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Die Banane auf der Flagge

Im Meer war eine Insel. Auf der Insel wohnten Piraten. Die Piraten kamen mit Schiffen.

Das mächtigste Schiff im Hafen war die Krasse Tasse vom bösen Admiral Hammerhäd. Sie hatte schwarze Segel. Und am Bug war ein Geierkopf. Das schönste Schiff im Hafen war die Molly Popper. Ihre Planken glänzten. Ihr Mast berührte fast den Himmel.

Und am Bug war ein Löwenkopf. Jeden Tag kam ein kleiner Junge, um sich die Molly Popper anzusehen. Der Junge hieß Tim Buktu. Er hatte einen Traum – ein richtiger Pirat wollte er werden.

„Hallo, Löwe“, sagte Tim. „Nimmst du mich mal mit?“

Nanu? Hatte ihm der Löwe gerade zugezwinkert? Tim rieb sich die Augen. Wahrscheinlich hatte er sich das nur eingebildet. Alles an der Molly Popper sah normal aus:

Der Löwe, der Totenkopf auf der Flagge … Moment mal … da war gar kein Totenkopf. Auf der Flagge war plötzlich eine Banane! Tim schüttelte sich. Schwupps, wurde aus der Banane wieder der Totenkopf. Hatte er sich das auch nur eingebildet? Von diesem Tag an beobachtete er die Molly Popper ganz genau.

Und einmal sah er sogar, wie weit draußen eine Mastspitze aus dem Meer kam und dann ein Korb und dann die Segel, der Löwenkopf und schließlich die ganze Molly Popper. Aber da musste Tim sich getäuscht haben. Kein Schiff konnte unter Wasser fahren.

Tim Buktu trottete nach Hause und träumte von einer Piratenschiffgäng und einem Kapitän, den er bewundern konnte. Er wollte Abenteuer erleben und auf einem Schiff wohnen. Tim wohnte nicht auf einem Schiff. Tim wohnte in einem alten Rumfass. Das Rumfass stand zwischen Hütten unter einer Palme. Ein Schild hing am Fass. Auf dem stand: HIER WOHNT TIM BUKTU.

Ein alter Mann ohne Zähne wartete schon auf ihn. Er winkte mit einem Brief und krächzte: „Wo bleibst du denn? Meine Liebste hat geschrieben!“

„Ich komme ja schon“, sagte Tim, setzte sich in den Schatten und las ihm den Brief vor. Die meisten Leute im Piratennest konnten nicht lesen und schreiben. Oder sie hatten keine Lust dazu. Viel lieber gingen sie zu Tim Buktu. Tim hatte eine feine Stimme. Er konnte schön schreiben und niemand hatte so prächtige Tinte wie er. Tim wusste, wie man Tinte in allen Farben mixte: Indigoblau, Safrangelb und Purpurschneckenrot. Sogar Goldtinte konnte er machen. Aber die konnte sich nur der König leisten.

In verschnörkelten Buchstaben schrieb Tim alles, was die Leute wollten. Er schrieb Einkaufszettel, Speisekarten, Beschwerdebriefe an den König und Liebesbriefe. Dafür gaben sie ihm Seesternschnuppen, Rumkugeln und Haifischgulasch. Sie gaben ihm ein neues Hemd und eine Kanonenkugel. Und manchmal bekam er ein ganzes Goldstück.

Tim war zufrieden. Aber etwas störte ihn: Wenn er nämlich in seinem Rumfass lag, ragten seine Füße ins Freie. Er bekam kalte Füße. Das Fass wurde ihm zu klein.

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Die falsche Waschfrau