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Alexandre Dumas

 

Kleine Romane und Novellen

 

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Covergestaltung: Olga Repp


Digitalisierung: Gunter Pirntke

BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke


2017 andersseitig.de


ISBN

9783961183616 (ePub)

9783961183623 (mobi)

andersseitig Verlag

Dresden

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Inhalt

Impressum

Pascal Bruno

Bernhard

Ein Maskenball.

Kabriolett-Kutscher

Blanca von Beaulieu.

Cherubino und Celestini.

Jakob I. und Jakob II.

Der arme Teufel

Frauenrache

 

Pascal Bruno

Gegen das Ende des Jahres 1834 bereitete ich mich zu einer Reise nach Sizilien vor.

Ich machte mich daher an die Aufsuchung eines sizilianischen politischen Flüchtlings, Namens Palmieri, dem ich früher begegnet war, dessen Adresse ich aber verloren und der so eben zwei vortreffliche Bände Erinnerungen herausgegeben hatte, um mir über seine so poetische und so unbekannte Insel jene allgemeinen Auskünfte und jene besonderen Angaben zu verschaffen, welche im Voraus die militärischen Grenzen einer Reise stellen, als wir eines Abends in der Faubourg Montmartre No. 4 den General T. mit Bellini ankommen sahen, an den ich nicht gedacht hatte und den er mir zuführte, um meine Reiseroute zu vervollständigen. Man hat nicht nötig zu fragen, wie in unserer ganz künstlerischen Versammlung, in welcher oft das Rapier nur ein von der Feder oder dem Pinsel entliehener Vorwand war der Komponist der Somnambule und der Norma empfangen wurde. Bellini war in Catania geboren; das Erste, was seine Augen gesehen hatten, als sie sich öffneten, waren jene Wellen, welche, nachdem sie die Mauern Athens gebadet, melodisch an den Ufern eines andern Griechenlands ersterben, und diesen fabelhaften und altertümlichen Ätna, an dessen Abhängen noch jetzt nach achtzehn hundert Jahren die Mythologie Ovids und die Erzählungen Virgils leben. Bellini war daher auch eine der am meisten poetischen Naturen, die man irgend antreffen kann, selbst sein Talent, das man nur mit dem Gefühle würdigen und nicht mit der Wissenschaft richten muss, ist nur ein ewiger, wie eine Erinnerung süßer und melancholischer Gesang; ein Echo gleich dem, welches in den Wäldern und in den Bergen schlummert, und das kaum flüstert, so lange es nicht durch den Ruf der Leidenschaften und des Schmerzes geweckt wird. Bellini war daher der Mann, dessen ich bedurfte. Er hatte Sizilien noch jung verlassen, so dass ihm von seiner Geburtsinsel jene wachsende Erinnerung geblieben war, welche, fern von den Orten versetzt, wo es erzogen worden, das poetische Andenken des Kindes gewissenhafter Weise bewahrt. Syracus, Agrigent, Palermo entfalteten sich so vor meinen Augen: ein prachtvolles, damals mir unbekanntes und von dem Lichte seiner Einbildungskraft erleuchtetes Panorama; als er dann endlich von den topographischen Umständen zu den Sitten des Landes überging, über die ich nicht müde wurde, ihn zu befragen, sagte er zu mir:

— Besonders aber vergessen Sie eines nicht, wenn Sie von Palermo nach Messina entweder zu Wasser oder zu Lande gehen werden. Kehren Sie in dem kleinen Dorfe Bauso an der Spitze des weißen Vorgebirges ein, dem Wirtshaus gegenüber werden Sie eine Straße finden, welche bergauf geht und die sich zur Rechten mit einem kleinen Schloss in Form einer Zitadelle endigt, an den Mauern dieses Schlosses befinden sich zwei Käfige, der eine leer, der andere mit einem Totenkopf, der seit zwanzig Jahren in ihm bleicht. Fragen Sie den ersten besten Vorüber kommenden nach der Geschichte des Mannes, dem dieser Kopf angehört hat, und Sie werden eine jener vollständigen Erzählungen erhalten, welche eine ganze Gesellschaft, von dem Gebirge bis zur Stadt, von dem Landmanne bis zum großen Herrn schildern.

— Aber, antwortete ich Bellini, könnten Sie uns diese Geschichte nicht selbst erzählen? Nach der Art, mit welcher Sie davon sprechen, sieht man, dass Sie dieselbe tief in Ihr Gedächtnis gegraben haben.

— Ich würde es mit Vergnügen tun, sagte er zu mir, denn ihr Held, Pascal Bruno, ist gerade in dem Jahre meiner Geburt gestorben, und ich bin als kleines Kind mit dieser, wie ich überzeugt bin, noch heute lebendigen Volkssage eingewiegt worden, aber wie wäre ich mit meinem schlechten Französisch im Stande, eine solche Erzählung zu machen?

— Ist es nur das? antwortete ich, wir verstehen Alle Italienisch, sprechen Sie zu uns in der Sprache Dante's, sie ist wohl so gut als eine andere.

— Wohl an! es sei, erwiderte Bellini, indem er mir die Hand reichte, aber unter einer Bedingung.

— Welche?

— dass Sie bei Ihrer Rückkehr, wenn Sie die Örtlichkeiten gesehen, wenn Sie sich in Mitte dieses wilden Volkes und dieser pittoresken Natur wieder gestärkt haben werden, mir aus Pascal Bruno eine Oper machen.

— Bei Gott! das ist eine abgemachte Sache, rief ich aus, indem ich ihm die Hand reichte.

Und Bellini erzählte die Geschichte, welche man lesen wird.

Sechs Monate nachher reiste ich nach Italien ab, ich besuchte Calabrien, ich landete in Sizilien, und das, was ich immer als den ersehnten Punkt, als das Ziel meiner Reise unter allen diesen erhabenen Erinnerungen ansah, war diese Volkssage, welche ich aus dem Munde des musikalischen Dichters gehört hatte, und die aufzusuchen ich achthundert Stunden weit herkam; endlich gelangte ich nach Bauso, ich sah das Wirtshaus, ich ging die Straße hinauf, ich erblickte die beiden eisernen Käfige, von denen der eine leer und der andere voll war.

Dann kehrte ich nach einer Abwesenheit von einem Jahre nach Paris zurück; als ich mich nun des gegebenen Versprechens erinnerte, suchte ich Bellini auf.

Ich fand ein Grab.


I.

Es geht mit den Städten wie mit den Menschen, der Zufall leitet ihre Gründung oder ihre Geburt, und die topographische Stelle, auf welcher man die einen er» baut, die gesellschaftliche Stellung, in welcher die andern geboren werden, wirkt im Guten oder im Bösen auf ihr ganzes Dasein ein, ich habe so edle, stolze Städte gesehen, dass sie Alles hatten überragen wollen, was sie umgab, so dass kaum einige Häuser gewagt hatten, sich auf dem Gipfel des Berges zu erheben, auf den sie ihren Grundstein gelegt; sie blieben daher auch immer hochmütig und arm, indem sie ihre mit Zinnen versehenen und unaufhörlich von den Gewittern des Sommers und von den Stürmen wen des Winters gepeitschten Stirnen in den Wolken verbargen. Man hätte sie für verbannte Königinnen halten können, denen nur einige Höflinge in ihr Unglück gefolgt waren, und die es verschmähten, sich so weit herabzulassen, um von der Ebene ein Volk und ein Königreich zu verlangen. Ich habe kleine so bescheidene Städte gesehen, dass sie sich in den Grund eines Thales geflüchtet, dass sie an dem Ufer eines Baches ihre Höfe, ihre Mühlen und ihre Hütten aufgeführt hatten, dass sie, von Hügeln geschützt, welche sie vor der Hitze und vor der Kälte sicherten, dort ein unbekanntes und ruhiges Leben gleich dem jener Menschen ohne Feuer und ohne Ehrgeiz führten, die jedes Geräusch erschreckt, die jedes Licht blendet und für die es nur in dem Schatten und in der Stille ein Glück gibt. Es gibt andere, welche damit angefangen haben, ein armseliges Dorf an dem Ufer des Meeres zu sein, und die allmählich, indem sie kleine Schiffe den Barken und große Schiffe den kleinen Schiffen folgen sahen, ihre Hütten in Häuser und ihre Häuser in Paläste verwandelt haben, so dass jetzt das Gold von Potosi und die Diamanten Indiens ihren Häfen zuströmen, und sie ihre Dukaten klingen lassen und ihren Schmuck wie Emporkömmlinge zur Schau stellen, die uns mit ihren Equipagen bespritzen und uns durch ihre Bedienten beleidigen lassen. Endlich gibt es deren noch, welche sich anfangs in reicher behaglicher Weise auf lachenden Wiesen erhoben hatten, die auf bunten Blumenteppichen einhergingen, zu denen man auf launigen und pittoresken Fußpfaden gelangte, denen man ein langes und gedeihliches Schicksal prophezeit hätte, und die plötzlich ihr Dasein durch eine wetteifernde Stadt bedroht gesehen haben, die, an einer Heerstraße entstehend, Handelsleute und Reisende anzog und die arme Abgesonderte langsam wie ein junges Mädchen vergehen ließ, deren Quellen des Lebens eine unerwiderte Liebe versiegt. Deshalb fasst man Sympathie oder Widerwillen, Liebe oder Hass für diese oder jene Stadt, wie für diese oder jene Person; deshalb gibt man kalten und leblosen Steinen Beinamen, welche nur lebenden und menschlichen Wesen angehören; deshalb nennt man Messina die Edle, Syrakus die Treue, Girgenti die Prachtvolle, Tapani die Unbesiegliche, Palermo die Glückliche.

In der Tat, wenn es eine auserkorene Stadt gibt, so ist es Palermo, unter einem Himmel ohne Wolken, auf einem fruchtbaren Boden in Mitte pittoresker Landhäuser gelegen, seinen Hafen einem Meere mit himmelblauen Wellen öffnend, im Norden von dem Hügel der heiligen Rosalie, im Osten durch das Kap Raferano beschützt, von allen Seiten mit einer Gebirgskette umgeben, welche die unermessliche Ebene einschließt, auf welchem sie steht, wie sich niemals eine byzantinische Odaliske oder ägyptische Sultanin in den cyrenäischen Wellen oder in denen des Bosporus spiegelt, oder wie es, mit dem Gesichte nach ihrer Mutter gewandt, die altertümliche Tochter Chaldäas tut. Es hat daher auch vergebens den Herrn gewechselt, seine Herren sind verschwunden und die Stadt Palermo ist geblieben, und von ihren verschiedenen, immer durch ihre Anmut und durch ihre Schönheit verführten Beherrschern hat die königliche Sklavin nur Schmuck statt aller Fesseln behalten. Die Menschen und die Natur haben sich aber auch vereinigt, um sie prachtvoll unter den Reichen zu machen. Die Griechen haben ihr ihre Tempel, die Römer ihre Wasserleitungen, die Sarazenen ihre Schlösser, die Normannen ihre Basiliken, die Spanier ihre Kathedralen gelassen, und da die Breite, unter welcher sie liegt, jeder Pflanze dort zu blühen, jedem Baum sich dort zu entwickeln erlaubt, so vereinigt sie in ihren glänzenden Gärten den Oleander von Lakonien, den Palmbaum Ägyptens, die Feige Indiens, die Aloe Afrikas, die Fichte Italiens, die Zypresse Schottlands und die Eiche Frankreichs.

Nichts ist daher auch schöner als die Tage Palermos, wenn es nicht seine Nächte sind; orientalische Nächte, klare und duftige Nächte, in denen das Murmeln des Meeres, das Rauschen der Abendluft, das Getöse der Stadt wie ein allgemeines Konzert der Liebe erscheinen, in welchem jedes Ding der Schöpfung, von der Welle bis zu der Pflanze, von der Pflanze bis zu dem Menschen einen geheimnisvollen Seufzer ausstößt. Steigt auf den Altan der Zisa oder auf die Terrasse des Palazzo Reale, wenn Palermo schläft, und es wird euch scheinen, als ob ihr an dem Bette eines jungen Mädchens in üppigen Träumen säßet.

Das ist die Stunde, zu welcher die Piraten von Algier und die Korsaren von Tunis aus ihren Raubnestern hervorkommen, indem sie die dreieckigen Segel ihrer barbarischen Feluken in den Wind stellen und um die Insel herumstreifen, wie die Hyänen der Sahara und die Löwen des Atlas um eine Schäferei. Wehe dann den unvorsichtigen Städten, welche ohne Leuchttürme und ohne Wachen an den Ufern des Meeres einschlafen, denn ihre Bewohner erwachen bei dem Scheine der Feuersbrunst und bei dem Geschreie ihrer Frauen und Töchter, und bevor die Hilfe herbeigekommen, sind die Geier von Afrika mit ihrer Beute davongeeilt, dann, wenn der Tag anbricht, wird man die Flügel ihrer Schiffe am Horizonte erbleichen und hinter den Inseln Porri, Favignana oder Lampadouze verschwinden sehen.

Zuweilen ereignet es sich auch, dass das Meer plötzlich bleifarbig wird, dass der Wind fällt, dass die Stadt schweigt; das kommt daher, weil einige blutige Wolken rasch von Süden nach Norden an dem Himmel hingezogen sind, weil diese Wolken den Sirocco verkündigen, diesen so sehr von den Arabern gefürchteten Rhamsin, ein glühender Dunst, der in den Sandsteppen von Libyen entsteht und den der Südostwind nach Europa treibt; sogleich beugt sich Alles, Alles leidet, Alles beklagt sich; die ganze Insel stöhnt, wie wenn der Ätna droht, die Tiere und die Menschen suchen voller Besorgnis ein Obdach, und wenn sie es gefunden haben, so legen sie sich keuchend nieder, denn dieser Wind schlägt allen Mut zu Boden, lähmt jede Kraft, erlöscht jede Fähigkeit. Palermo röchelt dann gleich einer mit dem Tode Ringenden bis zu dem Augenblicke, wo ein reiner, von Calabrien kommender Hauch der Sterbenden wieder Kraft gibt, welche bei dieser belebenden Luft erbebt, wieder zum Dasein kommt, mit demselben Glücke Atem schöpft, als ob sie aus einer Ohnmacht erwache, und am folgenden Tage wieder sorgenlos ihr Leben des Vergnügens und der Lust beginnt.

Es war an einem Abende des Monats September 1803; der Sirocco hatte den ganzen Tag über geweht, aber bei Sonnenuntergange hatte sich der Himmel wieder aufgeklärt, das Meer war wieder azurblau geworden und einige frische Windstöße bliesen von dem Lipariotischen Archipel her. Diese Veränderung der Atmosphäre übte, wie wir bemerkt, ihren wohltätigen Einfluss auf alle belebten Wesen aus, die allmählich aus ihrer Erstarrung er« wachten; man hätte glauben können, einer zweiten Schöpfung beizuwohnen, um so mehr, als Palermo, wie wir gesagt, ein wahres Eden ist.

Unter allen den Töchtern Evas, welche in diesem Paradiese, das sie bewohnen, aus der Liebe ihre Hauptbeschäftigung machen, gibt es eine, welche eine zu wichtige Rolle in dem Laufe dieser Geschichte spielen wird, als dass wir nicht auf sie und auf den Ort, den sie bewohnt, die Aufmerksamkeit und die Blicke unserer Leser fesseln sollten. Sie mögen daher mit uns Palermo durch das Thor San-Giorgio verlassen, sie mögen Costello-a-Mare zur Rechten lassen, einige Zeit lang dem Ufer folgen und an jener köstlichen Villa anhalten, welche sich dort an dem Strande des Meeres erhebt und deren bezaubernde Gärten sich bis an den Fuß des Berges Pellegrino erstrecken, das ist die Villa des Fürsten von Carini, Vizekönigs von Sizilien für Ferdinand IV., der zurückgekehrt ist, um von seiner schönen Stadt Neapel Besitz zu nehmen.

Auf dem ersten Stockwerke dieser eleganten Villa, in einem mit himmelblauen Atlas behangenen Zimmer, dessen Falten mit Perlschnüren aufgeschlagen sind und dessen Decke in Fresko gemalt ist, liegt eine Frau m einem einfachen Morgenkleid, mit herabhängenden Armen, zurückgeworfenem Kopfe und aufgelösten Haaren auf einem Sofa, noch vor einem Augenblicke hätte man sie für eine Marmorstatue halten können, aber ein leichter Schauder hat ihren ganzen Körper überlaufen, ihre Wangen beginnen sich zu färben, ihre Augen haben sich wieder geöffnet; die wundervolle Statue belebt sich, seufzt, streckt die Hand nach einer kleinen, auf einem Marmortische von Selinunt stehenden silbernen Schelle aus, bewegt sie nachlässig, und wie von der Anstrengung ermüdet, die sie gemacht hat, lässt sie sich wieder auf das Sofa zurücksinken. Indessen ist der Silberklang gehört worden, eine Tür geht auf, und eine junge und hübsche Kammerfrau erscheint auf der Schwelle, deren in Unordnung geratene Toilette andeutet, dass sie, wie ihre Gebieterin, dem Einfluss des afrikanischen Windes unterlegen ist.

— Sind Sie es, Theresa? sagte ihre Gebieterin schmachtend, indem sie den Kopf nach ihrer Seite wandte. O mein Gott! es ist zum Sterben, bläst der Sirocco etwa immer noch?

— New, Signoria, er hat sich gänzlich gelegt, und man beginnt wieder zu atmen.

— Bringen Sie mir Früchte und Eis, und geben Sie mir Luft.

Theresa vollzog diese beiden Befehle mit eben so viel Schnelligkeit, als es ihr ein Rest von Schwäche und Unbehagen gestattete. Sie stellte die Erfrischungen auf den Tisch und machte das Fenster auf, welches auf das Meer ging.

— Sehen Sie, Frau Gräfin, sagte sie, wir werden morgen einen herrlichen Tag haben, und die Luft ist so rein, dass man deutlich die Insel Alicudi steht, obgleich der Tag sich zu neigen beginnt.

— Ja, ja, diese Luft tut wohl. Gib mir den Arm, Theresa, ich will versuchen, mich bis an dieses Fenster zu schleppen.

Die Kammerfrau näherte sich ihrer Gebieterin, welche den Sorbet wieder auf den Tisch stellte, den ihre Lippen kaum berührt hatten, und sich, auf ihre Schultern stützend, schmachtend bis nach dem Balkon ging.

— Ah! sagte sie, indem sie die Abendluft einsog, wie man bei dieser milden Luft wieder auflebt. Bringen Sie mir diesen Sessel, und öffnen Sie auch noch das Fenster, welches auf den Garten geht. Gut! ist der Fürst von Montreal zurückgekehrt?

— Noch nicht.

— Um so besser, ich möchte nicht, dass er mich bleich und entstellt sähe, wie ich jetzt bin. Ich muss abscheulich sein.

— Die Frau Gräfin ist niemals schöner gewesen, und ich bin überzeugt, dass es in der ganzen Stadt, welche wir von hier aus übersehen, nicht eine Frau gibt,, du nicht eifersüchtig auf die Signoria ist.

— Selbst die Marquise von Rudini? selbst die Fürstin von Butera?

— Ich nehme Niemand aus.

— Der Fürst bezahlt Sie, um mir zu schmeicheln, Theresa.

— Ich schwöre der gnädigen Frau, dass ich ihr nur das sage, was ich denke.

— O! was es so angenehm ist, in Palermo zu leben, sagte die Gräfin, indem sie mit voller Brust Atem schöpfte.

— Besonders, wenn man zwei und zwanzig Jahre alt, wenn man reich und wenn man schön ist, fuhr Theresa lächelnd fort.

— Du endigst meinen Gedanken; ich will daher auch Jedermann um mich herum glücklich sehen. Wann ist Deine Hochzeit, he?

Theresa antwortete nicht.

— War sie nicht für nächsten Sonntag bestimmt? fuhr die Gräfin fort.

— Ja, Signoria, antwortete die Kammerfrau seufzend.

— Was gibt es denn? Bist Du nicht mehr entschlossen?

— Doch, immer noch.

— Hast Du einen Widerwillen gegen Gaëtano?

— Nein, ich halte ihn für einen rechtschaffenen Mann, der mich glücklich machen wird. Außerdem ist diese Heirat ein Mittel, immer bei der Frau Gräfin zu bleiben, und das ist es, was ich wünsche.

— Warum seufzt Du dann?

— Die Signoria möge mir verzeihen, es ist eine Erinnerung unserer Heimat.

— Unserer Heimat?

— Ja, als die Frau Gräfin sich in Palermo erinnerte, dass sie in dem Dorfe, dessen Herr Ihr Vater war, eine Milchschwester zurückgelassen hätte, und sie mir schrieb, zu ihr zu kommen, stand ich im Begriffe, einen jungen Mann von Bauso zu heiraten.

— Warum hast Du mir davon Nichts gesagt? Der Fürst hatte ihn auf meine Empfehlung in seinen Hofhalt angestellt.

— O! er hätte kein Bedienter sein wollen, er ist zu stolz dazu.

— Wahrhaftig?

— Ja.

Er hatte bereits eine Stelle in dem Hause des Prinzen Golo ausgeschlagen.

— Dieser junge Mann war also ein vornehmer Herr?

— Nein, Frau Gräfin, er war ein einfacher Gebirgsbewohner.

— Wie hieß er?

— O! ich glaube nicht, dass die Signoria ihn kennt, sagte Theresa rasch.

— Und bedauerst Du ihn?

Ich vermöchte es nicht zu sagen. — Ich weiß nur so viel, dass, wenn ich seine Frau würde, statt die Gaëtanos zu sein, ich arbeiten müsste, um zu leben, und dass mir das sehr schwer werden würde, besonders bei dem Austritte aus dem Dienste der Frau Gräfin, die so nachsichtig und so sanft ist.

— Man beschuldigt mich indessen der Heftigkeit und des Stolzes; ist das wahr, Theresa?

— Die gnädige Frau ist vortrefflich gegen mich; das ist Alles, was ich sagen kann.

— Dieser Adel von Palermo ist es, der das sagt, weil die Grafen von Castelnuovo von Karl V. geadelt sind, während die Ventimilles und die Partannas, wie sie behaupten, von Tancred und von Roger abstammen. Aber die Frauen sind deshalb nicht bös auf mich, sie verbergen ihren Hass unter der Geringschätzung, und sie hassen mich, weil Rodolfo mich liebt und weil sie eifersüchtig auf die Liebe des Vizekönigs sind. Sie tun daher auch Alles, was sie vermögen, um ihn mir zu rauben, aber es wird ihnen nicht gelingen, ich bin weit schöner als sie; Carini sagt es mir täglich, und Du auch, Lügnerin.

— Es gibt hier Jemand, der ein noch weit größerer Schmeichler ist, als seine Exzellenz und ich.

— Und wer das?

— Der Spiegel der Frau Gräfin.

Närrin! Zünde die Kerzen der Psyche an. — Die Kammerfrau gehorchte. — Jetzt mach dieses Fenster zu und lass mich allein; das des Gartens wird genug Luft geben.

Theresa gehorchte und entfernte sich, kaum hatte die Gräfin sie verschwinden sehen, als sie sich vor die Psyche setzte, sich in dem Spiegel betrachtete und zu lächeln begann.

Diese Gräfin Emma, oder vielmehr Gemma, denn ihre Eltern hatten von ihrer Kindheit an ihrem Taufnamen ein G hinzugefügt, so dass sie sich Dank dieser Hinzufügung! Diamant nannte, war aber auch ein wundervolles Geschöpf. Gewiss war es mit Unrecht, dass sie ihren Adel auf eine Unterschrift Karls V. zurückgehen ließ, denn an ihrem schlanken und schmiegsamen Wuchs erkannte man die Jonierin, an ihren dunkel schwarzen Augen die arabische Abstammung, an ihrer weißen und rosigen Haut die Tochter Galliens. Sie konnte daher gleicher Weise sich rühmen, von einem Archonten von Athen, von einem sarazenischen Emir oder von einem normannischen Feldherrn abzustammen; sie war eine Jener Schönheiten, wie man deren zuvörderst in Sizilien findet, dann in einer einzigen Stadt der Welt, in Arles, wo dieselbe Mischung des Blutes, dieselbe Kreuzung der Stamme zuweilen in einer einzigen Person diese drei so verschiedenen Grundzüge vereinigt. Statt daher auch, wie sie anfangs die Absicht gehabt hatte, die Kunst der Toilette zu Hilfe zu rufen, fand sich Gemma in ihrem halb verwirrten Anzug so reizend, dass sie sich einige Zeit lang mit naiver Bewunderung betrachtete, wie sich eine Blume betrachten muss, die sich auf einen Bach neigt. Und diese Bewunderung war kein Stolz, es war eine Verehrung für den Herrn, der so schöne Geschöpfe schaffen will und kann. Sie blieb daher so, wie sie war. In der Tat, welcher Kopfputz konnte ihre Haare besser hervorheben, als diese Vernachlässigung, welche ihnen erlaubte, in ihrer prachtvollen Länge zu wallen? Welcher Pinsel hätte dem regelmäßigen Bogen ihrer sammetartigen Augenbrauen eine Linie hinzufügen können? Und welcher Karmin hätte gewagt, mit ihren feuchten, wie der Granatapfel glühene den Korallenlippen zu rivalisieren? Sie begann dagegen, wie wir gesagt haben, ohne einen andern Gedanken, sich zu betrachten, als dm, sich zu sehen, und allmählich versank sie in eine tiefe Träumerei voller Entzücken, und wie ein Hintergrund für diesen Engelskopf, warf der Spiegel, welcher vor dem offengebliebenen Fenster stand, den Himmel zurück, und Gemma belustigte sich ohne Zweck, ohne Beweggrund, indem sie sich in einem unbestimmten und unendlichen Glücke einwiegte, in diesem Spiegel die Sterne zu zählen, welche nach ihrer Reihe erschienen, und ihnen in dem Maße, als sie an dem Himmel auftauchten, Namen zu geben. Plötzlich schien es ihr, als ob ein auftauchender Schatten sich vor diese Sterne stelle, und als ob eine Gestalt sich hinter ihr zeige, sie wandte sich rasch um, ein Mann stand auf ihrem Fenster. Gemma stand auf und öffnete den Mund, um einen Schrei auszustoßen; aber der Unbekannte sprang in das Zimmer, faltete die beiden Hände und sagte mit flehender Stimme zu ihr: — Im Namen des Himmels, rufen Sie nicht, gnädige Frau, denn, bei meiner Ehre, Sie haben Nichts zu fürchten, und ich will Ihnen kein Leid zufügen!

II.

Gemma sank auf ihren Sessel zurück, und dieser Erscheinung und diesen Worten folgte ein Augenblick des Schweigens, während dem sie die Zeit hatte, einen raschen und furchtsamen Blick auf den Fremden zu werfen, der auf eine so wunderliche und ungewöhnliche Weise in ihr Zimmer gedrungen war.

Es war ein junger Mann von fünf und zwanzig bis sechs und zwanzig Jahren. welcher der Volksklasse anzugehören schien; er trug den calabresischen Hut mit einem breiten Bande, das wallend auf seine Achseln herabfiel eine Sammetjacke mit silbernen Knöpfen, ein Beinkleid von demselben Stoffe und mit ähnlichen Verzierungen, um seine Hüften trug er einen Gürtel von roter Seide mit Stickereien und grünen Fransen, wie man deren in Messina, die der Levante nachahmend, anfertigt. Endlich vervollständigten lederne Gamaschen und Schuhe dieses Gebirgskostüm, dem es nicht an Eleganz fehlte, und das gewählt zu sein schien, um die glücklichen Verhältnisse der Gestalt dessen hervorzuheben, der es angenommen hatte. Was sein Gesicht anbelangt, so war es von milder Schönheit; es waren diese starken, hervortretenden Züge der Männer des Südens, ihre kühnen und stolzen Augen, ihre schwarzen Haare und Bart, ihre Adlernase und ihre Schakalzähne.

Ohne Zweifel war Gemma durch diese Musterung nicht beruhigt, denn der Fremde sah sie den Arm nach der Seite des Tisches ausstrecken, und da er erriet, dass sie die silberne Schelle suchte, welche dort stand, sagte er zu ihr, indem er seiner Stimme jenen unendlichen Ausdruck von Sanftmut gab, für welche die sizilianische Sprache so günstig ist:

— Haben Sie mich nicht verstanden, gnädige Frau? Ich will Ihnen durchaus kein Leid zufügen, vielmehr, wenn Sie mir die Bitte bewilligen, welche ich an Sie richten will, will ich Sie wie eine Madonna anbeten; Sie sind ja so schön wie die Mutter Gottes, seien Sie auch eben so gut, als sie.

— Aber was wollen Sie denn nur von mir? sagte Gemma mit noch zitternder Stimme, und wie können Sie so zu dieser Stunde bei mir eintreten?

— Wenn ich Sie, edle, reiche und von einem Manne geliebte Dame, der fast ein König ist, um eine Unteredung gebeten hätte, ist es wahrscheinlich, dass Sie mir, dem Armen und Unbekannten, dieselbe bewilligt hätten, gnädige Frau? Wenn Sie außerdem diese Güte gehabt hätten, so konnten Sie zögern, mir zu antworten, und ich hatte nicht die Zeit zu warten.

— Was vermag ich denn für Sie? sagte Gemma, indem sie sich immer mehr beruhigte.

— Alles, gnädige Frau, denn Sie haben meine Verzweiflung oder mein Glück, meinen Tod oder mein Leben in Ihren Händen.

— Ich verstehe Sie nicht, erklären Sie sich.

— Sie haben ein junges Mädchen von Bauso in Ihren Diensten,

— Theresa? .

— Ja, Theresa, fuhr der junge Mann mit bebender Stimme fort; nun aber steht dieses junge Mädchen im Begriffe, sich mit einem Kammerdiener des Fürsten Carini zu verheiraten, und dieses junge Mädchen ist meine Verlobte.

— Ah! Sie sind es? . . .

— Ja. ich bin es, den sie in dem Augenblicke zu heiraten im Begriffe stand, als sie den Brief erhielt, welcher sie zu Ihnen berief. Sie versprach mir treu zu bleiben, mit Ihnen für mich zu sprechen, und, wenn Sie ihre Bitte ausschlügen, wieder zu mir zu kommen; ich wartete daher; aber drei Jahre, sind verflossen, ohne dass ich sie wiedersah, und da sie nicht zurückkehrte, so bin ich Hierher gekommen. Bei meiner Ankunft habe ich Alles erfahren, ich habe nun gedacht, mich Ihnen zu Füßen zu werfen, und Sie um Theresa zu bitten.

— Theresa ist ein Mädchen, das ich liebe, und von der ich mich nicht trennen will. Gaëtano ist der Kammerdiener des Fürsten, und indem sie ihn heiratet, wird sie bei mir bleiben.

— Wenn das eine Bedingung ist, so werde ich bei dem Fürsten in Dienst treten, sagte der junge Mann, indem er sich einen sichtlichen Zwang antat.

— Theresa hatte mir gesagt, dass Sie nicht dienen wollten.

— Das ist wahr! wenn es indessen sein muss, so werde ich dieses Opfer bringen; nur, wenn es möglich wäre, würde ich es vorziehen, auf seinen Gütern eine Stelle zu erhalten, als in seine Dienerschaft einzutreten.

— Es ist gut, ich werde mit dem Fürsten darüber sprechen, und wenn er einwilligt. . ..

— Der Fürst will Alles, was Sie wollen, gnädige Frau; Sie bitten nicht, Sie befehlen, ich weiß es.

— Aber wer wird mir Bürgschaft für sie leisten?

— Meine ewige Dankbarkeit, gnädige Frau.

— Dabei muss ich noch wissen, wer Sie sind.

— Ich bin ein Mann, dessen Unglück oder Glückseligkeit Sie machen können, das ist Alles.

— Der Fürst wird Ihren Namen von mir verlangen.

— Was kümmert ihn mein Name? kennt er ihn? Ist der Name eines Landmannes von Bauso jemals bis zu dem Fürsten gelangt?

— Aber ich, ich bin aus derselben Gegend, als Sie, mein Vater war Graf von Castelnuovo, und bewohnte eine kleine Feste, eine Viertelstunde weit von dem Dorfe.

— Ich weiß es, gnädige Frau, antwortete der junge Mann mit dumpfer Stimme.

— Nun denn? ich muss Ihren Namen kennen, so sagen Sie mir ihn denn, und ich werde sehen, was ich zu tun habe.

— Glauben Sie mir, Frau Gräfin, es ist besser, dass Sie ihn nicht kennen; was liegt an meinem Namen? Ich bin ein rechtschaffener Mann, ich werde Theresa glücklich machen, und wenn es sein muss, mich für den Fürsten und für Sie töten lassen.

— Ihr Eigensinn ist seltsam, und ich halte um so mehr darauf Ihren Namen zu wissen, als ich ihn bereits von Theresa verlangt, und diese, wie Sie, sich geweigert hat, ihn mir zu nennen. Ich sage Ihnen indessen im Voraus, dass ich nur unter dieser Bedingung etwas tun werde.

— Sie wollen es, gnädige Frau?

— Ich verlange es.

— Nun denn! zum letzten Mal, ich bitte Sie inständigst . . .

— Entweder Sie nennen Ihren Namen, oder Sie entfernen sich! sagte Gemma mit einer gebieterischen Gebärde.

— Ich heiße Pascal Bruno, antwortete der junge Mann mit so ruhiger Stimme, dass man hätte glauben können, alle Gemütsbewegung sei plötzlich verschwunden, wenn sein bleiches Ansehen nicht verraten hätte, was er in seinem Innern litt.

— Pascal Bruno! rief Gemma ihren Sessel zurück schiebend aus, Pascal Bruno! wären Sie etwa der Sohn Antonio Brunos, dessen Kopf in dem eisernen Käfige an dem Schloss von Bauso ist?

— Ich bin sein Sohn.

— Wohl an! wissen Sie, warum der Kopf Ihres Vaters dort ist, sagen Sie? Pascal schwieg.

— Nun denn, fuhr Gemma fort, weil Ihr Vater den meinigen hat ermorden wollen.

— Ich weiß das Alles, gnädige Frau, ich weiß ferner, dass, wenn man sie als Kind in dem Dorf spazieren führte, Ihre Kammerfrauen und Ihre Bedienten Ihnen diesen Kopf zeigten, indem sie zu Ihnen sagten, dass es der meines Vaters wäre, der den Ihrigen hätte ermorden wollen; aber was man Ihnen nicht sagte, gnädige Frau, das ist, dass Ihr Vater den meinigen entehrt hatte.

— Sie lügen.

— Gott soll mich strafen, wenn ich nicht die Wahrheit sage, gnädige Frau; meine Mutter war schön und sittsam, der Graf liebte sie, und meine Mutter widerstand allen Anträgen, allen Versprechungen, allen Drohungen, aber, als mein Vater eines Tages nach Taormino gegangen war, hat er sie von vier Mann entführen, in ein kleines, ihm angehörendes Haus zwischen Limero und Furnari bringen lassen, das jetzt ein Wirtshaus ist . . . Und dort! . . . dort, gnädige Frau, schändete er sie!

— Der Graf war Herr und Gebieter des Dorfes von Bauso; seine Bewohner gehörten ihm mit Leib und Gut an und er erwies Ihrer Mutter viel Ehre, dass er sie liebte!. . .

— Wie es scheint, dachte mein Vater nicht so, sagte Pascal, indem er die Stirn runzelte, und das ohne Zweifel, weil er in Stillea, auf dem Gebiete des Fürsten von Moncada-Paterno geboren war, was die Veranlassung war, dass er den Grafen traf. Die Wunde war nicht tödlich, um so besser, ich habe es lange bedauert, aber heute wünsche ich mir zu meiner Schande Glück dazu.

— Wenn ich mich recht erinnere, so ward Ihr Vater nicht allein als Mörder hingerichtet, sondern Ihre Oheime sind auch noch auf der Galeere?

— Sie hatten dem Mörder ein Obdach gewährt, sie hatten ihn verteidigt, als die Sbirren gekommen waren, um ihn zu verhaften; sie wurden als Mitschuldige angesehen, und, mein Oheim Placido nach Favignana, mein Oheim Pietro nach Livari und mein Oheim Pepe nach Vulcana gesandt. Was mich anbetrifft, so war ich zu jung, und obgleich man mich mit ihnen verhaftet hatte, so gab man mich doch meiner Mutter zurück.

— Und was ist aus Ihrer Mutter geworden?

— Sie ist gestorben.

— Wo das?

— In dem Gebirge, zwischen Pizzo de Goto und Risi.

— Warum hatte sie Bauso verlassen?

— Damit wir nicht jedes Mal, wenn wir vor dem Schloss vorübergingen, sie, den Kopf ihres Gatten, ich nicht den Kopf meines Vaters sähe. Ja, sie ist dort ohne Arzt, ohne Priester gestorben, sie ist in ungeweihter Erde begraben worden, und ich bin ihr einziger Totengräber gewesen. . . da, gnädige Frau, Sie werden mir hoffentlich verzeihen, habe ich auf der frisch umgegrabenen Erde geschworen, meine ganze Familie, die ich allein überlebte, denn ich rechne meine Oheime nicht mehr als dieser Welt angehörig, an Ihnen zu rächen, die Sie allein von der Familie des Grafen übrig sind. Aber, dem ist einmal nun so, ich wurde in Theresa verliebt; ich verließ meine Berge, um das Grab nicht mehr zu sehen, dem ich meineidig zu werden begann, ich ging in die Ebene hinab, ich näherte mich Bauso, und ich »hat noch mehr; als ich erfuhr, dass Theresa das Dorf verließe, um in Ihren Dienst zu treten, dachte ich daran, in den des Grafen zu treten. Ich bebte lange vor diesem Gedanken zurück, endlich gewöhnte ich mich daran. Ich gewann es über mich, Sie zu sehen; ich habe Sie gesehen, und hier bin ich ohne Waffen und als Bittender Ihnen gegenüber, gnädige Frau, vor der ich nur als Feind erscheinen durfte.

— Sie werden die Unmöglichkeit begreifen, antwortete Gemma, dass der Fürst einen Mann in seinen Dienst nimmt, dessen Vater gehangen worden, und dessen Oheime auf den Galeeren sind.

— Warum nicht, gnädige Frau, wenn dieser Mann zu vergessen einwilligt, dass alles das ungerechter Weise geschehen ist?

— Sie sind wahnsinnig!

— Frau Gräfin, wissen Sie, was ein Schwur für einen Gebirgsbewohner ist? Wohl an! ich werde meinen Eid brechen. Sie wissen, was die Rache für einen Sizilianer ist? Wohl an! ich werde auf meine Rache verzichten . . . Ich wünsche Nichts mehr als zu vergessen, zwingen Sie mich nicht, mich zu erinnern.

— Und was würden Sie in diesem Falle tun?

— Ich will nicht daran denken.

— Es ist gut! wir werden unsere Maßregeln dem zu Folge treffen.

— Ich bitte Sie inständigst, Frau Gräfin, seien Sie gütig für mich; Sie sehen, dass ich tue, was ich vermag, um ein rechtschaffener Mann zu bleiben. Sobald ich einmal bei dem Fürsten in Diensten stehe, sobald ich der Gatte Theresas bin, so stehe ich für mich . . . Außerdem werde ich nicht nach Bauso zurückkehren.

— Das ist unmöglich.

— Frau Gräfin. Sie haben geliebt! (Gemma lächelte geringschätzend.) Sie müssen also wissen, was Eifersucht ist; Sie müssen wissen, was man leidet und wie man sich dem Wahnsinn nahe fühlt. Wohl an! ich liebe Theresa, ich bin eifersüchtig auf sie, ich fühle, dass ich den Verstand verlieren würde, wenn diese Heirat sich nicht schließt, und dann. . .

— Und dann?

— Dann! . . . wehe dann, wenn ich mich des Käfigs erinnere, in welchem der Kopf meines Vaters ist, der Galeeren, auf denen meine Oheime leben, und des Grobes, in welchem meine Mutter schläft.

In diesem Augenblicke ließ sich ein seltsamer Schrei der ein Signal zu sein schien, unten an dem Fenster hören, und fast sogleich läutete eine Schelle.

— Da ist der Fürst! rief Gemma aus.

— Ja, ja, ich weiß es, murmelte Pascal mit dumpfer Stimme, aber bevor er an diese Tür gekommen ist, haben Sie noch die Zeit, mir Ja zu sagen. Ich bitte Sie inständigst, gnädige Frau, bewilligen Sie mir das, war« um ich Sie bitte, geben Sie mir Theresa, stellen Sie mich bei dem Fürsten an.

— Lassen Sie mich durch, sagte Gemma gebieterisch, indem sie auf die Tür zuschritt; aber weit davon entfernt zu gehorchen, stürzte Bruno auf den Riegel zu, den er vorschob. — Sollten Sie es wagen, mich zurückzuhalten? fuhr Gemma fort, indem sie die Schnur einer Schelle ergriff. — Zu Hilfe! zu Hilfe! zu Hilfe!

— Rufen Sie nicht, gnädige Frau, sagte Bruno, in» dem er sich noch beherrschte, denn ich habe Ihnen gesagt, dass ich Ihnen kein Leid zufügen wollte. — Ein zweiter Schrei gleich dem ersten, ließ sich unten an dem Fenster hören. — Es ist gut, es ist gut, Ali, Du wachst getreulich, mein Sohn, sagte Bruno. Ja, ich weiß, dass der Graf kommt, ich höre seine Schritte auf dem Korridor. Gnädige Frau, gnädige Frau, es bleibt Ihnen noch ein Augenblick, eine Sekunde, und alles das Unglück, welches ich voraussehe, wird nicht stattfinden.

— Zu Hilfe! Rodolfo, zu Hilfe! rief Gemma aus.

— Sie haben also weder Herz, noch Seele, noch Erbarmen, weder für sich noch für Andere! sagte Bruno, indem er mit seinen Händen in seine Haare fuhr und die Tür anblickte, welche man gewaltsam erschütterte.

— Ich bin eingeschlossen, fuhr die Gräfin fort, indem sie sich durch den herzukommenden Beistand beruhigte.

— mit einem Manne eingeschlossen, der mir droht. Zu Hilfe! zu Hilfe! Rodolfo, zu Hilfe! zu Hilfe!

— Ich drohe nicht, ich bitte . . . ich bitte noch . . . aber da Sie es wollen! . . .

Bruno stieß das Brüllen eines Tigers aus, und stürzte auf Gemma zu, um sie ohne Zweifel zwischen seinen Händen zu erdrosseln, denn, wie er gesagt, er hatte keine Waffen. Im selben Augenblicke ging eine geheime Tür im Hintergrunde des Alkovens auf, ein Pistolenschuss knallte, das Zimmer füllte sich mit Dampf, und Gemma sank in Ohnmacht.

Als sie wieder zu sich kam, befand sie sich in den Armen ihres Geliebten, ihre Augen suchten voller Entsetzen um sich herum in dem Zimmer, und sobald sie ein Wort auszusprechen vermochte, sagte sie:

— Was ist aus diesem Manne geworden?

— Ich weiß es nicht. Ich muss ihn gefehlt haben, antwortete der Fürst, denn, während ich über das Bett stieg, ist er aus dem Fenster gesprungen, und da ich Sie ohne Bewusstsein sah, habe ich mich nicht um ihn, sondern um Sie bekümmert. Ich muss ihn gefehlt haben, wiederholte er, indem er die Augen in dem Zimmer herum warf, und dennoch ist es sonderbar, ich sehe die Kugel nicht in der Tapete.

— Lassen Sie ihm nachsetzen, rief Gemma aus, und keine Gnade, kein Erbarmen für diesen Mann, gnädiger Herr, denn dieser Mann ist ein Bandit, der mich ermorden wollte.

Man suchte die ganze Nacht in der Villa, in den Gärten und an dem Ufer, aber vergebens; Pascal Bruno war verschwunden.

Am folgenden Morgen entdeckte man eine Blutspur, welche unten an dem Fenster anfing, und sich an dem Meere verlor.



 

 

III.

Mit Tagesanbruch verließen Fischerbarken wie gewöhnlich den Hafen, und zerstreuten sich auf dem Meere; die eine von ihnen, auf welcher sich ein Mann und ein Knabe von zwölf bis vierzehn Jahren befanden, hielt indessen im Angesicht von Palermo an, zog ihr Segel ein, um beizulegen, und da diese Regungslosigkeit an einem für den Fischfang wenig günstigen Orte Verdacht auf sie ziehen konnte, so beschäftigte sich der Knabe damit, seine Netze auszubessern; was den Mann anbetrifft, so lag er in dem Boote, den Kopf auf eines der Borde gestützt, und schien in ein tiefes Sinnen versunken, von Zeit zu Zeit schöpfte er indessen wie mit einer maschinenmäßigen Bewegung Seewasser mit seiner rechten Hand, und goss dieses Wasser auf seine linke, mit einer blutigen Binde zusammengezogene Schulter. Dann zog sich sein Mund mit einem so wunderlichen Ausdrucke zusammen, dass man Mühe gehabt hätte zu unterscheiden, ob es ein Lachen oder ein Knirschen der Zähne wäre, das ihm diesen Ausdruck verlieh. Dieser Mann war Pascal Bruno, und dieser Knabe war der, welcher, unten an dem Fenster stehend, ihm zwei Male durch einen Schrei das Signal zur Flucht gegeben hatte; auf den ersten Blick konnte man ihn leicht für den Sohn eines noch weit heißeren Landes erkennen, als das, in dem sich die Ereignisse zutragen, welche wir erzählen. In der Tat, dieser Knabe war an der Küste von Afrika geboren, und sehen wir jetzt, wie Bruno und er einander begegnet waren.

Es war ungefähr ein Jahr her, dass Algerische Seeräuber, welche wussten, dass der Fürst von Moncada-Paterno, einer der reichsten Herren von Sizilien, in einem kleinen Speronaro von Pantellerie nach Cutanea, nur von ein Dutzend Männern seines Gefolges begleitet zurückkehrte, sich hinter der ungefähr zwei Meilen weit von der Küste gelegenen Insel Porri einschifften. Wie die Seeräuber es vorhergesehen, kam das Schiff des Fürsten zwischen der Insel und dem Ufer vorüber; aber in dem Augenblicke, wo sie es in der Meerenge sahen, verließen sie mit drei Barken die kleine Bucht, in welcher sie versteckt waren, und ruderten mit aller Macht, um dem, Schiffe des Fürsten den Weg abzuschneiden. Dieser befahl sogleich dem Lande zuzusteuern, und das Schiff auf den Strand von Fugello laufen zu lassen. Da an dem Orte, wo das Schiff aufgefahren war, das Wasser kaum drei Fuß Tiefe hatte, so sprangen der Fürst und sein Gefolge in das Meer, indem sie ihre Waffen über ihre Köpfe hielten, und das Dorf zu erreichen hofften, das sie ungefähr eine halbe Meile weit von da sich erheben sahen, ohne dass sie nötig hätten, sich ihrer zu bedienen. Kaum aber waren sie gelandet, als ein anderer Haufen von Seeräubern, der in der Voraussicht dieses Manövers mit einer Barke dem Bufaidonne wieder hinaufgefahren war, aus dem Schilfe hervorkam, in dessen Mitte der Fluss stießt, und dem Fürsten den Rückzug abschnitt, auf den er rechnete. Der Kampf begann sogleich, aber während die Leute des Fürsten mit diesem ersten Haufen zu tun hatten, langte der zweite an, und da jeder Widerstand sichtlich nutzlos wurde, so ergab sich der Fürst, indem er Lösegeld für sich und sein ganzes Gefolge zu bezahlen versprach. In dem Augenblicke, wo die Gefangenen ihre Waffen gestreckt hatten, erblickte man einen Haufen von Landleuten, welche mit Gewehren und Sensen bewaffnet herbeieilten. Die Seeräuber, welche, Heeren der Person des Fürsten, dem zu Folge den Zweck erreicht hatten, den sie wünschten, warteten die neu Ankommenden nicht ab, und schifften sich mit einer solchen Eile ein, dass sie drei Mann ihrer Mannschaft, welche sie für tot oder für tödlich verwundet hielten, auf dem Schlachtfelde zurückließen.

Unter denen, welche so herbeieilten, befand sich Pascal Bruno, dessen unstetes Leben ihn bald hier bald dorthin führt«, und den sein unruhiger Geist in alle abenteuerliche, Unternehmungen verwickelte. Auf dem Strande angelangt, wo der Kampf stattgefunden hatte,, fanden die Landleute einen Bedienten des Fürsten von Paterno tot, einen andern leicht an dem Schenkel verwundet, und drei Seeräuber in ihren, Blute ausgestreckt, aber noch atmend. Zwei Flintenschüsse hatten bald jedem von ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen, und ein Pistolenschuss sollte eben den dritten seinen Kameraden nachsenden, als Bruno, der bemerkte, dass es ein Kind wäre, die Hand abwandte, die eben das Pistole losdrücken wollte, und erklärte, dass er den Verwundeten unter seinen Schutz nähme. Einige Einsprüche erhoben sich gegen dieses Mitleiden, das unzeitig schien; wenn aber Bruno einmal etwas gesagt hatte, so beharrte er auch darauf; er spannte daher seine Büchse, und erklärte, dass er dem ersten den Kopf zerschmettern würde, der sich seinem Schützling näherte, und da man ihn als einen Mann kannte, der seine Drohung augenblicklich in Ausführung brachte, so ließ man ihn den Knaben in seine Arme nehmen und sich mit ihm entfernen. Bruno ging sogleich nach dem Ufer zu, stieg in eine Barke, in welcher er gewöhnlich seine abenteuerlichen Züge machte, und deren Eigenschaften er so genau kannte, das sie ihm wie ein Pferd seinem Reiter zu gehorchen schien, spannte sein Segel und steuerte nach dem Vorgebirge Aliga-Grande.

Kaum hatte er sich überzeugt, dass die Barke den rechten Strich verfolgte und ihres Steuermannes nicht mehr bedürfe, als er sich mir seinem immer noch ohnmächtigen Verwundeten beschäftigte. Er schlug den weißen Burnus zurück, in den er gehüllt war, schnallte den Gürtel ab, in welchem noch sein Yatagan steckte, und sah bei dem letzten Scheine der untergehenden Sonne, dass die Kugel zwischen der rechten Hüfte und den falschen Rippen eingedrungen und am Rückgrate wieder herausgekommen wäre, die Wunde war gefährlich, aber nicht tödlich.

Der Abendwind, das Gefühl von Frische, das von dem Seewasser hervorgebracht ward, mit welchem Bruno die Wunde wusch, brachten den Knaben wieder zur Besinnung, ohne die Augen aufzuschlagen, sprach er einige Worte in einer unbekannten Sprache aus, aber Bruno, welcher wusste, dass eine Schusswunde gewöhnlich einen heftigen Durst hervorbrachte, erriet, dass er zu trinken verlange, und näherte seinen Lippen eine Flasche mit Wasser; der Knabe trank begierig, stieß einige undeutliche Klagen aus, und sank wieder in seine Ohnmacht zurück. Pascal legte ihn so weich als er es vermochte auf den Boden seiner Barke, und indem er die Wunde der Luft ausgesetzt ließ, fuhr er fort, von fünf zu fünf Minuten sein in Seewasser getauchtes Taschentuch darauf zu drücken, ein Mittel, das die Seeleute gegen alle ihre Wunden für wirksam halten.

Gegen die Stunde des Aue Maria befanden sich unsere Seefahrer an der Mündung der Ragusa, der Wind blies von Afrika, Pascal hatte daher nur ein leichtes Manöver zu machen, um in den Fluß einzufahren, und drei Stunden nachher fuhr er, indem er Modica zur Rechten ließ, unter der, auf der von Noto nach Chiaramonti führenden Heerstraße geschlagenen Brücke durch. So legte er noch eine halbe Meile zurück; da aber nun der Fluss aufhörte schiffbar zu sein, so zog er seine Barke in die Oleander- und Papyrus-Büsche, welche das Ufer begrenzen, und indem er den Knaben wieder auf seine Arme nahm, trug er ihn Land einwärts. Bald erreichte er den Eingang eines Thales, in das er sich vertiefte» und es dauerte nicht lange, dass er zu seiner Rechten und zu seiner Linken den Berg steil wie eine Mauer und von Stelle zu Stelle ausgehöhlt fand, denn in diesem Thale sind die letzten Reste einer alten Troglodyten, Stadt, dieser ersten Ansiedlungen der Insel, welche die griechischen Kolonien zivilisierten. Bruno trat in eine dieser Höhlen, die durch eine Treppe mit einem oberen Stocke in Verbindung stand, dem ein einziges viereckiges Loch in Form eines Fensters Luft gab; ein Bett von Schilf war in einer Ecke aufgehäuft; er breitete den Burnus des Knaben darauf aus und legte ihn auf den Burnus; stieg dann wieder hinab, um Feuer anzuzünden, und kehrte bald mit einem brennenden Fichtenzweige zurück, den er in der Wand befestigte, dann setzte er sich neben das Lager des Verwundeten auf einen Stein, und wartete, bis er wieder zu sich käme.

Es war nicht das erste Mal, dass Bruno diese Zufluchtsstätte besuchte; oft war er auf seinen zwecklosen Streifzügen, die er durch Sizilien unternahm, um sein einsames Leben zu zerstreuen, die Tätigkeit seines Geistes zu beruhigen und seine bösen Gedanken zu verscheuchen, in dieses Tal gekommen, und hatte dieses seit drei Tausend Jahren in dem Felsen ausgehauene Zimmer bewohnt, dort gab er sich jenen unbestimmten und unzusammenhängenden Träumereien hin, welche den denkenden Menschen, denen die Wissenschaft fehlt, eigentümlich sind. Er wusste, dass es ein von der Erde verschwundenes Geschlecht wäre, welche in fernen Zeiten diese Zufluchtsstätten ausgehauen, hatten, und, dem Volksaberglauben ergeben, glaubte er wie alle Bewohner der Umgegend, dass diese Menschen Zauberer waren; dieser Glaube aber, weit davon entfernt ihn von diesen furchtbaren Orten zurückzuhalten, zog ihn vielmehr unwiderstehlich dorthin, er hatte in seiner Jugend gar viele Geschichten von bezauberten Waffen, von unverwundbaren Menschen, von unsichtbaren Reisenden erzählen hören, und seine furchtlose und nach dem Wunderbaren begierige Seele hegte nur einen Wunsch, nämlich den, irgend ein solches fabelhaftes Wesen, einen Hexenmeister, Zauberer oder Dämon anzutreffen, das ihm mittelst eines höllischen Bündnisses eine übernatürliche Gewalt verleihe, welche ihm Überlegenheit über die andern Menschen verschaffen würde. Aber vergebens hatte er die Schatten der ehemaligen Bewohner des Thales von Modica beschworen; keine Erscheinung hatte auf seine Wünsche geantwortet, und Pascal Bruno war zu seiner großen Verzweiflung ein Mensch wie andere Menschen geblieben, nur mit Ausnahme der Kraft und Gewandtheit, welche wenig Gebirgsbewohner in einem Grade besaßen, der mit ihm hätte verglichen werden können,

Seit ungefähr einer Stunde träumte Bruno so neben seinem jungen Verwundeten, als dieser aus dem Zustande von Erstarrung erwachte, in welche er versunken war; er schlug die Augen auf, blickte mit einer Art von Verwirrung um sich, und ließ seine Blicke auf dem verweilen, der ihn gerettet hatte, ohne noch zu wissen, ob er in ihm einen Freund oder einen Feind sehen solle. Während dieser Prüfung, und in einem unbestimmten Instinkte der Verteidigung, legte der Knabe die Hand an seinen Gürtel, um seinen getreuen Yatagan zu suchen, als er ihn aber dort nicht fand, stieß er einen Seufzer aus.

— Leidest Du? sagte Bruno zu ihm, indem er, um sich verständlich zu machen, jene Frankensprache an» wandte, welche die allgemeine Sprache der Küsten des mittelländischen Meeres von Marseille bis nach Alexandrien, von Constantinopel bis Algier ist, und mit deren Hilfe man die Runde der alten Welt machen kann.

— Wer bist Du? antwortete der Knabe.

— Ein Freund.