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Alexander Purger

Nieder mit dem Zentralismus!

Leykam

Einleitung

Beim Bau der ersten großen Eisenbahnlinie in Russland zwischen Moskau und St. Petersburg konnten sich die Fachleute nicht auf die Trassenführung einigen. Man bat also den Zaren, eine Entscheidung zu treffen und die Route festzulegen. Der nahm die Landkarte und zog einfach mit einem Lineal eine Linie zwischen den beiden Städten. Dabei stand eine Fingerkuppe des Herrschers etwas vor, und genau so wurde die Bahnlinie dann von den Experten gebaut: schnurgerade, mit einem kleinen gekrümmten Abschnitt in der Mitte. Das ist Zentralismus.

Zentralismus bedeutet praxis- und bürgerferne Entscheidungen in einer wuchernden Bürokratie zu hohen Kosten. Dennoch gilt er in der heimischen politischen Debatte als Allheilmittel für alle Probleme (woran die unheilvolle Rolle der Bundesländer nicht ganz unschuldig ist). Dabei würde ein Blick über die Grenzen genügen, um sich von den Vorteilen eines echten Föderalismus überzeugen zu können. Die Schweiz hat im Unterschied zu Österreich eine Universität von Weltgeltung, eine bestens ausgerüstete Armee und auch sonst alles, was ein Staat haben muss, allerdings – wiederum im Unterschied zu Österreich – zum Preis einer beneidenswert niedrigen Steuerbelastung (Mehrwertsteuersatz: acht Prozent!) und einer ebensolchen Staatsverschuldung. Das ist Föderalismus.

Und was hat eigentlich Österreich?

Die Frage, ob Österreich zentralistisch oder föderalistisch regiert wird, ist schwer zu beantworten. Das Land verfügt über ein Mischsystem, das von beiden Modellen nicht das Gute, sondern das Schlechte übernommen hat. Das Ergebnis ist ein heilloses Durcheinander, für das Helmut Qualtingers berühmter Ausspruch „Österreich ist ein Labyrinth, in dem sich jeder auskennt“ nur bedingt gilt. Denn in diesem bürokratischen Irrgarten steht nur eines wirklich fest: dass er unendlich teuer ist.