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Über dieses Buch:

Ludwig ist groß, stattlich und auch ein bisschen wampert. Am liebsten mag er es ruhig und gemütlich, sonst wird er grantig. Er ist ein waschechter Bayer – und ein Kater. Ludwig weiß genau, wie er das bekommt, was er will: Er setzt sich auf die Hinterbeine, rudert mit den Vorderpfoten, und die Menschen sind entzückt. Was sie nicht ahnen können: Kater Ludwig ist ein richtiger Draufgänger und erlebt allerlei Abenteuer – die manchmal fast ein bisschen zu gefährlich sind …

Über die Autoren:

Hans Fischach (1922 – 2008) wuchs in München auf. Nach einer Ausbildung an der Deutschen Meisterschule für Mode war er als freischaffender Graphiker für führende in- und ausländische Zeitschriften, Firmen und Agenturen tätig. Ab 1972 arbeitete er als Lehrer an der Deutschen Meisterschule für Mode. Neben seiner Arbeit als Buchillustrator, Zeichner und Künstler verfasste er Kommentare in Modezeitschriften und schrieb zahlreiche Bücher.

Renate Fischach-Fabel, geboren 1939 in Berlin, wuchs in Bayern auf. Schon als Kind dachte sie sich Geschichten aus und wollte „Gedichterin“ werden. Mit 14 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman über eine Reise nach Italien. Während ihrer Buchhändlerlehre beim Goldmann Verlag veröffentlichte sie zahlreiche Kurzgeschichten in Tageszeitungen und Frauenzeitschriften, unter anderem in der „Madame“. Dort arbeitete sie schließlich sogar als stellvertretende Chefredakteurin und verfasste viele weitere Romane.

Bei dotbooks erscheinen Ein Kater namens Rasputin sowie Zwei Männer sind nicht genug.

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Neuausgabe Oktober 2015

Copyright © der Originalausgabe 2006 Druckerei und Verlagsanstalt »Bayerland« GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2015 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung einer Illustration von Hans Fischach

E-Book-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-315-6

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Hans Fischach & Renate Fabel

Kater Ludwig

Roman

dotbooks.

Ich und die andern

Ich bin ein bayrischer Hauskater und heiße »Ludwig«. Früher haben sie mich »Maunzi« genannt und noch früher »Bubili«. »Bubili« war mir immer zu kindisch, und darum hab’ ich auch nicht darauf gehört. Auf »Maunzi« aber auch nicht. Und auf »Ludwig« hör ich nur, wenn ich mag. Dabei ist das ein schöner Name und ein sehr seltener, wie ich annehme, denn ich kenne niemand, der Ludwig heißt. Wahrscheinlich gibt es – außer mir – überhaupt nur zwei: einen »Ludwig II.«, von dem der Mensch, der zu mir gehört, immer redet – also muß es auch einen Ersten geben – und ich bin der Dritte. Von dem berühmten Ludwig, den mein Mensch so verehrt, weiß ich nur, daß sie ihn umgebracht haben, mit Wasser! – Wie zwei von meinen Gschwisterln, wie sie noch ganz klein waren. Das war gemein! –

Vor Wasser hab’ ich eine furchtbare Abneigung.

Geboren bin ich im untersten Fach von einem alten Schreibtisch. Da war es dunkel und ruhig und sehr gemütlich. Wir waren zu viert. Einen Bruder hab’ ich gehabt und zwei Schwesterl. Die haben sie aber bald weggebracht. Meine Mamma hat sie zuerst stundenlang gesucht, aber dann hat sie es aufgegeben und hat sich beruhigt und gesagt: Vielleicht ist es ganz gut so. Man muß immer froh sein, wenn die Mädchen bald untergebracht sind. Es dauert nicht lang, und dann kommen sie selber mit Kindern daher und dann wird’s eng, und man hat nur Scherereien.

Meinen Babba hab’ ich nicht gekannt, obwohl er noch gelebt hat – und vielleicht immer noch lebt! –, aber alle Katzen in der Gegend erzählen mit Bewunderung von ihm und verdrehen dabei die Augen. Die Kater weniger, weil sie fast alle vom Babba furchtbare Prügel gekriegt haben.

Meine Oma gibt es noch. Sie steht auf einem kleinen Brett an der Wand und hat zwei verschiedene Augen. Ein grünes und ein goldfarbiges, und sie ist jetzt ausgestopft. Sie muß sehr schön gewesen sein mit ihren zweierlei Augen, obwohl sic manchmal ein bißchen geschiaglt hat, wenn es bei Gewitter blitzt. Das hat mir die Mamma erzählt.

Mein kleines Brüderl war ein netter Kerl, den ich gern mögen hab’; rot-weiß-gestreift war er, mit einem ganz buschigen Schwanz – wie die Oma. Leider war er furchtbar ängstlich und vielleicht auch nicht sehr gescheit. Wenn er einen Schreck gekriegt hat, dann ist er immer ganz krumm geworden und hat eine Zeitlang nicht mehr richtig laufen können. Einmal ist ein Postwagen ganz rasch um die Ecke gekommen, da hat es ihm einen Riß gegeben, und er ist wieder ganz krampfig geworden und ist nicht schnell genug weggekommen. Und aus war’s!

Jetzt war ich mit meiner Mamma allein übrig, und das war sehr gemütlich. Sie hat mich oft lange angeschaut und dann immer gesagt, daß ich sie sehr an den Babba erinnere, und sie glaubt, ich werde genau so ein wilder Brockn wie er …

Alle sagen, daß ich ein besonders schöner Kerl bin – das glaub’ ich auch! Groß und stattlich und jetzt – im Alter – – na ja, »recht fest«, sagt man halt bei uns. Die Gschertn sagen »foast« oder »wampert«, aber das macht nichts. So was gibt’s bei uns in Bayern öfter. Auch bei Menschen!

Ich bin hell- und dunkelgrau getigert und habe ganz giftgrüne Augen. Mit mir kann man sich schon sehen lassen! – Ich muß allerdings zugeben: früher war ich umgänglicher als heute. Ich konnte immer schon von alleine aufrecht auf den Hinterbeinen sitzen und dabei so ein bißchen mit den Vorderpfoten rudern. Wenn ich das gemacht habe, waren die Menschen, die es gesehen haben, ganz weg – – »Schau, wie er bitte-bitte macht«, haben sie gerufen, und ich habe alles gekriegt, was ich wollte. – Denen kann man leicht eine Freude machen!

Angst hab’ ich keine! – Warum auch? – (Außer vor Wasser!) – Ich habe an allen vier Pfoten rasiermesserscharfe Krallen, ich hab’ Zähne, kann einen Buckel machen und die Haare aufstellen, daß einem das Fürchtn kommt, kann ganz schön laut fauchen, und wenn alles nichts nützt – bleibt mir immer noch das Davonsausen. Da kann nichts schiefgehen!

Früher war ich manchmal schon ein wenig schißrig, aber da ist einmal etwas passiert, da habe ich gemerkt, daß es eine Dummheit ist, Furcht zu haben, und daß man nur darauf schaun muß, daß die anderen noch mehr Angst vor einem selber kriegen.

Ich bin oft auf dem Schrank zwischen den Krügerln mit den Zinndeckeln gehockt und hab’ vor mich hingedöst. Eines Tages hing neben mir an der Wand eine neue braune Uhr mit allerlei geschnitztem Zeug um das Zifferblatt und obendrauf einem Hirschgeweih. Unten waren die Gewichte an dünnen Ketten, und der Perpendikel ging hin und her. Ich hab’ das schon gekannt; so ein ähnliches Ding haben wir auch in der Küche gehabt, nur ohne so viel geschnitztem Zeug dran. Plötzlich tut die neue Uhr einen Schnarrer, und über dem Zifferblatt geht ein Türchen auf, und ein Piepvogel schießt heraus und plärrt mich an, daß es mich vor lauter Schreck fast vom Schrank gerissen hätte. Dann ist er wieder hinein und gleich wieder heraus – und hinein und hinaus – und jedesmal hat er ein Geschrei gemacht, das einem durch und durch ging. Es hat mich fast umgehaut! – Aber dann hab’ ich mir gedacht: Wart nur, Bürscherl, du kommst mir grad recht! – Und ich hab’ auf ihn gepaßt und gewartet. Er hat sich lang nicht gerührt, und ich hab’ schon gemeint, er hat was gespannt. Wie die Kirchturmuhr geschlagen hat, ist er, scheint’s, wieder aufgewacht, und er hat wieder mit seinem Geplärr angefangen. Aber nur dreimal! …

Ich hab’ leicht hinüberlangen können, und wie er zum vierten Mal aus seinem Türl herausgeschossen ist, da hab’ ich ihm eine gewischt, daß es ihn von seinem Stangerl gehaut hat. Jetzt liegt er auf dem Boden, und eine Ruh’ ist wieder bei mir da heroben. – Man muß nur richtig hinlangen!

Der Mensch, der bei der Mamma und mir gewohnt hat, war der Watzlinger. Er hat mich »Bubili« genannt und war Ausstopfer. Meine Oma, auf dem Brett an der Wand, hat er auch ausgestopft. In der Werkstatt und auch in der Wohnung gab es eine ganze Menagerie von Viechzeug; Vögel und Marder und Frettchen und sogar einen riesigen Bussard mit ausgebreiteten Flügeln. Der sah schon ein wenig unheimlich aus. Aber sie waren alle tot und haben unter dem Fell und den Federn nur Holzwolle und Sägemehl gehabt. Einen dreibeinigen Fuchs hatte er auch dabei, das vierte Bein ist in der Falle geblieben, und der Watzlinger hat ihm ein neues aus Plastik gemacht. Man merkte es fast nicht, so schön war es. Immer wieder kamen Leute mit einem toten Kanari oder einem Goldhamster oder einem Meerschweinchen und haben es ausstopfen lassen. Wenn sie wiedergekommen sind, um es abzuholen, haben sie oft ihre Kinder mitgebracht, und denen sind dann die Tränen heruntergelaufen, wenn sie ihr Viech wiedergesehen haben.

Der Watzlinger war eine gute Haut. Jeden Abend hat er mich aus der Werkstatt in die Wohnung hinaufgetragen –, dabei sagte er jedesmal: »Komm, Bubili, dean ma Betti gehn« –, dann ist er gleich wieder hinunter und hat die Mamma geholt. – Seine Frau war eine Hantige, die uns nicht besonders gern mochte und immer gejammert hat, daß wir soviel Dreck machen. Sie hat die ganze Zeit geputzt und gewischt und in der Wohnung herumgefuhrwerkt – das war zwider! Schon damals war mir meine Ruhe die Hauptsache.

Einmal ist ein Mann gekommen und hat den Watzlinger gefragt, ob er nicht eine ausgestopfte Katze für ihn hat, aber der Watzlinger hat gesagt: »Nein, nur zwei lebendige.« Da hat der Herr auf die Oma, oben an der Wand, gezeigt, und der Watzlinger hat gesagt: »Das war die Burgl, die geb’ ich nicht her.« Das war schön vom Watzlinger! Da ist der Mann zu mir her und hat mich gestreichelt und gekrault und gesagt: »Maunzi, Maunzi«, und den Watzlinger hat er gefragt: »Geben Sie die auch nicht her? – Das wär’ grad das Richtige für mein Feinchen!« Und der Watzlinger hat gesagt: »Jetzt nicht. Vielleicht in einem Vierteljahr. – Kommen Sie halt noch mal vorbei.« Ich hab’ nicht verstanden, was er damit gemeint hat …

Mit der Zeit hab’ ich ganz vergessen, daß meine Mamma meine Mamma war; sie war ganz einfach eine wunderschöne Katze. Und es war Frühling, und ich war grad recht lustig aufgelegt, und da bin ich einmal hin zu ihr und hab’ ihr ein bißchen schöntun wolln. Sie hat mir aber eine geschmiert, daß mir die Sterne vor den Augen getanzt sind, und da war ich sehr beleidigt.

Kurz darauf hat sich die Mamma wieder in das Schreibtischfach verzogen, und eines Tages sind vier winzige Kätzchen um sie herumgelegen, wie ich damals mit meinen Geschwisterln. Die Frau vom Watzlinger hat ein furchtbares Theater gemacht und gejammert und noch wilder herumgeputzt – es war wirklich kaum zum Aushalten. Dann ist der Herr wiedergekommen, und wieder hat er mich gekrault und gestreichelt und dazu »Maunzi, Maunzi« gesagt und den Watzlinger gefragt, ob er mich jetzt nicht für sein »Feinchen« mitnehmen könnte. Und da hat die Frau Watzlinger, bevor noch ihr Mann hat antworten können, gesagt: »Jaja, nehmen Sie’s nur mit. In dieser Arche Noah verlier’ ich noch den Verstand!« Und der Watzlinger hat dabei ganz nasse Augen gekriegt. Das hab’ ich genau gesehen!

Ich hab’ gedacht: Jetzt bin ich aber neugierig, wie’s weitergeht. Vielleicht ist das »Feinchen« eine so schöne Katze wie meine Mamma, und ich bekomme von ihr keine Watschn, wenn ich mich einmal hinmach’ an sie. – »Feinchen« – das klingt nicht schlecht! … und dann hat mich der Herr mitgenommen, und von da ab hab’ ich »Maunzi« geheißen. – Mir war das Wurscht; gehört hab’ ich sowieso nicht drauf.

Das Feinchen

Den Weg zu meiner neuen Wohnung bin ich gefahren worden. Ich wäre lieber gelaufen, weil ich mir dann hätte merken können, wo sie mich hinbringen, und ich hätte auch wieder zum Watzlinger und seinem alten Schreibtischfach zurückgefunden. Und zu meiner Mamma …

Aber die hat jetzt ihre Wuzerl gehabt und auf mich gar nicht mehr Obacht gegeben, und gewatscht hat sie mich außerdem. Meine neue Wohnung war sehr nobel. Mit lauter weichen Teppichen in jedem Raum und einem Haufen Polstermöbel für meine Krallen und wunderbar warm. Nur – – wie ich zum ersten Mal beim Balkon hinuntergeschaut habe – Pfüat di Gott! Das war im dritten Stock und schon so sakrisch hoch, daß alles zu spät war. Ich bin bestimmt nicht feig, aber da hinunterspringen?! – Der das tut, spinnt! Vor allem kommt man nicht wieder hinauf. Und ich hab’ mir gedacht: So, Bubili, da habn sie dich sauber verkauft, und wo’s so nobel hergeht, da gibt’s auch bestimmt nicht einmal Mäus’. Ich habe mich aber deswegen nicht geärgert, weil ich auf das »Feinchen« gewartet habe; mit dem wollte ich mir eine lustige Zeit machen. Aber da habe ich mich schön getäuscht! – Das »Feinchen« war nämlich gar keine Katze nicht, sondern bloß ein ganz kleiner Mensch. Ein Kind, wie man so sagt. – Und was für eines!

Es hat einen kugelrunden Kopf gehabt mit einem windigen blonden Haarbüschel darauf und kein gescheites Gebiß im Maul, und reden hat es nicht können und laufen auch nicht. Es ist immer nur auf vier Beinen über den Boden gerutscht und dabei dauernd umgefallen. Dann ist es liegengenblieben und hat eine Zeitlang vor sich hingeglotzt – ohne Erfolg! –, und dann hat es geplärrt. Meistens roch es zwar gut nach warmer Milch, aber eben auch nicht immer, und dann war es in seiner Nähe nicht zum Aushalten. Und so was heißt »Feinchen«!

Der Herr, der mich »Maunzi« genannt hat, war der Vater von dem Feinchen. Er hat mich vor dieses Kriechtier hingesetzt und festgehalten, und das Feinchen hat gequiekst und mich am Schwanz erwischt und daran gerissen. Das hat wehgetan! Da habe ich vorsichtshalber einmal recht grantig gefaucht, und es hat mich gleich losgelassen und mich angeglotzt und dann versucht, seine eigenen Pfoten aufzufressen. Der Herr aber hat gelacht und gesagt: »Na, ihr werdet euch schon noch anfreunden. – Schau, Feinchen, das ist doch der liebe Maunzi! – Gell, Maunzi! … und das ist das liebe Feinchen!« Und ich hab’ mir gedacht: Wenn mich das »liebe Feinchen« in Ruhe laßt, soll mir’s recht sein – gefallen laß’ ich mir jedenfalls nichts.

Leider war es nicht nur das Feinchen, das mir auf die Nerven gegangen ist, sondern vor allem die Frau, die wo noch da war. Mein Lieber, die hat Haare auf den Zähnen gehabt! Sie war nicht besser wie die alte Watzlinger, nur noch hantiger. Wie ich mit der Zeit gemerkt habe, war sie gar nicht die Mutter von dem Feinchen, sondern die Mutter von dem Herrn. Dem Feinchen seine Mutter hat sie schon weggebissen gehabt. Die ist einfach ausgerissen und hat ihr den Fäkser dagelassen.

Die Alte hat eine ganz hohe Stimme gehabt, mit der sie auch noch zu hören war, wo man sie gar nicht mehr hören hat wollen, und mit der hat sie immerzu herumkommandiert. Dem Feinchen war das Wurscht. Das hat immer nur geschaut, daß es mich erwischt und mich am Schwanz ziehen kann, oder es hat vor sich hin geglotzt oder geschlafen. Gemacht hat es nichts – außer Dreck. Der Herr aber hat alles machen müssen. Er ist sogar mit dem Staubsauger herum, und er hat das Feinchen ausgepackt, durchs Wasser gezogen und wieder eingepackt, hat ihm sein Fressen zurechtgemacht und auch, was ich zu essen gekriegt habe.

Ich habe oft von dem Brei probiert, mit dem sie das Feinchen immer gefüllt haben; er war süß und hat recht gut geschmeckt. Einmal hat mich die Alte dabei erwischt und mir die Zeitung hinaufhauen wolln (aber sie war natürlich viel zu langsam!), und dann hat sie noch viel schriller geredet und hat gesagt: »Aber das geht denn doch zu weit! – Hast du das gesehn, Butzl! Die Katze frißt aus Feinchen seinem Teller. – Das Kind wird noch Würmer kriegen von diesem Scheusal. Butzl, ich dulde das nicht!« – Das war unverschämt! Ich habe nie keine Würmer nicht gehabt! – Der Herr aber hat gesagt: »Muttchen, bitte tu’ mir die Liebe und nenne mich nicht immer Butzl. Und vor allem nicht dauernd vor anderen Leuten. Neulich hat die Frau Bellkopf aus dem Parterre schon ›Grüß Gott, Herr Butzl‹ zu mir gesagt. Ich heiße Adolar; sag wenigstens Adi!« – Aber »Adi« hat sie nicht gesagt, nicht ums Verrecken. Warum, weiß ich nicht.

Ich hab’ jetzt stark Obacht geben müssen, weil die Alte sehr gemein geworden ist und oft gesagt hat: »Es ist zu unappetitlich mit dieser Bestie. Nur gut, daß er nicht wegkann und keine Kätzin ist und uns womöglich mit noch ein paar von diesen Biestern beglückt!« – Nicht wegkann! – Kunststück – aus dem dritten Stock! Das war schon zwider genug, denn mein Kästchen war oft nicht geleert und so unsauber, daß es mir gegraust hat. Da wär’ ich schon lieber in den Garten …

Wie der Winter vorbei war, ist es etwas besser geworden, weil da haben sie für das Feinchen einen großen Sandkasten auf den Balkon gestellt und es hineingesetzt, damit es eine Ruhe gibt. In dem vielen Sand hab’ ich natürlich immer leicht eine Stelle gefunden, die wo sauber genug war, daß sie mir taugt, und kaum daß ich fertig war, ist jedesmal das Feinchen gekommen und hat mit lautem Gequiekse nach dem gegraben, was ich gerade verscharrt hatte. Wenn es die Alte gesehen hätte, wäre ich wieder schuld gewesen! Sie hat einfach einen Biß auf mich gehabt, und wenn der Herr nicht gewesen wäre, der immer zu mir geholfen hat, hätte ich wahrscheinlich oft nichts zu lachen gehabt. Aber der »Butzl« hat gesagt: »Tiere und kleine Kinder passen gut zusammen. Eines kann von dem andern lernen!« – Ich möchte mal wissen, was ich von dem Feinchen lernen könnte! .. .

Eine Zeit später ist was passiert. Da hab’ ich so ein weißes Ding erwischt, in das sie das Feinchen ein paarmal am Tag verpacken und das sie pfundweis’ in seine Hose stopfen. Eine Art Tuch oder so was. Es war ganz weich und leicht und hat sich mit den Krallen und Zähnen mühelos in tausend kleine Fetzen zerrupfen lassen. Ich habe fast eine halbe Stunde daran gearbeitet, aber dann habe ich es zu Konfetti verwandelt gehabt – es war ein ganzer Berg, mitten im Zimmer. Und bei einem Windstoß, der durch die Balkontüre herein ist, sind die Flocken durcheinandergewirbelt und sind lange auf- und abgeflogen; das hat lustig ausgeschaut. Ich bin immer wieder in die Höhe gesprungen und hab’ versucht, sie zu fangen. Dem Feinchen hat es auch gefallen. Es hat gequiekst und sein zahnloses Maul aufgesperrt, und es hat gesabbert vor lauter Begeisterung. – Und dann ist die Alte hereingekommen, und wieder war’s ihr nicht recht, was wir gemacht haben. Sie hat sich aufgeregt, als hätte man ihr das Haus angezündet, und der Herr hat dann die ganzen Futzerl wieder zusammensuchen müssen.

Mit der Zeit habe ich gemerkt, daß das auf die Dauer nicht gut geht; dabei habe ich wirklich versucht, mich denen angenehm zu machen.