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Nr. 1385

 

Die Materiewippe

 

Projekt Zeitschluss – eine Galaxis soll entführt werden

 

von Kurt Mahr

 

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Nach der Zerschlagung des Kriegerkults ist den Völkern der Milchstraße nur eine kurze Verschnaufpause vergönnt. Die neue Bedrohung, die auf die Galaktiker zukommt, wird Anfang des Jahres 447 NGZ, das dem Jahr 4034 alter Zeitrechnung entspricht, erstmals erkennbar, als Teile der Galaxis Hangay aus dem sterbenden Universum Tarkan in unseren eigenen Kosmos gelangen.

Im Herbst 447 ist vielen Galaktikern das ganze Ausmaß der Gefahr des Materietransfers längst klargeworden, zumal ein weiteres Viertel von Hangay in unserer Lokalen Gruppe aufgetaucht ist – unter gleichzeitigem Verschwinden einer großen Anzahl von Sonnenmassen unseres eigenen Universums.

Noch bevor der Transfer des 3. Hangay-Viertels aus dem sterbenden Universum ansteht und bevor Atlans Tarkan-Expedition ihr Ziel erreicht und die Kreise der Hauri im Ushallu-System stören kann, deren Materiewippe beim Hangay-Transfer Ersatz der verlorengegangenen Sternenmassen aus unserem Universum besorgen soll, ereignet sich auch an anderer Stelle Wichtiges.

Schauplatz ist unser Universum – die Handlungsträger sind Reginald Bull, Nikki Frickel und Gucky. Sie lassen sich von den Hauri entführen, denn sie interessieren sich für Marty-5 und DIE MATERIEWIPPE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Reginald Bull – Er fliegt los, um eine Galaxis zu retten.

Gucky, Nikki Frickel, Wido Helfrich und Narktor – Bullys Begleiter.

Spence Harbaugh – Ein Terraner im Bann der Lehre des Hexameron.

Vellom sav Aard und Cuyel qar Sayit – Zwei prominente Hauri von Ashkalu.

1.

 

Das war vor gut drei Wochen.

In einem Gestell, das eher einer Wiege glich, lag ein metallenes Ei. Das Ei war der Körperkern eines Roboters vom Typ Vario-500. Dieser besondere Vario ließ sich, wenn er die entsprechende Körpermaske trug, mit »kaiserliche Majestät« anreden und gab jedem, der es wissen wollte – aber auch solchen, die es nicht wissen wollten –, zu verstehen, dass er seine Ansprüche auf den Thron von Olymp keineswegs aufgegeben habe. Sein Name war, wenn er diese Maske trug, Anson Argyris.

Im Augenblick ging es jedoch nicht um den olympischen Kaiserthron, sondern darum, dass dieses wiegenähnliche Gestell Dutzende von Sensorpunkten enthielt, die, wenn das Ei die richtige Position einnahm, genau unter die in die Oberfläche des Körperkerns eingearbeiteten Emissionskontakte zu liegen kamen. Die Wiege war selbst ein robotisches Gerät. Aus der Außenwand wuchsen zahlreiche tentakelgleiche Greif- und Manipuliereinheiten. Mit diesen rückte die Wiege den metallenen Robotkörper hin und her, bis schließlich aus einem Audioservo, der dicht unter der Decke des arg sachlich ausgestatteten Raumes schwebte, die Meldung kam:

»Kontakt einhundert Prozent. Körper in dieser Haltung bewahren.«

Die bisher so beweglichen Tentakel schienen einzufrieren. Sie wurden zu starren Gebilden, die dem metallenen Ei keinen Zehntelmillimeter Bewegungsfreiheit mehr ließen. Von den Sensorpunkten über die Emissionskontakte flossen Computerbefehle ins Innere des Vario-500. Die Befehle veranlassten ihn, den gesamten Inhalt seiner Speicher bloßzulegen. Der Syntron, mit dem die Sensorpunkte in Verbindung standen, fertigte binnen weniger Sekunden eine Kopie sämtlicher Speicherinhalte an.

Zwei Menschen waren dem an sich wenig aufregenden Vorgang mit wacher Aufmerksamkeit gefolgt. In den vergangenen Minuten war kein Wort gesprochen worden. Jetzt jedoch sagte Nikki Frickel:

»Er wird uns übel nehmen, dass wir ihn seine Daten nicht selbst haben auswerten lassen.«

»Er hat zweifellos die Fähigkeit, uns etwas übel zu nehmen«, kommentierte Reginald Bull. »Aber er wird einsehen, dass wir mit einem eigens auf solche Dinge getrimmten Syntron schneller zurechtkommen, als wenn wir ihn die Analyse selbst hätten anfertigen lassen.«

Nikki Frickel bedachte ihren Nachbarn mit einem merkwürdigen Blick. Sie war eine hochgewachsene, schlanke Frau, 73 Jahre alt – »eine Frau in den allerbesten Jahren«, pflegte sie von sich zu sagen; und das war keine Selbstschmeichelei, wenn man bedachte, dass die durchschnittliche Lebenserwartung des Menschen bei rund 200 Jahren lag. Sie besaß eine subtile Attraktivität. Die maskulinen Züge, die ihrem Aussehen und ihrem Wesen früher angehaftet hatten, waren im Lauf der Zeit abgeschliffen worden.

»Du machst mir einen etwas zu sachlichen Eindruck«, sagte sie. »Die Sache bereitet dir Sorgen.«

Reginald Bulls äußere Erscheinung hatte sich, seitdem der Alterungsprozess im Jahre 1976 alter Zeitrechnung durch die erste Zelldusche angehalten worden war, nicht nennenswert verändert. Er wirkte noch immer wie ein sorgenfreier, ungebundener, achtunddreißigjähriger Mann. Wer aber dem Blick der hellblauen Augen begegnete, der erkannte, dass er einen Weisen vor sich hatte. Reginald Bull war 2096 Jahre alt. Mehr als zwei Jahrtausende Lebenserfahrung hatten ihre untilgbaren Spuren hinterlassen.

»Natürlich macht sie mir Sorgen«, sagte er, ohne den Blick von dem metallenen Ei zu wenden. »Irgendwo gibt es eine Materiewippe, mit der die Hauri am dreißigsten November die gesamte Galaxis Pinwheel nach Tarkan zu verfrachten gedenken. Was geschieht, wenn wir sie nicht rechtzeitig finden?«

»Heute haben wir den siebten Oktober«, antwortete Nikki Frickel. »Es bleiben uns fast noch zwei Monate bis zum kritischen Tag. In der Zwischenzeit ...«

Sie wurde unterbrochen. Der Syntron meldete sich zu Wort.

»Es gibt einen Speicherbereich, der, nach der Struktur der Daten zu urteilen, einen Wust von Koordinaten enthält«, sagte die synthetische, aber wohlmodulierte Stimme. »Die Entschlüsselung wird allerdings einige Zeit dauern.«

Bull stand auf.

»Melde dich bei mir, wenn du die ersten Ergebnisse hast«, sagte er.

 

*

 

Es dauerte über fünf Stunden, und als der Syntron sich endlich meldete, da lag Reginald Bull in tiefem Schlaf. Mit ein paar deftigen Flüchen schwang er sich aus dem aeroelastischen Bett, brachte die Funktionen des müden Körpers durch eine kalte Dusche brutal in Schwung und war wenige Minuten später auf dem Weg zum Computerlabor.

Unter dem Eingang traf er mit Nikki Frickel zusammen.

Gemeinsam betraten sie den kahlen, hell erleuchteten Raum des Computerlabors. Die Wiege stand nicht mehr da. Der metallene Körper des Vario-500 war entfernt worden.

»Ich habe versucht«, erklärte die Stimme des Syntrons, »die gefundenen Koordinatengruppen in der Reihenfolge der Wahrscheinlichkeit zu sortieren, mit der sie den gesuchten Ort bezeichnen, den Standort der haurischen Materiewippe. Eine der Koordinatengruppen bezieht sich auf den Standort mit einer Wahrscheinlichkeit von knapp achtzig Prozent.«

Reginald Bull nickte.

»Welchen Punkt bezeichnet die Koordinatengruppe?«, wollte er wissen.

»Hier beginnt das Problem«, antwortete der Computer. »Sie bezeichnet nicht einen Punkt, sondern einen Raumsektor. Innerhalb dieses Raumsektors befindet sich der Kugelsternhaufen Marty-5, im Halo der Galaxis Pinwheel.«

Bull pfiff zwischen den Zähnen hindurch.

»Ein Kugelsternhaufen, wie?«, sagte er und machte dazu ein Gesicht, als hätte er in einen faulen Apfel gebissen. »Groß?«

»Von durchschnittlicher Größe«, lautete die Antwort. »Der Sternhaufen besteht aus ungefähr zweihundert- bis zweihundertfünfzigtausend Sonnen.«

Reginald Bull stieß prustend die Luft aus.

»Genauer lässt sich die Lage der Materiewippe nicht definieren?«, fragte er.

»Nicht anhand der Daten, die der Vario mitgebracht hat«, antwortete der Syntron. »Es gibt nur einen Namen, der sich wahrscheinlich auf einen Planeten bezieht, auf dem die Materiewippe stationiert ist: Ashkalu.«

Bull fuhr sich mit der Hand über das kurzgeschorene Haar.

»Ashkalu«, murmelte Bull, »ein Planet unter zweihunderttausend Sonnen.«

 

*

 

Der kleine Besprechungsraum lag abseits der weitläufigen Kommandozentrale der BASIS. Der Vario-500 trug die Körpermaske des Kaisers von Olymp. Waylon Javier hatte seine modischen Neigungen immer noch nicht geändert und sah in Rollkragenpullover und schmuddeligem Arbeitskittel aus wie ein Automechaniker längst vergangener Zeiten. Galbraith Deighton war ganz Geschäftsmann: dunkelgraue, gestreifte Weste, weitgeschnittene Hose aus demselben Material, unter der Weste ein am Hals offenes, fliederfarbenes Hemd mit großem Schalkragen. Nikki Frickel bot einen erfreulichen Anblick in einem kostümähnlichen Gewand, das eng am Körper anlag und die weibliche Ebenmäßigkeit ihrer Gestalt gut zur Geltung brachte. Reginald Bull hatte die lindgrüne Flottenkombination angelegt, wie man es von ihm gewohnt war.

»Ich habe nicht die Absicht, unter mehr als zweihunderttausend Sonnen nach einem bestimmten Planeten zu suchen«, erklärte er. »Das wäre ein nutzloses Unterfangen, denn es bleiben uns nur noch siebeneinhalb Wochen.«

»Ich halte es für möglich«, erklärte Anson Argyris, »dass die Station, von der die Rede ist, eine charakteristische Art von Strahlung von sich gibt, die leicht registriert werden kann. Damit böte sich uns vielleicht sogar eine Möglichkeit, die Materiewippe schneller zu finden.«

»Zu riskant«, wies Reginald Bull den Vorschlag zurück. »Wenn die Hauri ihrer Sache sicher sind, aktivieren sie die Materiewippe erst wenige Stunden vor dem kritischen Ereignis. Dann ist es für uns zu spät.«

»Der Pinwheel Information Group sind mehr als ein Dutzend Hauri-Stützpunkte in M-dreiunddreißig bekannt«, sagte Galbraith Deighton mit einem Seitenblick auf Nikki Frickel. »Man könnte sich einen dieser Stützpunkte vornehmen und die Hauri zur Herausgabe der Detailkoordinaten des Planeten Ashkalu zwingen.«

»Zwingen? Wie?«, fragte Bull irritiert. »Die Burschen sind geborene Märtyrer. Der Tod im Dienst der Sache befördert sie geradewegs in Heptamers Paradies.«

Waylon Javier hatte sich nach vorne gebeugt und den Kopf in die Hand gestützt. In dieser Haltung sah er zu Reginald Bull auf.

»Bevor ich auch noch einen Vorschlag mache, den du mit kühner Handbewegung in den Papierkorb relegierst«, sagte er, »lass mich dich fragen, ob du vielleicht eine Idee hast.«

»Man muss die Hauri aus der Reserve locken«, antwortete Bull. »Man muss dafür sorgen, dass sie den Standort der Materiewippe von sich aus verraten.«

»Aha!«, machte Waylon Javier. »So einfach hätte ich mir die Sache gar nicht vorgestellt.«

»Mach keine Witze«, warnte Nikki Frickel. »Seine Idee ist wirklich gut.«

»Er hat also tatsächlich eine?«, staunte Javier. »Ich wollte, er ließe uns endlich an seinen Geistesblitzen teilhaben.«

Bull war unerschütterlich.

»Wir empfinden die haurische Technik als hoch entwickelt«, sagte er. »Viele Vergleiche haben wir noch nicht anstellen können. Aber wir wissen, dass die Hauri uns in zumindest einem Aspekt unterlegen sind. Sie beziehen wie wir Energie aus Kontinua, die mit niedrigerer Entropie ausgestattet sind als das unsere. Aber ihre Zapftechnik reicht noch lange nicht an das Hypertrop-Prinzip heran. Deswegen sind die Hauri hinter unseren Hypertrop-Zapfanlagen her wie der Teufel hinter der armen Seele. Das ist schon des Öfteren beobachtet worden, zuerst auf der Pinwheel-Außenwelt Finisterre.«

»Was hast du vor?«, fragte Waylon Javier. »Willst du den Hauri einen Hypertrop zum Kauf anbieten?«

»Nein. Ich will ihnen einen so dicht an der Nase vorbeiführen, dass sie gar keine andere Wahl haben, als zuzugreifen.«

»Das wirst du uns erklären«, sagte Galbraith Deighton.

»Natürlich!«, feixte Reginald Bull. »Deswegen habe ich diese Besprechung einberufen.«

 

*

 

Am 9. Oktober 447 ging auf der am Rand der Milchstraße im Sektor Rho-15 Trianguli stationierten Hyperfunkstation Pinwheel-Beta über Relaiskette die folgende Nachricht ein:

»Die Verwaltung des Planeten Melanche, Bereich Ardustaar Nord, spricht zu den Freunden der Kartanin in der Galaxis Sayaaron. Diese Sendung erfolgt im Auftrag und mit Billigung der Hohen Frauen von Kartan.

Die herkömmliche Energieversorgung der Siedlerwelt ist aufgrund einer Serie von Naturkatastrophen zusammengebrochen. Sie auf konventionelle Weise wiederaufzubauen, erfordert Zeit, und die Siedler müssten Monate hindurch unvorstellbare Not leiden.

Wir wissen, dass unsere Freunde in Sayaaron wesentlich fortschrittlichere Mittel der Energiebeschaffung besitzen als das Volk der Kartanin. Wir bitten um Hilfe. Wenn nicht binnen fünfzehn Kartan-Tagen Abhilfe geschaffen werden kann, werden die, die bis dahin noch überleben, keine andere Wahl haben, als Melanche zu räumen.«

Die Hyperfunkstation Pinwheel-Beta war ausschließlich ein Werkzeug der intergalaktischen Kommunikation. Man empfing dort Nachrichten und leitete sie weiter. Da die Botschaft aus Pinwheel generell an »die Freunde in der Galaxis Sayaaron« gerichtet war, schickte man sie an den Sitz des Galaktikums. Einer war da aber unter den Kommunikationsspezialisten, der einen weiteren Denkhorizont besaß als die Mehrzahl seiner Kollegen. Vielleicht lag es auch gar nicht an seiner Klugheit, sondern daran, dass er von dritter Seite Instruktionen erhalten hatte. Auf jeden Fall fertigte er eine Kopie der Nachricht von Melanche an und expedierte diese über Prioritätskanal nach Terrania.

Es vergingen keine zwei Stunden, da hatte besagter Kommunikationsspezialist die Freude zu erleben, wie aus Terrania ein Hyperfunkspruch eintraf, der zur Weiterleitung nach Pinwheel, Bereich Ardustaar Nord, Planet Melanche kodifiziert war und folgenden Inhalt hatte:

»An die Verwaltung der Siedlerwelt Melanche. Hier sprechen die Freunde aus Sayaaron. Hilfe ist unterwegs.«

Diesem Spruch folgte im Abstand von wenigen Minuten ein zweiter.

»HQ-Hanse an Kosmischen Basar ROSTOCK. Kopie Hilferuf von Siedlerwelt Melanche in Pinwheel anbei. Aus den Beständen des Basars ist eine Hypertrop-Zapfstation mit einer Minimalleistung von 200 Terawatt sofort auf den Weg zu bringen. Der Transport ist von geeignetem Personal zu begleiten. Die Installierung der Station muss unverzüglich vorgenommen werden – siehe den Text des Hilferufs.«

Daran schloss sich an, was die Kartanin von Melanche gefunkt hatten. Es würde die Verantwortlichen an Bord der ROSTOCK in der gewünschten Weise beeindrucken. Der Kosmische Basar stand etliche Lichtjahre von der BASIS entfernt in unmittelbarer Nähe des Strangeness-Walls der Fremdgalaxis Hangay. Für die Verbindung mit BASIS und ROSTOCK war eine gesonderte Relaiskette eingerichtet worden.

Der Kommunikationsspezialist sorgte dafür, dass die für Melanche und für die ROSTOCK bestimmten Nachrichten auf dem schnellsten Weg weiterbefördert wurden.

 

*

 

Reginald Bull wirkte müde, als er durch die Schleusenöffnung des Einmannjets glitt. Das Fahrzeug war erst vor anderthalb Minuten durch die Hangarschleuse hereingekommen. Der Helm an Bulls SERUN löste sich selbsttätig, faltete sich zusammen und wurde zu einem unauffälligen Bestandteil der Halskrause. Tiefe Linien hatten sich in Reginald Bulls Gesicht gegraben. Die Augen waren gerötet. Unsicheren Schritts bewegte er sich auf die einsam in der Weite des Hangars stehende Gestalt zu, die die Ankunft des Jets abgewartet zu haben schien.

»Es ist Mord«, hörte man Bull knurren. »So was sollte man einem Menschen nicht zumuten dürfen.«

»Wir haben es alle durchmachen müssen«, sagte die Gestalt. »Wir haben es alle überlebt. Es war dein zweiter Flug. Ging es dir nicht schon besser als beim ersten?«

Reginald Bull starrte den Frager aus wasserblauen Augen an.

»Besser?«, krächzte er. »Wenn sich einem der Magen umkrempelt, die Augen aus den Höhlen treten und die Zunge wie ein heißer Backstein im Mund liegt, dann zerbricht man sich nicht den Kopf darüber, ob es beim vorherigen Mal womöglich noch schlimmer war. Ich sage dir, Galbraith, ich beweise extreme Hingabe an das Wohl und die Interessen der Menschheit, indem ich mich solchen Qualen unterziehe.«

Der Sicherheitschef im Bereich von X-DOOR lächelte.

»Man wird dir demnächst einen Orden verleihen«, sagte er. »Wie weit kamst du?«

»Bis zum Zielstern«, antwortete Bull. »Proxima Hangay. Als ich den Strangeness-Wall durchbrach, wurde ich ohnmächtig wie beim ersten Mal. Diesmal aber kam ich schon nach knapp einer Stunde wieder zu mir. Inzwischen lief der Jet auf Autopilot. Mir war hundeelend; aber ich brachte es fertig, den Kurs manuell auf Proxima Hangay zu setzen, und ich habe auch bewusst miterlebt, wie wir eine weite Schleife um den Stern flogen. Auf dem Rückweg ging ich wieder auf Autopilot. Beim zweiten Durchfliegen des Strangeness-Walls blieb ich bei Bewusstsein. Ich brachte den Jet nach Hause und steuerte ihn per Hand in den Hangar.« Er seufzte und ließ die Schultern hängen. »Und jetzt brauche ich ungefähr zehn Stunden Schlaf.«

Galbraith Deighton legte dem Freund die Hand auf die Schulter.

»Noch zwei Flüge, und du bist strangenessimmun«, sagte er. »Danke deinem Schöpfer, dass du den Versuch erst heute unternimmst, über sechs Monate, nachdem das zweite Hangay-Viertel im Standarduniversum materialisiert ist. Erinnere dich an Nikki Frickel. Sie war fünf Monate lang bewusstlos, als sie damals ins frisch materialisierte erste Viertel von Hangay einflog. Die Strangeness klingt ab. Bald werden wir uns überhaupt keine Sorgen mehr darüber machen müssen. Aber im Augenblick ist es noch wichtig, dass jeder, der mit Hangay zu tun hat, eine gewisse Immunität entwickelt.«

»Aber warum ich?«, protestierte Bull. »Mein Ziel liegt am Rand von Pinwheel. Warum muss ich meinen Körper diesen Strapazen unterwerfen, wo ich doch gar nicht nach Hangay will?«