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Silke Arends

Das
Nordseefischerkochbuch

Rezepte & Geschichten

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Koehlers Verlagsgesellschaft · Hamburg

Alles im Lot auf’m Boot,
alles in Butter auf’m Kutter …
(frei nach Käpt’n Blaubär)

Für den einen ist es Küstenkitsch, für den anderen ist es das höchste aller maritimen Gefühle:
ein Spaziergang durch einen Hafen, in dem sich Kutter aneinanderschmiegen und die Luft von dem
erfüllt ist, was das Meer an Sehnsüchten hervorbringt.

Die Fischer, die dort mit ihren Schiffen festmachen, sind mit Seewasser getauft, denn schon
ihre Urgroßväter wussten den richtigen Kurs zu den besten Fanggründen. Tagelang sind sie auf
dem Meer, um das frisch anzulanden, was sich andernorts auf den Speisekarten wiederfindet.

Kein Wunder, dass die Fischer auch selber wissen, was schmeckt. Sie wissen, was Leib
und Seele zusammenhält, wenn sie – von Wind, Wellen und Möwengekreisch begleitet – auf See
unterwegs sind.

Im Nordseefischerkochbuch erfahren Sie von Menschen, die sich ihrem Beruf und der Nordsee
verschrieben haben, lernen Sie das Leben an Bord kennen, machen Bekanntschaft
mit Seemannsgarn und Netzflickern, und Sie erfahren, dass manche schwankende
Kombüse ein Ort kulinarischer Entdeckungen sein kann.

Vom ostfriesischen Fischerdorf Ditzum bis hinauf zur schleswig-holsteinischen
Insel Pellworm habe ich entlang der Nordseeküste zwei Handvoll Kutterfischer
besucht und dabei Geschichten gehört und originelle Rezepte ausprobiert,
die Lust aufs Meer und noch mehr machen: Appetit!

Silke Arends

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Anton Bruhns

STIENE BRUHNS – DIT3

A

nton Bruhns ist nicht gezwungen worden,
er hat es einfach gemacht. Er ist Fischer
geworden, weil sein Vater einer war und deren
Vorfahren ebenfalls. So lässt sich die Linie der
Ditzumer Familie bis in das Jahr 1760 verfolgen.
Entsprechend traditionsreich ist auch der kleine
Muhdehafen an der Ems, in dem sich heute
sechs Kutter die Anlegeplätze teilen – in farben-
froher Abfolge und vereint durch den Zunamen
»Bruhns«. »Ich war als Kind immer mit meinem
Vater unterwegs und dermaßen wasserverliebt,
da konnte ich gar nichts anderes werden«, er-
zählt Anton Bruhns augenzwinkernd. Also fing
er mit 17, gleich nach Beendigung seiner Schul-
zeit, beruflich mit dem Fischen an.

Das war 1976. Seither ist viel Wasser die
Ems rauf und runter geflossen, hat sich man-
ches im Fischereigewerbe gewandelt. Anton
Bruhns’ Leidenschaft, »rauszufahren«, ist ge-
blieben. Von März bis Dezember ist er mit der
Stiene Bruhns – DIT3 auf See, um Krabben
zu fangen. »Wenn es möglich ist, versuchen wir,
in der Emsmündung Krabben zu fangen, und
löschen dann zweimal in der Woche in Ditzum.
Wird das Granatvorkommen saisonbedingt we-

niger, fischen wir von April bis Juli oder auch
im August Seezungen und andere Plattfisch-
arten.« Steuern die beiden Fischer Fanggebiete
entlang der Küste Schleswig-Holsteins oder Dä-
nemarks an, kann so ein Törn auch schon mal
eine Woche und länger andauern. Möglich wird
dies, weil die 1995 in Oldersum gebaute Stiene
Bruhns ein Stahlkutter mit entsprechend großer
Kühlraumkapazität ist. Sechs Tonnen, also
6.000 Kilogramm oder 300 Kisten, kann Anton
Bruhns unter Deck bunkern.

Seit zehn Jahren sind Anton Bruhns und
Timo Borg, der seine Lehre auf dem Kutter
POG1 gemacht hat, ein eingespieltes Team. Der
Koch an Bord ist der 53-jährige Kapitän. So wie
er seine schwarze Wollmütze das ganze Jahr
trägt – als Markenzeichen und Maskottchen
zugleich. »Bei Schlechtwetter gibt es nur Sup-
pe«, schmunzelt der bekennende Feinschmecker,
der mit seiner Frau Hinriette zu Hause gerne
am Herd fachsimpelt. »Bei langen ›Hols‹ habe
ich natürlich die Zeit, aufwendiger zu kochen.
Und dann gibt es oft Fisch, und das in allen
Variationen.« Entsprechend ausgerüstet zeigt
sich die gepflegte Kombüse der Stiene Bruhns,

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»Kabeljau-Spinat-Auflauf« (für 2 Personen)

Zutaten:

400 g Kabeljaufilet
600 g frischer Blattspinat
2 Schalotten
2 Knoblauchzehen
2 Eier
50 ml süße Sahne
150 ml Crème fraîche
1 Esslöffel Zitronensaft
50 g Käseraspel (z. B. Gouda)
Butter
Gewürze: Salz, Pfeffer,
Muskatnuss, Cayennepfeffer

Zubereitung:

Den Fisch abspülen, trocken tupfen und in feine Streifen schneiden. Mit Salz, Pfeffer
und Zitronensaft würzen und beiseite stellen. Die Schalotten und den Knoblauch
schälen, fein schneiden und in etwas Butter andünsten. Den Spinat waschen, trocken
schleudern und dazugeben (man kann man auch tiefgefrorenen Blattspinat verwenden).
Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Den Backofen auf 180 °C vorheizen. Eine
Auflaufform ausfetten. Die Sahne mit der Crème fraîche, den beiden Eiern und den
Käseraspeln verrühren und die Mischung kräftig mit Salz, Pfeffer und Cayennepfeffer
würzen. Den Blattspinat gut ausdrücken und die Hälfte auf den Boden der Auflaufform
geben. Die Hälfte des Fischfilets darauf verteilen, wieder Blattspinat und dann
den restlichen Fisch aufschichten. Abschließend die Sahne-Käse-Eier-Mischung
gleichmäßig darauf verteilen. Im Backofen auf mittlerer Schiene (160 ° Umluft) zirka
25 Minuten garen. Sofort servieren. Dazu schmeckt Basmatireis.

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»Annäus-Suppe« (für 2 Personen)

Zutaten:

350 g Krebsfleisch (entspricht ca. sechs Taschenkrebsscheren,
bekannt als »Helgoländer Knieper«)
1 Stange Porree
1 Zwiebel
1 Knoblauchzehe
1 kleines Glas Weißwein

Fischfond
Hummerpaste
Butter
Crème fraîche
Dill
Gewürze: Salz

Zubereitung:

Die Krebsscheren in kochendes Salzwasser legen und sie zirka 15 Minuten bei geringerer Hitze
darin ziehen lassen. Den Porree, die Zwiebel und die Knoblauchzehe klein schneiden und in Butter
andünsten. Den Wein hinzugeben, das Ganze ein wenig einköcheln lassen und die Brühe hinzufügen
(ein Liter Wasser mit entsprechender Menge Fischfond). »Für den Geschmack und für die Farbe
sollte man noch einen ordentlichen Teelöffel Hummerpaste einrühren«, verrät Anton Bruhns. Das
gegarte Krebsfleisch aus den Scheren lösen (kein leichtes Unterfangen!), das Fleisch zerkleinern und
zu guter Letzt in die heiße Brühe geben. Die Suppe mit etwas Dill verfeinern und beim Anrichten
mit einem Klecks Crème fraîche pro Teller servieren.

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