses Ignorieren in Gesellschaft, dessen Peinlichkeit frappierend ist, gibt es in England, dem Mutterland der guten Form, einen speziellen Begriff: Blanking (von blank = leer; ausdruckslos). Jemand, der diese Unsitte praktiziert, ist also ein Blanker. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Blanking ist immer unmanierlich. Natürlich passiert es dann und wann, dass man Leuten über den Weg läuft, die man eigentlich lieber nicht treffen würde. Und, geben Sie’s zu: Sie haben auch schon mal so eine unliebsame Bekanntschaft ignoriert, oder? Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich im Laufe der Jahre eine perfekte Übung darin entwickelt habe, durch Leute hindurchzustarren. Heute könnte sich selbst, sagen wir, Ariel Sharon vor mir aufstellen, und ich könnte mühelos durch ihn hindurchstarren. Aber eigentlich gehört sich das nicht. Selbst in Fällen von abgelegten Liebhabern oder schwierigen Geschäftskontakten ist ein kurzes Hallo plus eine freundliche Platitüde immer die zivilisiertere Lösung. Wenn man gesellschaftlich einigermaßen aktiv ist, passiert es einem natürlich auch dann und wann, dass man Leuten über den Weg läuft, deren Namen man vergessen hat. Aber man muss nicht wissen, wie jemand heißt, um ihn zu grüßen. Ich habe mich zum Beispiel neulich etwa 20 Minuten lang mit einem größenwahnsinnigen Lifestyle-Journalisten unterhalten, ohne mich im Geringsten an dessen Namen erinnern zu können. Dann hat mir dieser Mensch auch noch seine Ehefrau vorgestellt. Die Gattin sagte dabei keinen richtigen Ton und starrte durch mich hindurch. Sie ignorierte mich, während sie mir vorgestellt wurde.

So was ist natürlich sehr unbeholfen. Aber es gibt wahre Meister-Blanker, die es aufgrund jahrelangen Trainings etwa vermögen, auch auf der kleinsten Dinner-Party ihren Tischnachbarn kunstvoll zu ignorieren, während sie gleichzeitig zur anderen Seite hin die herzlichste Konversation unterhalten. Auch der umgekehrte Fall der oben geschilderten Paar-Konstellation kommt nicht selten vor: Die eine Hälfte eines Paares wird von einem Blanker ignoriert, die andere begrüßt. Darüber hinaus gibt es Leute, die andere nur ignorieren, wenn sie selbst nüchtern sind. Und jene, die einen zum Beispiel in einem Nachtclub nicht mehr zu kennen scheinen, obschon man sich gerade vier Stunden vorher mit ihnen auf einem Botschaftsempfang auf das Angeregteste unterhalten hat (so genanntes »offshore blanking«). Und schließlich existieren, besonders in der Welt der Medien, Figuren, die einen nur ignorieren, wenn sie in vermeintlich wichtiger Begleitung sind. Diese besonders bornierte Abart ist auch bekannt als »investment blanking«: Der Blanker pflegt seine vermeintlich wichtigen Bekanntschaften, indem er alle anderen Bekanntschaften ignoriert – bis auf jene, die keine Bedrohung darstellen und/oder Eindruck machen können.

Früher, als Unnahbarkeit noch zur Berühmtheit gehörte, war das Blanking ein geradezu überlebensnotwendiges Verhaltensmuster für große Prominenz. Jacqueline Kennedy, von der überliefert ist, dass sie das Durch-Dich-Hindurchstarren zur Vollendung brachte, hätte sich ohne diese Technik überhaupt nicht im öffentlichen Raum bewegen können. Wenn man aufdringliche Bewunderer nicht zu sehen vorgibt, existieren sie ja quasi gar nicht. Die zeitgenössische, weithin gesellschaftlich praktizierte Form der Nicht-Beachtung kann oft als degenerierte Abart des Berühmtheits-Blanking durchgehen: Allerwelts-Blanker mögen sich vielleicht ein bisschen besonders vorkommen, wenn sie grußlos weiter eilen, auch wenn niemand auf sie wartet. Jedesmal, wenn sie gegrüßt werden, aber nicht zurückgrüßen, fühlen sie vielleicht einen kleinen Schauer der Überlegenheit. Lächerlich, nicht wahr?

Sehr wahrscheinlich aber ist es seltener Pseudo-Hochmut, der Blanking inspiriert, als vielmehr die übliche Ursachenkombination für schlechtes Benehmen: eine Kombination aus Trägheit, Unsicherheit, Blindheit, Geistesabwesenheit und Unerzogenheit. Blanking ist das wortkarge Armutszeugnis der Abgestumpften, der sinnlos Bornierten und der Verklemmten. Es ist peinlich für jeden und beeindruckt niemanden. Es ist asozial und etwa so soziopathisch wie andere Leute mit Nadeln zu pieken. Zum Glück aber gilt auch hier, wie in den meisten menschlichen Beziehungen, der alte Mechanismus der perversen Reziprozität: Die meisten Leute grüßen um so freundlicher, je eher man sie ignoriert.

BETRINKEN MIT VERSTAND

Das Warnplakat sagt: »Ein Glas zu viel, und Sie wachen am nächsten Morgen neben einem Fremden auf.« Das aber ist doch der ganze Sinn von Alkohol! Und ein Glas zu viel ist gar nichts, wenn man’s richtig macht. Nämlich so:

Die Saison steht bevor. Open Airs, Barbecues, Gartenparties, Hochzeitsempfänge. Natürlich braucht man keinen Alkohol, um das schön zu finden. Nur, um es noch zu steigern. Alkohol ist aus drei Gründen praktischer als illegale Rauschmittel wie Kokain oder synthetische Amphetamine: Erstens braucht man in der Regel mehr Zeit, um Alkohol zu konsumieren, und bei den meisten gesellschaftlichen Anlässen geht es ja nicht zuletzt darum, die Zeit rumzubringen. Zweitens ist Alkohol eine gesellschaftlich akzeptierte Entschuldigung für beinahe jeden Ausrutscher, selbst wenn er 55 Stunden dauert, so wie die Ehe von Britney Spears. Drittens kann man Qualität und Wirkung alkoholischer Getränke mit etwas Erfahrung gut einschätzen. Dabei steigt die Wirkung kontinuierlich mit dem Konsum, das heißt es besteht keine Gefahr, dass einem alle anderen Leute schlagartig irre nett und attraktiv vorkommen. Dafür muss man im Gegenteil ziemlich viel kippen.

Das ist natürlich auch mit Risiken verbunden. Die professionelle Barfliege hält sich daher an einige Regeln, die längst allgemein bekannt sein dürften (aber trotzdem häufig unbeachtet bleiben). Zum Beispiel sollte man sich rüsten, indem man vor dem Trinken (und, wenn möglich, auch zwischendurch) was Solides isst, etwa vier bis fünf Käsebrote. Außerdem sollte man wissen, womit man sich betrinkt. Beachten Sie insbesondere die Wirkungsverzögerung bei Cocktails. Beachten Sie auch die Tageszeit: Bei Anlässen am Vormittag ist nur der Konsum von Champagner und Bloody Mary sozial unauffällig. Unter keinen Umständen sollte man vormittags irgendwas trinken, was in Dosen kommt. Und niemals sollten Sie in einem Tempo trinken als würde Ihnen demnächst jemand das Glas entreißen.

Während man also bei einer Getränkesorte bleibt, wechselt man mit Vorteil regelmäßig die Bars, sofern bei dem fraglichen Anlass mehrere vorhanden sind. So kann niemand Ihren Verbrauch nachzählen. Vermeiden Sie vertrauliche Gespräche mit dem Barpersonal. Falls Sie eine Frau sind, bedenken Sie, dass Sie nur halb so viel vertragen wie ein Mann (das liegt am Östrogen). Und auch wenn Sie ein Mann sind, sollten Sie Ihre Alka-Seltzer-Dosis noch in der gleichen Nacht einnehmen, also bevor Sie ins Koma fallen, nicht erst am Tag danach.

Warnzeichen: Sie trinken zu auffällig, wenn Sie vom Barman namentlich begrüßt werden. Sie trinken viel zu auffällig, wenn Sie vom Barman mit den Worten begrüßt werden: »Gin Tonic?« Sie trinken unkontrolliert, falls Sie bei gesellschaftlichen Unterhaltungen andauernd Tabuthemen diskutieren. Es sind dies vor allem: Politik, Religion, Löööüü