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G7 steht für Göttinger Sieben – so nennen sich die Freunde.

Ein Wort vorweg:

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Über den Autor

Und so geht’s weiter.

G7 steht für Göttinger Sieben – so nennen sich die Freunde.

Der Name geht auf sieben Göttinger Professoren zurück, die im 19. Jahrhundert Mut und Zivilcourage gegenüber dem König von Hannover zeigten und in deren Fußstapfen die sieben Freunde treten wollen.

Das sind die:

Kröte heißt eigentlich Erwin Sapowski. Er hat seinen Spitznamen vom spanischen Wort „sapo“, das auf Deutsch Kröte bedeutet. Wie eine Kröte sieht er trotz seinem beträchtlichen Bauchumfang aber nicht aus. Der dunkelhaarige Kröte trägt einen Igelhaarschnitt und Cordhosen und nascht gern alles, was süß ist. Lesen ist nicht sein Ding – mit Ausnahme von Krimis und Comics.

Jonas Specht ist Krötes bester Freund. Er ist sehr sportlich, spontan und immer bereit, Kröte bei der Aufklärung von Geheimnissen zu helfen, auch wenn sein Interesse eigentlich mehr Maike und anderen Mädchen gilt. Er spielt Fuß- und Basketball im Verein.

Würmchens richtiger Name ist Paul Benson. Er ist klein, dünn und ein Jahr jünger als die anderen, weil er einmal eine Klasse übersprungen hat. Seitdem muss er gegen das Image eines Strebers kämpfen. Er ist ruhig, vernünftig und daher als >Bedenkenträger< berüchtigt. Trotzdem ist er, nicht zuletzt wegen seines Wissens und seiner analytischen Fähigkeiten, bei seinen Freunden anerkannt.

Maike Borman: selbstbewusst, sportlich, intelligent, räumt mit dem Vorurteil gegenüber blonden Mädchen auf, dass sie dumm seien. Manchmal etwas zu übermütig und immer bereit, Risiken einzugehen. Ihre Hobbys sind Hockeyspielen, Inlinern und sich um ihren Hund Gustav kümmern.

Xiaoli Qu, gesprochen »Tschauli Djü«, stammt von chinesischen Einwanderern ab und ist die beste Freundin von Maike. Ihr Name bedeutet »große Wirksamkeit«. Die stellt sie oft unter Beweis. Sie handelt überlegt und überwindet bei der Aufklärung von Geheimnissen immer wieder ihren inneren Schweinehund. Sie ist für ihre Aikido- und Zeichenkünste berüchtigt (das Logo stammt von ihr).

Lukas Specht ist Jonas’ älterer Bruder. Er hat ein Auto und hilft den anderen mit Rat und Tat, wenn sie nicht mehr weiter wissen. Obwohl er ein paar Jahre älter ist und schon sein Abitur macht, ist er fester Bestandteil der Gruppe. Auch wechselnde Liebschaften verhindern nicht, dass er in schwierigen Situationen immer den Überblick behält.

Sir Gustav Lancelot, gerufen Gustav: Maikes junger weiß-brauner Jack-Russel-Terrier ist der Siebte im Bunde. Eigentlich heißt er Casimir, aber an den Rufnamen Gustav hat er sich gewöhnt. Er gehorcht Maike mal mehr, mal weniger, ist noch sehr verspielt und konnte schon viel zur Aufklärung von Verbrechen beitragen. Er frisst gern Schokoladenkekse (auch wenn die für Hunde nicht gesund sind).

Ein Wort vorweg:

Die Geschichte spielt diesmal in Bad Bevensen.

Noch nie gehört?

Der Kurort Bad Bevensen hat knapp 10.000 Einwohner und liegt in der Lüneburger Heide, zwischen Uelzen und Hamburg. Genauer gesagt 177km nördlich von Göttingen entfernt. Die Umgebung ist geprägt von Wäldern, Wiesen, Kartoffel-und Rübenfeldern. An vielen Stellen wächst im Sommer gelber Raps, goldfarbenes Getreide und violettes Heidekraut. In der Stadt gibt’s ein Treckermuseum, eine künstliche Salzgrotte, eine Jod-Sole-Terme und einen Fluß, die Ilmenau. Es ist also ein Ort für Menschen, die in der ruhigen und waldreichen Umgebung etwas für ihre Gesundheit tun wollen…

Das hört sich erst einmal so an, als ob die Klassenfahrt für die Göttinger Sieben alles andere als spannend werden wird, denn Bad Bevensen hat noch nicht einmal ein Kino. Doch die Geschichte beginnt in einer dunklen Nacht im März. Die Klasse war zu einer Nachtwanderung aufgebrochen… aber lest selbst.

Viel Spaß dabei wünscht Euch

Tobias

Dienstag
00:00 Uhr – Punkt Mitternacht

Kröte hörte einen lauten Schrei, der ihm durch Mark und Bein fuhr und ihn erschaudern ließ. Es war einer dieser Schreie, die man sein Leben lang nicht mehr vergisst. Schreie, die er nur aus Horrorfilmen kannte, kurz bevor die Filmszene abgebrochen wurde. Aber dies war kein Film. »Jonas, Jonas, Jooooonas!«, rief Kröte in den Nebel hinein, der sich zur Nacht hin noch verdichtet hatte. Doch Jonas antwortete nicht.

Es waren noch etwa dreißig Meter bis zu der Stelle, an der Kröte gerade eben einen Lichtstrahl für fünf Sekunden aufblitzen gesehen hatte. Zumindest glaubte er das. Es war wieder ganz still um ihn herum. Nur seinen eigenen Atem und sein Herzklopfen hörte er. Schweißperlen rannen sein Gesicht hinunter. Den Pfad hatte er längst verlassen. Er merkte, dass der Waldboden stellenweise sehr feucht und rutschig war. Der modrige Geruch stieg ihm immer stärker in die Nase. Manchmal versank Kröte für ein paar Zentimeter. Dass er auf dem Weg ins Moor sein könnte, daran dachte er nicht. Durch den dichten Nebel war es stockfinster um ihn herum, so dass sich Kröte eigentlich langsam und behutsam durch das Gestrüpp hätte tasten müssen. Doch ständig schlugen ihm kleine herabhängende Äste und Zweige ins Gesicht, weil er sie - wenn überhaupt - erst ganz dicht und damit viel zu spät vor sich sah. Aber er spürte sie gar nicht, denn er musste Jonas helfen. Der Boden gab erneut nach. Diesmal noch ein paar Zentimeter weiter. Schnell ergriff er einen Ast, um sich festzuhalten. Feuchtigkeit drang durch seine Schuhsohlen.

»Da bist du ja«, sagte Kröte erleichtert, als er Jonas’ Umrisse erkannte. Dieser stand starr vor Schreck neben einem Baum. »Ist alles in Ordnung?« Jonas nickte, was aber in der Dunkelheit kaum zu sehen war. Die Stille wurde durch ein kurzes Schnüffeln und Schleifen auf dem Waldboden unterbrochen. Kam das Geräusch von einem Wildschwein? Kröte hielt den Atem an und kniff angestrengt die Augen zusammen, die ihm wegen der schlechten Sicht schon schmerzhaft brannten. Jetzt bemerkte er endlich, dass der Boden nachgab. Drohte der viel leichtere Jonas wenige Zentimeter neben ihm zu versinken? »Soll ich dir…«

»Pssst«, machte Jonas und bückte sich langsam. Schnell griff er nach einer Leine und zog erleichtert den kleinen schwarz-braunen Jack-Russell-Terrier zu sich hin. »Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht.« Sir Gustav Lancelot, wie Gustav mit vollem Namen hieß, war offenbar genauso erleichtert, Jonas gefunden zu haben. Freudig wedelte er zur Begrüßung mit dem Schwanz. »Was hast du hier bloß gesucht?«

»Das also war es«, sagte Kröte. »Du hast Gustav gefunden. Und ich dachte schon, ein Killer hat es auf dich abgesehen. So wie du geschrien hast.« »Äh, nein, äh, ich habe mich nur gefreut, dass ich äh, Gustav entdeckt habe.«

»Das hat sich aber anders angehört. Eher wie ein Angstschrei.«

»Ein Angstschrei? Ich habe doch keine Angst. Ich habe mich bloß gefreut.« »So hört sich das also an, wenn du dich freust«, feixte Kröte.

»Außerdem - wer sollte sich denn in diesem verlassenen Wald nachts aufhalten?« Jonas seufzte. »Wir haben nicht einmal einen Fuchs gesehen.« »Manche Klassen fahren nach Berlin, andere nach Brüssel oder Barcelona und ausgerechnet wir fahren nach Bad Bevensen bei Hamburg«, maulte auch Kröte.

»Meine Oma sagt immer: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.«

»Na, dann lach mal schön«, sagte Kröte. »Lass uns lieber zu den anderen zurückgehen! Falls du noch weißt, woher wir gekommen sind.« »Grob war es diese Richtung.« Jonas zeigte zu den großen Nadelbäumen neben ihm, aus deren Richtung er glaubte, vor einigen Minuten gekommen zu sein.

»Ich sehe nichts.« Kröte kniff die Augen zusammen. »Also gut. Probieren wir es aus.«

»Ich habe gar keine Vorstellung davon, wie weit es bis zur Lichtung ist«, sagte Jonas.

»Ich habe auch nicht darauf geachtet, wie spät es war, als wir auf der Lichtung Rast gemacht haben. Jetzt ist es jedenfalls 0:13 Uhr.« Jonas knipste die Taschenlampe an und leuchtete auf den ausgetretenen Pfad, auf dem sie sich befanden.

»Meinst du wirklich, dass wir von hier gekommen sind?«, fragte Kröte nachdenklich.

»Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern.«

»Wie kann uns erfahrenen Detektiven so ein amateurhafter Fehler passieren?«, fragte Kröte leise. »Wir sind aus der Übung.«

»Das ist eine ganz schwache Ausrede«, erwiderte Kröte. »Wir müssen immer darauf gefasst sein, dass es etwas aufzuklären gibt. Du solltest das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn es ernst wird, können wir uns auch keine Fehler leisten.«

Jonas leuchtete mit seiner Lampe auf einen mit Moos und Gräsern bewachsenen Weg.

»Ich kann mich zwar nicht daran erinnern, dass ich hier lang gelaufen bin, aber das Gras ist an dieser Stelle heruntergetreten«, stellte Kröte fest. »Wir könnten also von hier gekommen sein, denn das sind keine Tierspuren.« »Da sind Fußspuren«, sagte Jonas und leuchtete auf eine matschige Stelle, an der sich ein Schuhabdruck erahnen ließ.

»Stimmt«, sagte Kröte.

»Merkwürdig, die Spuren sehen ganz frisch aus. Aber die sind von einem Erwachsenen und wir haben doch niemanden gesehen.«

Gustav schnüffelte am Boden und wedelte mit dem Schwanz. Plötzlich bellte er und zog an der Leine.

»Nicht noch einmal so eine Aktion«, murmelte Jonas ärgerlich.

»Was hat er denn auf einmal?«, fragte Kröte nervös.

»Ich glaube, der hat irgendwas gewittert«, sagte Jonas. »Lass die Leine bloß nicht los.«

Gustav zog immer stärker. Jonas leuchtete mit seiner Taschenlampe auf den Boden. Er sah, dass Gustav etwas im Maul trug.

»Du musst doch nicht alles aufsammeln, was andere Leute weggeworfen haben«, sagte er lachend. »Gib her. Komm, spuck es aus.«

Jonas bückte sich und zog ein Stück Papier aus Gustavs Schnauze. Er leuchtete mit der Lampe auf das Papier. Es war ein Stück von einer bedruckten rosafarbenen Banderole, auf der die Zahl 100 stand.

»Damit werden Hundert-Euro-Scheine zusammengehalten«, sagte er leise und warf das Papier wieder auf den Boden. »Die Leute schmeißen aber auch einen Mist in den Wald!«

»Du bist auch nicht besser«, sagte Kröte. »Du schmeißt es dorthin, wo du es gefunden hast.«

Jonas überhörte den Vorwurf. »Schade, dass kein Geldschein mehr in der Banderole war. Was würdest du für 100 Euro kaufen?«

Kröte zuckte mit den Schultern: »Weiß nicht.«

»Bestimmt fünf Erdbeertorten mit Schokoladenkeksen«, antwortete Jonas. »Und du?«, fragte Kröte grinsend zurück und antwortete auch gleich darauf: »Einen Fußball und ein Trikot von Hannover 96.«

Jonas lachte. »Stimmt.«

»Gustav zieht immer noch in die eine Richtung.«

»Nun reicht es aber«, sagte Jonas streng und beugte sich erneut zu Gustav, »du hast doch schon genug geschnuppert.«

»Vielleicht kennt er den Weg zurück«, mutmaßte Kröte.

»Meinst du?«, fragte Jonas.

»Wir kennen ihn jedenfalls nicht«, stellte Kröte missmutig fest.

»Stimmt.«

Sie ließen den Hund vorangehen.

»Der weiß auch nicht, wo es lang geht«, sagte Jonas nach einer Weile. »Der wittert bestimmt ein Wildschwein.«

Gustav schnupperte an einer Stelle und lief ein paar Schritte nach links, dann wieder ein paar nach rechts. Dabei hielt er seine Schnauze pausenlos am Boden.

»Aua.« Jonas war in Brennnesseln getreten. »Das brennt.«

Kröte lachte: »Das kommt davon, wenn man nicht aufpasst. Soll gut gegen Rheuma sein.«

»Dass das Gift der Pflanzen überhaupt durch die Jeans kommt…«

»Leuchte mal dorthin«, sagte Kröte. »Sonst trittst du da gleich mit dem anderen Fuß nochmal rein.«

»Gustav können die Brennnesseln wohl nichts anhaben.« Jonas kratzte sich oberhalb des Knöchels. »Das juckt immer noch.«

»Damit muss man rechnen, wenn man im Wald spazieren geht«, sagte Kröte altklug und amüsierte sich über seinen Freund.

Jonas ließ den Kegel der Lampe auf den Boden gleiten. Er fiel auf Gustav, der weiterhin an einem Strauch schnüffelte.

»Ich freue mich schon auf das Gemotze von Lord Helmchen«, sagte Kröte. »Entweder er schickt uns zur Strafe nach Hause oder wir müssen morgen das halbe Mathebuch bearbeiten.«

»Das wär die Hölle!«, sagte Jonas. »Dann lieber nach Hause.«

»Zumindest haben wir uns schon bei den Mungojerries gerächt«, meinte Kröte und versuchte die Uhrzeit zu entziffern.

»Das haben sie auch verdient.«

0:28 Uhr

»Gussstaaaav, Krööööte, Jooonaaas«, rief jemand. Es war Maike. Jonas leuchtete mit der Lampe in die Richtung, aus der sie die Stimme gehört hatten.

»Hier sind wir!«, schrie Kröte zurück. Wenige Augenblicke später trafen sie auf Maike, Xiaoli und ihre von allen heimlich Pferdchen genannte Lehrerin Frau Ferdinand, die sie gemeinsam mit ihrem Lehrer Herrn Helmer auf Klassenfahrt begleitete. Ihr Klassenlehrer wurde Lord Helmchen genannt - sowohl wegen seines Nachnamens als auch wegen seines Fahrradhelms, den er oft erst im Klassenraum abnahm und mit dem er ziemlich albern aussah. Auch Frau Ferdinands Spitzname leitete sich von ihrem Nachnamen ab. Böse Zungen behaupteten allerdings vehement, dass er von ihrem auffälligen Gebiss und ihrem überdurchschnittlichen Körperausmaß kam. Sie war Mitte dreißig, hatte beträchtliches Übergewicht, trug fast täglich einen Cordblazer, den sie mit einem ihrer diversen bunten Halstücher kombinierte und hatte streng nach hinten gekämmte kräuselige Haare. Ihre viel zu große Brille machte sie ein paar Jahre älter als sie war.

»Da seid ihr ja. Ihr könnt doch nicht einfach weglaufen«, schnaupte sie ganz außer Atem. »Wir suchen euch schon die ganze Zeit.«

Jonas und Kröte ignorierten sie. Maike bückte sich und knuddelte Gustav. »Ich kann dich nicht ausschimpfen, weil ich so froh bin, dich heil und gesund wiederzuhaben.«

»Du musst ausgeschimpft werden, denn du hast ihn nicht gut genug erzogen«, sagte Frau Ferdinand streng. »Besonders gut hört er jedenfalls nicht.«

»Ich habe schon befürchtet, dass er im Morast versunken ist«, erwiderte Maike mit Freudentränen in den Augen. »Ich bin so froh, dass ich ihn wiederhabe.«

»Ich rufe gleich mal Herrn Helmer auf seinem Handy an«, sagte Frau Ferdinand. »Der wird sich große Sorgen um euch gemacht haben.«

»Jetzt müssen wir den kürzesten Weg zurück finden«, sagte sie, nachdem sie das Gespräch mit ihrem ziemlich ärgerlichen Kollegen beendet hatte. Herr Helmer hatte kaum etwas gesagt. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass er richtig sauer war.

»Wissen Sie, ob jemand meinen Rucksack mitgenommen hat?«, fragte Kröte. »Den habe ich auf der Lichtung stehen gelassen, als Gustav abgehauen ist.« »Keine Ahnung.« Frau Ferdinand zuckte mit den Achseln. »War denn etwas Wertvolles darin?«

»Nein«, antwortete Kröte ernst. »Ich hatte bis auf die Kekse fast alle Süßigkeiten schon aufgegessen.«

»Da bin ich aber beruhigt«, entgegnete Frau Ferdinand. Ihre Stimme klang nicht mehr ganz so barsch, eher als müsste sie ein Lachen unterdrücken. »Taschenrechner und Schreibblock waren auch darin«, zählte Kröte weiter auf. »Ich kann also morgen früh an dieser komischen Mathestunde leider nicht teilnehmen.«

»Ich bin sicher, dass dir jemand Papier und Stift leiht«, sagte sie und zwinkerte Kröte amüsiert zu. »Wenn du niemanden findest, kannst du gern Tastatur und Smartbord benutzen.«

»Keine gute Idee«, erwiderte Kröte und rümpfte die Nase.

»Kennen Sie den Weg zurück?«, fragte Jonas.

Frau Ferdinand schüttelte den Kopf. »Ich glaube, wir müssen in diese Richtung«, erwiderte sie, zeigte in die Dunkelheit und ging einen Schritt schneller.

»Das Handy war auch noch im Rucksack«, meinte Kröte. »Rufen Sie doch bitte einmal meine Nummer an, wenn jemand rangeht, wissen wir, dass der Rucksack mitgenommen wurde.«

Frau Ferdinand wählte Krötes Nummer. Am anderen Ende der Leitung ging sofort die Mailbox an.

»Mist«, murmelte Kröte. »Akku leer.«

Frau Ferdinand zog erneut die Karte hervor. »Ich denke, wir sind jetzt hier.« Sie zeigte mit dem Finger auf eine Stelle auf der Karte, die komplett von Moor umgeben war. »Da entlang«, sagte sie und deutete in die Richtung, aus der Jonas und Kröte gekommen waren.

»Wie weit ist es noch?«, fragte Xiaoli.

»Vielleicht drei oder vier Kilometer«, sagte Frau Ferdinand.

Sie marschierten zurück. Maike hielt die Leine von Gustav so knapp und fest, dass dieser nur einen Schritt von ihr entfernt laufen konnte. Kurze Zeit später erreichten sie den ausgetrampelten Pfad, an dem Kröte zuvor Jonas gefunden hatte. Gustav schnüffelte wieder stärker am Boden.

»Was er nur hat?«, fragte Jonas. Maike lockerte den Griff der Leine. Gustav schnüffelte weiterhin interessiert und zerrte Maike in eine Richtung.

»Der kennt den Weg nach Hause zum Jugendgästehaus«, sagte Frau Ferdinand.

»Das haben wir zuerst auch gedacht, aber dann hat er Jonas direkt in ein Brennnesselfeld geführt«, sagte Kröte lachend.

»Lasst uns auf dem kleinen Pfad bleiben«, schlug Frau Ferdinand vor. »Vielleicht führt der auf einen Weg, der uns aus dem Wald bringt.«

»Ihnen ist wohl auch nicht geheuer, nachts den Weg zur Herberge zurück zu suchen?«, fragte Xiaoli.

»Es ist hier weitläufiger, als es auf der Karte aussieht«, sagte Frau Ferdinand ruhig.

Es war immer noch stockdunkel, solange sich der Mond hinter den Wolken versteckt hielt. Ihre Nasen hatten sich längst an den typischen modrig-feuchten Waldgeruch gewöhnt. Solange sie auf dem kleinen Pfad liefen, blieben auch ihre Schuhe trocken.

»Achtet mit euren Lampen mal darauf, ob hier ein Weg abzweigt«, schlug Frau Ferdinand vor.

»Mir wird langsam kalt«, jammerte Xiaoli.

»Mir auch«, stimmte Maike ihr zu.

»Stellt euch nicht so an«, sagte Kröte. »Wie spät ist es überhaupt?«

»Halb eins.«

»Dann geht schon bald die Sonne auf.«

»Übertreib mal nicht«, sagte Frau Ferdinand. »Hört ihr schon das Zwitschern der Waldvögel?«

»Höre nichts«, sagte Xiaoli. »Ich konzentriere mich darauf, nicht zu erfrieren.«

»Das ist noch eine richtig spannende Nachtwanderung geworden«, meine Kröte genervt. »Jonas, gib mir mal deine Lampe, ich gehe vor.« »Hier. Aber leuchte auf den Boden, damit wir nicht im Moor landen.« Sie waren noch nicht weit gelaufen, als Kröte plötzlich abrupt stehen blieb. »Schaut mal da«, rief er und leuchtete in den Wald.

»Was ist denn?«, fragte Xiaoli. Sie kniff ebenso wie die anderen die Augen zusammen. Angestrengt sahen sie in die Richtung, in die Kröte leuchtete. »Gib mal her«, sagte Jonas. »Dort steht was hinter den Ästen.«

»Was ist denn das?«, fragte Frau Ferdinand.

»Ein Zelt oder so was«, sagte Jonas. »Ich gucke mir das mal genauer an.« »Nein! Hier geblieben!«, rief Frau Ferdinand, doch auch die anderen folgten Jonas neugierig. »Vielleicht schlafen darin Leute, die kein Zuhause haben«, sagte sie kurz darauf leise, als sie mit Kröte, Maike und Xiaoli wenige Meter vor dem Zelt angekommen waren.